Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 15.04.2013, Az.: L 3 U 40/10
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 15.04.2013
- Aktenzeichen
- L 3 U 40/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 38790
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2013:0415.L3U40.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - 14.01.2010 - AZ: S 21 U 74/09
Fundstelle
- NZS 2013, 751
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 14. Januar 2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klägerin die Kosten beider Rechtszüge trägt.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.798 Euro festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Am 29. Juni 2006 erlitt der Kraftfahrzeugmechaniker G. (im Folgenden: Versicherter) bei seiner Tätigkeit in einem Autohaus einen Unfall, als er ein Handbremsenseil ausbaute und dabei mit der linken Hand abrutschte und mit dem linken Zeigefinger an die Karosserie schlug. Der Versicherte begab sich gegen 8.30 Uhr in das Krankenhaus der Klägerin in H., wo der Durchgangsarzt und Chefarzt der Unfall- und Handchirurgie Dr. I. eine Schnittwunde auf dem linken Handrücken mit einer Strecksehnenverletzung des linken Zeigefingers diagnostizierte (Bericht vom 29. Juni 2006). Bei näherer Untersuchung fand sich außerdem eine Eröffnung des linken Zeigefingergrundgelenks. Der Versicherte wurde stationär im Krankenhaus aufgenommen. Im Rahmen einer Operation am Unfalltag erfolgte die Wundreinigung, die Gelenkrevision des Grundgelenks mit Knorpel-Flake-Entfernung und die direkte Naht der beiden Strecksehnen des linken Zeigefingers. Nach komplikationslosem postoperativem Verlauf wurde der Versicherte am 30. Juni 2006 in die weitere ambulante Behandlung entlassen.
Mit Schlussrechnung vom 5. Juli 2006 machte die Klägerin der J. Berufsgenossenschaft (als zuständigem Unfallversicherungsträger und Rechtsvorgängerin der Beklagten; im Folgenden: BG) gegenüber einen Betrag von 1.798,48 Euro als Vergütung für den stationären Aufenthalt vom 29. bis 30. Juni 2006 geltend. Zur Begründung der stationären Aufnahme wies sie darauf hin, dass man sich aufgrund der Eröffnung des Zeigefingergrundgelenks zu einer zusätzlichen intravenösen Antibiose-Behandlung über einen Tag entschlossen habe. Die BG lehnte die Begleichung der Rechnung ab, weil die operative Behandlung auch ambulant möglich gewesen sei; hierzu berief sie sich ua auf eine Stellungnahme ihres beratenden Facharztes für Chirurgie Dr. K. vom 29. Juli 2007.
Am 7. September 2007 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Hildesheim Klage auf Zahlung von 1.798,48 Euro erhoben. Zur Begründung hat sie sich auf den Anscheinsbeweis der Erforderlichkeit einer stationären Behandlung berufen, weil die BG diese nicht durch ein fachärztliches Gutachten substantiiert bestritten habe. Angesichts der traumatischen Eröffnung des Zeigefingergrundgelenks mit entsprechend hoher Infektionsgefahr habe aus der Ex-ante-Sicht die Notwendigkeit für eine eintägige stationäre Überwachung bestanden, allein schon wegen der intravenösen Verabreichung eines Antibiotikums und der damit verbundenen erhöhten Gefahr einer anaphylaktischen Reaktion. Aus dem Katalog ambulant durchführbarer Operationen des Vertrags zum ambulanten Operieren könne nicht die Verpflichtung hergeleitet werden, dass die dort aufgeführten Eingriffe ausschließlich ambulant zu erbringen seien. Außerdem handele es sich bei der Verletzung zweier Sehnen um eine schwere Handverletzung iS des Verletzungsartenverfahrens und der Eröffnung des Grundgelenks komme eine zusätzlich verschlimmernde Bedeutung zu.
