Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.06.2000, Az.: 3 K 97/90

Einkommensteuerliche Behandlung eines Zuckerrübenlieferungsrechts im Zusammenhang mit der Aufgabe eines Betriebes aus Land- und Forstwirtschaft

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
22.06.2000
Aktenzeichen
3 K 97/90
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 35729
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2000:0622.3K97.90.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 11.09.2003 - AZ: IV R 25/02

Redaktioneller Leitsatz

Das an einen landwirtschaftlichen Betrieb gebundene Zuckerrübenlieferungsrecht ist als immaterielles Wirtschaftsgut zu qualifizieren, dessen gemeiner Wert gem. § 13 Abs. 2 BewG mit dem Neunfachen des Jahreswertes zu bewerten ist.

Der Entnahmewert des Zuckerrübenlieferungsrechtes ist jedoch aufgrund der Grundsätze des BFH-Urteils vom 24. 6. 1999 im Ergebnis steuerfrei. Denn bei der Ermittlung des Gewinns aus der Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, an den ein Zuckerrübenlieferungsrecht gebunden ist, ist dem gemeinen Wert des Grund und Bodens und des Zuckerrübenlieferungsrechts der nach § 55 Abs. 1 EStG ermittelte Wert des Grund und Bodens gegenüberzustellen. Die Verlustausgleichsklausel gem. § 55 Abs. 6 EStG wird nur in diesem Rahmen wirksam, sie gilt folglich nicht lediglich für den auf den "nackten" Grund und Boden entfallenden Entnahmegewinn.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die einkommensteuerliche Behandlung eines Zukkerrübenlieferungsrechts im Zusammenhang mit der Aufgabe eines Betriebs aus Land- und Forstwirtschaft.

2

Die Kl. betrieben in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft und erzielten Einkünfte i. S. d. § 13 EStG . Mit Vertr ag vom 29. Januar 1987 verpachteten sie die Ackerflächen und die Obststelle, wobei sie dem Pächter unentgeltlich das auf ihren Flächen ruhende Zuckerrübenlieferungsrecht gewährten. Der Pächter verpflichtete sich, das Lieferrecht nach den jeweiligen Bestimmungen der Zuckerfabrik zu erhalten. Vertragszeitpunkt betrug das Lieferungsrecht 2.110 Dezitonnen Zuckerrüben. Zum 1. April 1987 erklärten die Kl. die Aufgabe ihres landwirtschaftlichen Betriebs und überführten die Wirtschaftsgüter mit ihrem gemeinen Wert ins Privatvermögen. Den Aufgabegewinn ermittelten sie mit 36. 321 DM. Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für 1987 vom 14. April 1989 stellte das Finanzamt (FA) den laufenden Gewinn auf 21. 245 DM und den Veräußerungsgewinn auf 170. 594 DM fest. Hierbei sah es in dem Zukkerrübenlieferungsrecht ein immaterielles Wirtschaftsgut und setzte es bei der Ermittlung des Aufgabegewinns mit einem gemeinen Wert von 145. 200 DM an. Diesen Wert ermittelte es unter Zugrundelegung einer immerwährenden Nutzung i. S. v. § 13 Abs. 2 BewG . Mit dem hiergegen erhobenen Einspruch machten die Kl. geltend, dass sie ein Zuckerrübenlieferungsrecht nicht aktiviert hätten und dass ein solches auch nicht als Wirtschaftsgut zu qualifizieren sei. Das FA wies den Einspruch durch Bescheid vom 19. Februar 1990 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, dass das Zuckerrübenlieferungsrecht ein selbstgeschaffenes immaterielles Wirtschaftsgut darstelle.

3

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Kl. ihr Einspruchsvorbringen wiederholen und vertiefen.

4

Die Kl. beantragen sinngemäß,

  1. unter Abänderung des Feststellungsbescheids von 1987 vom 14. April 1989 in der Gestalt des Einspruchsbescheids vom 19. Februar 1990 den laufenden Gewinn auf 21. 245 DM und den Aufgabegewinn auf 25. 394 DM festzustellen.

5

Das FA beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

6

Es tritt dem Klagevorbringen entgegen.

7

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und auf die beim FA geführten Steuerakten (St. Nr. ...) Bezug genommen.

8

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.

Gründe

9

Die Klage ist begründet.

10

Entgegen der Auffassung der Kl. ist das hier fragliche Zuckerrübenlieferungsrecht als immaterielles Wirtschaftsgut zu qualifizieren, dessen gemeiner Wert gem. § 13 Abs. 2 BewG mit dem Neunfachen des Jahreswerts zu bewerten ist. Der Senat folgt insoweit der den Beteiligten bekannten BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 24. Juni 1999 IV R 33/98, DStR 1999, 1350). Hiernach ist der gemeine Wert des hier fraglichen Zuckerrübenlieferungsrechts - unstreitig - mit 72. 600 DM anzusetzen.

11

Der Entnahmewert des Zuckerrübenlieferungsrechts ist jedoch aufgrund der Grundsätze des BFH-Urteils vom 24. Juni 1999 (a. a. O.), dem der Senat folgt, im Ergebnis steuerfrei. Denn bei der Ermittlung des Gewinns aus der Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, an den ein Zuckerrübenlieferungsrecht gebunden ist, ist dem gemeinen Wert des Grund und Bodens und des Zuckerrübenlieferungsrechts der nach § 55 Abs. 1 EStG ermittelte Wert des Grund und Bodens gegenüberzustellen. Die Verlustausschlussklausel des § 55 Abs. 6 EStG wird nur in diesem Rahmen wirksam; sie gilt mithin nicht lediglich für den auf den nackten Grund und Boden entfallenden Entnahmegewinn. An dieser Rechtslage hat sich durch den gem. § 52 Abs. 60 EStG rückwirkend in Kraft getretenen § 55 EStG i. d. F. des Steuerentlastungsgesetzes vom 24. März 1999 (BGBl I S. 402 ff.) nichts geändert. In Anwendung dieser Grundsätze ist im Streitfall der vom FA gem. § 55 Abs. 6 EStG ermittelte nicht abzugsfähige Verlust von 255. 822 DM um 72. 600 DM zu kürzen, so dass im Ergebnis der auf das Zukkerrübenlieferungsrecht entallende Aufgabegewinn mit 0 DM anzusetzen ist. Das FA selbst sieht diese Rechtsfolge unter Zugrundelegung des BFH-Urteils vom 24. Juni 1999 (a. a. O.) als unstreitig an. Es geht daher auch ersichtlich davon aus, dass sich das hier fragliche Zuckderrübenlieferungsrecht bereits am 1. Juli 1970 zu einem selbständigen immateriellen Wirtschaftsgut verfestigt hatte; insoweit besteht mithin kein Anlass zu diesbezüglichen weiteren tatsächlichen Ermittlungen.

12

Demgemäß sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft dahingehend festzustellen, dass der in den angefochtenen Bescheiden festgestellte Aufgabegewinn von 170. 594 DM um 145. 000 DM gekürzt und demgemäß - zu jeweils 50 v. H. auf den Kl. zu 1) und die Kl. zu 2) entfallend - auf 25. 394 DM festgestellt und der laufende Gewinn - ebenfalls zu jeweils 50 v. H. auf den Kl. zu 1) und die Kl. zu 2) entfallend - auf 21. 245 DM festgestellt wird.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO , die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO .