Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 29.08.2018, Az.: Not 1/18

Zulässigkeit von häufigen Auswärtsbeurkundungen in den Räumlichkeiten einer Vertragspartei

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
29.08.2018
Aktenzeichen
Not 1/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 45731
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • DNotZ 2020, 227-232
  • MDR 2019, 575-576
  • MittBayNot 2020, 71-74
  • NJW-RR 2019, 120-122
  • NZM 2018, 1038-1040
  • NotBZ 2019, 267-270
  • ZfIR 2019, 242-244

Amtlicher Leitsatz

Wiederholte Auswärtsbeurkundungen von Grundstückskaufverträgen in den Räumlichkeiten einer Vertragspartei können die Gefahr des Anscheins der Abhängigkeit und Parteilichkeit des Notars begründen.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Gegenstandswert wird auf 2.500 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine ihm mit Disziplinarverfügung des Beklagten auferlegte Geldbuße in Höhe von 1.500 €.

1. Der seit 1992 als Rechtsanwalt zugelassene Kläger ist seit 2010 Notar mit Amtssitz in L. Disziplinarrechtlich ist er bislang nicht in Erscheinung getreten.

2. Der hier streitgegenständlichen Disziplinarverfügung liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

Der Notar hat in verschiedenen Fällen Grundstückskaufverträge in Räumlichkeiten von Gebietskörperschaften beurkundet, bei denen die Gebietskörperschaft oder eine mit ihr verbundene Körperschaft Vertragspartei war.

Er hat in 13 Fällen in Räumlichkeiten der Gemeinde R. Grundstückskaufverträge mit dieser Gemeinde beurkundet, nämlich

am 12. April 2012 zu den UR-Nrn. ...3 bis ...9/12,

am 26. April 2012 zu den UR-Nrn. ...0 bis ...2/12 und

am 8. Mai 2012 zu den UR-Nrn. ...8 bis ...0a/12.

Weiter hat er in sechs Fällen in den Räumlichkeiten der Samtgemeinde R. Grundstückskaufverträge mit der Gemeinde K. beurkundet, die Mitglied der Samtgemeinde R. ist, nämlich

am 25. Oktober 2012 zu den UR-Nrn. ...2a bis ...4/12 und

am 28. Februar 2013 zu den UR-Nrn. ...7 bis ...9/13.

Schließlich hat er in sechs Fällen in den Räumlichkeiten der Gemeinde A. Grundstückskaufverträge mit dieser Gemeinde beurkundet, nämlich

am 2. April 2013 zu den UR-Nrn. ...9a und ...0/13,

am 4. November 2013 zu den UR-Nrn. ...9b und ...0a/13,

am 3. Februar 2014 zu der UR-Nr. ...8/14 und

am 29. Dezember 2014 zu der UR-Nr. ...3/14.

Der Beklagte hatte die angefochtene Disziplinarverfügung ursprünglich auf drei weitere Beurkundungsfälle gestützt, die im Widerspruchsbescheid jedoch ausgeschieden wurden.

3. Unter anderem aufgrund der vorstehenden Sachverhalte leitete der Beklagte mit Verfügung vom 29. März 2017 im Nachgang zu einer turnusmäßigen Prüfung des Notariats vom 9. Juni 2016 ein Disziplinarverfahren gemäß § 17 BDG i. V. m. § 96 BNotO gegen den Kläger ein.

Der Kläger hat die dem Disziplinarverfahren zu Grunde liegenden tatsächlichen Umstände zwar nicht in Zweifel gezogen, sein Verhalten aber selbst nicht als pflichtwidrig gewertet. Die Auswärtsbeurkundungen seien für die Urkundsbeteiligten vorteilhaft, weil ihnen die Fahrt zur Geschäftsstelle des Notars erspart bliebe; überwiegend wohnten sie im Gemeindebereich. Es sei nicht der Eindruck entstanden, er stehe im "Lager" der jeweiligen Gebietskörperschaft, zumal er mit vielen Urkundsbeteiligten auch persönlich bekannt gewesen sei. Teilweise hätten diese im Anschluss auch Grundschulden von ihm beurkunden lassen, was zeige, dass sie sein Verhalten nicht als problematisch empfunden hätten. Kaufverträge mit Gebietskörperschaften seien zudem nicht nur in deren Räumlichkeiten, sondern überwiegend auf seiner Geschäftsstelle beurkundet worden.