Das SG hat ein Gutachten des für die Gesellschaft für medizinische Gutachten L. tätigen Facharztes für Chirurgie Dr. M. nach Aktenlage (vom 21. September 2008, ergänzt unter dem 21. Februar 2009) eingeholt. Dieser ist zum Ergebnis gekommen, dass die operative Versorgung des Versicherten auch hätte ambulant erfolgen können. Die Klägerin ist dem unter Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme des Chirurgen Prof. Dr. N. (vom 11. November 2008) entgegengetreten.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2010 abgewiesen und entschieden, dass Kosten "nicht zu erstatten" seien. Aus dem Gutachten von Dr. M. ergebe sich, dass die stationäre Krankenhausbehandlung nicht erforderlich gewesen sei. Auch soweit sich die Klägerin darauf stütze, dass die postoperative Nachbehandlung stationär habe erbracht werden müssen, treffe dies nicht zu; insbesondere die intravenöse Antibiotika-Vergabe hätte auch unter ambulanten Bedingungen stattfinden können. Auch aus der Stellungnahme von Prof. Dr. N. ergebe sich nichts anderes. Die Entdeckung und Vermeidung von Komplikationen hätte insbesondere durch engmaschige Kontrollen des Versicherten erfolgen können, die aber grundsätzlich keine stationäre Behandlung erforderten.
Gegen den ihr am 23. Januar 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. Februar 2010 Berufung eingelegt, die am 10. Februar 2010 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingegangen ist. Zur Begründung hält sie an ihrer erstinstanzlich geäußerten Auffassung fest, ex ante hätten die Ärzte ihres Krankenhauses davon ausgehen können, dass die Behandlung des Versicherten stationär erfolgen müsse. Das SG habe insbesondere die Bedeutung des § 2 Abs 2 des Vertrages zum ambulanten Operieren gemäß § 115b Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) verkannt, wonach sich der verantwortliche Arzt vergewissern müsse, dass der Patient nach Entlassung aus der unmittelbaren Betreuung des operierenden Arztes auch im häuslichen Bereich sowohl ärztlich als auch pflegerisch angemessen versorgt wird. Das Gutachten von Dr. M. könne schon deshalb nicht überzeugen, weil es über die L. eingeholt worden sei, die nach eigenen Angaben in großer Anzahl für Kostenträger tätig sei und deren Gutachten nach bisherigen Erfahrungen überwiegend zugunsten der Krankenkassen ausfielen.
Die Klägerin beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 14. Januar 2010 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihr 1.798,48 Euro nebst 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, ihr 388,45 Euro nebst 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der BG sowie die die stationäre Behandlung des Versicherten vom 29. bis 30. Juni 2006 betreffende Krankenhausakte der Klägerin beigezogen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungs- und Krankenhausakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG Hildesheim ist im Wesentlichen zu Recht ergangen.
Die Klage ist als isolierte Leistungsklage (§ 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 1.798,48 Euro. Auch der Hilfsantrag bleibt ohne Erfolg.
Grundlage hierfür wäre nach der Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12. Januar 2010 (SozR 4-2700 § 33 Nr 1) ein Aufwendungsersatzanspruch, der sich aus der analogen Anwendung des § 683 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt. Mangels spezieller gesetzlicher oder untergesetzlicher - insbesondere vertraglicher - Regelungen über die Durchführung und Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungskosten für die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung werden diese Leistungen von den Krankenhausträgern im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) nach §§ 677 ff BGB erbracht (BSG aaO.). Besondere vertragliche Beziehungen, die Vorgaben über Grund und Höhe von Krankenhausvergütungen zu Lasten der BG bzw der Beklagten enthalten können, bestehen vorliegend nicht; die Beklagte hat insbesondere mitgeteilt, dass sie nicht Vertragspartei einer Entgeltvereinbarung iS des § 11 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) ist.
Gem § 683 S 1 BGB kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter (vgl hierzu § 670 BGB) Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Dies ist zu bejahen, wenn die Klägerin eine medizinisch erforderliche stationäre Behandlung durchgeführt hätte, die die Beklagte im Verhältnis zum Versicherten als Sachleistung der gesetzlichen Unfallversicherung hätte erbringen müssen (BSG aaO.). Ein Anspruch des Versicherten auf stationäre Behandlung in einem Krankenhaus besteht nach § 33 Abs 1 S 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII), wenn die Aufnahme erforderlich ist, weil das Behandlungsziel anders nicht erreicht werden kann. Maßgeblich hierfür sind die medizinischen Erfordernisse des jeweiligen Einzelfalls. Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen, wobei es von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen hat (BSG, Beschluss des Großen Senats vom 25. September 2007 - GS 1/06 - SozR 4-2500 § 39 Nr 10).
Eine stationäre Behandlung ist insbesondere dann nicht erforderlich, wenn das Behandlungsziel durch eine ambulante ärztliche Behandlung gem § 28 Abs 1 S 1 SGB VII erreicht werden kann. Soweit - wie hier - operative Behandlungsleistungen betroffen sind, ist von Bedeutung, dass Operationen in geeigneten Fällen auch ambulant erbracht werden können. Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergibt sich dies aus § 115b Abs 1 SGB V und dem hierzu abgeschlossenen Vertrag über ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus (AOP-Vertrag). In der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Durchführung ambulanter Operationen dagegen allein den an der Versorgung der Unfallversicherten beteiligten niedergelassenen oder Krankenhausärzten übertragen worden, und zwar im Rahmen des Vertrags gem § 34 Abs 3 SGB VII zwischen den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen (Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger, hier anwendbar in der ab 1. Mai 2001 geltenden Fassung). Die gem § 52 dieses Vertrages für die Weiterentwicklung des Leistungs- und Gebührenverzeichnisses (Gebührenordnung für Ärzte in der gesetzlichen Unfallversicherung (UV-GOÄ)) zuständige Gebührenkommission hat hierzu mit Wirkung ab 1. Januar 2005 allgemeine Bestimmungen zum ambulanten Operieren in der gesetzlichen Unfallversicherung getroffen (Beschlüsse vom 19. Oktober 2004, als Kapitel VIII eingefügt in Teil C der UV-GOÄ; im Folgenden: Allgemeine Bestimmungen). Danach können die im Katalog ambulant durchführbarer Operationen und stationsersetzender Eingriffe nach Anl 1 des AOP-Vertrages enthaltenen Maßnahmen (in die UV-GOÄ aufgenommen als Anl 3 zu den Allgemeinen Bestimmungen) auch für Versicherte der gesetzlichen Unfallversicherung ambulant durchgeführt werden. Die in dem Katalog mit - gekennzeichneten Leistungen sollen im Regelfall ambulant erbracht werden, während eine stationäre Leistungserbringung ausnahmsweise insbesondere dann in Betracht kommen kann, wenn die in Anl 2 zum AOP-Vertrag genannten "allgemeinen Tatbestände" (in die Allgemeinen Bestimmungen als Anl 4 aufgenommen) erfüllt sind. Die genannten Regelungen gestalten unmittelbar nur die Behandlungsweise der ambulant an der Behandlung der Unfallversicherten teilnehmenden Ärzte, wirken sich mittelbar aber auf die hier entscheidende Frage der Notwendigkeit stationärer Krankenhausbehandlung aus.
Der am 29. Juni 2006 durchgeführte operative Eingriff ist auf S 8 der Anl 3 unter der Ziff 2245 (bezogen auf den für den AOP-Vertrag maßgeblichen Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM)) erfasst (Präparation und Naht einer Strecksehne, ggf einschließlich Versorgung einer frischen Wunde). Die Leistung ist mit einem - versehen und kann deshalb nur bei Vorliegen eines Tatbestandes der Anl 4 stationär erbracht werden. Die Prüfung, ob ein solcher Fall vorliegt, erübrigt sich vorliegend nicht im Hinblick darauf, dass es sich nach Auffassung der Klägerin um eine schwere Verletzung der Hand nach Nr 8 des Verletzungsartenverzeichnisses (Anhang 1 zum Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger in der ab 1. Januar 2005 gültigen Fassung) gehandelt hat. Denn auch in einem solchen Fall kommt grundsätzlich eine stationäre oder eine ambulante Behandlung in Betracht. Dies ergibt sich aus § 37 Abs 2 S 1 Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger, wonach der Durchgangsarzt, der an dem am Verletzungsartenverfahren beteiligten Krankenhaus tätig ist, nach Art oder Schwere der Verletzung entscheidet, ob eine stationäre oder ambulante Behandlung erforderlich ist. Damit wird dem Durchgangsarzt allerdings nicht die Rechtsmacht eingeräumt, auch für die Gerichte verbindlich zu entscheiden, ob die Aufnahme zur stationären Behandlung erforderlich iS des § 33 Abs 1 S 1 SGB VII gewesen ist, sodass nicht vorentscheidend ist, dass sich der Durchgangsarzt Dr. I. ausweislich der endgültigen (allerdings nicht unterschriebenen) Fassung seines Berichts vom 29. Juni 2006 möglicherweise für eine stationäre Heilbehandlung entschieden hat. Die dort angenommene Erforderlichkeit stationärer Behandlung ist vielmehr gerichtlich in vollem Umfang zu überprüfen. "Art oder Schwere der Verletzung" sind dabei im Lichte der genannten Regelungen zur Durchführung ambulanter Operationen (Anl 3 und 4) zu untersuchen.
