Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 07.02.2024, Az.: 8 A 148/22

Amtsermittlungspflicht; Aufwandsteuer; Berufsfreiheit; Kunstfreiheit; Satzungshoheit; Schätzung; Schaustellung von Personen; Striptease; Vergnügungssteuer; Verrechnungsklausel; Werbung; Vergnügungssteuerpflicht für Show mit vorwiegend erotischem Charakter

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
07.02.2024
Aktenzeichen
8 A 148/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 12755
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2024:0207.8A148.22.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Steuertatbestände einer kommunalen Vergnügungssteuern stehen im Ermessen der Kommune. Die Besteuerung von Veranstaltungen mit vorwiegend erotischem Charakter überschreitet auch mit Blick auf den aktuellen Zeitgeist die Ermessensgrenzen nicht.

  2. 2.

    Eine steuererhebende Kommune darf die Beurteilung, ob ein Vergnügungssteuertatbestand erfüllt ist, ohne Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz daran ausrichten, wie die Veranstaltung im Vorfeld beworben und im Nachgang in der Presse aufgefasst worden ist und mit welche Rezensionen sich der Veranstalter schmückt.

  3. 3.

    Die Professionalität von Veranstaltungsinhalten sowie das Vorhandensein künstlerischer Elemente stehen einer Einordnung als vergnügungssteuerpflichte Veranstaltung nicht entgegen. Eine Besteuerung verletzt auch nicht die Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG. 4. Der bundesrechtliche Aufwandsbegriff (Art. 105 Abs. 2a GG) verpflichtet Kommunen nicht, nicht steuerbare Teilleistungen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen; er steht entsprechenden Satzungsregelungen, die eine Verrechnung vorsehen, aber auch nicht entgegen. 5. Die Frage, mit welchem Wert eine nicht steuerbare Teilleistung in Abzug zu bringen ist, muss zunächst von der Kommune geschätzt werden. Dem Verwaltungsgericht steht eine eigene Schätzungsbefugnis nicht zu.

In der Verwaltungsrechtssache
A.,
A-Straße, A-Stadt
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwalt B.,
B-Straße, A-Stadt - 62/2022 -
gegen
Stadt Wolfsburg
vertreten durch den Oberbürgermeister,
Porschestraße 49, 38440 Wolfsburg - -
- Beklagte -
wegen Vergnügungssteuer
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 8. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2024 durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Düfer, die Richterin am Verwaltungsgericht Köhler, den Richter Rother sowie die ehrenamtlichen Richterinnen E. und F. für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bescheid der Beklagten vom 26. April 2022 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12. Juni 2023 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheiten in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.485,11 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Vergnügungssteuer für eine Veranstaltung im Stadtgebiet der Beklagten.

Die Klägerin ist Unternehmerin und führt bundesweit als "Touren" bezeichnete Veranstaltungen durch, die in verschiedenen Veranstaltungsräumlichkeiten zahlreicher Städte als Gastspiele stattfinden. Daneben verfügt sie nach eigenen Angaben über sechs Veranstaltungsörtlichkeiten - auf der Internetseite der Klägerin als "Theaters" bezeichnet -, in denen sie in regelmäßigen Abständen ihre Veranstaltungen aufführt. Bei diesen Veranstaltungen tanzen die ausschließlich männlichen Darsteller entsprechend einer vorher eingeübten Chorografie zu - teilweise selbst komponierter - Musik, singen und bieten Akrobatik dar. Dabei ziehen sie sich entweder schrittweise nahezu vollständig aus oder aber sind während der Darbietung nur wenig bekleidet. Auf ihrem Internetauftritt beschreibt die Klägerin die Veranstaltungsinhalte ihrer Touren unter anderem wie folgt:

"DIE HEISSESTE SHOW EUROPAS";

"Adrenalin, jede Menge Wow-Effekte und Gänsehautmomente gehören genauso zum Programm, wie die klassische Stripshow neu & aufregend verpackt."

