Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 29.06.2004, Az.: 5 A 528/03
Auflage; Aufzug; gewaltbereite Gegendemonstranten; Nichtstörer; Ortsverlegung; polizeilicher Notstand; unechter polizeilicher Notstand; Versammlung
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 29.06.2004
- Aktenzeichen
- 5 A 528/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50440
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 8 GG
- § 15 Abs 1 VersammlG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Versammlungsrecht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 03. März 2004.
2. Einzelfallwürdigung zum polizeilichen Notstand.
Tenor:
Es wird festgestellt, dass die Auflage Nr. 1 des Bescheides der Beklagten vom 29. September 2003 rechtswidrig war, soweit sie einen Streckenverlauf für die Versammlung des Klägers am 18. Oktober 2003 entgegen der Regelung des Verwaltungsgerichts durch Beschluss vom 14. Oktober 2003 - 5 B 458/03 - vorschrieb.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin und die Beklagte zu 1/2.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann eine vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit versammlungsrechtlicher Maßnahmen.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2003 meldete die Klägerin eine öffentliche Veranstaltung unter freiem Himmel nebst Aufzug unter dem Thema „Heimreise statt Einwanderung - deutsche Kinder braucht das Land“ - in Braunschweig für Sonnabend, dem 18. Oktober 2003 in der Zeit von 12.00 bis voraussichtlich 17.00 Uhr an. Geplant war eine Route um die Braunschweiger Innenstadt herum mit einer Hauptkundgebung auf dem Kohlmarkt und Fortführung des Aufzuges durch die „Kern“-Innenstadt und einer Abschlusskundgebung auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofes (wegen der genauen Streckenführung wird auf den Antrag vom 26. Juli 2003 verwiesen). Die Klägerin rechnete mit 300—500 Teilnehmern.
In der Zeit vom 12. August 2003 bis 19. September 2003 gingen bei der Beklagten Anmeldungen für vier Gegendemonstrationen ein (vgl. Bl. 94 ff. der Gerichtsakte). Die Beklagte rechnete deshalb mit ca. 2000 Gegendemonstranten.
Bei Konsensgesprächen konnte keine Einigung über die Marschroute erzielt werden. Daraufhin gab die Beklagte durch Bescheid vom 29. September 2003 der Klägerin u.a. in der Auflage Nr. 1 wegen der zu befürchtenden Gefahren durch die Gegendemonstranten für die Veranstaltung einen Streckenverlauf in der Braunschweiger Weststadt auf und ordnete gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung dieser Auflage an. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 7. Oktober 2003 Widerspruch ein.
Am 8. Oktober 2003 suchte die Klägerin beim erkennenden Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel nach, die geplante Versammlung auf der in der Anmeldung angegebenen Strecke durchführen zu können. Mit Beschluss vom 14. Oktober 2003 - 5 B 458/03 - traf die erkennende Kammer folgende Entscheidung:
„Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gegen die Auflage Nummer 1 in der Verfügung der Antragsgegnerin vom 29.09.2003 in der Fassung vom 8. Oktober 2003 wird mit der Maßgabe angeordnet, dass die Demonstrationsroute in Braunschweig nicht innerhalb des durch folgende Straßen gekennzeichneten Bereichs verlaufen darf: John-F.-Kennedy-Platz, Auguststraße, Stubenstraße, Ritterbrunnen, Wilhelmstraße bis zur Kreuzung Fallersleber Str., Hagenbrücke, Küchenstraße, Lange Straße bis Radeklint, Güldenstraße bis zum Europaplatz, Adenauerstraße, Lessingplatz sowie Augusttorwall bis zum John-F.-Kennedy-Platz.“
Im Übrigen, d.h. soweit die Klägerin den Aufzug auch in die innerhalb dieses Bereiches liegende „Kern“-Innenstadt führen wollte, wurde der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abgelehnt. Die hiergegen durch die Beklagte eingelegte Beschwerde wurde durch den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht vom 17. Oktober 2003 - 11 ME 335/03 - zurückgewiesen. In Anlehnung an den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig modifizierte die Klägerin die Aufzugsroute durch Schreiben an die Beklagte vom 15. Oktober 2003.
Die Versammlung der Klägerin fand am 18. Oktober 2003 statt. An ihr nahmen ca. 170 Personen teil. Der Zug der Deutschen Bahn, mit dem ein Großteil der Versammlungsteilnehmer nach Braunschweig kam, erreichte aufgrund von Auseinandersetzungen im Zug und einer Notbremsung im Raum Lehrte erst gegen 12.30 Uhr den Braunschweiger Hauptbahnhof. Der Aufzug der Klägerin setzte sich vom Hauptbahnhof aus um 12.51 Uhr in Bewegung. Nach Bekanntwerden der Entscheidung des Nds. Oberverwaltungsgerichts wurde die Aufzugsroute für die inzwischen einzige Gegendemonstration eines Bündnisses in den Bereich des östlichen Ringes „verlegt“. Sie sollte am Schilldenkmal beginnen und für die Gegenkundgebung war der Platz vor dem Staatstheater vorgesehen (wegen der Einzelheiten vgl. Bescheid vom 17. Oktober 2003). Am Schilldenkmal fanden sich etwa 700 Gegendemonstranten zusammen. Nach einer kurzen Auftaktkundgebung wurde diese Gegendemonstration von deren Versammlungsleiter bereits um 10.47 Uhr geschlossen. Dabei gab der Versammlungsleiter wahrheitswidrig an, die Gegendemonstration sei von der Beklagten verboten worden. Es wurde zu einer Kundgebung am Hagenmarkt um 12.30 Uhr aufgerufen. Im Übrigen wurden die Teilnehmer aufgefordert, ihren Unmut entlang des Aufzuges der Klägerin zu äußern.
Als Reaktion auf diese Entwicklung änderte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Oktober 2003 (Bl. 102 der Gerichtsakte) den Streckenverlauf des Aufzugs der Klägerin vom Bahnhof zum John-F.-Kennedyplatz sowie die Laufrichtung des Aufzuges auf der Strecke um die Innenstadt herum (nunmehr ab John-F.-Kennedyplatz im Uhrzeigersinn). Gegen diese Verfügung legte die Klägerin keinen Widerspruch ein; die Regelung dieses Bescheides ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Polizei setzte insgesamt 1611 Beamte ein. 333 wurden im Bereich Führungsstab, Logistik, Versorgung, Aufklärung, Verkehr, Voraufsicht und Vollmaßnahmen eingesetzt. Als unmittelbare Einsatzkräfte standen 1278 Beamte zur Verfügung, davon 356 als Begleitung des Aufzugs der Klägerin, 711 Kräfte zur Beobachtung der Gegendemonstranten und 211 in Reserve (Bl. 145 der Gerichtsakte). Die Anzahl der Gegendemonstranten wird von der Beklagten auf insgesamt 1500 Personen geschätzt.
