Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 17.04.2013, Az.: L 2 R 557/12
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 17.04.2013
- Aktenzeichen
- L 2 R 557/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 38791
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2013:0417.L2R557.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 27.11.2012 - AZ: S 13 R 119/08
Fundstelle
- NZS 2013, 709
Tenor:
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 27. November 2012 und der Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2008 werden geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger ab 1. August 2006 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1956 geborene Kläger begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Von 1973 bis 1975 durchlief der Kläger erfolgreich eine Ausbildung zum Verkäufer. Anschließend absolvierte er eine weitere Ausbildung zum Koch, bevor er sich für zwei Jahre als Soldat auf Zeit verpflichtete. Nach wechselnden Tätigkeiten als Kraftfahrer sowie im Gastronomie- und Verkaufsbereich war der Kläger von Juni 1989 bis April 1994 zeitweilig als Restaurantleiter bzw. stellvertretender Leiter eines (Schnell-)Restaurants und zeitweise als Filialleiter einer Einzelhandelskette beruflich tätig. Nach etwa einjähriger Arbeitslosigkeit wurde der Kläger zum Berufskraftfahrer in der Fachrichtung Personenverkehr umgeschult. Die Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer legte er im Dezember 1996 ab. Anschließend war der Kläger bis zum Eintritt der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit im Herbst 2005 als Busfahrer beruflich tätig; formal endete das letzte Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2008.
Vom 9. Februar bis 9. März 2005 hatte die Rentenversicherung dem Kläger nach einer im Januar 2005 durchgeführten Lasernukleotomie eine stationäre Heilmaßnahme im Schwerpunktklinikum I. gewährt. Ausgehend von den Diagnosen eines chronisch rezidivierenden pseudoradikulären Lumbalsyndroms mit Bandscheibenvorfall im Segment L1/2 und Bandscheibenprotrusion in den Segmenten L4/5 und L5/S1 gelangten die Klinikärzte seinerzeit zu der Einschätzung, dass dem Kläger zwar nicht eine alsbaldige Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit zuzumuten war, dass aber nach einer zu erwartenden weiteren Besserung der Symptomatik eine stufenweise Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess in Betracht kommen werde.
Diese Wiedereingliederung verlief zunächst erfolgreich. Im Anschluss an diese konnte der Kläger bis August 2005 wieder arbeiten, wobei er "gut zurechtkam" (vgl. seine Angaben gegenüber der Sachverständigen Dr. J.).
Der Versicherungsverlauf des Klägers weist Pflichtbeitragszeiten für die Zeit bis Juli 2007 und anschließende Zeiten der Arbeitslosigkeit bis Januar 2008 auf.
Den vom Kläger im August 2006 gestellten Erwerbsminderungsrentenantrag lehnte die Beklagte nach Einholung eines chirurgischen Gutachtens von Dr. K. vom 18. Dezember 2006 mit Bescheid vom 8. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2008 mit der Begründung ab, dass der Kläger zwar nicht mehr die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Busfahrer, jedoch noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeitstäglich jedenfalls sechsstündig ausüben könne. Auch ein Rentenanspruch nach § 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) liege nicht vor. Als Angelernter könne der Kläger zumutbarerweise beispielsweise auf Tätigkeiten als Pförtner oder im Bereich der Wach- und Sicherheitsunternehmen verwiesen werden.
Mit der am 4. März 2008 erhobenen Klage hat der Kläger ein aufgehobenes Leistungsvermögen geltend gemacht.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte und folgende Gutachten eingeholt:
Die chirurgische Sachverständige Dr. J. hat in ihrem Gutachten vom 6. Februar 2009 unter Einbeziehung namentlich der Wirbelsäulenerkrankungen des Klägers ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung insbesondere von länger dauernden Zwangshaltungen und von Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen bei fortbestehender Wegefähigkeit dargelegt.
Die nervenärztliche Sachverständige Dr. L. hat in ihrem Gutachten vom 3. Dezember 2009 eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Abhängigkeitsentwicklung bei langjähriger Opiatbehandlung, eine sensible Nervenwurzelschädigung L3 und L4 links bei medianem Bandscheibenvorfall LWK 1/2, links-mediolateralem Bandscheibenvorfall LWK 5/SWK 1 und Bandscheibenprotrusionen LWK 2/3 und 4/5 sowie eine sensible Nervenwurzelschädigung C 7 links bei Bandscheibenprotrusionen HWK 5/6 und 6/7 diagnostiziert. Hinsichtlich der Leistungsbeurteilung schloss sie sich weitergehend der Einschätzung von Dr. J. an.
