Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.06.1997, Az.: III 214/93
Änderung von unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Gewerbesteuermeßbescheide; Gewerbliche Ausübung einer Hausverwaltungstätigkeit bei Kopplung von Maklertätigkeit und Versicherungsagenturtätigkeit; Vorliegen eines einheitlichen Gewerbebetriebs
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 25.06.1997
- Aktenzeichen
- III 214/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 15993
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:0625.III214.93.0A
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG
- § 164 Abs. 2 AO
- § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG
Verfahrensgegenstand
GewSt beim Häusermakler-Verwalter
Gewerbesteuermeßbetrag 1984 bis 1987 und 1989
Der III. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 25. Juni 1997,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter Prokurist
ehrenamtliche Richterin Dozentin
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war in den Streitjahren - aber zeitlich auch darüber hinaus - auf mehreren Geschäftsfeldern tätig. Er mäkelte Immobilien, war Versicherungsvertreter und betätigte sich als Grundstücks- und Hausverwalter. Streitig ist, ob diese Verwaltertätigkeit des Klägers seiner gewerblichen Betätigung (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz - EStG -) zuzurechnen ist oder als sonstige selbständige Tätigkeit im Sinne des§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzusehen ist.
Der Kläger betreibt seine Geschäfte in gemieteten Räumen in der M. straße in G.. Unstreitig erzielt er als Makler und Versicherungsvertreter Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In den gleichen Räumen übt der Kläger seine Hausverwaltertätigkeit aus. Nach seinen eigenen Angaben verwaltete er etwa 130 Wohneinheiten und zusätzlich 33 Garagen. Für seine gewerbliche Betätigung als Makler und Versicherungsvertreter einerseits sowie für die Hausverwaltertätigkeit andererseits reichte er jeweils getrennte Jahresabschlüsse beim Finanzamt ein; dabei schied er die Einkünfte aus der Verwaltertätigkeit in seinen Steuererklärungen bei den gewerblichen Einkünften aus. Das Finanzamt erließ für die Jahre 1984 bis 1987 Gewerbesteuermeßbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -), in denen es lediglich die Einkünfte des Klägers aus seiner Maklertätigkeit und den Versicherungsvertretungen berücksichtigte.
Nach einer im Jahre 1989 beim Kläger durchgeführten Außenprüfung änderte das Finanzamt die Gewerbesteuermeßbescheide für 1984 bis 1987 gemäß § 164 Abs. 2 AO durch Bescheide vom 4. Dezember 1987. In diesen Änderungsbescheiden erfaßte es bei der Ermittlung des Gewerbeertrags auch die Einkünfte aus der Hausverwaltertätigkeit des Klägers. Auch bei der Gewerbesteuerveranlagung 1989 wurden die Einkünfte aus der Hausverwaltertätigkeit bei der Ermittlung des Gewerbeertrages berücksichtigt.
Dagegen wandte sich der Kläger mit Einsprüchen und machte im wesentlichen geltend:
Der bei der Außenprüfung vertretenen Auffassung, daß wegen der Maklertätigkeit auch die Verwaltertätigkeit zur gewerblichen Betätigung gerechnet werden müsse, könne nicht gefolgt werden. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) beziehe sich auf die Abgrenzung von selbständiger Arbeit und gewerblicher Tätigkeit bei Hausverwaltern; diese besage aber nur, daß Hausverwalter mit einer großen Zahl von verwalteten Objekten in der Regel Gewerbetreibende seien, wenn sie sich dabei laufend mehrerer Hilfskräfte bedienten. Diese Voraussetzungen seien bei ihm von der Zahl und dem Umfang seiner Betätigung im Hausverwalterbereich nicht gegeben. Es bestehe auch kein enger Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit als Versicherungsvertreter und der Hausverwaltung. Auch seien die verschiedenen Tätigkeitsbereiche bei ihm nicht miteinander verflochten gewesen. Schließlich habe er für die einzelnen Bereiche getrennte Aufzeichnungen und Abschlüsse getätigt. Der BFH habe in seinem Urteil vom 3. Oktober 1985 V R 106/78 (BStBl II 1986, 23) entschieden, daß bei natürlichen Personen die gewerblichen und freiberuflichen Betätigungen regelmäßig getrennt zu erfassen seien, auch wenn zwischen diesen gewisse sachliche und wirtschaftliche Berührungspunkte bestünden. Der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Tätigkeiten sei nicht so eng, daß einheitliche gewerbliche Einkünfte anzunehmen seien.