"Zehn muskelbepackten Männern in über 80 coolen Location's Deutschlands, Schweiz und Österreich heizen euch in knapp 3 Stunden heisser Bühnenshow so richtig ein. Die H. imponieren mit ihrer artistischen Show, sexy Kostümen und eindrucksvollen Bühnenbildern. Für musikalische Unterstützung sorgt ein Special-Guest. So viel sei verraten: Hier gibt's Erotik nicht nur fürs Auge, sondern auch für die Ohren. Die Jungs entführen euch in eine unglaublich heiße Traumwelt. Aber Achtung: Beim Anblick der stählernen Körper und hotten Dance-Moves wird euch garantiert die ein oder andere Hitzewelle überkommen. Erlebt mit euren Freunden/innen und zahlreichen anderen Gästen eine feuchtfröhliche Nacht, die euch für immer in Erinnerung bleiben wird."

Zudem gibt die Klägerin auf ihrer Homepage einige Rezensionen von Besucherinnen wieder, die beispielsweise lauten:

"Sehr heiße Männer, die supersexy tanzen können. Ein Traum für die Damenwelt";

"Die Jungs sind der pure Wahnsinn. Frauenherzen schlagen höher ...";

"Frauenträume werden wahr. Es ist für mich immer wieder aufs neue faszinierend";

"Geil und niveauvoll ... Hingucker absolut empfehlenswert."

Am 12. Februar 2022 trat die Klägerin im I. im Stadtgebiet der Beklagten im Rahmen ihrer "J. Tour" auf. Das Programm dieser Veranstaltung bewarb das K.-Ticket Portal mit der folgenden Beschreibung:

"Vergesst Mr. Big, Ladys! - Auf der J. Tour liefert viele junge und vor allem gutaussehende Männer, die nichts lieber tun, als sich für euch auszuziehen, für euch zu tanzen und euch den heißesten Abend eures Lebens zu bescheren! Was will Frau mehr?"

Weiter hieß es in den Informationen zur Veranstaltung:

"Waschbrettbäuche, sexy Outfits und gnadenlose Verführung on point. Die Mannsbilder von A. performen auf ihrer neuen J. Tour mehr als zweieinhalb Stunden - Schöner als im Film! Zu sehen gibt's in ihrem aktuellen Streifen prickelnde Live-Erotik zwischen Tanz, Gesang und Akrobatik. Zahlreiche Überraschungen lassen die frivolsten Frauenträume wahr werden. Nehmt euch einen Drink, lehnt euch zurück und genießt das feuchtfröhliche Spektakel!"

Für die Veranstaltung verkaufte die Klägerin insgesamt über mehrere Online-Buchungsplattformen 436 Karten in verschiedenen Preiskategorien von 29,90 EUR bis zu 107,90 EUR. Im Eintrittspreis enthalten war ein Kalender, der unter der Bezeichnung "1. Generation Limited Edition Kalender 2022" für 24,95 EUR in ihrem Onlinefanshop erworben werden konnte. Diese Kalender wurden beim Durchschreiten der Einlasskontrollen an die Besucher ausgegeben.

Die Beklagte erlangte erst am 18. Februar 2022 Kenntnis von der Durchführung der Veranstaltung und forderte die Klägerin zur nachträglichen Anmeldung bis zum 14. März 2022 auf, weil sie die Veranstaltung für vergnügungssteuerpflichtig hielt. Die Klägerin vertrat in ihrem Antwortschreiben vom 11. März 2022 zwar die Ansicht, sie sei nicht vergnügungssteuerpflichtig, legte aber zur Vermeidung einer Steuerschätzung die angeforderten Unterlagen (Kartenpreis pro Kategorie und Anzahl der in der jeweiligen Kategorie verkauften Karten) für die Veranstaltung vor.

Unter dem 26. April 2022 erließ die Beklagte den hier streitbefangenen Bescheid, mit welchem sie für die Veranstaltung der Klägerin am 12. Februar 2022 eine Vergnügungssteuer erhob und diese auf einen Betrag in Höhe von 4.142,55 EUR festsetzte. Zur Begründung führte sie aus, sie qualifiziere die Veranstaltung der Klägerin als "Schaustellung von Personen und Veranstaltungen ähnlicher Art" im Sinne von § 1 Nr. 1 der 10. Änderungssatzung zur Vergnügungssteuersatzung vom 16. März 2016 (Vergnügungssteuersatzung - VStS). Die Steuer werde als Kartensteuer erhoben (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 VStS). Die Bemessungsgrundlage sei die Summe aller auf den ausgegebenen Karten angegebenen Preise und berechne sich nach dem tatsächlichen Entgelt. Die Klägerin habe nach ihren Erklärungen bei der Veranstaltung Einnahmen in Höhe von 20.712,73 EUR erzielt, was bei einem Steuersatz in Höhe von 20 % die festgesetzte Steuersumme ergebe.

