Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.06.2000, Az.: 15 V 738/99
Abgrenzung zu Liebhaberei; Gewinnerzielungsabsicht bei Vermietung von Ferienwohnungen; Erzielung eines Verlustes über mehrere Jahre
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 22.06.2000
- Aktenzeichen
- 15 V 738/99
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2000, 14415
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:0622.15V738.99.0A
Tatbestand
Die Antragsteller (Ast.) erwarben im Jahre 1989 ein Ferienhaus im Ferienpark ..., gelegen am Rande von ... Die Anschaffungskosten für das Gebäude betrugen ... DM, die Anschaffungskosten für die Einrichtung ... DM. Die Ast. nahmen Förderung nach dem Zonenrandförderungsgesetz in Anspruch. Die Ast. nahmen für die Anschaffung des Objektes zwei zunächst tilgungsfreie Kredite bei der ...bank über den Betrag von ... DM und ... DM auf.
Sie ermittelten für das Objekt im Wege einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) Gewinne aus Gewerbebetrieb. Diese stellten sich für die Jahre 1989 bis 1996 ausweislich der abgegebenen Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung wie folgt dar:
Das Finanzamt (FA) erteilte zunächst Bescheide zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, denen es bis einschließlich zum Veranlagungszeitraum 1996 die von den Ast. abgegebenen Steuererklärungen zugrunde legte. Die Bescheide ergingen teilweise vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO), teilweise unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO, teilweise endgültig.
Für 1997 ermittelte das FA die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit dem Betrag von 0 DM. Es erteilte zudem mit Bescheid vom 27. April 1999 einen Bescheid, mit dem es unter Zugrundelegung eines gemeinen Wertes für das Gebäude von ... DM und eines Restbuchwertes auf den 31.12.1995 in Höhe von ... DM die stillen Reserven auf den Betrag von ... DM feststellte, weil der Betrieb vom 1. Januar 1996 an nicht mehr der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG diene; es rechnete die stillen Reserven den Beteiligten je zur Hälfte zu.
Den Feststellungsbescheid 1996 änderte das FA gemäß § 165 Abs. 2 AO dahingehend, dass es die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf den Betrag von 0 DM feststellte. Die Ast. erhoben u.a. gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1997 vom 10. Mai 1999, mit dem die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit dem Betrag von 0 DM festgesetzt wurden, fristgerecht Einspruch.
Ferner stellten die Ast. einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung u.a. wegen Aufhebung des Feststellungsbescheides 1997. Diesen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA mit Bescheid vom 14. Juli 1999 ab. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA durch Einspruchsbescheid vom 19. August 1991 als unbegründet zurück.
Mit ihrem bei Gericht gestellten Antrag verfolgen die Ast. ihr Aussetzungsbegehren weiter. Sie sind der Auffassung, dass sie die Vermietung des Ferienwohnungsobjektes nicht aus Gründen der Liebhaberei betrieben. Sie handelten mit Gewinnerzielungsabsicht. Hierfür sei ein längerer Zeitraum zugrundezulegen. Insbesondere sei für die Ermittlung eines Totalgewinns ein Zeitraum von 50 Jahren einzuräumen. Angesichts der Bemühungen des Ferienparkbetreibers sei nach Wegfall der Zinsen nach Darlehenstilgung mit einem positiven Totalgewinn zu rechnen.
Die Ast. beantragen,
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 1997 vom ... von der Vollziehung auszusetzen.
Der Antragsgegner (Ag.) beantragt,
den Antrag als unbegründet zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die Ast. sich zu Unrecht auf einen Gewinnerzielungszeitraum für die Erzielung positiver Einkünfte von 50 Jahren beriefen. Das entsprechende Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. September 1997 IX R 80/94, Bundessteuerblatt -BStBl II 1998, 771, sei zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ergangen. Mit der Vermietung des Ferienhauses an ständig wechselnde Gäste mit den dazugehörigen Service- und Freizeitangeboten stehe die Behandlung von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Frage. Hierbei sei ein kürzerer Beurteilungszeitraum geboten.
Gründe
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Voraussetzung für eine Aussetzung der Vollziehung ist gemäß § 69 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO), dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Solche Zweifel sind angezeigt, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen stehende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (Beschluss des BFH vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BStBl II 1967, 182).