Der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte orthopädische Sachverständige Dr. M. hat in seinem Gutachten vom 31. August 2010 (ergänzt um eine weitere Stellungnahme vom 28. Dezember 2011) auch unter Einbeziehung eines zwischenzeitlich operierten Karpaltunnelsyndroms wieder ein sechs- und mehrstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung bejaht.
Ferner hat das Sozialgericht ein berufskundliches Gutachten des Sachverständigen N. vom 15. März 2012 eingeholt.
Mit Gerichtsbescheid vom 27. November 2012, dem Kläger zugestellt am 6. Dezember 2012, hat das Sozialgericht die Klage gestützt insbesondere auf die eingeholten Sachverständigengutachten abgewiesen. Da der Kläger nach den Darlegungen des Sachverständigen N. als Berufskraftfahrer der Ebene der angelernten Arbeitskräfte zuzuordnen sei, könne er zumutbarerweise auf die von der Beklagten bereits benannten Verweisungstätigkeiten verwiesen werden.
Mit der am 18. Dezember 2012 eingelegten Berufung hat der Kläger geltend gemacht, dass er auch nach Beratung durch das Arbeitsamt für sich keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt mehr sehen könne. Jedenfalls könne er schon aufgrund der Einnahme von Schmerzmedikamenten keiner sechsstündigen beruflichen Tätigkeit mehr nachgehen. Im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten helfe er im Haushalt und unterstütze seine Tochter bei den Hausaufgaben.
Der Kläger beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 27. November 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2008 aufzuheben und
2. die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab August 2006 zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Der Kläger kann zwar ausgehend von einem Leistungsfall im Herbst 2005 ab 1. August 2006 (§ 99 Abs. 1 SGB VI) die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach Maßgabe des § 240 SGB VI beanspruchen; mit seinem weitergehenden Rentenbegehren vermag er jedoch nicht durchzudringen.
1. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt ist bei der Prüfung dieser Anspruchsvoraussetzungen der bisherige Beruf des Versicherten. Darunter ist im allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt auf Dauer, d.h. mit dem Ziel verrichtet wurde, sie bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit oder bis zum Erreichen der Altersgrenze auszuüben; in der Regel ist das die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls wenn sie die qualitativ höchste ist (vgl. dazu und zum Folgenden: BSG, U.v. 9. Oktober 2007 - B 5b/8 KN 3/07 R - mwN). Eine frühere Tätigkeit kann insbesondere dann weiterhin maßgebend sein, wenn sie krankheitsbedingt aufgegeben wurde.
Auch wenn ein Versicherter seine bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben kann, ist er allein deshalb noch nicht berufsunfähig. Vielmehr ist dies erst dann der Fall, wenn es keine andere Tätigkeit gibt, die ihm sozial zuzumuten ist und die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich zu bewältigen vermag.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Die Rechtsprechung des BSG hat die Berufe der Versicherten nach ihrer Wertigkeit in Gruppen eingeteilt und, ausgehend von der Bedeutung, welche die Ausbildung für die Qualität eines Berufes hat, Leitberufen zugeordnet. Diese sind gekennzeichnet durch den Beruf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters.
Dieses Mehrstufenschema erleichtert die Beurteilung des Tatbestandsmerkmals der Tätigkeiten, die (den Versicherten) unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar sind hiernach alle Tätigkeiten auf derselben qualitativen oder der nächstniedrigeren Stufe (BSG, B.v. 27. August 2009 - B 13 R 85/09 B). Dabei darf grundsätzlich keine Verweisung auf Tätigkeiten erfolgen, die eine Ausbildung oder betriebliche Einweisung und Einarbeitung von mehr als drei Monaten erfordern, solange diese Einweisung und Einarbeitung noch nicht abgeschlossen ist (BSG, U.v. 17. Dezember 1976 - 5 RJ 86/73 - und U.v. 22. September 1977 - 5 RJ 96/76 - BSGE 44, 288).
Ausschlaggebend für die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema ist allerdings nicht allein die Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung; zu berücksichtigen ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit insgesamt, d.h. das aus einer Mehrzahl von Faktoren ermittelte "Gesamtbild" der Arbeit und seines Werts für den Betrieb auf der Grundlage der in § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI a.F. am Ende genannten Merkmale der Dauer und des Umfangs der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit (BSG, B.v. 27. August 2009, aaO.). Außerdem kann eine Tätigkeit einer gelernten oder angelernten gleichstehen, weil die Tarifvertragsparteien ihr einen besonderen qualitativen Wert beimessen, obwohl sich eine entsprechende Einstufung nicht bereits aus der durchlaufenen Ausbildung ergibt und auch nicht festgestellt werden kann, dass die Tätigkeit theoretische Kenntnisse und praktische Fertigkeiten in einem entsprechenden Umfang voraussetzt.
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Wertigkeit des bisherigen Berufes ist die Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung bzw. der davor liegende Eintritt des Versicherungsfalles (vgl. Bundessozialgericht, Urteile vom 3. Dezember 1992, Az. 13 RJ 61/91, vom 17. Juni 1993, Az. 13 RJ 23/92, und vom 25. August 1993, Az. 13 RJ 71/91 sowie Sächsisches Landessozialgericht, U.v. 26.11.2003 - L 6 RJ 154/02 -).
Ob ungeachtet dauerhafter gesundheitlicher Beeinträchtigungen noch von der Einsetzbarkeit eines individuellen Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in bestimmten Berufsfeldern ausgegangen werden kann, beurteilt sich anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Kriterien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durch einen wertenden Ähnlichkeitsvergleich. Eine solche Würdigung des Einzelfalls nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vollzieht sich auf tatsächlichem Gebiet und obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter; seine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar. Bei derartigen richterlichen Wertungsakten gibt es keine logisch ableitbare einzig richtige Entscheidung, sondern einen Bereich, der sich - so ausdrücklich BSG, U.v. 9. Mai 2012 (B 5 R 68/11 R, bezogen auf die entsprechende Problematik bei § 43 SGB VI) - letztlich der logischen Nachprüfbarkeit entzieht. Die Notwendigkeit einer typisierenden Wertung mit der sich daraus ergebenden Notwendigkeit einer typisierenden Betrachtung ergibt sich auch vor dem Hintergrund, dass die Mannigfaltigkeit des Wirtschaftslebens im Bundesgebiet in einem sozialgerichtlichen Verfahren nicht umfassend aufgeklärt werden kann. Erfahrungen der Gerichte machen deutlich, dass die fachlichen und gesundheitlichen Anforderungen an Berufstätige je nach Betrieb und dessen organisatorische und fachliche Ausrichtung vielfach auch dann erheblich variieren, wenn dieselbe Bezeichnung für eine berufliche Tätigkeit verwandt wird.
Rational argumentativ ist dieser (originäre) Wertungsakt nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich darauf, ob er auf einer zutreffenden und rechtlich verwertbaren Tatsachengrundlage beruht, ob die richtigen Wertungsmaßstäbe erkannt und angewandt wurden und ob er sich innerhalb eines gewissen Spielraums der Angemessenheit bzw. des Vertretbaren bewegt und damit eine "vernünftige Handhabung" der gesetzlichen Vorgaben in ihrer Ausprägung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Ausdruck bringt (BSG, aaO.).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger die Ausbildung zum Berufskraftfahrer erfolgreich abgeschlossen und diesen Beruf bis zum Eintritt der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit Im Herbst 2005 langjährig ausgeübt. Seit dem In-Kraft-Treten der Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung (BKV) vom 19. April 2001 (BGBl. I S. 642) und damit bereits mehrere Jahre vor dem Ausscheiden des Klägers aus dem Beruf, ist die Ausbildungsdauer für Berufskraftfahrer auf nunmehr 3 Jahre festgelegt worden.
Auch wenn der Kläger die Ausbildung zum Berufskraftfahrer noch vor Inkrafttreten der BKV mit der damals noch kürzeren (im Rahmen der herkömmlichen Ausbildung für Berufsanfänger zweijährigen) Dauer abgeschlossen hatte, so vermittelte diese ihm jedoch in Verbindung mit der nachfolgenden knapp zehnjährigen praktischen Ausübung dieser Tätigkeit ein der heute dreijährigen Ausbildung entsprechendes Qualifikationsniveau. Da die mit der Verlängerung der Ausbildungsdauer vom Verordnungsgeber zum Ausdruck gebrachte höhere Wertigkeit der Tätigkeit eines Berufskraftfahrers bereits (mehrere Jahre) vor Eintritt des Leistungsfalls zu verzeichnen war, ist sie auch im vorliegenden Fall zugunsten des Klägers nach Maßgabe der bereits erläuterten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu berücksichtigen. Diesbezüglich vermag der Senat aus Rechtsgründen der abweichenden Einschätzung des berufskundlichen Sachverständigen N. nicht zu folgen.