Unter dem 6. Mai 2022 erließ die Beklagte einen als "Änderungsbescheid" überschriebenen Vergnügungssteuerbescheid an die Klägerin, mit welchem sie die Klägerin für die Veranstaltung am 12. Februar zu einer identischen Summe wie in dem Bescheid vom 26. April 2022 heranzog. Weil dieser Bescheid nach Angaben der Beklagten nur versehentlich versandt worden war, nahm sie ihn mit Bescheid vom 21. Juni 2022 wieder zurück. Unter dem 12. Juni 2023 erließ die Beklagte einen weiteren Änderungsbescheid für die Veranstaltung am 12. Februar 2022 und setzte die Vergnügungssteuer auf 5.485,11 EUR fest. Zur Begründung führte sie aus, die Neuberechnung sei wegen nunmehr bekannt gewordener höherer Einnahmen in Höhe von 27.425,52 EUR erfolgt.

Bereits am 15. Mai 2022 hat die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 26. April 2022 erhoben, die sie mit Schriftsatz vom 10. Juli 2023 um den Änderungsbescheid vom 12. Juni 2023 erweitert hat. Zur Begründung ihrer Klage führt sie im Wesentlichen aus:

Die Beklagte habe die beiden Veranstaltungen zu Unrecht als vergnügungssteuerpflichtig angesehen. Die Veranstaltungen seien nicht mit den in dem Steuertatbestand aus § 1 Nr. 1 VStS genannten "Veranstaltungen von Schönheitstänzen, Table Dances, Schaustellungen von Personen und Darbietungen ähnlicher Art" vergleichbar; es handele sich vielmehr um eine Theateraufführung. Theateraufführungen seien durch einen festen Ablauf, geplante Bühnenbilder, dramaturgische Planung, den Einsatz von Masken- und Kostümbildnern sowie einem Regie- und Lichtplan gekennzeichnet. Diese Anforderungen würden die Veranstaltungen der Klägerin erfüllen: Die Klägerin entwickle nur eine begrenzte Anzahl an Shows, die jeweils unterschiedlich gestaltet seien. Die Darsteller seien ausgebildete Künstler, es würden verschiedene Handlungsstränge aufgebaut werden, und die Veranstaltung sei im Hinblick auf Musik, Licht und Chorografie über mehrere Monate hin in der Probe. Die Veranstaltungen würden ausschließlich in bestuhlten Hallen stattfinden und sich sowohl an männliche als auch an weibliche Besucher richten. Die Beklagte habe bei ihrer steuerlichen Einordnung der Show das künstlerische Element verkannt. So habe auch die A-Stadt Finanzverwaltung die Veranstaltungen der Klägerin in ihrem Veranstaltungslokal in A-Stadt umsatzsteuerrechtlich als Theateraufführungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7a Umsatzsteuergesetz (UStG) eingestuft.

Von der Klägerin im Zusammenhang mit den Shows durchgeführten Besucherumfragen hätten ergeben, dass mehr als 80 % der Befragten die Veranstaltungen auf einer Skala von 1 (Striptease) bis 10 (Unterhaltungsshow) mit einer 8 bewertet hätten. Für 84 % der Besucher habe der Mix aus Gesang, Akrobatik und Inszenierung im Vordergrund gestanden, nicht die Befriedigung des Bedürfnisses nach nackten Männern. Dieser Befund spiegele sich auch in den Internetbewertungen der Klägerin wieder. Insgesamt seien die Veranstaltungen der Klägerin als moderne Musicals zu qualifizieren, bei der tänzerische und szenische Darstellungen im Vordergrund stünden.

