Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 09.07.2021, Az.: 5 A 4133/21
Fahrprüfung; isolierter Prozesskostenhilfeantrag; PKH; Prüfung; Theoretische
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 09.07.2021
- Aktenzeichen
- 5 A 4133/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 70998
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 22 FeV
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Entscheidung des Prüfers über das Nichtbestehen der Fahrprüfung ist nur im Rahmen der Entscheidung anfechtbar, mit der die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis versagt.
Tenor:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Kläger beantragte am 13. August 2020 bei der Beklagten die Erteilung einer Fahrerlaubnis.
Am 8. Februar 2021 hat er an seiner zweiten theoretischen Fahrerlaubnisprüfung teilgenommen, welche vom F. durchgeführt worden ist. Im Anschluss ist ihm vom F. eine Bescheinigung ausgehändigt worden, ausweislich derer er die zweite Prüfung bestanden habe.
Mit Schreiben vom 11. Februar 2021 teilte der F. der Beklagten mit, dass der Kläger die Prüfung am 8. Februar 2021 nicht bestanden habe, weil ein Täuschungsversuch der Art „Technikbetrug“ festgestellt worden sei. Er sei der letzte Bewerber gewesen. Das Messgerät habe von seinem Betreten bis zu seinem Verlassen des Prüfungsraumes voll ausgeschlagen. Er habe sich durch Körperhaltung und Augenbewegung sehr auffällig verhalten. Er sei darauf angesprochen worden, ob er technische Geräte bei sich führe, habe dies aber nicht verstanden. Der Prüfer habe ihm den positiven Prüfbericht ausgehändigt.
Mit Schreiben vom 17. Februar 2021 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er durch den Täuschungsversuch gezeigt habe, dass er nicht über die erforderlichen Kenntnisse verfüge. Eine weitere theoretische Prüfung dürfe er nicht vor dem 8. August 2021 ablegen.
Am 7. April 2021 teilte die Beklagte dem F. mit, dass nicht wie bisher sie, sondern fortan der F. über die Zulassung (auch des Klägers) zu einer Wiederholungsprüfung zu entscheiden habe.
Mit Schreiben vom 15. April 2021 legitimierte sich der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers im Verwaltungsverfahren. Mit Schreiben vom 23. April 2021 teilte die Beklagte auch ihm mit, dass über die erneute Zulassung zur theoretischen Prüfung die Technische Prüfstelle entscheide.
Der Kläger hat am 11. Juni 2021 isoliert Prozesskostenhilfe für ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren und ein Klageverfahren beantragt. Es gebe keine Beweise für die ihm vorgeworfene Täuschung. Es werde bestritten, dass er manipuliert habe. Es seien etwa 10 bis 15 Prüflinge im Raum gewesen. Als er die Prüfung abgelegt habe, habe der Prüfer angedeutet, dass es ein Signal gegeben habe. Daraufhin habe er sämtliche Taschen geleert. Sein Telefon habe er schon vor der Prüfung bei seiner Ehefrau gelassen. Die Beklagte habe keine Videos vorgelegt. Nach ihm habe es noch einen weiteren Prüfling gegeben, soweit er sich richtig erinnere. Nach der Leerung seiner Taschen habe der Prüfer erklärt, dass „alles gut“ sei und ihm die Bescheinigung über die bestandene Prüfung ausgehändigt. Wenn es einen Anfangsverdacht gegeben hätte, so hätte der Prüfer doch die Polizei rufen können. Es belaste ihn sehr, dass ihm im Nachhinein ein Täuschungsversuch vorgeworfen werde. Er fragt, warum der Umstand erst einen Tag später bei der Fahrschule gemeldet worden sei und nicht sofort. Diese Ungereimtheiten könnten nicht zu seinen Lasten gehen. Er habe die Prüfung abgelegt und bestanden, wie sich aus der ihm ausgehändigten Bescheinigung ergebe. Er habe ein Feststellungsinteresse, da möglicherweise ein Strafverfahren drohe. Außerdem sei der Erwerb des Führerscheins durch das JobCenter finanziert worden, sodass er nun Fördergelder zurückzahlen müsse. Der Anordnungsgrund ergebe sich aus der drohenden Rückforderung der Fördergelder durch das JobCenter. Er könne die Prüfung nicht vor dem 8. August 2021 wiederholen. Auch die Kosten der dritten Prüfung müsse zudem das JobCenter tragen. Der Kläger kündigt in der Hauptsache den Klageantrag an, festzustellen, dass die theoretische Prüfung vom 8. Februar 2021 als bestanden gilt.