In diesem Zusammenhang kann die Beklagte insbesondere nicht mit dem Einwand gehört werden, dass der Kläger im Rahmen seiner früheren noch kürzeren Ausbildung nicht alle theoretischen Kenntnisse erworben haben könne, wie sie im Rahmen der nunmehrigen dreijährigen Ausbildung vermittelt würden. Schon im rechtlichen Ansatz kann es diesbezüglich nicht unbesehen auf den Gesamtinhalt der theoretischen Kenntnisse ankommen, wie er im Rahmen einer aktuellen Ausbildung vermittelt würde. Maßgeblich ist vielmehr der Kenntnisstand langjährig tätiger gelernter Versicherter in der jeweiligen Berufsgruppe.
Dabei ist insbesondere zu beachten, dass sich berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten mit der Fortentwicklung der konkreten menschlichen Persönlichkeit umschichten, aufbauen, verringern oder sogar ganz verlieren können. Die berufliche Qualifikation, die beispielsweise ein Facharbeiter kurz nach Abschluss der für ihn vorgeschriebenen Fachausbildung hat und die maßgebend von den Anforderungen der abgelegten Prüfung bestimmt ist, wird sich nicht selten merklich von dem Wissens- und Könnensstand unterscheiden, den ein Versicherter desselben Faches nach langjähriger Berufspraxis aus seiner täglichen Arbeitserfahrung heraus hat und der vor allem auch durch eine Spezialisierung innerhalb der jeweiligen die Facharbeitereigenschaft begründenden Berufssparte oder Übernahme besonderer Verantwortung geprägt sein kann. Entscheidend für die Gleichstellung im Mehrstufenschema als Facharbeiter ist daher stets nur das Gesamtbild der beruflichen Qualifikation, die (insbesondere bei Versicherten ohne förmliche Ausbildung) dem Leistungsstandard genügen muss, der für einen Facharbeiter der betreffenden Fachrichtung als Berufstyp allgemein verlangt wird. Qualifikationsschwächen können insoweit ebenso durch Qualifikationsstärken kompensiert wie zeitbedingter Verlust an theoretischem Wissen durch Ansammlung berufspraktischer Erfahrung ausgeglichen werden, wenn sie beide innerhalb der gegenständlichen "Bandbreite" des zugrundeliegenden berufskundlichen Anforderungsprofils liegen (BSG, U.v. 6. Februar 1991 - 13/5/4a RJ 47/87 - SuP 1991, 643 mwN).
Eine derartige angepasste, die faktische Entwicklung der Persönlichkeit fortschreibende Betrachtungsweise ist insbesondere für das Maß an theoretischem Fachwissen erforderlich, das zur Annahme der "Wettbewerbsfähigkeit" des Betreffenden noch erwartet werden kann. Diesbezüglich dürfen die Anforderungen selbst bei Kräften ohne förmliche Berufsausbildung nicht überspannt werden. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass auch gelernte, ausgebildete Facharbeiter nach langjähriger Berufstätigkeit einen Teil insbesondere ihres theoretischen Fachwissens verloren haben oder in der Ausbildung Kenntnisse verlangt werden, die später für die Berufsausübung in der Regel geringere Bedeutung haben (BSG, U.v. 6. Februar 1991, aaO. mwN).
Bei der Prüfung der "Wettbewerbsfähigkeit" kann deshalb selbst von einem Facharbeiten ausführenden Versicherten ohne oder mit nur teilweiser Ausbildung nicht mehr an theoretischen Kenntnissen verlangt werden, als von einem langjährig tätigen gelernten Versicherten in seiner Berufsgruppe im allgemeinen erwartet wird (BSG, U.v. 6. Februar 1991, aaO. mwN). Erst recht kann einem Versicherten mit förmlicher Ausbildung deren rechtliche Relevanz für den Facharbeiterstatus nicht allein im Hinblick darauf aberkannt werden, dass ihm ggfs. einzelne Teilpunkte des im aktuellen Ausbildungsgang vermittelten theoretischen Wissens nicht präsent sein mögen, zumal auch unabhängig von einer wie im vorliegenden Zusammenhang erfolgten Verlängerung der Ausbildungsdauer der konkrete Ausbildungsinhalt regelmäßig den aktuellen Erfordernissen und insbesondere auch wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen angepasst zu werden pflegt.
Im vorliegenden Zusammenhang ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass die theoretischen Kenntnisse des Klägers hinter den Kenntnissen zurückgeblieben sein könnten, wie sie bei einem langjährig tätigen gelernten Versicherten in der Gruppe der Berufskraftfahrer im Personenverkehr üblicherweise zu erwarten sind. Insbesondere sind dafür auch weder von Seiten der Beklagten noch durch den berufskundlichen Sachverständigen greifbare Anhaltspunkte aufgezeigt worden.
Dementsprechend ist die vom Kläger zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit der Ebene der Facharbeiter zuzuordnen. Dies hat nach der Rechtsprechung des BSG zur Folge, dass er bezogen auf einen Rentenanspruch nach § 240 SGB VI nur auf Tätigkeiten im gelernten oder angelernten Bereich verwiesen werden kann, da eine weitere Ausübung der Tätigkeit eines Berufskraftfahrers, wie die Beklagte zutreffend bereits im Widerspruchsbescheid festgehalten und auch der berufskundliche Sachverständige N. einleuchtend dargelegt hat, ihm seit Eintritt der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit im Herbst 2005 gesundheitlich nicht mehr zumutbar ist, wobei diesbezüglich auch keine gesundheitliche Besserung mehr in Betracht zu ziehen ist.
Eine Verweisung auf angelernte Tätigkeiten kommt im Ausgangspunkt nur in Betracht, wenn diese im Regelfall eine Einarbeitungszeit von mehr als drei Monaten erfordern (da es sich anderenfalls um eine ungelernte Tätigkeit handeln würde), der Kläger aber aufgrund objektivierbarer (im Zeitpunkt des Leistungsfalls noch vorhandener) berufsspezifischer Vorkenntnisse nur eine Einarbeitungszeit von nicht mehr als drei Monaten benötigen würde.
Entsprechende Verweisungstätigkeiten sind - wie dies von Seiten der Beklagten letztlich in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt worden ist - weder von der Beklagten substantiiert aufgezeigt worden noch sind solche anderweitig für den Senat erkennbar. Die von der Beklagten schriftsätzlich herangezogene Tätigkeit einer "Bürokraft" weist weder für sich allein noch mit dem - wiederum wenig greifbaren - Zusatz: "qualifiziert" einen konkreten fassbaren Inhalt auf. Es handelt sich vielmehr um eine "Sammelbezeichnung" für ganz verschiedene Tätigkeiten mit sehr unterschiedlichen Anforderungen an die fachliche Qualifikation und an das körperliche Leistungsvermögen. Im Ergebnis ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass für den zuletzt langjährig als Berufskraftfahrer tätigen Kläger im Bürobereich noch Einsatzmöglichkeiten im gelernten oder angelernten Bereich bestehen.
Soweit der Sachverständige N. noch Tätigkeiten als Kassierer in einer Kantine bzw. in Selbstbedienungsrestaurants, als Pförtner, Mitarbeiter im Wachdienst, Poststellenmitarbeiter oder Bürohilfskraft für zumutbar erachtet hat, beruht seine Einschätzung der auch sozialen Zumutbarkeit dieser Tätigkeiten auf der Annahme, dass der Kläger anknüpfend an seine letzte berufliche Tätigkeit lediglich dem Bereich der Angelernten zuzuordnen sei, was zur Folge hätte, dass ihm auch ungelernte Tätigkeiten sozial zuzumuten wären. Aus den bereits dargelegten Rechtsgründen vermag der Senat dieser Einschätzung jedoch nicht zu folgen; als Facharbeiter kann der Kläger im Rahmen von § 240 SGB VI nicht zumutbarerweise auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden.
Da sich nichts dafür objektivieren lässt, dass der Kläger bei Eintritt des Leistungsfalls für eine Tätigkeit als Kassierer in einer Kantine bzw. in Selbstbedienungsrestaurants, als Pförtner, im Wachdienst, als Poststellenmitarbeiter oder Bürohilfskraft noch verwertbare berufliche Vorkenntnisse aufgewiesen haben könnte, könnte er entsprechende Tätigkeiten jedoch nur als ungelernte Kraft wahrnehmen. Insbesondere ist davon auszugehen, dass etwaige Kenntnisse aus früheren vor der Umschulung zum Berufskraftfahrer wahrgenommenen Tätigkeiten nach langjähriger Nichtausübung beim Ausscheiden aus der beruflichen Tätigkeit als Busfahrer keine auf dem Arbeitsmarkt noch verwertbare Relevanz aufgewiesen haben. Letzteres gilt namentlich bezüglich des Einsatzes an Computerkassen und (insbesondere vergleichbaren) EDV-Anlagen. Soweit sich der Kläger diesbezüglich in einem offenbar bereits aus dem Jahr 1994 datierenden (vermutlich ursprünglich zu Bewerbungszwecken erstellten und schon deshalb nicht von vornherein als objektivierte Erkenntnisgrundlage heranzuziehenden) auch von dem Sachverständigen N. verwerteten Lebenslauf (Bl. 26 f. der Verwaltungsvorgänge) persönliche "gute" Kenntnisse bescheinigt hat, ist zum einen davon auszugehen, dass die damaligen Kenntnisse in den folgenden Jahren fortwährend verblasst und zum anderen angesichts des technischen Fortschritts gerade im EDV-Bereich auch zunehmend veraltetet sind. Im Ergebnis lässt sich damit bezüglich entsprechender Kenntnisse jedenfalls in dem zu beurteilenden Zeitraum seit August 2006 kein ernsthaft auf dem ersten Arbeitsmarkt noch verwertbares Niveau objektivieren.
Es ist auch keine spezifische Verweisungstätigkeit erkennbar, die der Kläger noch zumutbarerweise fachlich und gesundheitlich wahrnehmen könnte und die aufgrund einer konkreten tarifvertraglichen Gleichstellung einer angelernten Tätigkeit gleichzusetzen wäre. Namentlich werden auch Kassierer in Selbstbedienungsrestaurants aus den bereits in der Verfügung vom 12. April 2013 aufgezeigten Gründen tarifvertraglich nicht einer angelernten Tätigkeit gleichgestellt.
2. Hingegen steht dem Kläger kein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nach Maßgabe des § 43 Abs. 2 SGB VI zu.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 SGB VI einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert im Sinne einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 bzw. 2 SGB VI ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI hingegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist, was letztlich auch in der mündlichen Verhandlung von Seiten des Klägers nicht substantiiert in Abrede gestellt worden ist, von einem fortbestehenden sechsstündigen Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten in geschlossenen Räumen unter Vermeidung von Zwangshaltungen in wechselnder Körperhaltung auszugehen. Ein solches Leistungsvermögen steht nach § 43 Abs. 3 SGB VI einem Rentenanspruch aus § 43 SGB VI entgegen. Die Wegefähigkeit ist nicht eingeschränkt.
Ein entsprechendes Leistungsvermögen ist in den im Laufe des Verfahrens eingeholten Gutachten von Dres. J., L. und M. übereinstimmend und einleuchtend unter Einbeziehung auch der Nebenwirkungen der vom Kläger eingenommenen Schmerzmedikamente aufgezeigt worden. Diese überzeugenden gutachterlichen Bewertungen sind weiterhin ausschlaggebend, da keine greifbaren Anhaltspunkte für zeitlich nachfolgende relevante Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers ersichtlich sind.
Auch wenn der Versicherte seinen bisherigen Beruf nicht mehr, dafür aber vollschichtig (bzw. im Rahmen von § 43 SGB VI n.F. täglich sechsstündig) körperlich leichte Tätigkeiten, wenn auch nur mit bestimmten Einschränkungen, ausüben kann, ist im Rahmen der Prüfung eines Rentenanspruchs aus § 43 SGB VI die konkrete Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit nur dann erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Beispiele, welche Einschränkungen jedenfalls nicht zu einer konkreten Benennung veranlassen sollen, stellen insbesondere der Ausschluss von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte zu leisten sind, besondere Fingerfertigkeiten erfordern oder mit besonderen Unfallgefahren verbunden sind, der Ausschluss von Arbeiten im Akkord, im Schichtdienst, an laufenden Maschinen, der Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- oder Konzentrationsvermögen stellen, und der Ausschluss von Tätigkeiten, die häufiges Bücken erfordern, dar (vgl. BSG, B.v. 19. Juni 1996 - GS 2/95 - BSGE 80, 24 [BSG 19.12.1996 - GS - 2/95]).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze bedarf es im vorliegenden Fall für die Prüfung von Rentenansprüchen nach § 43 SGB VI nicht der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit. Nach den vorstehend aufgeführten überzeugend begründeten Gutachten sind insbesondere keine Hindernisse erkennbar, die einer zumindest täglich sechsstündigen Ausübung einer körperlich leichten Tätigkeit, namentlich in den von dem berufskundlichen Sachverständigen N. aufgezeigten ungelernten Tätigkeiten, entgegenstehen könnten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.