Das von der Beklagten an den Tag gelegte Verständnis des Steuertatbestandes aus § 1 Nr. 2 VStS führe dazu, dass auch jede andere Veranstaltung mit "nackten Szenen" von der Vergnügungssteuer erfasst wäre, was eine unzulässige Ausdehnung des Steuertatbestandes sei. Der Steuertatbestand erfasse nur solche Veranstaltungen, bei denen die erotische Wirkung im Vordergrund stehe und deren Hauptzweck sei. Dies ergebe sich aus dem zugrundeliegenden Lenkungszweck der Vergnügungssteuer, sittlich gefährdende Tätigkeiten einzudämmen. So wie von der Beklagten verstanden, verstoße die Auslegung des Steuertatbestandes auch gegen die grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz (GG), weil die Darstellungsform in nicht zu rechtfertigender Weise beschränkt werde. Zudem liege eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung vor. Das Musical "Chicago" sei als "heißeste Show der Stadt" mit zwei "heißen Killer-Ladys" beworben worden und die Darstellerinnen würden Dessous tragen sowie anzügliche Bewegungen machen. Der Klägerin sei aber nicht bekannt, dass für diese Veranstaltung Vergnügungssteuer erhoben worden sei.

Im Übrigen habe es die Beklagte pflichtwidrig unterlassen, die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Eingreifen des Steuertatbestandes selbst festzustellen. Soweit sie ihre Einstufung auf die Werbeaussagen der Klägerin stütze, sei dies unzulässig. Gerade Werbeaussagen sei immanent, dass diese überspitzt seien. Eine Einordnung der Veranstaltung über Presse, Plakate, Flyer oder im Internet sei nicht möglich. Dass vorrangig Frauen die Veranstaltung besuchen und auch in der Werbung besonders angesprochen würden, sei unerheblich, weil Besucher jeden Geschlechts bei den Veranstaltungen der Klägerin willkommen seien.

Daneben leide der Vergnügungssteuerbescheid an weiteren Mängeln. So benenne die Beklagte die Rechtsgrundlage nicht und habe ihre Einordnung der Veranstaltung als vergnügungssteuerpflichtig auch nicht begründet. Zudem hätte die Beklagte jedenfalls den Wert der zugegebenen Kalender (24,95 EUR) von den erzielten Einnahmen in Abzug bringen müssen. Bei den Kalendern handele es sich um eine nicht steuerbare Sonderleistung gegenüber dem Eintrittsgeld, welche den Aufwand für die steuerpflichtige Leistung mindere. Mit der Vergnügungssteuer sei nur das Vergnügen steuerbar, für das der Sich-Vergnügende finanzielle Mittel aufwenden müsse. Die Kalender seien eine Nebenleistung zu der Hauptleistung, die den hierfür erforderlichen finanziellen Aufwand schmälere. Soweit die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten in § 6 Abs. 1 Satz 5 VStS nur eine Anrechnung von in den Eintrittspreisen enthaltenen Beträgen für Speisen oder Getränke vorsehe, nicht aber für sonstige nicht steuerbare Leistungen, erfolge dies ohne Sachgrund und verletze daher den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Hinzugabe der Kalender sei auch auf der Eintrittskarte vermerkt. Soweit die Beklagte entgegenhalte, für die geplante Veranstaltung in ihrem Stadtgebiet im November 2023 werde nicht auf die Zugabe des Kalenders hingewiesen, gehe dieser Vergleich ins Leere, da für diese Veranstaltung (derzeit) keine Zugabe von Kalendern beabsichtigt sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2022 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12. Juni 2023 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und erwidert in Verteidigung der angefochtenen Entscheidung:

Die Veranstaltung der Klägerin unterfalle dem Vergnügungssteuertatbestand aus § 1 Nr. 1 VStS. Mit diesem Steuertatbestand sei beabsichtigt, alle Veranstaltungen mit erotischem Charakter dem Anwendungsbereich der Satzung zu unterwerfen. Gemessen an diesem Ziel sei die Veranstaltung der Klägerin vergnügungssteuerpflichtig. Die erotische Absicht könne bereits den Webeslogans entnommen werden. Die Hauptwirkung der Veranstaltung beruhe nicht auf den Gesangs- und Musikdarbietungen, sondern die Besucher hätten die Karten erworben, um die Darsteller bei ihrer aufreizenden Zurschaustellung ihrer fast gänzlich nackten Körper zu sehen. Der erotische Gesamteindruck folge zudem daraus, dass sich die Show ausweislich der Homepage der Klägerin vorwiegend an Frauen richte. Die Professionalität der Show und ihr künstlerischer Aspekt würden nicht vermögen, den prägenden erotischen Gesamtcharakter zu verändern. Die Veranstaltung erfülle kein kulturelles Bedürfnis, das einem Theater oder Musical vergleichbar sei.

