Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 30.06.2004, Az.: 6 A 454/03

Abmeldung; Anhörung; Finanzamt; Kraftfahrzeugsteuer; Mahnung; Steuer; Steuerpflicht; Steuerschuld; Zulassungsbehörde; Zwangsstilllegung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
30.06.2004
Aktenzeichen
6 A 454/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 51025
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Abmeldung eines Kraftfahrzeugs durch die Zulassungsbehörde nach § 14 Abs. 1 KraftStG hängt nicht davon ab, ob der Halter darauf vertrauen durfte, das Finanzamt werde die Zahlung der fälligen Steuerschuld anmahnen.

2. Die Abmeldung nach § 14 Abs. 1 KraftStG dient nicht der Beitreibung der rückständigen Steuern, sondern soll einem weiteren Steuerrückstand vorbeugen, indem die Zulassung des Kraftfahrzeuges aufgehoben und damit die Steuerpflicht beendet wird (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG).

Tatbestand:

1

Der Kläger ist Halter eines auf seinen Namen zugelassenen Pkw mit dem polizeilichen Kennzeichen B..

2

Mit Antrag vom 16.01.2003 ersuchte das Finanzamt Peine den Beklagten gemäß § 14 KraftStG um die sofortige Stilllegung des Fahrzeugs, weil der Kläger die fällige Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum vom 19.12.2002 bis zum 18.12.2003 trotz eines Hinweises auf die Möglichkeit einer zwangsweisen Abmeldung des Fahrzeugs nicht entrichtet habe.

3

Mit Bescheid vom 25.02.2003 ordnete der Beklagte die Abmeldung des Fahrzeugs von Amts wegen an und setzte für diese Maßnahme eine Gebühr in Höhe von 20.50 Euro und als Auslage für die Zustellung dieses Bescheides 5,60 Euro an.

4

Der Kläger zahlte die rückständigen Steuern, so dass das Finanzamt den Antrag auf Zwangsstilllegung des Fahrzeugs zurücknahm, wandte sich aber mit Widerspruchsschreiben vom 27.02.2003 gegen die im Bescheid des Beklagten enthaltene "Kostenfestsetzung".

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2003 - zugestellt am 10.05.2003 - wies die Bezirksregierung Braunschweig den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

6

Mit der am 10.06.2003 erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend:

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Er habe, anders als in der Vergangenheit, vom Finanzamt keinerlei Benachrichtigung über die Fälligkeit und die Höhe seiner Kraftfahrzeugsteuer erhalten und habe deshalb darauf vertrauen dürfen, rechtzeitig unterrichtet zu werden. Auch die vom Finanzamt behauptete Zahlungserinnerung habe er nicht erhalten.

8

Der Kläger beantragt,

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festzustellen, dass die mit dem Bescheid des Beklagten vom 25.02.2003 angeordnete Zwangsstilllegung rechtswidrig war und die mit dem Bescheid des Beklagten vom 25.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung Braunschweig vom 05.05.2003 getroffene Kostenentscheidung aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er entgegnet im Wesentlichen:

13

Er sei nicht verpflichtet, die Richtigkeit des Antrages des Finanzamtes zu überprüfen. Abgesehen davon ergebe sich aus dem vom Kläger selbst vorgelegten Steuerbescheid vom 04.01.2001, dass er seine Kfz-Steuer in Höhe von 173,33 Euro jährlich bis zum 19. Dezember zu zahlen habe.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist hinsichtlich des bereits vor Ablauf der Widerspruchsfrist (durch Rücknahme des Antrages des Finanzamtes am 03.03.2003) erledigten Teils des angegriffenen Bescheides als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auch ohne vorheriges Widerspruchsverfahren (vgl. dazu Kopp /Schenke, VwGO, 13. A., § 113 Rn 127 m. w. Nw.) und im Übrigen als Anfechtungsklage gegen die Kostenentscheidung zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 25.02.2003 war hinsichtlich der angeordnete Zwangsstilllegung nicht rechtswidrig. Die mit diesem Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung Braunschweig vom 05.05.2003 getroffene Kostenentscheidung ist ebenfalls rechtmäßig ergangen und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

16

Der vom Beklagten erlassene Abmeldungsbescheid beruhte auf § 14 Abs. 1 KraftStG, wonach die zuständige Zulassungsbehörde auf Antrag des Finanzamtes das betreffende Fahrzeug von Amts wegen abzumelden, den Kraftfahrzeugschein einzuziehen sowie die Schilder des Kraftfahrzeuges zu entstempeln hat, wenn die fällige Steuer nicht entrichtet worden ist.

17

Eine vorherige Anhörung des Klägers war nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG, 1 Abs. 1 Nds. VwVfG entbehrlich, weil eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig gewesen ist. Denn § 14 Abs. 1 KraftStG verlangt ebenso wie § 29 d Abs. 2 Satz 1 StVZO für den Fall der Anzeige fehlenden Versicherungsschutzes ein unverzügliches Handeln der Zulassungsstelle. Es besteht deshalb insbesondere keine Verpflichtung, dass sie sich zwecks Nachprüfung an den Halter des Fahrzeugs wendet (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1992 - 3 C 2.90 - BVerwGE 91, 109 (112); OVG Lüneburg, Urt. vom 11.02.1974 - VI A 149/73 -, NJW 1975, 358). Mit der von Amts wegen durchgeführten Abmeldung des Fahrzeugs soll das Anwachsen weiterer Steuerrückstände unterbunden werden, deren Realisierung gefährdet erscheint (OVG Lüneburg, a. a. O.; App, DAR 1990, 452 m. w. Nw.).

18

Entgegen der womöglich nur missverständlich formulierten Auffassung des Klägers haben die materiellen Voraussetzungen für den Abmeldebescheid des Beklagten vorgelegen. Der Kläger war auf Grund des Steuerbescheides vom 04.01.2001 zur jährlichen Zahlung von Kfz-Steuer in Höhe von 173,33 Euro bis zum 19. Dezember des jeweiligen Jahres verpflichtet; der Steuerbescheid regelt damit nicht nur die Steuerpflicht des Klägers für die Zeit vom 19.12.2000 bis 18.12.2001, sondern ausdrücklich auch für die Folgejahre. Ebenso unstreitig ist, dass der Kläger diese Steuerschuld für das vergangene Jahr noch nicht beglichen hatte, als der Beklagte auf den entsprechenden Antrag des Finanzamtes die Abmeldeverfügung erlassen hat.

19

Der Beklagte durfte die Abmeldung auch ohne eine dem Kläger womöglich nicht zugegangene Mahnung des Finanzamtes vornehmen (vgl. dazu auch OVG Lüneburg, a. a. O.). Die von der Zulassungsbehörde der Sache nach im Wege der Amtshilfe vorzunehmende Abmeldung hängt nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht von weiteren als den genannten Voraussetzungen ab. Außerdem dient sie nicht der Beitreibung der rückständigen Steuern. Sie soll vielmehr einer - wie ausgeführt - weiteren Verletzung der Steuerpflicht vorbeugen, indem sie die Zulassung des Kraftfahrzeuges aufhebt und damit auch die Steuerpflicht beendet (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG).

20

Rechtliche Grundlage für die vom Kläger angefochtene Kostenfestsetzung ist § 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) i.V.m. Nr. 254 der Anlage zu § 1 GebOSt. Diese Gebührenordnung hat in § 6a StVG ihre gesetzliche Grundlage. Soweit die Gebührenordnung keine abweichenden Regelungen enthält, ist außerdem gemäß § 6a Abs. 3 Satz 1 StVG i.V.m. § 6 GebOSt das Verwaltungskostengesetz (VwKG) ergänzend anzuwenden.

21

Nach Nr. 254 GebOSt ist für "Sonstige Anordnungen" nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, mithin auch für die vorliegende Anordnung zur Außerbetriebsetzung eines Fahrzeugs, ein Gebührenrahmen von 14,30 bis 286,00 Euro vorgesehen, innerhalb dessen Grenzen die im Einzelfall angemessene Gebühr nach den in § 9 VwKG aufgestellten Kriterien des Verwaltungsaufwands für die einzelne Amtshandlung und des Wertes des Gegenstands der Amtshandlung zu bestimmen ist. Damit sind der Behörde Maßstabshilfen an die Hand gegeben, die sie bei ihrer Entscheidung zu beachten und als Grundlage der Gebührenfestsetzung für den Adressaten erkennbar umzusetzen hat. Insoweit bedarf es allerdings nicht einer bis ins Einzelne gehenden betriebswirtschaftlichen Kostenberechnung, deren Aufwand regelmäßig außer Verhältnis zu der hier in Betracht zu ziehenden Gebühr stünde. Dem Äquivalenzprinzip in § 9 Abs. 1 VwKG wird vielmehr in der Regel mit einer Pauschalierung des durchschnittlichen Verwaltungsaufwands und einer typisierenden Wertrelation von Verwaltungsleistung und Nutzen der Amtshandlung genügt, sofern die Gebührenermittlung nicht grob übersetzt ist (vgl. hierzu: Nds. OVG, Urt. vom 11.04.1981 - 9 OVG A 12/80 - m. w. Nw.; VG Braunschweig, Urt. vom 23.08.1999 - 6 A 6390/98 -, Gerichtsbescheid vom 29.07.1997 - 6 A 61117/96 -).

22

Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, nach welchen Kriterien die festgesetzte Verwaltungsgebühr in Höhe von jeweils 20,50 Euro für den Bescheid vom 25.02.2003 bemessen worden ist. Denn die Behörde ist mit diesem Betrag nahezu an der untersten Grenze des genannten Gebührenrahmens geblieben. Die außerdem für die Zustellung der Verfügungen angefallenen Postzustellungsgebühren in Höhe von 5,60 Euro konnten von dem Beklagten gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt in Ansatz gebracht werden.

23

Die Klage ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

24

Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus den §§ 13 Abs. 1 und 2 GKG (Abmeldeverfügung = 2000, 00 Euro; Verwaltungskosten = 26,10 Euro; vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. vom 07.07.2000 - 12 O 2500/00; VG Braunschweig, Urt. vom 03.11.1999 - 6 A 209/99).