Die Beklagte sieht sich nicht passivlegitimiert. Der F. entscheide in eigener Zuständigkeit über die (erneute) Zulassung zur theoretischen Prüfung sowie deren Terminierung. Das Schreiben vom 17. Februar 2021 entspreche einer aufgegebenen Verwaltungspraxis, nach der die Beklagte dem F. die Zuweisung von Prüfungswiederholenden abgenommen habe. Diese Verwaltungspraxis sei beendet. Der Prüfungsauftrag, den die Beklagte der technischen Prüfstelle nach § 22 Abs. 4 Satz 1 HS 1 FEV erteile, umfasse auch etwa notwendige Wiederholungsprüfungen. Ein neuer Prüfauftrag sei hierfür nicht erforderlich. Daher entscheide die Technische Prüfstelle in eigener Zuständigkeit über die erneute Zulassung zur Prüfung. Auch materiell-rechtlich stehe dem Kläger die begehrte Feststellung nicht zu. Gemäß § 18 Abs. 1 FEV gelte die Prüfung bei Täuschungshandlungen als nicht bestanden. Eine nicht bestandene Prüfung dürfe danach nicht vor Ablauf eines angemessenen Zeitraums (in der Regel nicht weniger als zwei Wochen, bei einem Täuschungsversuch mindestens sechs Wochen) wiederholt werden. Der Normgeber habe dazu ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass Prüflinge, die den Aufwand eines Täuschungsversuchs betrieben, erhebliche Defizite in Bezug auf den Prüfungsstoff aufwiesen, weshalb die Vorbereitungsfrist entsprechend lang auszufallen habe. In der Vergangenheit habe die Technische Prüfstelle diese Fälle der Beklagte gemeldet, welche eine Sperrfrist verhängt und eine Einzelprüfung angeordnet habe. Diese Verwaltungspraxis sei aber wie ausgeführt beendet.
II.
Der Prozesskostenhilfeantrag ist nicht begründet.
Prozesskostenhilfe erhält gemäß §§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Ob der Kläger die Kosten der Prozessführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, kann hier aber dahinstehen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung jedenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass er die theoretische Fahrerlaubnisprüfung bestanden hat.
Die Entscheidung des Prüfers über das Nichtbestehen der Fahrprüfung ist vielmehr nur im Rahmen der Entscheidung anfechtbar, mit der die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis versagt (VG Leipzig, Urteil vom 30.11.2016 – 1 K 2238/14 –, juris Rn. 24; VG München, Urteil vom 7.8.2001 – M 6b K 00.3352 –, juris Rn. 17; Trésoret in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. Stand: 26.03.2021, § 22 FeV Rn. 159; Dauer, in: Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 22 FeV, Rn. 12; Hahn/Kalus, in: MüKoStVR, 1. Aufl. 2016, FeV § 22 Rn. 18).
Das Ergebnis der Fahrprüfung ist im Rahmen eines einheitlichen Verwaltungsverfahrens als ein rechtlich unselbstständiger Bestandteil der Verwaltungsentscheidung über die Ersterteilung zu würdigen. Bei der Bewertung der praktischen Fahrprüfung handelt es sich nicht um einen nach außen wirkenden, selbstständig nachprüfbaren Hoheitsakt, sondern nur um ein Verwaltungsinternum mit der Funktion und Bedeutung einer rechtlich geordneten Gutachtertätigkeit (Nds OVG Urteil vom 16.2.1967 – VI A 27/67 –, juris). Der Prüfer bzw. Kfz-Sachverständige handelt bei der Abnahme der Fahrerlaubnisprüfung als unselbstständiger Verwaltungshelfer, der zwar als solcher selbstständig ist, im Hinblick auf die in Frage stehende Angelegenheit aber ausschließlich für eine Behörde tätig wird. Er ist also sachverständiger Gehilfe und Bote der Fahrerlaubnisbehörde bei der Fahrerlaubniserteilung (VG Leipzig, Urteil vom 30.11.2016 – 1 K 2238/14 –, juris Rn. 25; VG München, Urteil vom 7.8.2001 – M 6b K 00.3352 –, juris Rn. 17).
Vorliegend hat die Beklagte die beantragte Erteilung der Fahrerlaubnis (noch) nicht durch anfechtbaren Bescheid versagt. Vielmehr hat sie – nach damaliger Verwaltungspraxis – dem Kläger das Nichtbestehen der theoretischen Prüfung aufgrund Täuschungsversuchs mitgeteilt und eine Sperrfrist nach § 18 Abs. 1 Satz 2 FEV gesetzt.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte einen rechtsmittelfähigen Bescheid verweigert hätte. So ist schon nicht erkennbar, dass der schon im Verwaltungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger einen solchen gegenüber der Beklagten begehrt hätte.