Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 25.05.2010, Az.: 10 WF 152/10

Vollstreckung einer Gewalt Schutzanordnung; Anforderungen an die Androhung eines Ordnungsgeldes bzw. von Ordnungshaft

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
25.05.2010
Aktenzeichen
10 WF 152/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 17381
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2010:0525.10WF152.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 09.04.2010 - AZ: 617 F 6032/09

Fundstelle

  • FGPrax 2010, 189-190

Amtlicher Leitsatz

1. Die Vollstreckung einstweiliger (Gewaltschutz) Anordnungen nach dem FamFG erfolgt ausschließlich nach §§ 86 ff. FamFG ggf. i. V. m. § 890 ZPO, in keinem Fall aber nach § 35 FamFG.

2. Die Androhung eines Zwangsgeldes oder von Zwangshaft nach § 35 FamFG stellt nicht die nach § 890 Abs. 2 ZPO erforderliche Androhung eines Ordnungsgeldes bzw. von Ordnungshaft dar und macht diese auch nicht entbehrlich.

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 9. April 2010, mit dem ihr Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Antragsgegner zurückgewiesen wurde, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: Gebührenstufe bis 300 €.

Gründe

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I. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner am 23. November 2009 den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 1 GewSchG u. a. auf Unterlassung der Verbindungsaufnahme auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln beantragt, die vom Amtsgericht am 24. November 2009 befristet bis zum 23. April 2010 erlassen wurde. In dem - dem Antragsgegner zugestellten - Beschluß heißt es entsprechend dem verwendeten Formulartext:

2

´Gemäß § 35 Abs. 2 FamFG wird darauf hingewiesen, daß das Gericht bei der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung gegenüber dem Verpflichteten Zwangsgeld bis 25.000 € und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft anordnen kann. Verspricht die Anordnung eines Zwangsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht sofort Zwangshaft anordnen.´ Unter dem 30. Dezember 2009 ist gegen den Antragsgegner bereits ein Zwangsgeld in Höhe von 150 € - ersatzweise Zwangshaft - festgesetzt worden.

3

Mit weiterem Beschluß vom 30. Dezember 2009 hat das Amtsgericht die einstweilige Anordnung auch auf entsprechende Handlungsvornahme durch Einschaltung Dritter erweitert und ´dem Antragsgegner ... insoweit für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000€ und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten angedroht´.

4

Mit am 2. März 2010 eingegangenem Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten hat die Antragstellerin wegen eines Schreibens des Antragsgegners an sie, in dem dieser in Beantwortung der Kontaktaufnahme der Antragstellerin eine Abrechnung wechselseitiger finanzieller Forderungen vorgenommen hat, beantragt ´wieder einmal ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft festzusetzen´. Ein paralleler Antrag auf Verlängerung der einstweiligen Anordnung ist bestandskräftig abgewiesen worden.

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Mit Beschluß vom 9. April 2010 hat das Amtsgericht den Antrag auf (erneute) Festsetzung eines Zwangsgeldes zurückgewiesen. es hat dabei darauf abgestellt, daß die Voraussetzungen des § 35 FamFG nicht vorlägen, da der Antragsgegner mit seinem inkriminierten persönlichen Schreiben an die Antragstellerin auf deren ausdrückliche wiederholte persönliche Kontaktaufnahme zum Thema der finanziellen Auseinandersetzung antwortete.

6

Dagegen richtet sich die am 22. April 2010 erhobene sofortige Beschwerde der Antragstellerin, die ihr Ziel einer Zwangsgeldfestsetzung gegen den Antragsgegner weiterverfolgt.

7

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, kann in der Sache aber keinen Erfolg haben.

8

1. Dies beruht - soweit die Antragstellerin die Festsetzung eines (weiteren) Zwangsgeldes gegen den Antragsgegner erstrebt - bereits durchgreifend in formaler Hinsicht darauf, daß die einstweilige Anordnung, deren zukünftige Befolgung mit der Zwangsgeldfestsetzung allein befördert werden soll, bereits mit Ablauf ihrer bis zum 23. April 2010 begrenzten Geltungsdauer, deren Verlängerung auch bereits bestandskräftig abgelehnt worden ist, einer zukünftigen Durchsetzung gar nicht mehr fähig ist.

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Insofern bedarf es auch keiner weiteren Prüfung mehr, ob - was aus der Akte bislang allerdings nicht ersichtlich ist - überhaupt die Voraussetzungen für eine - wie vorliegend in Rede stehende - erneute Zwangsgeldfestsetzung vorlagen, ob also insbesondere die erste Zwangsgeldfestsetzung durch entsprechende Vollstreckung (oder zumindest dahingehende Versuche) weiter umgesetzt worden ist (vgl. insofern Senatsbeschluß vom 25. Februar 2005 - 10 WF 58/05 - FamRZ 2005, 1575 = MDR 2005, 768). Soweit dieses bereits festgesetzte Zwangsgeld tatsächlich noch nicht beigetrieben sein sollte, wird im übrigen eine weitere Vollstreckung auch nicht mehr möglich sein.

10

2. Zudem kann aber ohnehin im vorliegenden Verfahren die Durchsetzung der ergangenen einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz nicht durch Maßnahmen nach § 35 FamFG erfolgen. Die Vollstreckung einstweiliger (Gewaltschutz) Anordnungen nach dem FamFG erfolgt nach zutreffender, ganz einhelliger Auffassung in der Literatur nämlich - da es sich insofern um Endentscheidungen handelt - ausschließlich nach§§ 86 ff. FamFG ggf. i. V. m. § 890 ZPO (bzw. in Ehe und Familienstreitsachen nach der ZPO), in keinem Fall aber nach § 35 FamFG, der nur für die Durchsetzung verfahrensleitender Anordnungen des Gerichtes Anwendung findet (vgl. insofern etwa Keidel16Giers, FamFG § 86 Rz. 4, Keidel16Zimmermann, FamFG § 35 Rz. 3. Zöller28Feskorn, FamFG § 35 Rz. 1, Vor § 86 Rz. 2).

11

3. Vorliegend kommt es schließlich auch nicht mit einem für die Antragstellerin günstigeren Ergebnis in Betracht, ihren Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes in einen solchen auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes umzudeuten. Denn gegenüber dem Antragsgegner ist bis zum Auslaufen der Gewaltschutzanordnung hinsichtlich des ihm konkret vorgeworfenen eigenen Verhaltens nicht - wie nach § 890 Abs. 2 ZPO jedoch zwingend vorgeschrieben - zuvor eine entsprechende Androhung des Ordnungsgeldes vorausgegangen: in der Ausgangsanordnung ist allein eine Zwangsgeldandrohung enthalten und die mit Beschluß vom 30. Dezember 2009 erfolgte Ordnungsgeldandrohung erstreckt sich ausschließlich auf die in diesem Beschluß erfolgte Ausweitung der Untersagung auf eine - tatsächlich jedoch nicht erfolgte - Vornahme unter Einschaltung Dritter. Die Androhung eines Zwangsgeldes oder von Zwangshaft nach § 35 FamFG stellt auch nicht etwa die nach § 890 Abs. 2 ZPO erforderliche Androhung eines Ordnungsgeldes bzw. von Ordnungshaft dar und macht diese auch nicht entbehrlich. das Ordnungsgeld unterscheidet sich nämlich - abgesehen von dem deutlich abweichenden betragsmäßigen Rahmen - jedenfalls in seiner Reichweite so wesentlich von einem Zwangsgeld, daß für den Betroffenen die zutreffende Androhung des Ordnungsgeldes nicht verzichtbar ist: das Ordnungsgeld ist zum einen - anders als für das Zwangsgeld oben unter II. 1. dargelegt - bei seiner Festsetzung und Beitreibung vom Fortbestand der Ausgangsentscheidung unabhängig, zum anderen kann der Betroffene nach einer einmaligen Verwirkung des Ordnungsgeldes nicht mehr durch ein späteres Verhalten die Beitreibung verhindern.