Auf Höhe Kalenwall/Gieselerwall kam der Aufzug zum Stehen. Deshalb fand auf dem Europaplatz eine Zwischenkundgebung der Klägerin statt. Danach gab die Beklagte der Klägerin kurz vor 15.00 Uhr mündlich auf, den Demonstrationszug nicht auf der geplanten Route weiterzuführen, sondern zum Hauptbahnhof zurückzuführen, weil sie die Versammlung wegen der gewaltbereiten Gegendemonstranten nicht mehr schützen könne. Zu diesem Zeitpunkt waren ca. 2/5 der geplanten Route absolviert. Um 15.00 Uhr begann die Rückkehr zum Bahnhof. Gegen 16.20 Uhr wurde die Versammlung der Klägerin am Hauptbahnhof für beendet erklärt. Nach Mitteilung des Deutschen Wetterdienstes ging am 18. Oktober 2003 die Sonne um 18.18 Uhr unter und erfahrungsgemäß trete die Dunkelheit 30 bis 45 Minuten später ein.
Am 3. Dezember 2003 hat die Klägerin den Verwaltungsrechtsweg beschritten und eine Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben. Hinsichtlich des Klageantrages zu 1. (Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 26. September 2003) schließt sie sich den Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 14. Oktober 2003 an und vertritt die Auffassung, dass sich an der Beurteilung der Rechtslage aufgrund der tatsächlichen Ereignisse auch im Hauptsacheverfahren nichts geändert habe. Hinsichtlich des Klageantrages zu 2. (Feststellung der Rechtswidrigkeit der mündlichen Verfügung vom 18.10.2003 über die Rückführung zum Hauptbahnhof) führt sie im Wesentlichen aus, dass sie durch die polizeilichen Maßnahmen in ihren Rechten aus Artikel 5 und Artikel 8 GG verletzt worden sei, weil die Beklagte nicht hinreichend Maßnahmen ergriffen habe, um die Gegendemonstranten zu kontrollieren und den friedlichen Aufzug der Klägerin auf der geplanten Route zu ermöglichen. Hierzu sei die Polizei aufgrund der Zahl von Gegendemonstranten, insbesondere der geringen Zahl von gewalttätigen Gegendemonstranten und der Zahl der eingesetzten Polizeikräfte in der Lage gewesen. Die Polizei hätte sich gegenüber den Gegendemonstranten neben der Aufklärung friedlicher Demonstranten über die Strafbarkeit von Blockaden etc. der polizeilichen Mittel der Androhung und Ausführung unmittelbaren Zwanges, von Platzverweisen und Ingewahrsamnahmen bedienen müssen. Sie - die Klägerin - habe ein Interesse, die Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahmen feststellen zu lassen, weil sie auch in Zukunft beabsichtige, vergleichbare Versammlungen in Braunschweig durchzuführen.
Die Klägerin beantragt,
1.) festzustellen, dass die Auflage Nr. 1 des Bescheides der Beklagten vom 29. September 2003 rechtswidrig war, soweit sie einen Streckenverlauf für die Versammlung der Klägerin am 18. Oktober 2003 entgegen der Regelung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 14. Oktober 2003 - 5 B 458/03 - vorschrieb,
und
2.) festzustellen, dass die von der Beklagten am 18. Oktober 2003 gegen 15 Uhr mündlich getroffene Entscheidung, die Versammlung nach der Kundgebung auf dem Europaplatz in Abänderung der geplanten und durch den o.g. Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig zugelassenen Route wieder zum Bahnhof zurückzuführen, rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt sie ihre Argumente aus dem Verfahren 5 B 458/03 und hebt zusammenfassend hervor, dass auch der Versammlungsverlauf am 18. Oktober 2003 gezeigt habe, dass eine Versammlung auf dem Ring um die Innenstadt herum aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht hinreichend vor gewaltbereiten Gegendemonstranten geschützt werden könne und deshalb eine Verlagerung einer solchen Demonstration aus dem Innenstadtbereich heraus, z.B. wie in dem angefochtenen Bescheid vom 29. September 2003 vorgesehen in die Weststadt, erfolgen müsse. Bezogen auf die Anordnung am 18. Oktober 2003 gegen 15.00 Uhr, durch die die Rückführung der Versammlung zum Hauptbahnhof angeordnet wurde, hebt die Beklagte zusammenfassend hervor, die Situation habe sich zu diesem Zeitpunkt so zugespitzt, dass eine Fortführung der Versammlung auf der vorgesehenen Route unter Berücksichtigung der gefährdeten Rechtsgüter nicht möglich gewesen sei. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass zu diesem Zeitpunkt erst ca. 2/5 der geplanten Route bewältigt gewesen sei, so dass der Aufzug, wenn er wie geplant fortgeführt worden wäre, nicht vor Einbruch der Dämmerung hätte beendet werden können.
Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung die Einsatzleitung der Beklagten und vier von der Klägerin benannte Versammlungsteilnehmer informatorisch angehört. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.06.2004 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des Verfahrens 5 B 458/03 (11 ME 335/03) sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange Erfolg.
1.) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog hinsichtlich beider Anträge zulässig.
Diese Vorschrift gilt auch, wenn sich - wie hier - der belastende Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hat.
Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, ob die Verwaltungsakte rechtswidrig waren. Das Bundesverfassungsgericht hat hinsichtlich des Fortsetzungsfeststellungsinteresses im Bereich des Versammlungsrechts mit Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - (recherchiert im Internet unter www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen) ausgeführt:
„In versammlungsrechtlichen Verfahren sind die für die Beurteilung des Rechtsschutzinteresses bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage geltenden Anforderungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Versammlungsfreiheit anzuwenden. Indessen begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht allerdings dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt (a), wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht (b) oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (c).
a) Die Bedeutung der Versammlungsfreiheit in einer Demokratie gebietet stets die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes, wenn die Grundrechtsausübung durch ein Versammlungsverbot tatsächlich unterbunden oder die Versammlung aufgelöst worden ist. Derartige Eingriffe sind die schwerste mögliche Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit. Eine weitere Gewichtung eines solchen Grundrechtseingriffs etwa im Hinblick auf den spezifischen Anlass oder die Größe der Versammlung, ist dem Staat verwehrt. Ebenso bedarf in einem derartigen Fall keiner Klärung, ob eine fortwirkende Beeinträchtigung im grundrechtlich geschützten Bereich gegeben ist. Auch spielt es keine Rolle, ob vergleichbare Versammlungen noch in Zukunft stattfinden sollen.
