Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.06.1997, Az.: V 453/96
Berechtigung zum Vorsteuerabzug bei Verwendung eines ursprünglich nichtunternehmerisch erworbenen und genutzten Wirtschaftsguts für das Unternehmen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 12.06.1997
- Aktenzeichen
- V 453/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 23281
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:0612.V453.96.0A
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG
- § 15a Abs. 1 UStG
Fundstelle
- NWB DokSt 1998, 1381
Verfahrensgegenstand
Es liegt keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug vor, wenn ein ursprünglich nichtunternehmerisch erworbenes und genutztes Wirtschaftsgut später für das Unternehmen verwendet wird
Umsatzsteuer 1993
Der V. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 12. Juni 1997,
an der mitgewirkt haben:
1. Vizepräsidentin ... des Finanzgerichts ...
2. Richter am Finanzgericht ...
3. Richter am Finanzgericht ...
4. ehrenamtliche Richterin ...
5. ehrenamtlicher Richter ...
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten.
Tatbestand
Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 6. September 1991 mit Wirkung ab 1. Januar 1992 das Grundstück ... einschließlich Inventar. In der Folgezeit nutzte der Ehemann der Klägerin das Grundstück einschließlich des Inventars zum Betrieb einer Gaststätte, für die er der Konzessionsträger war. Einen Pachtvertrag schlossen die Klägerin und ihr Ehemann nicht.
Mit ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 1993 machte die Klägerin den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Inventars i.H.v. 7.840,00 DM geltend. Der Beklagte folgte dem zunächst, setzte jedoch im Umsatzsteuerjahresbescheid die Umsatzsteuer auf 0 DM fest und erkannte den Vorsteuerabzug nicht mehr an. Mit Vertrag vom 23. Mai 1994 verpachtete die Klägerin die Gaststätte einschließlich des Inventars an .... Seit dem 15. März 1996 führt sie den Betrieb selbständig fort.
Mit der Klage richtet sich die Klägerin nach erfolglosem Vorverfahren gegen die Versagung des anteiligen Vorsteuerabzuges. Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, sie habe mit ihrem Ehemann wegen dessen wirtschaftlicher Schwierigkeiten keinen Pachtvertrag geschlossen. Ab 1. Juni 1994 habe sie das Inventar aber durch Verpachtung unternehmerisch genutzt. Ihr stehe deshalb für 10 Monate des Streitjahres 1993 gemäß § 15 a Umsatzsteuergesetz (UStG) ein anteiliger Vorsteuerabzug in Höhe von 20 v.H. des gesamten Vorsteuerbetrages zu.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer 1993 auf minus ... DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, der Vorsteuerabzug stehe der Klägerin auch nicht anteilig zu. Mit der unentgeltlichen Nutzung des Inventars durch den Ehemann der Klägerin sei deren Unternehmereigenschaft nicht begründet worden. Es könne auch nicht von einer nur vorübergehenden nichtunternehmerischen Verwendung des Inventars ausgegangen werden, da die Klägerin es bereits zum 1. Januar 1992 erworben, aber erst ab 1. Juni 1994 unternehmerisch genutzt habe. Der Umstand, daß der Ehemann der Klägerin das Inventar unternehmerisch genutzt habe, habe für die Berechtigung der Klägerin zum Vorsteuerabzug keine Bedeutung.
Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird auf die Steuerakten zu Steuernummer ... sowie die Gerichtsakte verwiesen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht aus dem Erwerb des Inventars kein Vorsteuerabzug zu. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug u.a. eine Lieferung für das Unternehmen des vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmers. Zur Beantwortung der Frage, ob ein solcher unternehmensbezogener Leistungsbezug vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der tatsächlichen erstmaligen Verwendung des Leistungsbezuges abzustellen. Im Jahr 1992 hat die Klägerin kein Unternehmen betrieben, dem sie das Gaststätteninventar hätte zuordnen können. Auch das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. Juli 1988 (X R 8/80, BStBl II 1988, 1012) kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Das Urteil besagt lediglich, daß bei einer von vornherein geplanten unternehmerischen Nutzung die nur vorübergehende nichtunternehmerische Nutzung innerhalb eines Kalenderjahres der Annahme eines Leistungsbezuges für das Unternehmen i.S.d. § 15 Abs. 1 UStG nicht entgegensteht. Vorliegend ist weder eine von der Klägerin von vornherein geplante unternehmerische Nutzung erkennbar, noch kann bei einer nichtunternehmerischen Nutzung von 17 Monaten noch von einer nur vorübergehenden Nutzung gesprochen werden.
Ein anteiliger Vorsteuerabzug nach § 15 a Abs. 1 UStG kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung nicht erfüllt sind.§ 15 a Abs. 1 UStG setzt eine Veränderung der Verhältnisse im Unternehmen des Steuerpflichtigen voraus. Die Regelung kommt deshalb nach ständiger Rechtsprechung nicht zur Anwendung, wenn ein ursprünglich privat erworbenes und genutztes Wirtschaftsgut später für das Unternehmen verwendet wird (BFH-Urteile vom 26. April 1979 V R 46/72, BStBl II 1979, 530; vom 19. Mai 1988 V R 115/83, BStBl II 1988, 916; vom 27. Juni 1991 V R 106/86, BStBl II 1991, 860). Im übrigen würde eine Anwendung des § 15 a Abs. 1 UStG auch daran scheitern, daß im Streitjahr 1993 noch keine Änderung der Verhältnisse eingetreten war, weil die Klägerin das Inventar nach ihrem eigenen Klagevortrag erst ab Juni 1994 unternehmerisch genutzt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).