Mit der angefochtenen Disziplinarverfügung vom 1. August 2017 hat der Beklagte dem Kläger wegen schuldhafter Verletzung seiner Amtspflichten eine Geldbuße in Höhe von 1.500 € auferlegt. Zur Begründung hat der Beklagte ausgeführt, der Kläger habe durch die Beurkundungen von Kaufverträgen in Räumlichkeiten von Gebietskörperschaften, die entweder unmittelbar oder deren Mitglied an den jeweiligen Kaufverträgen beteiligt waren, fahrlässig gegen die sich aus § 14 Abs. 3 S. 2 BNotO ergebende Amtspflicht verstoßen, den Anschein der Parteilichkeit zu vermeiden.

Bei der konkreten Bestimmung der zu erlassenen Disziplinarmaßnahme hat der Beklagte berücksichtigt, dass der Kläger disziplinarrechtlich zuvor nicht in Erscheinung getreten ist. Aufgrund der Auswärtsbeurkundungen habe der Notar Kostenrechnungen in Höhe von insgesamt rund 12.400 € netto gestellt. Die Geldbuße diene dazu, die durch die pflichtwidrige Amtstätigkeit erzielten Einkünfte abzuschöpfen.

Gegen die ihm am 3. August 2017 zugestellte Disziplinarverfügung hat der Kläger am 4. September 2017 Widerspruch eingelegt und diesen unter Wiederholung seiner Rechtsauffassung begründet.

Der Präsident des Oberlandesgerichts Celle hat mit Bescheid vom 7. Februar 2017 die Disziplinarverfügung insoweit abgeändert, dass Vorwürfe betreffend drei Beurkunden ausgeschieden wurden, weil dort nur einseitige Beurkundungen erfolgt seien bzw. die entsprechende Gebietskörperschaft nicht urkundsbeteiligt gewesen sei. Im Übrigen hat er den Widerspruch des Klägers betreffend die eingangs genannten Beurkundungsvorgänge zurückgewiesen und sich bei der Bewertung der im Raum stehenden disziplinarrechtlichen Verstöße der Auffassung des Beklagten angeschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids (Bl. 26 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen diesen ihm am 13. Februar 2018 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 6. März 2018 - eingegangen am 9. März 2018 - Anfechtungsklage erhoben. Zur Begründung führt er aus, er sei nach wie vor der Ansicht, seine Amtspflichten als Notar nicht schuldhaft verletzt zu haben. Der objektive und interessierte Bürger bewerte es positiv, wenn der Kaufvertrag betreffend den Erwerb eines Baugrundstücks in einem Baugebiet in den Räumen der verkaufenden Gemeinde geschlossen werde; er bewerte das Verhalten des Notars als bürgernahe Dienstleistung. Anders als Bauträger oder Makler, die ein erhebliches Eigeninteresse an Abschlüssen von Grundstückskaufverträgen hätten, sei die Gemeinde im Rahmen der allgemeinen Daseinsvorsorge zur Neutralität und Gleichbehandlung verpflichtet, habe keine Gewinnerzielungsabsicht und stehe Käufern im Rahmen ihrer Möglichkeiten helfend und beratend zur Seite, was dem Bürger bekannt sei. Zudem stünden Räumlichkeiten der Gemeinde auch sonst für Zwecke der Allgemeinheit zur Verfügung. Schließlich habe der Kläger nicht wissen können, dass die Aufsichtsbehörde sein nunmehr beanstandetes Verhalten nicht dulde. Erst nachträglich sei er mit der fast ausschließlich aus der Kommentarliteratur abgeleiteten Rechtsauffassung des Beklagten konfrontiert worden. Bei früheren Notariatsprüfungen seien gleichartige Beanstandungen nicht gerügt oder diskutiert worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf die Schriftsätze vom 22. März 2018 (Bl. 32 ff. d. A.) und vom 7. Mai 2018 (Bl. 54 f. d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 1. August 2017 - Az. ... - in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Präsidenten des Oberlandesgerichts Celle - Az. ... - vom 7. Februar 2018 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Disziplinarverfügung und hält an seiner Auffassung fest, dass bei den von ihm beanstandeten Auswärtsbeurkundungen für einen objektiven Beobachter der Eindruck der Parteilichkeit entstanden sein könne. Die in der Disziplinarverfügung und dem Widerspruchsbescheid vertretene Rechtsauffassung sei mit Fundstellen aus Standardkommentaren zur BNotO und zur DONot belegt worden, die zur Pflichtlektüre für Notare gehörten. Er weist darauf hin, dass es seit der Ernennung des Klägers zum Notar im Jahr 2010 lediglich eine Notarprüfung im Jahr 2012 gegeben habe, die einen vergleichsweise geringen Prüfungszeitraum umfasst habe. Daraus könne kein "Vertrauensschutz" für künftige Prüfungen hergeleitet werden. Im Übrigen gebe es keine Gleichbehandlung im Unrecht. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Klageerwiderung (Bl. 51 f. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die auf Aufhebung der Disziplinarverfügung vom 1. August 2017 gerichtete - als Anfechtungsklage gemäß § 72 Abs. 1 VwGO zulässige und insbesondere fristgerecht gemäß § 74 VwGO eingereichte - Klage (vgl. § 99 i. V. m. § 96 BNotO) ist nicht begründet.