Das Finanzamt hat die Einsprüche mit Bescheid vom 17. Mai 1993 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Die mehreren Betätigungen des Klägers seien einheitlich als gewerblich zu beurteilen, weil sie miteinander verflochten seien und sich gegenseitig unlösbar bedingten. Der Gewerbebetrieb werde in zusammenhängenden, angemieteten Räumen betrieben. Die anfallenden Arbeiten würden von drei Angestellten erledigt und von daher sei weder eine räumliche noch organisatorische Trennung zwischen den einzelnen Bereichen möglich. Dafür sprächen verschiedene Indizien wie die einheitliche Firmierung unter "G. Immobilien-Hausverwaltung VDM" und derselbe Telefonanschluß für das Unternehmen. Auch liege im Grunde genommen keine eigenständige Buchführung für den Bereich der Hausverwaltung vor, weil diese Zahlen erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres für einen gesonderten Jahresabschluß ausgegrenzt worden seien und eine Kostenpauschale bei den Betriebsausgaben berücksichtigt worden sei. Ferner sei in Einzelfällen aus dem verwalteten Wohnungsbestand Wohnungen weitervermittelt worden. Zugleich habe die Möglichkeit bestanden, bei der Hausverwaltung als Versicherungsagent entsprechende Versicherungsverträge abzuschließen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage und wiederholt im wesentlichen das Vorbringen aus dem Vorverfahren und beantragt,
unter Aufhebung des Einspruchsbescheids vom 17. Mai 1993 die Gewerbesteuermeßbescheide 1984 bis 1987 und 1989 vom 4. Oktober 1989, 3. Juni 1992 und 23. Januar 1991 in der Weise zu ändern, daß beim Gewerbeertrag der Ansatz der Einkünfte aus der Hausverwaltertätigkeit des Klägers entfällt und die einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge entsprechend herabgesetzt werden.
Das beklagte Finanzamt hält an seinen Ausführungen im Vorverfahren fest und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten - insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten - wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Steuerakten, die vom Finanzamt vorgelegt worden sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Das Finanzamt hat zu Recht die Einkünfte des Klägers aus seiner Haus- und Wohnungsverwaltertätigkeit seinen Gewinnen aus der weiteren gewerblichen Betätigung zugerechnet und die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Gewerbesteuermeßbescheide für die Streitjahre entsprechend geändert.
Nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG gehört die Vermögensverwaltung zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit; dazu kann unter bestimmten Umständen auch die Tätigkeit eines Hausverwalters oder Grundstücksverwalters gerechnet werden (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 1970 I R 123/69, BStBl II 1971, 29). Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen hätte das zur Folge, daß solche Einkünfte nicht der Gewerbesteuer unterlägen (§ 1 Abs. 1 Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung - GewStDV -; Abschn. 14 Abs. 1 Gewerbesteuer-Richtlinien - GewStR -). Die entsprechenden Vorgaben erfüllte der Kläger mit seiner Verwaltertätigkeit jedoch nicht.
Er übte diese Betätigung nämlich im Rahmen seiner vorwiegenden gewerblichen Tätigkeit als Makler und Versicherungsvertreter aus. Daraus folgt, daß die Gewinne aus der Verwaltertätigkeit auch der Gewerbesteuer im Rahmen der gesamten gewerblichen Tätigkeit unterliegen. Denn es handelt sich hier nicht um mehrere Betriebe verschiedener Art (vgl. Abschn. 19 Abs. 1 GewStR), sondern um einen einheitlichen Betrieb, zumindest doch um Betriebe gleicher Art (s. Abschn. 19 Abs. 2 GewStR). Die verschiedenen Tätigkeitsbereiche des Klägers hängen nämlich sachlich, wirtschaftlich, finanziell und auch organisatorisch zusammen. Der Kundenkreis berührte sich auf den verschiedenen Betätigungsfeldern, die somit sachlich miteinander verbunden sind. Die betriebliche Tätigkeit wird zudem in einer einheitlichen Betriebsstätte ausgeübt; dabei ist es unerheblich, daß verschiedene Büroräume genutzt werden und die Aufgaben auf verschiedene Mitarbeiter aufgeteilt worden sind. Denn es muß davon ausgegangen werden, daß es auch übergreifende Tätigkeiten in allen Bereichen gegeben hat, so bei Urlaubsvertretungen, Annahme von Telefonaten, Krankheitsfällen und dergleichen. Schließlich ist in den Streitjahren eine völlige Trennung der Buchführung für die einzelnen Geschäftsbereiche nicht durchgeführt worden.
Unter diesen Umständen liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich der Senat anschließt, eineinheitlicher Gewerbebetrieb vor; so hat der Bundesfinanzhof in seiner Rechtsprechung wiederholt entschieden, daß eine Hausverwaltungstätigkeit regelmäßig gewerblich ausgeübt wird, wenn sie wie hier mit einer Maklertätigkeit und Versicherungsagentur gekoppelt ist (vgl. BFH-Urteil vom 28. September 1993 VIII R 67/92, BStBl II 1994, 49 mit weiteren Nachweisen). Der Bundesfinanzhof und der erkennende Senat folgen damit der früheren Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (Urteil vom 15. Juni 1938 VI 311/38 RStBl 1938 S. 842).
Danach kann dahingestellt bleiben, ob bereits wegen des Umfanges der Hausverwaltertätigkeit eine Gewerbesteuerpflicht zu bejahen ist.
Gleichwohl hat der Senat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Denn es erscheint klärungsbedürftig, ob der BFH seine zuvor zitierte Rechtsprechung, wonach bei einer einheitlich ausgeübten Makler-, Versicherungsvertreter- und Hausverwaltertätigkeit regelmäßig eine insgesamt gewerbliche Tätigkeit anzunehmen ist, mit den Ausführungen in den Urteilen vom 24. April 1997 und 9. August 1983 (IV R 60/95, BStBl II 1997, 57 und VIII R 92/83, BStBl II 1984, 19) insoweit zugunsten einer erleichterten Trennung der Tätigkeiten modifizieren wollte, als nur bei Tätigkeiten, die sich gegenseitig bedingen, ein einheitlicher Betrieb angenommen werden soll.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).