Nach Abs 3 der Anl 4 zu den Allgemeinen Bestimmungen wird die Notwendigkeit stationärer Behandlung durch das Vorliegen "allgemeiner individueller Tatbestände" indiziert, die bei fehlender Sicherstellung der Versorgung oder der pflegerischen Nachbetreuung des Patienten im familiären bzw häuslichen Umfeld vorliegen. Derartige Faktoren (fehlende Kommunikationsmöglichkeit des Patienten im Fall von postoperativen Komplikationen und/oder fehlende sachgerechte Versorgung im Haushalt des Patienten, vgl Anl 4 Abs 2 letzter Satz) haben im Fall des Versicherten jedoch nicht vorgelegen, wie sich aus der in der Krankenhausakte enthaltenen "Prüfung der Aufnahmeentscheidung" ergibt und zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
Auch morbiditäts- bzw diagnosebedingte allgemeine Tatbestände (Anl 4 Abs 3) waren beim Versicherten nicht gegeben. Klinisch relevante Begleiterkrankungen (Anl 4 Abs 3 Buchst a) haben ausweislich des Prüfungsbogens in der Krankenhausakte nicht vorgelegen. Dort sind Komorbiditäten nicht angegeben worden. Verneint worden sind auch die Kriterien, die nach Anl 4 Abs 3 Buchst c für eine besondere Schwere der Erkrankung sprechen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin lag auch kein Fall vor, der durch besondere postoperative Risiken, zB aufgrund von postoperativer Überwachungspflichtigkeit von mehr als 8 Stunden nach Beendigung des Eingriffs (Anl 4 Abs 3 Buchst b) oder durch eine kontinuierliche intensive Überwachungsnotwendigkeit (Anl 4 Abs 3 Buchst d 2. Spiegelstrich), gekennzeichnet war. Ein solches Risiko kann nicht schon allein darin gesehen werden, dass angesichts der zusätzlich vorliegenden Eröffnung des Zeigefingergrundgelenks die Gefahr eines Gelenkempyems bestand, wie der von der Klägerin befragte Chirurg Prof. Dr. N. geltend gemacht hat. Prof. Dr. N. hat lediglich von der "möglichen Ausbildung eines Gelenkempyems" gesprochen. Die Möglichkeit einer Wundinfektion nach Operationen besteht allerdings immer, ohne dass dies zum Ausschluss von Operationen der vorliegenden Art aus dem Katalog ambulant zu erbringender Operationen geführt hat. Wie der erstinstanzlich gehörte Sachverständige Dr. M. nachvollziehbar ausgeführt hat, lagen besondere Risiken, die von vornherein eine (eitrige) Entzündung befürchten ließen - zB Verletzung durch Bisse oder an Holz/Steinen oder Erdreich - dagegen nicht vor. Deshalb wäre es ausreichend gewesen, den Versicherten im Rahmen einer ambulanten Behandlung nur einige Stunden postoperativ zu beobachten, um ihn - bei Auftreten von Komplikationen - ggf später stationär aufzunehmen. Eine solche Vorgehensweise ist im Übrigen auch nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen der Abgrenzung ambulanter von stationärer Behandlung im Krankenhaus üblich (vgl BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 1 Rn 29). Dass die Klinik selbst vom Fehlen besonderer postoperativer Risiken ausgegangen ist, zeigt im Übrigen, dass bei der Prüfung der Aufnahmeentscheidung - unter "C1" - ein "Allgemeiner Tatbestand" nach der Anl zum AOP-Vertrag nicht angenommen worden ist.