Derartige Zweifel sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
Gemäß § 15 Abs. 2 EStG liegt ein Gewerbebetrieb vor, wenn eine selbständige nachhaltige Betätigung ausgeübt wird, die mit der Absicht, Gewinne zu erzielen unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Fehlt es an der Gewinnerzielungsabsicht, so ist eine Tätigkeit als Liebhaberei mit der Folge anzusehen, dass die aus ihr entstandenen Verluste einkommensteuerrechtlich nicht zu berücksichtigen sind. Die Gewinnerzielungsabsicht ist durch den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, 766, und das Urteil des BFH vom 5. Mai 1988 III R 41/85, BStBl II 1988, 778, als Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns, d.h. eines positiven Gesamtergebnisses des Betriebs von der Gründung bis zur Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation zu definieren. Es ist nicht ausreichend, wenn in künftigen Besteuerungsabschnitten positive Einkünfte erzielt werden, diese aber die Verluste insgesamt nicht übersteigen werden. Die Gewinnerzielungsabsicht ist eine innere Tatsache, die als solche nur anhand objektiver Umstände nachprüfbar ist. Es muss aus objektiven Umständen auf das Vorliegen oder Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden. Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kann eine Betriebsführung sein, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten (Urteil des BFH vom 15. November 1984 IV R 139/81, BStBl II 1985, 205). Diese Grundsätze hat der BFH auch auf die Vermietung von Ferienwohnungen in einer Ferienwohnungsanlage angewendet (Urteil des BFH vom 26. November 1992 IV R 6/91, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1994, 240). Der BFH hat hierzu ausgeführt, dass es auf eine Überprüfung des Gesamtkonzepts und dessen Umsetzung in die Tat ankommt.
Eine Überprüfung des von den Ast. vorgelegten Zahlenmaterials lässt bei summarischer Betrachtung nicht den Schluss zu, dass in absehbarer Zeit mit der Erzielung von Gewinnen oder gar eines Totalgewinns zu rechnen ist.
Hierzu lassen die von den Klägern (Kl.) vorgelegten Unterlagen wohl den Schluss zu, dass von seiten des Verwalters der Ferienwohnungsanlage im Hinblick auf Werbung und Ausweitung des Angebotes, z.B. durch das Angebot betreuter Ferien für Senioren, die Möglichkeiten zur Auslastung der Ferienwohnungsanlage soweit wie möglich verbessert werden. Dem steht jedoch gegenüber, dass die Ast. seit Anschaffung des Ferienhauses im Jahre 1989 zum Preise von ... DM einschließlich der Nebenkosten zuzüglich der Einrichtung von ... DM bis 1997 Verluste von ... DM erzielt haben. Selbst wenn sie jährlich einen Gewinn von ... DM erzielen würden, so würde allein der Ausgleich dieser Verluste einen Zeitraum von mehr als 36 Jahren in Anspruch nehmen. Tatsächlich aber haben die Kl. nicht vorgetragen, wie ihnen die Erzielung eines Gewinns von angenommen ... DM jährlich möglich sein soll. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass allein durch die jährlichen Aufwendungen für die von den Kl. aufgenommenen Darlehen - das Ferienhaus ist nach dem Inhalt der Bilanzakte durch zwei mindestens bis 1994 tilgungsfreie Kredite der Norddeutschen Landesbank in Höhe von ... DM und ... DM voll fremdfinanziert -Aufwendungen in Höhe von jährlich ca. ... DM entstehen. Hinzu kommen Erbpachtzinsen von jährlich etwa ... DM. Nach der Verwalterabrechnung erzielten die Ast. jedoch jährlich lediglich Einnahmen, die zuletzt jeweils unter ... DM lagen. Dabei sind die Absetzungen für Abnutzung noch unberücksichtigt. Diese überschlägige Betrachtung zeigt, dass mit der Erzielung von Gewinnen in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
Dabei kann mangels Vortrages der Ast. nicht überprüft und in einer Berechnung mit einbezogen werden, mit welcher Auslastung und mit welchen Preisen die Ast. kalkuliert haben, und wie sich Auslastung und Preise tatsächlich entwickelt haben. Nach einer in der Bilanzakte befindlichen Aufstellung für 1995 ist nur ersichtlich, dass die Abrechnung über einen sogenannten Pool stattfindet.
Ferner ist noch zu berücksichtigen, dass das Objekt in einem reinen Ferienhausgebiet liegt, dessen Häuser und Wohnungen schon aus baurechtlichen Gründen nicht zum dauernden Bewohnen bestimmt sind, ein Umstand, der die Veräußerbarkeit des Hauses zum Zwecke der Erzielung eines Totalgewinns weiter einschränkt.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung war danach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.