I.

Zu Recht hat der Beklagte angenommen, dass der Kläger bei der Beurkundung der bezeichneten Verträge gegen seine Amtspflichten aus § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO verstoßen hat. Notare unterliegen dem Grundsatz der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Sie haben nach § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO bereits jedes Verhalten zu vermeiden, das auch nur den Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit erzeugt.

1. Unerheblich ist, dass mangels gesetzlicher Grundlage ein generelles Verbot jedenfalls gelegentlicher Auswärtsbeurkundungen innerhalb des Amtsbereichs des Notars nicht besteht (BVerfG, Beschluss vom 9. August 2000 - 1 BvR 647/98, juris Rn. 27 f.). Nr. IX.2. der Richtlinienempfehlung der BNotK wurde nicht in die Richtlinien der Notarkammer Celle für die Amtspflichten und sonstigen Pflichten der Mitglieder der Notarkammer vom 28. April 1999 und 3. Mai 2000, zuletzt geändert durch Beschluss vom 16. Mai 2012, übernommen, so das schon deshalb offenbleiben kann, ob aus entsprechenden Richtlinien der einzelnen Notarkammern ein grundsätzliches Verbot folgen kann. Vielmehr hat der Gesetzgeber durch die Statuierung des Anscheinsverbots in § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO dem Notar auch außerhalb von spezifischen Tätigkeitsverboten und -beschränkungen auferlegt, jegliches Verhalten zu vermeiden, durch das der Anschein der Abhängigkeit oder der Parteilichkeit entstehen könnte. Bei der Frage, ob aus der maßgeblichen Sicht des objektiven, mit den konkreten Gegebenheiten vertrauten Beobachters ein solcher Anschein entstehen kann, sind allerdings gesetzliche Wertungen über die mit der fraglichen Tätigkeit generell verbundenen Gefahren für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars zu berücksichtigen. Darüber hinaus fließen in die aus dem Anscheinsverbot folgenden Verhaltensanforderungen Konkretisierungen durch die jeweiligen Richtlinien der Notarkammern ein (zum Ganzen: BGH, Beschluss vom 13. November 2017 - NotSt (Brfg) 3/17, juris Rn. 28 m. w. N.).