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens ist ebenso zu bejahen, wenn die Versammlung zwar durchgeführt werden konnte, aber infolge von versammlungsbehördlichen Auflagen gemäß § 15 Abs. 1 VersG, von verwaltungsgerichtlichen Auflagen nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO oder von verfassungsrechtlichen Maßgaben nach § 32 Abs. 1 BVerfGG nur in einer Weise, die ihren spezifischen Charakter verändert, insbesondere die Verwirklichung ihres kommunikativen Anliegens wesentlich erschwert hat. Demgegenüber ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht begründet, wenn die Abweichungen bloße Modalitäten der Versammlungsdurchführung betroffen haben.
(...)
b) Stets, also auch bei der durch einstweiligen Rechtsschutz ermöglichten Durchführung der Versammlung, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr anzunehmen. Die Feststellung der Voraussetzungen einer Wiederholungsgefahr erfolgt im Zuge der Amtsermittlung durch das Gericht. Die in diesem Zusammenhang an den Kläger zu stellenden Darlegungsanforderungen sind unter Berücksichtigung des Art. 8 GG zu konkretisieren.
Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus (aa), zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (bb). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann der Veranstalter nicht auf die Alternative zukünftig möglichen Eilrechtsschutzes verwiesen werden (cc).“
In Anwendung dieser Maßstäbe ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse gegeben.
Soweit Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage die im Bescheid der Klägerin vom 29. September 2003 vorgegebene - von den Vorgaben des erkennenden Gerichts im Verfahren 5 B 458/03 abweichende - Routenführung ist, ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr zu bejahen. Die Klägerin hat glaubhaft erklärt, auch in Zukunft Versammlungen in Braunschweig in vergleichbarer Form durchführen zu wollen und die Beklagte hält ausdrücklich an Inhalt und Begründung des Bescheides vom 26. September 2003 fest.
Hinsichtlich der mündlichen Anordnung vom 18. Oktober 2003 gegen 15.00 Uhr, die Gegenstand des Feststellungsantrages zu 2. ist, ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch ohne Feststellungen zu einer Wiederholungsgefahr anzunehmen. Die Anordnung, die Versammlung vom Europaplatz zum Hauptbahnhof zurückzuführen, ist nämlich als derartig schwerwiegend anzusehen, dass nach den obigen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts allein aufgrund dieser Schwere des Eingriffes ein Interesse an der Überprüfung der Rechtswidrigkeit dieser Anordnung zu bejahen ist. Zwar ist die Versammlung der Klägerin durch diese Anordnung formell nicht aufgelöst worden und ein wesentlicher Teil der von der Klägerin geplanten Redebeiträge konnte, wenn auch nicht am vorgesehenen Ort, gehalten werden. Doch ist die Klägerin in erheblicher Weise in ihrem kommunikativen Interesse an dem von ihr durchgeführten Aufzug beschränkt worden, denn die Absicht der Veranstalterin bestand darin, durch einen Aufzug um die gesamte Innenstadt von Braunschweig durch Ansprachen die dort wohnende und sich dort aufhaltende Bevölkerung auf ihre Ansichten aufmerksam zu machen. Diese geplante Öffentlichkeitswirksamkeit der Versammlung wurde nur in geringem Umfang erzielt, weil der Aufzug bis zum Zeitpunkt der streitigen Anordnung nur 2/5 der geplanten Strecke zurückgelegt hatte und lediglich durch eine große Einfallstraße zwischen Hauptbahnhof und Innenstadt und danach nur südlich der Innenstadt durch Straßen geführt werden konnte, die zumindest einseitig, teilweise auch beidseitig, von Grünanlagen begrenzt sind. Auch der Ort der Kundgebung auf dem Europaplatz liegt außerhalb der eigentlichen Innenstadt von Braunschweig.
2.) Die Feststellungsklage ist hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 1.) auch begründet.
Die Auflage in Nr. 1 des Bescheides der Beklagten vom 29. September 2003, durch die die Route des Aufzuges der Klägerin in die Weststadt von Braunschweig verlegt wurde, war rechtswidrig. Hierzu hat das Verwaltungsgericht Braunschweig in seinem Beschluss vom 14. Oktober 2003 - 5 B 458/03 - ausgeführt:
„Nach Auffassung der Kammer ist die Beschränkung der vorgesehenen Versammlungsroute insoweit rechtmäßig, als sie sich auf den - im Tenor bezeichneten - „Kerninnenstadtbereich“ bezieht, im Übrigen jedoch voraussichtlich rechtswidrig. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:
Rechtsgrundlage für die Auflage ist § 15 Abs. 1 VersG. Danach kann die Antragsgegnerin als zuständige Behörde Versammlungen oder einen Aufzug u.a. von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die 1. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die danach erforderlichen Voraussetzungen für eine Auflage mit Beschluss vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 - NVwZ 1988, 834,835 [BVerwG 22.01.1987 - BVerwG 5 C 19.84] wie folgt konkretisiert:
„Die Tatbestandvoraussetzungen dieser Norm sind unter Beachtung der grundrechtlichen Maßgaben auszulegen. Erstens ist das von der Norm eingeräumte Entschließungsermessen grundrechtlich gebunden. Die Versammlungsfreiheit hat nur dann zurückzutreten, wenn eine Abwägung unter Berücksichtigung der Bedeutung des Freiheitsrechts ergibt, dass dies zum Schutz anderer, mindestens gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist... . Zweitens ist die behördliche Eingriffsbefugnis durch die Voraussetzung einer „unmittelbaren“ Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung „bei Durchführung der Versammlung“ begrenzt. Zwischen der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und der Durchführung der Versammlung muss somit ein hinreichend bestimmter Kausalzusammenhang bestehen. Die „unmittelbare Gefährdung“ setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgüter führt... . Drittens müssen zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung „erkennbare Umstände“ dafür vorliegen, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies setzt nachweisbare Tatsachen als Grundlage der Gefahrprognose voraus; bloße Vermutungen reichen nicht aus (vgl. ergänzend zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine entsprechend Auflage den - den Beteiligten bekannten - Beschluss der 1. Kammer des 1. Senats des BVerfG v. 29. März 2002 - 1 BvQ 9/02 - NVwZ 2002, 983).“
Das aus Artikel 8 Abs. 1 GG abzuleitende Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters bezieht sich auch auf Ort und Zeit der Versammlung (vgl. BVerfG v. 26. Januar 2001 - 1 BvQ 9/01 - DVBl. 2001, 558 m.w.N). Auch die Nichtbefolgung der Anregung der Behörde zu einer Terminsverlegung bzw. - wie hier zu einer Ortsverlegung - darf angesichts des Rechts eines Veranstalters, Ort und Zeitpunkt der Versammlung selbst zu wählen, nicht als unkooperatives Verhalten zu Lasten des Veranstalters gewertet werden, wenn - wie hier in dem nachfolgend dargelegten Umfang - kein Kooperationsanlass bestand (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.01.2001 - 1 BvQ 8/01 - DVBl. 2001, 721f).
Erkennbare Umstände für eine mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch die Teilnehmer der von dem Antragsteller angemeldeten und nach den vorherigen Ausführungen auch auf der gewählten Route geschützten Versammlung sind für die Kammer nicht ersichtlich. Zwar hat die Antragsgegnerin - wohl im Wesentlichen unter Wiederaufgreifen von Ausführungen aus einer älteren Verfügung vom 29. November 1999 - darauf hingewiesen, dass mit Störungen der öffentlichen Sicherheit durch die Teilnehmer an der Demonstration des Antragstellers durch Begehung von Straftaten...... zu rechnen sei. Auf Nachfrage des Gerichts hinsichtlich einer Konkretisierung ergibt sich aber für die Kammer nicht hinreichend deutlich, inwieweit die entsprechenden Straftaten überhaupt von Teilnehmern der jeweiligen Demonstrationen des Antragstellers und nicht von Teilnehmern der Gegendemonstrationen oder sonstigen Personen ausgingen und deshalb hinreichend konkret auch eine entsprechende Gefahr für die für den 18. Oktober 2003 vorgesehene Demonstration besteht (vgl. auch den Vermerk der Antragsgegnerin v. 31.7.2003, S. 1 unten, sowie allgemein Hoffmann-Riem, NVwZ 2002, 257, 263 f). Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, inwieweit die Verlegung der Demonstrationsroute überhaupt ein geeignetes Mittel zur Verhinderung der o.a. Straftaten ist.
Ist der benannte Versammlungsleiter unzuverlässig, so ist er durch eine Auflage von dieser Aufgabe auszuschließen.
Soweit die Antragsgegnerin auf Störungen des Verkehrs durch die vorgesehene Demonstration verweist, so sind grundsätzlich die zwangsläufig mit einer Demonstration auch auf öffentlichen Straßen verbundenen Behinderungen des Verkehrs hinzunehmen, soweit diese von den Teilnehmern der Versammlung des Antragstellers einmalig in angemessener Zeit zurückgelegt wird. Dies kann die Antragsgegnerin gegebenenfalls durch eine weitere Auflage sicherstellen.
(....)
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass gegen die Versammlung als ganzes - und damit erst recht hinsichtlich bestimmter Modalitäten der Versammlung, wie hier streitig - unter den besonderen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes eingeschritten werden kann. Drohen Gewalttaten als Gegenreaktionen auf Versammlungen, so müssen sich behördliche Maßnahmen zwar grundsätzlich gegen die Störer, nicht gegen die friedliche Demonstration richten. Sind solche gewalttätigen Zusammenstöße zu befürchten und nicht durch Maßnahmen gegen die gewaltbereiten Gegendemonstranten abzuwehren, kann aber ein polizeilicher Notstand unter Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch Maßnahmen gegen die Ausgangsdemonstration, etwa eine Ortsverlegung, rechtfertigen, soweit dadurch nicht der Versammlungszweck vereitelt wird (vgl. BVerfGE 69, 315, 355, 360 f; BVerfG v. 1.9.2000, a.a.O., m. w. N., Hoffmann-Riem, a.a.O., S. 263). Nach Ansicht der Kammer liegt ein solcher polizeilicher Notstand aber jedenfalls für den „Kernbereich“ der Braunschweiger Innenstadt, der durch den Tenor näher gekennzeichnet worden ist, am 18.10.2003 vor. Denn nach den Angaben der Antragsgegnerin ist mit mindestens 120 bis etwa 300 gegen die Veranstaltung des Antragstellers eingestellten Personen zu rechnen, die gewaltsam gegen diese Versammlung vorgehen werden. Die entsprechende Angabe hat der Antragsgegner zuletzt konkret unter Bezugnahme auf die nach Ansicht der Kammer vergleichbare Veranstaltung des Antragstellers in Hannover aus dem Mai 2003 sowie weitere Erkenntnisse aus Staatsschutzquellen belegt, ohne dass dies von dem Antragsteller bestritten worden ist. Nach den Erkenntnissen aus dem Verlauf der Demonstration in Hannover vom Mai 2003 ist insoweit zwar nicht in größerem Umfang mit körperlicher Gewalt zu rechnen, wohl aber mit Flaschen- und Steinwürfen sowie Abschießen von Feuerwerkskörpern auf polizeiliche Einsatzkräfte. Die Kammer ist insoweit der Auffassung, dass mit entsprechenden Vorkommnissen, also auch Stein- und Flaschenwürfen, auch im Kernbereich der Braunschweiger Innenstadt zu rechnen wäre, ohne dass die Polizei hiergegen unabhängig von der Zahl ihrer Kräfte wirksam vorgehen könnte. Denn die Enge der Innenstadt und die Vielzahl der dort befindlichen Geschäfte mit zahlreichen Ausgängen sowie zusätzlich eine Vielzahl an einem Samstagvormittag in der Schulferienzeit in diesem Bereich zu erwartender Personen lassen wirksame polizeiliche Gegenmaßnahmen gegen Übergriffe gewaltbereiter Personen gegen die Teilnehmer der Veranstaltung des Antragstellers, aber auch gegen unbeteiligte Passanten nicht zu. Ebenso wenig wäre unter diesen Voraussetzungen im Falle etwaiger Körperverletzungen durch Stein- oder Flaschenwürfe der rechtzeitige Einsatz von Rettungsmaßnahmen sichergestellt. Gewaltbereite Störer können auch nicht im Vorfeld an einem „Eindringen“ in diesen Bereich gehindert werden. Im Übrigen ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Veranstaltung des Antragstellers nicht verboten, sondern lediglich hinsichtlich der Routenwahl eingeschränkt wird, und dies nach Auffassung der Kammer auch nur unwesentlich. Denn ihrem Anliegen, im Innenstadtbereich von Braunschweig an einem Samstagvormittag demonstrieren zu können, wird Rechnung getragen. Aus den von der Antragsgegnerin angeführten Beschlüssen der OVG Schleswig und Greifswald ergibt sich nichts anderes, da sie sich - soweit daraus ersichtlich - gerade auf Hauptverkehrsstraßen bezogen und nicht auf „enge Gassen“ (vgl. ausdrücklich S. 4 des Beschlusses des OVG Schleswig v. 28.8.2003 - 4 MB 64/03 -). Da die vorgesehene Hauptkundgebung auf dem Kohlmarkt danach nicht stattfinden kann, ist in Abstimmung mit der Antragsgegnerin ein neuer geeigneter Hauptkundgebungsplatz festzulegen.
Mit den vorgesehenen, mindestens 1 000 Polizisten umfassenden Kräfteaufgebot ist hingegen nach Ansicht der Kammer auf dem - aus dem Tenor im Einzelnen ersichtlichen - Weg um die Braunschweiger „Kern“-Innenstadt ein hinreichender Schutz der Demonstration des Antragstellers zu gewährleisten. Denn die aufgeführten Straßen sind hinreichend ausgebaut (überwiegend vierspurig) und mit Fahrbahnteilungen versehen. Eine beiderseitige Begleitung des Demonstrationszuges durch Polizisten erscheint dort möglich. Zudem besteht dort nicht im gleichen Umfang wie im „Kern“-Innenstadtbereich die Gefahr, dass „Gegendemonstranten“ unerkannt aus Seitenstraßen oder Geschäften auf Demonstrationsteilnehmer übergreifen können. Ebenso ist auf diesen Straßen eher sicherzustellen, dass keine unbeteiligten Dritten Schaden nehmen. Weitere Einsatz- oder Rettungsfahrzeuge können sofort herangeführt werden. Die Kammer sieht sich in dieser Einschätzung auch durch die Erfahrungen mit der Demonstration im Mai 2000 in Hannover bestärkt. Nach den aus dem Internet stammenden, von der Kammer eingesehenen Presseinformationen der Polizeidirektion Hannover vom 22. und 25. Mai 2003 waren trotz einer Gegendemonstration und zusätzlich noch einer Veranstaltung des DGB mit zahlreichen Teilnehmern „durch sofortiges und konsequentes Einschreiten“ größere Auseinandersetzungen und Sachbeschädigungen nicht zu verzeichnen. Die damals von dem Antragsteller gewählte Strecke in Hannover entspricht aber nach Ansicht der Kammer dem aus dem Tenor ersichtlichen Demonstrationsverlauf in Braunschweig.
Die Kammer weist ergänzend darauf hin, dass gegenwärtig auch keine Bedenken gegen die vorgesehene Routenführung der Gegendemonstration von der Schillstraße zum Europaplatz bestehen, soweit ein hinreichender zeitlicher Abstand zu der Veranstaltung des Antragstellers eingehalten wird.“
An diesen Erwägungen hält die Kammer auch nach nochmaliger Überprüfung fest. Dabei ist entscheidend, dass es gemäß § 15 Abs. 1 VersG auf die Prognose nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung, d.h. hier des 29. September 2003, erkennbaren Umständen ankommt. Spätere Entwicklungen haben hierauf grundsätzlich keinen Einfluss. Das Gericht darf bei seiner Prüfung die Sachlage nicht rückwärts aus dem ihm bekannt gewordenen Tatsachenmaterial beurteilen, sondern nur nach dem Tatsachenmaterial, das die zuständige Behörde bei der Entscheidung zugrunde legen konnte und musste (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, 13. Aufl. 2004, § 15 Rnr. 99 mit Hinweis u.a. auf die Rechtsprechung des BVerwG). Vielmehr ist die Versammlungsbehörde gehalten, auf später eintretende Ereignisse mit geeignete weiteren Maßnahmen nach § 15 Abs. 1 VersG zu reagieren (vgl. VGH Kassel, Urt. vom 17.09.1984
- 11 VE 1167/98 - juris). Auch der im Termin zur mündlichen Verhandlung erörterte tatsächliche Ablauf ergibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prognose des Verwaltungsgerichts im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes - bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt - im Hauptsacheverfahren zu revidieren wäre.
Die Kammer weist klarstellend darauf hin, dass sich aus einer Bestätigung der im Eilverfahren getroffenen Feststellungen im vorliegenden Hauptsacheverfahren kein genereller Anspruch der Klägerin ergibt, Aufzüge auf der sich aus dem Schriftsatz vom 15. Oktober 2003 ergebenden Route durchzuführen. Das erkennende Gericht hat nämlich im Beschluss vom 14. Oktober 2003 - 5 B 458/03 - keine Aussage dazu gemacht, ob der Aufzug der Klägerin aufgrund der vorgesehenen Länge von ca. 6,6 km aus versammlungsrechtlicher Sicht problematisch ist. Vergleichbare Aufzuge in Lüneburg, Wilhelmshaven und Osnabrück hatten eine Länge zwischen 2,2 km und 3.9 km. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bestand keine Veranlassung, die Länge des geplanten Aufzuges zu problematisieren, weil die Beklagte selbst insoweit im Bescheid vom 29. September 2003 hiergegen keine ausdrücklichen Bedenken geäußert hatte. Außerdem hat das Gericht im Beschluss vom 14. Oktober 2003 auch nicht festgelegt, auf welchen konkreten Straßen der Aufzug der Klägerin stattfinden sollte, vielmehr wurde nur im negativen Sinne festgelegt, durch welchen Bereich der Innenstadtbereich der Aufzug nicht geführt werden durfte.
3.) Der Feststellungsantrag zu 2.) ist nicht begründet. Die mündliche Anordnung der Beklagten am 18. Oktober 2003 gegen 15.00 Uhr, durch die die Klägerin aufgefordert wurde, den Aufzug in Abweichung vom geplanten Verlauf auf der bereits bewältigten Strecke zurück zum Bahnhof zu führen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach § 15 Abs. 1 VersG kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass von Seiten des Aufzuges der Klägerin keine Gewalttätigkeiten ausgingen. Auch liegen keine Provokationen vor, die die Klägerin als Zweckveranlasserin erscheinen lassen könnten. Vielmehr liegen nur Gewalttätigkeit aus dem Kreis der Gegendemonstranten vor, wobei nach Einschätzung der Beklagten von maximal ca. 250 gewaltbereiten Gegendemonstranten ausgegangen werden konnte. Somit konnte die Maßnahme der Beklagten gegen die Klägerin als sogenannte Nichtstörerin nur im Rahmen des sog. polizeilichen Notstandes in Betracht kommen.
Der Begriff des polizeilichen Notstandes als Voraussetzung der Inanspruchnahme eines Nichtstörers im Versammlungsrecht hat in der Rechtsprechung im Einzelnen folgende Ausprägung gefunden: § 15 VersG ist im Lichte von Artikel 8 GG auszulegen, d.h. Auflösung und Verbot von Versammlungen unter freiem Himmel dürfen nur zum Schutz von mit Artikel 8 GG gleichwertigen Rechtsgütern, nur unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und nur bei einer unmittelbaren, aus erkennbaren Umständen - dies sind Tatsachen, Sachverhalte und sonstige Einzelheiten, nicht jedoch bloßer Verdacht und Vermutungen - herleitbaren Gefährdungen dieser Rechtsgüter erfolgen (VG Frankfurt, Beschluss vom 15.02.1990 - V/1 H 350/90 - NVwZ-RR 1990, 244 [VG Frankfurt am Main 15.02.1990 - V/1 H 350/90] unter Bezugnahme auf BVerfGE 69, 315). Der Prognosemaßstab der „unmittelbaren Gefährdung“ erfordert sodann, dass der Eintritt eines Schadens für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Notwendig ist dabei immer ein hinreichend konkreter Bezug der Erkenntnisse oder Tatsachen zu der geplanten Veranstaltung (VG Freiburg, Beschluss vom 04.12.2002 - 4 K 1686/02 -, juris). Bei der Beantwortung der Frage, ob die Anzahl der Polizeibeamten zur Durchführung der geplanten Demonstration und zur Sicherung einer polizeilichen Grundversorgung ausreichen, handelt es sich um eine - planerische Elemente enthaltende - Prognoseentscheidung der Versammlungsbehörde, bei der dieser ein Prognosespielraum zusteht, der vom Gericht lediglich daraufhin überprüfbar ist, ob die Prognose unter Berücksichtigung der verfügbaren - und im gerichtlichen Verfahren verifizierbaren - Daten in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist (VG Hamburg, Urteil vom 06.10.2000 - 20 VG 3276/99 -, juris -, NJW 2001, 2115 Leitsatz). Ausnahmsweise ist ein Veranstaltungsverbot nach § 15 Abs. 1 VersG nur dann zulässig, wenn die Polizei entweder nicht in der Lage ist, die öffentliche Sicherheit durch ein Vorgehen gegen gewaltbereite Gegendemonstranten als Störer aufrecht zu erhalten (sogenannter echter polizeilicher Notstand) oder wenn Maßnahmen gegen die Störer eine größere Gefahr bzw. größere Schäden für Unbeteiligte hervorrufen würden als Maßnahmen gegen die Nichtstörer (sogenannter unechter polizeilicher Notstand). Dabei sind keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose zu stellen, da bei irriger Einschätzung grundsätzlich noch die Möglichkeit einer späteren Auflösung verbleibt.(vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.09.1993 - 3 TH 2190/93 -, juris - , NVwZ-RR 1994, 86 [VGH Baden-Württemberg 25.06.1993 - 14 S 369/93]). Es liegt der sogenannte unechte polizeiliche Notstand vor, wenn die Polizei mit den vorhandenen Kräften zwar in der Lage ist, die verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte durchzusetzen, hierzu aber Mittel einsetzen müsste, wie z.B. Wasserwerfer, Sonderwagen und Reizstoffe, die auch im Hinblick auf das zu schützende Versammlungsrecht außer Verhältnis stünden und dabei Maßnahmen gegen Störer ergreifen müsste, die zu wesentlich größeren Schäden für Unbeteiligte führen würden, d.h. die Schäden für die öffentliche Sicherheit bei einem Einschreiten gegen die Störer in einem extremen Missverhältnis zu den Nachteilen stehen würden, die im Vergleich dazu durch ein Vorgehen gegen die friedliche Versammlung eintreten (vgl. VG München, Urteil vom 22.01.2003 - , M 7 K 02.996 - , juris).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben lagen die Voraussetzungen für die Annahme eines echten polizeilichen Notstandes, also die objektive Unmöglichkeit, die Sicherheit durch Inanspruchnahme der Störer aufrecht zu erhalten, im Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung am 18. Oktober 2003 gegen 15.00 Uhr nicht vor. Die Beklagte hat nämlich in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass sie mit den vor Ort befindlichen Polizeikräften die Blockade der Straße Gieselerwall in Richtung Güldenstraße hätte auflösen können.
Jedoch hat die Beklagte im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Verfügung (18.Oktober 2003 gegen 15:00 Uhr) in nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen eines unechten polizeilichen Notstandes angenommen. Die Polizeiführung hat im Termin zur mündlichen Verhandlung ausführlich dargelegt, welche Gesichtspunkte sie ihrer Gefahrenprognose zugrunde gelegt hat; insoweit wird auf das Protokoll Bezug genommen. Danach stellte sich die Situation am Europaplatz und im bevorstehenden Verlauf der geplanten Aufzugsroute so dar, dass die Entscheidung, die Blockade der Strasse Gieseler in Richtung Güldenstrasse nicht durch Anwendung polizeilicher Zwangsmaßnahmen aufzulösen, letztlich vom Gericht nicht beanstandet werden kann.
Zwar war es bis zum Halt des Aufzuges der Klägerin am Europaplatz noch nicht zu nennenswerten Beeinträchtigungen der Teilnehmer der Klägerin gekommen. Gewalttätige Angriffe wie z.B. Flaschenwürfe, waren vereinzelt geblieben und auch die Ansammlung von ca. 1000 Gegendemonstranten am John-F.-Kennedy-Platz konnte von den Polizeikräften kontrolliert und in ausreichendem Abstand vom Aufzug der Klägerin gehalten werden. Der vorhergehende Verlauf sprach daher eher gegen die Annahme einer unmittelbaren Gefahr im Sinne des polizeilichen Notstandes.
Die Beklagte hat demgegenüber in nicht zu beanstandender Weise nicht allein auf den vorhergehenden Verlauf abgestellt, sondern maßgeblich in ihre Prognose die Situation auf dem noch bevorstehenden Streckenabschnitt mit einbezogen und von einer Auflösung dieser Blockade abgesehen, weil sie befürchtete, dass hierdurch gewaltsame Auseinandersetzungen hervorgerufen werden könnten, die in der Folgezeit nicht mehr hätten kontrolliert werden können. Entscheidend für die Gefahrenprognose der Beklagten war nach ihrer Darstellung in der mündlichen Verhandlung, dass in der Güldenstraße auf Höhe der Sonnenstraße der Aufzug zwischen zwei Baustellen hätte durchgeführt werden müssen. Dabei handelte es sich westlich der Güldenstraße um eine größere umzäunte Baustelle auf dem Gelände einer ehemaligen Tankstelle und östlich der Güldenstraße um eine weitere Baustelle wegen Kanalbauarbeiten. Auf beiden Baustellen lag Material, das als Wurfgeschoss hätte eingesetzt werden können. Nach Verlassen des John-F.-Kennedy-Platzes waren auf diesem eine Vielzahl von Flaschenscherben und Steinen zurückgeblieben. Diese hätten bereits dort als Wurfgeschosse eingesetzt werden können, wenn nicht an dieser Stelle der Abstand zwischen den Gegendemonstranten und dem Aufzug des Klägers ausreichend groß gewesen wäre. Es gab zu diesem Zeitpunkt bereits vereinzelte Flaschenwürfe und einzelne Demonstranten mussten in Gewahrsam genommen werden. Es gab auch keine Möglichkeit, den Aufzug an den Baustellen vorbeizuführen, weil der Weg über die Sonnenstraße oder andere Straßen ostwärts in die „Kern“-Innenstadt geführt hätte (vgl. dazu den Beschluss der erkennenden Kammer im Eilverfahren) und ein Ausweichen über die Sonnenstraße westwärts in Richtung „Am Hohen Tor“ nicht möglich war, weil die dortige Okerbrücke wegen Bauarbeiten für den Fahrzeugverkehr, also auch die Polizeifahrzeuge, nicht genutzt werden konnte. Hinzu kam, dass sich zu diesem Zeitpunkt Gegendemonstranten, die sich offenbar wegen der dort geplanten Kundgebung der Gegendemonstration am Hagenmarkt aufgehalten hatten, zwischenzeitlich auch im Verlauf der Güldenstrasse aufhielten, die Zahl der sich in der Nähe des Aufzuges der Klägerin aufhaltenden Gegendemonstranten also erheblich größer geworden war. Auch hat die Beklagte bei ihrer Einschätzung zu Recht berücksichtigt, dass der Aufzug der Klägerin bis zu seinem Halt in Höhe des Europaplatzes die eigentliche Innenstadt von Braunschweig noch gar nicht erreicht hatte, sondern südlich vorbeigezogen war. Erst mit dem Marsch über den Gieselerwall in Richtung Güldenstrasse wäre der Aufzug in die Innenstadt gelangt. Den Aufrufen verschiedener Organisationen zu Gegendemonstrationen war als Oberziel die Verhinderung des Aufzuges überhaupt, als Kernziel aber, den Zug aus der Braunschweiger City herauszuhalten, zu entnehmen. Deshalb war das vorhergehende Verhalten der Gegendemonstranten nur eingeschränkt als Indiz für das zu erwartende Verhalten beim Weitermarsch durch die Güldenstrasse zu werten. Darüber hinaus befürchtete die Beklagte aufgrund von dem Gericht nachvollziehbar geschilderten Erfahrungen aus der Vergangenheit, dass bei Anwendung körperlicher Gewalt durch die Polizei gegen Störer ein Teil der friedlichen Gegendemonstranten dazu veranlasst werden würde, für die gewaltbereiten Gegendemonstranten Partei zu ergreifen und diese gegen die Polizei zu unterstützen.
Aus dem Zusammenspiel dieser Tatsachen durfte die Beklagte den Schluss ziehen, dass ein Weiterführen des Aufzuges nach Auflösung der Blockade zu einer erheblichen Eskalation geführt hätte.
Außerdem hat die Beklagte zu Recht in ihre Prognose einbezogen, dass bei Auflösung der Blockade am Gieselerwall und zu erwartender weiterer Blockaden die Demonstranten die Straßen durch die Innenstadt nutzen würden, um den Aufzug der Klägerin an anderen Stellen der geplanten Route erneut zu blockieren. Teile der Gegendemonstranten hatten schon in der vorhergehenden Zeit in Kleingruppen in der Stadt verteilt agiert und damit erhebliche Polizeikräfte gebunden und erschöpft. Daraus schloss die Beklagte - nach den oben zitierten Ausführungen im Beschluss der Kammer im Eilverfahren zu Recht - diese Demonstranten seien sehr schwer zu kontrollieren.
Außerdem war bei der polizeilichen Einschätzung der Lage am 18.Oktober 2003 gegen 15:00 Uhr auch der Zeitablauf zu berücksichtigen. Die geplante Route war mit einer Länge von ca. 6,6 km vergleichsweise lang. Gegen 15:00 Uhr waren erst 2/5 der Strecke absolviert. Es war also in die Lageabschätzung mit einzubeziehen, dass bei erwarteten weiteren Blockaden und Auseinandersetzungen der Aufzug nicht vor Einbruch der Dunkelheit auf dem geplanten Weg den Hauptbahnhof würde erreichen können. Dabei kommt es für die Einschätzung der Lage im Zeitpunkt der polizeilichen Entscheidung zunächst nicht darauf an, wer zeitliche Verzögerungen zu vertreten hat. Dieser Gesichtspunkt wäre nur bei der Abwägung im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu berücksichtigen (so Thüringer OVG, Beschluss vom 12.04.2002 - 3 EO 261/02, NJW 2003, 105 Leitsatz). Vorliegend kann aber festgestellt werden, dass eine ganz erhebliche Verzögerung in der verspäteten Ankunft des Zuges der Deutschen Bahn gegen 12:30 Uhr zu sehen ist sowie in dem Defekt des Fahrzeuges der Klägerin. Die Kontaktaufnahme zwischen dem Versammlungsleiter der Klägerin und dem zuständigen Polizeibeamten D. fand ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung ebenfalls erst zwischen 12:15 und 12:30 Uhr statt. Der Aufzug setzte sich dann um 12:51 Uhr in Bewegung. Dieser Zeitraum ist angesichts der Bekanntgabe der Auflagen und der Kontrolle ihrer Einhaltung nicht als außergewöhnlich lang einzuschätzen. Auch die Ankunft gegen 14:30 Uhr am Europaplatz spricht angesichts der zurückgelegten Strecke nicht für die von der Klägerin und ihrem in der mündlichen Verhandlung angehörten Versammlungsleiter behaupteten willkürlichen Verzögerungen durch die den Aufzug begleitenden Polizeikräfte.
Soweit die von der Klägerin benannten und in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehörten Demonstrationsteilnehmer darlegten, dass nach ihrer Wahrnehmung nur sehr wenige gewaltbereite Störer vorhanden waren, die von den Polizeikräften ohne großen Aufwand abgedrängt werden konnten, ist bei der Bewertung dieser Angaben zu berücksichtigen, dass diese Personen die Lage nur jeweils an ihrem Standort betrachten konnten, ihnen aber nicht - wie der ebenfalls angehörten Polizeiführung - die Lage und Entwicklung im gesamten Stadtgebiet bekannt war. Die oben geschilderte, sich aus vielen Tatsachen zusammensetzende Lagebeurteilung konnte diesen Personen nicht bekannt sein. Insbesondere konnten sie nichts von der von den Gegendemonstranten während des ganzen Tages verfolgten, Polizeikräfte bindenden, Kleingruppentaktik wissen. Auch war ihnen offenbar die besondere Gefährdungssituation im an den Europaplatz angrenzenden Verlauf der geplanten Strecke ebenso wenig bekannt, wie die auf dem John-F.-Kennedy-Platz vorgefundenen Gegenstände, die als Wurfmaterialien hätten eingesetzt werden können.
Angesichts der oben aufgeführten, von der Beklagten zu Recht in ihre Lagebeurteilung einbezogenen Tatsachen und Geschehensabläufe vermag das erkennende Gericht die streitgegenständliche Entscheidung nicht als rechtswidrig zu erachten. Dabei ist sich das Gericht bewusst, dass der vorhergehende im wesentlichen gewaltfreie Verlauf des Aufzuges gegen die Prognose der Beklagten spricht, weil es bis zum Halt des Aufzuges in Höhe des Europaplatzes nicht zu nennenswerten Beeinträchtigungen gekommen war und auch die große Ansammlung von ca. 1000 Gegendemonstranten am John-F.-Kennedy-Platz von den eingesetzten Polizeikräften kontrolliert und in einem ausreichend großen Abstand zum Aufzug der Klägerin gehalten werden konnte. Gerade beim Ergreifen von Maßnahmen gegen Nichtstörer dürfen nicht zu geringe Anforderungen an die Gefahrenprognose gestellt werden, da bei irriger Einschätzung die Möglichkeit bleibt, noch im späteren Verlauf versammlungsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen (vgl. Hess.VGH, Beschluss vom 17.09.1993, aaO.). Deshalb ist es grundsätzlich erforderlich, mit milderen und sich steigernden Maßnahmen gegen die Störer vorzugehen und deren Reaktionen abzuwarten, bevor als letztes Mittel eine Maßnahme gegen Nichtstörer nach den Maßstäben des polizeilichen Notstandes in Betracht kommt. Vorliegend wäre danach in Betracht gekommen, zunächst gegenüber den blockierenden Gegendemonstranten die Mittel polizeilichen Zwanges mit dem Ziel der Auflösung der Blockade anzudrohen und nachfolgend einzusetzen und so die Gefahrenprognose zu verifizieren.
Jedoch lag im vorliegend zu beurteilenden Fall eine Ausnahmesituation vor, die die Rückführung des Aufzuges der Klägerin gerade an dieser Stelle rechtfertigte. Bei der auch nach Einschätzung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung möglichen Weiterführung des Aufzuges der Klägerin in Richtung Güldenstraße hätte dieser - wie oben dargestellt - ab Höhe Sonnenstraße zwischen zwei Baustellen hindurchgeführt werden müssen. In diesem Bereich hätte für die Polizei aufgrund der baulichen Gegebenheiten auch nicht die Möglichkeit bestanden, Gegendemonstranten und Passanten in einem großen Abstand vom Aufzug zu halten, so dass es möglich gewesen wäre, die Polizisten und die Demonstranten im Aufzug der Klägerin mit Wurfgeschossen zu bewerfen, die auf den Baustellen ohne wesentliche Probleme hätten ergriffen werden können. Wenn der Aufzug der Klägerin erst in diese Lage gekommen wäre, wäre ein Schutz nur sehr schwer möglich gewesen. Aufgrund der räumlichen Verhältnisse ist auch zweifelhaft, ob ein Wasserwerfer dort überhaupt hätte herangeführt bzw. eingesetzt werden können (zum Einsatz von Wasserwerfern vgl. grundsätzlich BVerfG, B. v. 07.12.1998, - 1 BvR 831/89 - NVwZ 99, 290). Auch eine geordnete Rückführung aus diesem Gefahrenbereich wäre nur unter sehr großen Schwierigkeiten möglich gewesen, weil nach den obigen Ausführungen ein Ausweichen in Seitenstraßen nicht möglich war. Wenn es an diesem durch die vorhandenen Baustellen besonders gefahrenträchtigen Punkt des Aufzuges zu gewalttätigen Auseinandersetzungen in der von der Polizei befürchteten Weise gekommen wäre, wäre nach den nachvollziehbaren und von den Polizeibeamten in der mündlichen Verhandlung überzeugend geschilderten Erfahrungen auch zu befürchten gewesen, dass es auch nach Passieren des Gefahrenpunktes in der Güldenstraße zu weiteren gewalttätigen Übergriffen im weiteren Verlauf des Aufzuges entlang der Kerninnenstadt kommen würde. Diese nachvollziehbar befürchteten Auseinandersetzungen, aber auch nachvollziehbar befürchtete einfache Blockaden im weiteren Verlauf der Strecke bargen die Gefahr in sich, dass der Aufzug auch bei einsetzender Dunkelheit (Sonnenuntergang am 18.10.2003 um 18.18 Uhr) noch nicht beendet sein würde. Ein hinreichender Schutz des Aufzuges bei Dunkelheit wäre - auch angesichts der Tatsache, dass die Polizeikräfte bereits seit den Morgenstunden im Zuge der Überwachung der Gegendemonstranten im Einsatz waren - nicht möglich gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 GKG. Die Kammer geht insoweit von einem Streitwert je Verfügung in Höhe des so genannten Auffangwertes von 4.000 € aus, da vorliegend Versammlungsauflagen, aber kein Verbot einer Versammlung streitig sind. Da die Verfügungen vom 29. September 2003 und 18. Oktober 2003 im Streit sind, liegt der Streitwert bei 8.000 €.