Die stationäre Behandlung war weiterhin auch nicht durch eine kontinuierliche intravenöse Medikation als erhöhter Behandlungsaufwand iS der Anl 4 Abs 3 Buchst d (1. Spiegelstrich) gerechtfertigt. Hierzu hat der Sachverständige Dr. M. dargelegt, dass postoperativ eine intravenöse Antibiotika-Behandlung nicht erforderlich gewesen ist, sondern auch die Gabe eines oralen Antibiotikums ausgereicht hätte. Dies ist schon deshalb nachvollziehbar, weil - wie dargelegt - Anhaltspunkte für eine konkret drohende Infektion nicht vorgelegen haben. Dr. M. bestätigt damit die Einschätzung des beratenden Arztes der BG Dr. K., der in seiner Stellungnahme vom 29. Juli 2007 die postoperative Gabe eines oralen Antibiotikums für medizinisch vollkommen ausreichend gehalten hat. Ohne Erfolg beruft sich demgemäß die Klägerin auch auf die Gefahr einer anaphylaktischen Reaktion bei intravenöser Antibiotika-Gabe. Abgesehen davon hat der Sachverständige Dr. M. in seinem Gutachten vom 21. September 2008 hervorgehoben, dass angesichts des Fehlens erkennbarer Risikofaktoren eine Anaphylaxiegefahr nicht gegeben war.
Soweit die Klägerin gegen das Gutachten von Dr. M. geltend macht, der Sachverständige sei voreingenommen und sein Gutachten deshalb nicht zu verwerten, kann sie hiermit nicht gehört werden. Gem § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 406 Abs 1 S 1, 42 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Sachverständiger zwar wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. In diesem Fall ist jedoch nach § 406 Abs 2 S 1 ZPO bei dem Gericht, von dem der Sachverständige ernannt ist, spätestens binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung ein entsprechender Ablehnungsantrag zu stellen. Einen solchen Antrag hat die Klägerin vor dem SG Hildesheim jedoch nicht gestellt. Nachdem das SG die Beauftragung der L. mitgeteilt hatte, hat sie lediglich mit Schreiben vom 1. September 2008 "Vorbehalte" gegen die Beauftragung dieser Gesellschaft geäußert. Mit Beschluss vom 2. September 2008 hat das SG Hildesheim sodann den für diese Gesellschaft tätigen Dr. M. als Sachverständigen ernannt. Einen Ablehnungsantrag gegen diesen Sachverständigen hat die Klägerin jedoch nicht gestellt. Auch von Amts wegen sind Anhaltspunkte dafür, dass das Gutachten nicht mit der gebotenen Unvoreingenommenheit erstellt worden ist, nicht erkennbar.
Ein erhöhter Behandlungsaufwand nach Anl 4 Abs 3 Buchst d lässt sich schließlich auch nicht damit begründen, dass beim Versicherten eine Amputation oder Replantation (Refixation eines traumatisch abgetrennten Körperteils, vgl Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 264. Aufl, Stw Replantation) vorgenommen worden ist, wie dies in dem Aufnahmebogen des klägerischen Krankenhauses angegeben worden ist. Derartige Maßnahmen sind offenkundig nicht durchgeführt worden.
Ohne Erfolg bleibt schließlich auch der Hilfsantrag der Klägerin. Sie ist nicht aktiv legitimiert, den Anspruch auf Vergütung der Behandlung vom 29. Juni 2006 als ambulante Operation auf der Grundlage ihrer hilfsweise erstellten Rechnung vom 1. Februar 2010 (in Höhe von 362,52 Euro) geltend zu machen. Denn anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl insoweit BSG SozR 4-2500 § 115b Nr 2) sind in der gesetzlichen Unfallversicherung Krankenhäuser bzw Krankenhausträger als solche nicht berechtigt, ambulante Operationen zu Lasten der Unfallversicherungsträger durchzuführen und abzurechnen. Gem Ziff 1.5 der Allgemeinen Bestimmungen steht diese Berechtigung vielmehr nur (ua) den in Krankenhäusern tätigen Durchgangsärzten, H-Ärzten und Handchirurgen unter den dort aufgeführten weiteren Voraussetzungen zu. Dies schließt auch einen Aufwendungsersatzanspruch des Krankenhauses nach § 683 S 1 BGB analog aus, weil die Durchführung einer ambulanten Operation als Krankenhausleistung angesichts dieser vertraglichen Ausgestaltung des Leistungserbringungsrechts in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unfallversicherungsträgers als Geschäftsherrn entspricht. Ein Vergütungsanspruch könnte nach alledem allein dem einzelnen operierenden Arzt zustehen. Auch die Abtretungserklärung eines solchen Arztes an die Klägerin liegt schließlich nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dabei war die erstinstanzliche Kostenentscheidung richtigzustellen, weil die Klägerin als auch im ersten Rechtszug unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Das Verbot der reformatio in peius steht dem nicht entgegen (BSGE 62, 131, 136 [BSG 10.09.1987 - 10 RAr 10/86]).
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus der Anwendung des § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG).