Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.06.1997, Az.: V 438/95

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
17.06.1997
Aktenzeichen
V 438/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 27904
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1997:0617.V438.95.0A

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kläger tragen die Kosten.

Tatbestand:

1

Im Jahr 1985 gründeten die Kläger die M. GmbH für mineralische Produkte & Co. KG (KG). Kommanditisten waren W. K. (Kläger zu 1.) mit einer Einlage von 150.000,00 DM und A. K. (Kläger zu 2.) mit einer Einlage von 50.000,00 DM, Komplementärin war die M. Verwaltungsgesellschaft für mineralische Produkte GmbH (GmbH). Die KG sollte die Forschungsergebnisse, die der Kläger zu 1. erzielt hatte, auswerten und in marktgängige Produkte umsetzen. Am 30. Dezember 1985 übernahmen beide Kläger jeweils eine selbstschuldnerische Bürgschaft gegenüber der Deutschen Bank. Im Hinblick auf die darin zwischen den Klägern und der Deutschen Bank getroffenen vertraglichen Regelungen im einzelnen wird auf die in Kopie zu den Steuerakten gelangten Bürgschaftserklärungen Bezug genommen. Die KG mußte nach dem Widerruf der Produktionsgenehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde die 1986 aufgenommene Produktion wieder einstellen. Die KG meldete daraufhin noch 1986 Konkurs an. Das Amtsgericht S. lehnte die Eröffnung eines Konkursverfahrens mangels Masse ab und löschte die GmbH wegen Vermögenslosigkeit.

2

Auch nach Verwertung der Produktionsanlagen sowie des privaten Einfamilienhauses des Klägers zu 1. bestanden zum 31. Dezember 1990 noch Verbindlichkeiten der KG gegenüber der Deutschen Bank i.H.v. 287.354,30 DM. Im Streitjahr 1991 schlossen die Kläger mit der Deutschen Bank einen Vergleich mit dem Inhalt, daß die Bank gegen Zahlung eines Betrages von 175.000,00 DM durch den Kläger zu 2. die Restschuld i.H.v. 103.013,00 DM erließ.

3

In der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung behandelte die KG den Schuldenerlaß als steuerfreien Sanierungsgewinn. Der Beklagte folgte dem nicht, sondern behandelte den Schuldenerlaß im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gewinnerhöhend.

4

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage. Die Kläger vertreten die Auffassung, ein steuerfreier Sanierungsgewinn könne auch bei gesellschaftsrechtlich nur beschränkt haftenden Kommanditisten entstehen. Das müsse zumindest dann gelten, wenn die Kommanditisten nicht nur beschränkt, sondern wie im vorliegenden Fall durch die Inanspruchnahme aus Bürgschaften tatsächlich im vollen Umfang für die Schulden der KG einzustehen hätten. Diese Rechtsauffassung stehe auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der die Anerkennung steuerfreier Sanierungsgewinne von Kommanditisten nur deshalb abgelehnt habe, weil in dem konkreten entschiedenen Einzelfall deren wirtschaftliche Existenz durch den Fortbestand der Gesellschaftsschulden nicht gefährdet gewesen sei. Das sei bei ihnen, den Klägern, jedoch anders, weil die Forderungen der Deutschen Bank den Aufbau einer neuen wirtschaftlichen Existenz, insbesondere für den Kläger zu 2., vereitelt hätten.

5

Die Kläger beantragen,

den Sanierungsgewinn i.H.v. 103.013,00 DM steuerfrei zu belassen.

6

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Er vertritt die Ansicht, bei einer Personengesellschaft komme ein steuerfreier Sanierungsgewinn zwar auch in Betracht, wenn mit dem Schuldenerlaß nicht die wirtschaftliche Gesundung der Gesellschaft, sondern die der Gesellschafter bezweckt werde. Das könne aber nur für persönlich haftende Gesellschafter gelten. Da die Kläger keine persönlich haftenden Gesellschafter der KG gewesen seien, komme ein steuerfreier Sanierungsgewinn nicht in Betracht. Daran ändere auch die Inanspruchnahme der Kläger aus der Bürgschaft nichts, weil die Haftung insoweit nur einem Gläubiger der KG gegenüber bestanden und nicht zu einer Vollhaftung geführt habe.

8

Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird auf die Steuerakten zu Steuernummer ... sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

9

Die Klage ist unbegründet.

10

Der Beklagte hat den Schuldenerlaß durch die Deutsche Bank i.H.v. 103.013,00 DM in der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung zu Recht gewinnerhöhend berücksichtigt. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 Einkommensteuergesetz (EStG) sind nicht erfüllt. Danach sind Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, daß Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, steuerfrei. Als Sanierung sind dabei Maßnahmen zu verstehen, die geeignet sind, ein Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (Urteile des BFH vom 22. April 1964 I 62/61 U, BStBl III 1964, 370; vom 22. Januar 1985 VIII R 37/84, BStBl II 1985, 501, 503). Eine solche unternehmensbezogeneSanierung kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die KG ihren Geschäftsbetrieb bereits eingestellt und Konkurs angemeldet hatte und der Schuldenerlaß auch nicht die Wiederherstellung der Ertragsfähigkeit der KG zum Zweck hatte.

11

Nach der Rechtsprechung des BFH kann aber auch eine unternehmerbezogeneSanierung unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 66 EStG fallen. Eine solche unternehmerbezogene Sanierung liegt vor, wenn durch den Schuldenerlaß nicht die wirtschaftliche Gesundung der Personengesellschaft, sondern die der persönlich haftenden Gesellschafter bezweckt wird (Urteile des BFH vom 18. Dezember 1990 VIII R 39/87, BStBl II 1991, 784, 785; vom 18. Dezember 1990 VIII R 40/86, BStBl II 1991, 232, 234). Bei einer GmbH & Co. KG aber kann ein unternehmerbezogener steuerfreier Sanierungsgewinn nicht entstehen, weil bei dieser Rechtsform keine natürliche Person unbeschränkt für die Gesellschaftsschulden haftet (BFH, a.a.O.). Das gilt auch im Falle der Kläger, die zivilrechtlich nur mit ihrer Einlage haften. Daran ändert auch die Inanspruchnahme der Kläger aus der Bürgschaft durch die Deutsche Bank nichts. Das Risiko eines Kommanditisten, der für die Gesellschaftsschulden nicht nur mit seiner Einlage, sondern gegenüber dem Hauptgläubiger auch aus einer selbstschuldnerischen Bürgschaft haftet, kann wirtschaftlich zwar dem Risiko eines persönlich haftenden Gesellschafters nahekommen. Rechtlich bleibt es aber bei der beschränkten Haftung, auf die es insoweit allein ankommt.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.