Dass eine ausdrückliche Regelung zur Zulässigkeit von Auswärtsbeurkundungen innerhalb des Amtsbereichs des Notars nicht Gesetz geworden ist, lässt nicht den Rückschluss zu, dass solche Beurkundungen nach dem gesetzgeberischen Willen unbeschränkt zulässig sein sollten. Vielmehr sollten mit der Streichung einer entsprechenden Regelung im Regierungsentwurf des Dritten Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung nur übersteigerten Begründungspflichten begegnet werden. Der Gesetzgeber ging aber davon aus, dass die Tätigkeit des Notars im Allgemeinen in der Geschäftsstelle erfolgen solle, und hat berücksichtigt, dass sich Einschränkungen für Auswärtsbeurkundungen aus den allgemeinen Berufspflichten, insbesondere der Verpflichtung zu Unabhängigkeit und Unparteilichkeit ergeben (BT-Drs. 13/10589, S. 7, 37 f.). Entsprechend ist anerkannt, dass der Notar von einer Auswärtsbeurkundung insbesondere dann Abstand zu nehmen hat, wenn durch sie die Gefahr des Anscheins einer Parteilichkeit entstehen könnte (BVerfG, a. a. O., Rn. 29). Dies entspricht Nr. IX.2. der bezeichneten Richtlinien der Notarkammer Celle (entsprechend Nr. IX.3. RL-E), die die entsprechenden Amtspflichten nach § 67 Abs. 2 Satz 3 Nr. 9 BNotO näher konkretisieren.

2. Im vorliegenden Fall hat der Notar planmäßig wiederholt Verträge in den Räumlichkeiten einer Vertragspartei beurkundet. Dies begründet die Gefahr, dass aus Sicht eines objektiven, mit den konkreten Gegebenheiten vertrauten Beobachters der Anschein der Abhängigkeit oder der Parteilichkeit entsteht.

Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass ein solcher Anschein abhängig von den Umständen des Einzelfalls vor allem dann entstehen kann, wenn die Beurkundung in den Räumen einer der Vertragsparteien erfolgt, wobei nur streitig ist, ob dies nur bei häufigeren Fällen (so: Eylmann in: Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, 3. Aufl., IX RL-E, Rn. 11; Lerch in: Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 10 Rn. 23 f.; Terner, DNotZ 2010, 953, 954; so wohl auch Weingärtner in: Weingärtner/Gassen, DONot, 11. Aufl., § 32 Rn. 65, 68; Carstensen ZNotP 2003, 46, 55 f.) oder grundsätzlich schon bei einem einmaligen Fall (so: Wöstmann, ZNotP 2003, 133, 138 m. w. N. Fn. 64; so wohl auch Görk in: Bracker, BNotO, 9. Aufl., IX. RL/BNotK, Rn. 16; Lerch in: Lerch, BeurkG (...), 5. Aufl., Richtlinienempfehlung, Rn. 116 f.; Hertel in: Staudinger, BeurkG (2017), Rn. 267) anzunehmen ist.

Die Entscheidung dieser Streitfrage kann im vorliegenden Fall dahinstehen, weil der Kläger hier in einer Vielzahl von Fällen (insgesamt 13) wiederholt und planmäßig Beurkundungen in den Räumen einer der Vertragsparteien, nämlich der beteiligten Gebietskörperschaften, vorgenommen hat. Dadurch konnte sowohl bei den weiteren Urkundsbeteiligten als auch in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, der Notar stehe in einer Abhängigkeit von den jeweiligen Gebietskörperschaften, wobei es nicht darauf ankommt, ob dies im Büro des Bürgermeisters oder in einem "neutralen" Besprechungszimmer erfolgte. Unabhängig hiervon erweckt dies den Eindruck einer besonderen Nähe zwischen dem Notar und der entsprechenden Gebietskörperschaft, zumal die Vorteile aufgrund dieser Handhabung in besonderem Maße den Mitarbeitern der jeweiligen Gemeinde zugutekommen. Für die anderen Vertragsparteien hätte es jedenfalls keinen erheblichen Mehraufwand bedeutet, die Geschäftsstelle des Notars in L. aufzusuchen, auch wenn diese im jeweiligen Gemeindegebiet wohnten. Dadurch, dass der Notar in diesen Fällen ohne besondere sonstige Gründe davon abgesehen hat, wie sonst gerade für einen Träger eines öffentlichen Amtes üblich, auf seiner Geschäftsstelle tätig zu werden, fehlt es nicht nur an einer symbolischen räumlichen Distanz zum Geschäftsbereich der entsprechenden Gebietskörperschaft. Dadurch, dass vor allem deren Interessen gedient ist, kann vielmehr der Eindruck entstehen, der Notar mache sich zum "Diener" dieser Urkundsparteien. Unerheblich ist insoweit, dass die Gemeinden es als "Service" für die Käufer für gerechtfertigt hielten, die Beurkundungen im Gemeindegebiet anzubieten.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob insbesondere die Öffentlichkeit das Verhalten des Notars im Einzelfall positiv oder negativ bewertet. Der Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit ist auch dann zu vermeiden, wenn der Bürger ein bestimmtes Verhalten des Notars als Serviceleistung begrüßen sollte.

