Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.06.1997, Az.: I 186/91

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
10.06.1997
Aktenzeichen
I 186/91
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 27898
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1997:0610.I186.91.0A

In dem Rechtsstreit

wegen Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1983 und 1. Januar 1984

hat der I. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 10. Juni 1997, an der mit gewirkt haben:

Vorsitzender Richter . am Finanzgericht .

Richter am Finanzgericht .

Richter am Finanzgericht .

ehrenamtlicher Richter . Bauingenieur

ehrenamtliche Richterin . Redakteurin

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen.

    Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

    Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Die Parteien streiten über die steuerliche Zuordnung zweier Geschäftsgrundstücke, auf denen die Klägerin (Kl'in) Warenhäuser unterhält.

2

Die Kl'in betreibt in Norddeutschland eine Wareneinzelhandelskette in Form von Selbstbedienungs-Warenhäusern. In B. und C. befinden sich die Warenhäuser auf Grundstücken, die die Kl'in lediglich angepachtet hat. Eigentümerin bzw. Erbbauberechtigte beim Grundstück in C. und Verpächterin der Grundstücke ist die Firma S. GmbH, die seit dem 1. Januar 1982 an der Kl'in als Kommanditistin beteiligt ist. An der S. GmbH ist Herr Dr. L., der bisherige Kommanditist, atypisch still beteiligt. Alleinige Komplementärin der Kl'in ist die Firma S. Verwaltungs-GmbH.

3

In den Jahren 1985 bis 1987 fand bei der Kl'in eine Betriebsprüfung statt. Dabei ordnete der Prüfer die Grundstücke in . und C. ertragsteuerlich dem Sonderbetriebsvermögen der Kl'in zu. Für den Bereich der Einheitsbewertung erfaßte er die Grundstücke jedoch nicht im Betriebsvermögen der Kl'in, sondern in dem der Kommanditistin, der Firma S. Dieser Zuordnung folgte auch der Beklagte (Bekl.) unter Hinweis auf den Wortlaut des § 97 Abs. 1 Satz 2 Bewertungsgesetz (BewG). Auf diese weise fanden auch Dauerschulden, die den Einheitswert der Grundstücke überstiegen und mit ihnen in Zusammenhang standen, keine Aufnahme im Betriebsvermögen der Kl'in, sondern in dem der Kommanditistin.

4

Dagegen hat die Kl'in nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben, die sie damit begründet, daß die beiden Grundstücke in B. und C. als ihr Sonderbetriebsvermögen in ihrem vermögen zu erfassen seien. Der Wortlaut des § 97 Abs. 1 Satz 2 BewG stehe dem nicht entgegen. Die dort normierte Ausnahmeregelung für das Eigentum von Kapitalgesellschaften greife im Streitfall, nicht ein, weil an der Gesellschafterin. GmbH eine atypisch stille Beteiligung bestehe. Die atypisch stille Gesellschaft stehe einer Personengesellschaft gleich. Für derartige Personengesellschaften gelte die Ausnahmeregelung des Gesetzes nicht.

5

Das Gericht hat die Kommanditistin und den daran beteiligten stillen Gesellschafter Dr. L. mit Beschluß vom 10. Dezember 1996 zum Rechtsstreit beigeladen.

6

Die Kl'in beantragt,

unter Änderung der Einheitswertbescheide auf den 1. Januar 1983 vom 12. Juni 1990 und auf den 1. Januar 1984 vom 26. März 1990 und Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 9. April 1991 die Einheitswerte ihres Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1983 auf minus 7.965. 000 DM und auf den 1. Januar 1984 auf minus 7.219. 000 DM herabzusetzen.

7

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

8

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Er ist der Auffassung, daß der begehrten Zuordnung der Grundstücke in das Betriebsvermögen der Kl'in der Wortlaut des § 97 Abs. 1 Satz 2 BewG entgegenstehe. Nach dieser Norm sei Sonderbetriebsvermögen dann nicht der Gesellschaft zuzuordnen, der es diene, wenn es einem Gesellschafter gehöre, der seinerseits eine Kapitalgesellschaft sei. Im Streitfall sei es nicht möglich, dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung dadurch auszuweichen, daß man die Grundstücke der atypisch stillen Gesellschaft zuordne. Obwohl die atypisch stille Gesellschaft steuerlich einer Personengesellschaft gleichstehe, sei sie doch nicht in der Lage, Eigentum zu bilden. Die atypisch stille Gesellschaft sei eine reine Innengesellschaft, die zivilrechtlich kein Eigentum erwerben könne. Eigentümerin der beiden Grundstücke sei allein die Kapitalgesellschaft S. GmbH, der deshalb die Grundstücke auch zuzuordnen seien.

10

wegen des Vortrags der Parteien im übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze im Klageverfahren sowie im Vorverfahren verwiesen.

Gründe

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I.

Die Klage hat keinen Erfolg.

12

Nach § 95 Abs. 1 BewG gehören zum Betriebsvermögen alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dient, soweit die Wirtschaftsgüter dem Betriebsinhaber gehören. Ob und inwieweit Grundstücke zum Betrieb eines Gewerbes gehören, ergibt sich aus dem Einheitswertbescheid für das betreffende Grundstück. Der Einheitswertbescheid über das Grundstück ist ein Grundlagenbescheid im Sinne von § 182 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) und hat Bindungswirkung für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens. Nach dieser Norm sind Feststellungsbescheide für andere Feststellungsbescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden betroffenen Feststellungen für Folgebescheide von Bedeutung sind. Diese Bedeutung und Bindungswirkung der Einheitswertbescheide für Grundstücke für die nachfolgende Einheitsbewertung des Betriebsvermögens erstreckt sich nicht nur auf den wert der Grundstücke (vgl. dazu § 109 Abs. 2 BewG), sondern gem. § 19 Abs. 3 Nr. 1 b BewG auch darauf, ob sie einem Betrieb zuzuordnen sind und welchem Betrieb sie zuzuordnen sind (vgl. Urteil des BFH vom 7. Juli 1993 II R 9/90, BFH/NV 1994, 451).

13

Im Streitfall, sind die angefochtenen Bescheide über den Einheitswert des Betriebsvermögens der Kl'in Folgebescheide in diesem Sinne. Ob in ihnen auch der Wert der beiden Grundstücke in B. und C. einzufließen hat, ergibt sich bindend aus den Grundlagenbescheiden über die Einheitsbewertung der Grundstücke.

14

Für das Grundstück/Erbbaurecht in B. liegt dem Gericht der Nachfeststellungsbescheid auf den 1. Januar 1983 vom 6. November 1985 vor (Gerichtsakten Bl. 47, 62). In diesem Bescheid ist das Grundstück zwar als Betriebsgrundstück der Vermögensart Betriebsvermögen zugeordnet, nicht jedoch dem Betriebsvermögen der Kl'in. Im Gegenteil: Der Bescheid ist an die Firma S. GmbH gerichtet und für sie bestimmt. Daraus folgt zur Überzeugung des Gerichtes, daß dieses Grundstück der Kommanditistin, jedenfalls nicht der Kl'in zuzuordnen ist.

15

Nicht anders verhält es sich mit dem Grundstück . 210 in C.. Nach dem letzten Fortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1980 vom 5. Februar 1981 (Bl. 54 der Gerichtsakten) ist auch dieses Grundstück als Betriebsgrundstück dem Betriebsvermögen zugeordnet, nicht jedoch dem der Kl'in. Auch dieser Bescheid ist adressiert und bestimmt für die Firma S. GmbH und stellt damit deren Betriebsvermögen fest.

16

Damit stehen einem Erfolg der Klage formelle Hindernisse entgegen.

17

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

18

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ergibt sich aus § 139 Abs. 4 FGO. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und daher kein Kostenrisiko getragen. Es entspricht deshalb der Billigkeit, daß sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

19

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.