Zwar ist nicht zu verkennen, dass Gemeinden keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen dürfen und Grundstückskäufern im Rahmen ihrer Möglichkeiten helfend und beratend zur Seite stehen. Sie unterscheiden sich insoweit durchaus von auf Gewinnerzielung ausgerichteten Unternehmen wie insbesondere Bauträgern, betreffend die Auswärtsbeurkundungen in deren Räumlichkeiten in der Kommentarliteratur teilweise exemplarisch als unzulässig herausgestellt werden (vgl. vorstehende Nachweise). Dennoch stehen auch Gemeinden als Verkäufer in einem Interessengegensatz zu den Käufern. Sie verfolgen häufig wirtschaftliche, planerische und gegebenenfalls politische Interessen, die mit den Interessen des jeweiligen Grundstückskäufers nicht in Einklang stehen müssen. Auch in Fällen der vorliegenden Art verliert die Bedeutung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars deshalb nicht an Gewicht. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass aus Sicht des Bürgers ohnehin eine gewisse Nähe zwischen Gebietskörperschaften als Träger öffentlicher Verwaltung und Notaren als Träger eines öffentlichen Amtes gesehen wird, so dass ein Tätigwerden des Notars gerade in den Räumlichkeiten der "Verwaltung" in gesteigertem Maße die Gefahr in sich birgt, den Eindruck einer Parteilichkeit zu verstärken, zumal wenn dies - wie hier - wiederholt erfolgt.

Dass daneben die überwiegende Anzahl der Beurkundungen auch mit den infrage stehenden Gebietskörperschaften auf der Geschäftsstelle des Notars erfolgten, relativiert diesen Eindruck nicht maßgeblich. Urkundsbeteiligte und sonstige Bürger, die die Beurkundungen in den Räumlichkeiten der Gemeinde wahrnehmen, werden die sonstige Tätigkeit des Notars auf dessen Geschäftsstelle regelmäßig nicht in gleichem Maße wahrnehmen, so dass die sonstige Beurkundungstätigkeit des Notars die Gefahr des Eindrucks der Abhängigkeit oder Parteilichkeit insoweit nicht wesentlich mindert.

Unerheblich ist weiter, ob im Einzelfall insbesondere bei den Urkundsbeteiligten der Eindruck entstanden ist, der Notar sei parteilich, wofür konkret nichts spricht. Unerheblich ist damit auch, ob die sonstigen Urkundsbeteiligten weitere Beurkundungen freiwillig auch in den Räumlichkeiten der Gemeinde haben durchführen lassen, und ob diese mit dem Notar näher bekannt waren.

Gründe, die es im Einzelfall gerechtfertigt erscheinen ließen, von der üblichen Beurkundung auf der Geschäftsstelle abzusehen und den Eindruck eines Näheverhältnisses zu einzelnen Parteien zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere, dass die Verfügbarkeit von Bebauungsplänen für Nachfragen der Käufer gerade in der Beurkundungssituation erforderlich wäre, ist nicht zu erkennen, sodass dies eine Beurkundung in den Räumlichkeiten der Gemeinde nicht erforderte. In der überwiegenden Zahl der Fälle hat dies den Notar ohnehin - zu Recht - nicht davon abgehalten, Beurkundungen auf seiner Geschäftsstelle durchzuführen.

Auch sonst sind Umstände des jeweiligen Einzelfalls nicht ersichtlich, die ausnahmsweise eine abweichende Beurteilung rechtfertigten.

3. Diese Pflichtverletzung hat der Kläger jedenfalls fahrlässig begangen. Für ihn war schon aufgrund der weitgehend einhelligen Kommentarliteratur erkennbar, dass seine Handhabung der Auswärtsbeurkundungen mit dem Gebot, jeden Anschein einer Abhängigkeit oder Parteilichkeit zu vermeiden, nicht in Einklang zu bringen war.

Darauf, dass entsprechende Pflichtverstöße zuvor nicht beanstandet worden sind, kann sich der Kläger zu seiner Entlastung nicht berufen. Zunächst hat der Beklagte - unbestritten - erläutert, dass seit der Ernennung des Klägers im Jahr 2010 lediglich eine Geschäftsprüfung im Jahr 2012 bei diesem durchgeführt worden sei, die lediglich einen vergleichsweise geringen Prüfungszeitraum erfasst habe. Selbst wenn damals bereits gleichartige Beurkundungen von dem Kläger vorgenommen und von dem Beklagten übersehen bzw. nicht beanstandet worden sein sollten, kann der Kläger allein daraus keine "Billigung" seines Verhalten oder einen irgendwie gearteten Vertrauensschutz herleiten.

II.

Die dem Kläger vorzuwerfenden Amtspflichtverletzungen sind als einheitliches Dienstvergehen gemäß § 95 BNotO zu ahnden.

Die von dem Beklagten verhängte Disziplinarmaßnahme in Form einer Geldbuße in Höhe von 1.500 € ist der Art und auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Eine geringere Geldbuße oder gar ein Verweis wären nicht auskömmlich.

Die dem Kläger auferlegte Geldbuße (§ 97 Abs. 1 Satz 1 BNotO) liegt im unteren Bereich des bis 50.000 € reichenden Bemessungsrahmens (§ 97 Abs. 4 Satz 1 BNotO).

Bei der Festsetzung der Geldbuße sind die Bedeutung der verletzten Pflicht, die Dauer und Intensität des Vergehens, ein etwa angerichteter Schaden, die Auswirkung auf das Ansehen des Notarberufs und des betroffenen Notars, der Grad des Verschuldens, die Motive des Notars, seine bisherige Führung, sein Verhalten nach der Tat und die Zukunftsprognose zu berücksichtigen, ferner seine wirtschaftlichen Verhältnisse (vgl. Lerch in: Arndt/Lerch/Sandkühler, a.a.O., § 97 Rn. 17 i. V. m. Rn. 10).

Zugunsten des Klägers ist zu berücksichtigen, dass er disziplinarrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten ist und die den Vorwürfen zu Grunde liegenden Sachverhalte eingeräumt hat, wobei er sich jedoch nicht einsichtig gezeigt hat. Auch hat er durch die begangenen Pflichtverletzungen keinen über die Erzeugung des Anscheins der Abhängigkeit und Parteilichkeit hinausgehenden Schaden verursacht. Weiter ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er lediglich fahrlässig gehandelt hat.

Zum Nachteil des Klägers fällt jedoch ins Gewicht, dass er Amtspflichten im Kernbereich seiner Tätigkeit als Notar verletzt hat. Die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit sind die wichtigsten Prinzipien des notariellen Berufsrechts und rechtfertigen überhaupt erst das Vertrauen, das dem Notar entgegengebracht wird; sie bilden das Fundament des Notarberufs (BGH, Beschluss vom 13. November 2017, a. a. O., Rn. 25). Weiter hat der Beklagte zutreffend berücksichtigt, dass die Geldbuße auch dazu dient, Einkünfte des Notars, die durch pflichtwidrige Amtstätigkeiten erzielt worden sind, abzuschöpfen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Mai 2010 - Not 19/09, juris Rn. 49).

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 111 b Absatz 1 BNotO, § 154 Absatz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 111b BNotO, § 167 Abs. 1, 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Bemessung des Gegenstandswertes richtet sich nach § 111g Abs. 1 BNotO i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG. Die Festsetzung beruht darauf, dass der Senat den in der Disziplinarverfügung enthaltenen - unbezifferten - Vorwurf, der auch etwa einem Verweis zu Grunde liegen würde, mit 1.000 € bewertet. Hinzu kommt das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Wegfall der ihm auferlegten Geldbuße i. H. v. 1.500 €.

Anlass zur Zulassung der Berufung gemäß § 111d BnotO, § 124 Abs. 2 i. V. m. § 124a Abs. 1 VwGO besteht nicht.