Die konkrete Festsetzung beruhe auf § 6 Abs. 1 VStS, wonach Bemessungsgrundlage die Summe aller auf den ausgegebenen Karten angegebenen Preise sei. Sie sei nach dem tatsächlichen Entgelt zu berechnen, wenn dieses nachweisbar höher oder niedriger sei. Die Vergnügungssteuersatzung sehe lediglich eine Berücksichtigung von Speisen und Getränken vor, die im Eintrittspreis enthalten seien. Wie der Buchungsmaske für Karten für die Show der Klägerin im November 2023 in M. zu entnehmen sei, werde die Zugabe der Kalender bei dem Erwerbsvorgang nicht angekündigt, sodass dies nicht nachträglich den Aufwand der Kartenerwerber reduzieren könne. Die Beklagte nehme an, dass auch für die hier besteuerte Veranstaltung kein Hinweis auf den Erhalt eines Kalenders vorhanden gewesen sei. Soweit die Klägerin vortrage, es sei bei dem Erwerb der Karten auf die Zugabe des Kalenders hingewiesen worden, habe sich dieser Hinweis so dezent in Form eines kleinen runden Logos oben auf dem Ticket befunden, dass der verständige Ticketerwerber diesen nicht habe erkennen können. Jedenfalls könne die Klägerin nicht den vollen Betrag in Höhe von 24,95 EUR in Abzug bringen, denn es sei nicht davon auszugehen, dass der Jahreskalender 2022 zum Zeitpunkt der Veranstaltung (12. Februar 2022) noch diesen Verkaufswert gehabt habe.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Niederschrift der öffentlichen Sitzung vom 17. Januar 2024 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der streitgegenständliche Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 26. April 2022 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12. Juni 2023 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

I. Die Beklagte war gemäß §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz (in der zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses gültigen Fassung bis zum 30. September 2022 - NKAG) i. V. m. ihrer Satzung über die Erhebung von Vergnügungssteuer in der Fassung der Zehnten Änderungssatzung vom 16. März 2016 (Vergnügungssteuersatzung - VStS) dazu berechtigt, für die Veranstaltung der Klägerin am 12. Februar 2022 jeweils eine Vergnügungssteuer zu erheben. Gemäß Art. 105 Abs. 2a GG steht den Ländern die Befugnis zur Gesetzgebung über örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Gemäß §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 Satz 1 NKAG dürfen Steuern als Variante der kommunalen Abgaben (§ 1 Abs. 1 NKAG) nur aufgrund einer Satzung erhoben werden.

Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte mit ihrer Vergnügungssteuersatzung in verfassungskonformer Weise Gebrauch gemacht. Die Vergnügungssteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz (GG) (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2004 - 9 C 3/03 -, juris Rn. 22; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Februar 2011 - 2 S 196/10 -, juris Rn. 51). Gemäß § 4 Abs. 1 und 2 VStS wird die Steuer in den Fällen des § 1 Nrn. 1 - 3 und 5 VStS als Kartensteuer erhoben. Diese Erhebungsform ist verfassungsrechtlich als sog. Wirklichkeitsmaßstab zulässig, da so möglichst eng an den zu besteuernden Vergnügungsaufwand in Gestalt des Eintrittspreises angeknüpft wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2004 - 9 C 3/03 -, juris Rn. 27).

Die erkennende Kammer hat auch sonst keine Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Vergnügungssteuersatzung mit höherrangigem Recht.

Soweit der Geschäftsführer der Klägerin der mündlichen Verhandlung die Ansicht geäußert hat, die Besteuerung von Veranstaltungen mit erotischen Inhalten sei nicht mehr zeitgemäß und angesichts der immer zahlreicher vorkommenden Veranstaltungsinhalte mit sexuellen Elementen nicht angemessen, kann die Kammer durchaus ein gewisses Maß an Verständnis für diese Einschätzung aufbringen. Daraus folgt allerdings nicht die Verfassungswidrigkeit eines Steuertatbestandes, der Veranstaltungen mit erotischen Elementen einer Vergnügungssteuerpflicht unterzieht. Dem Gesetzgeber gebührt eine weitgehende Gestaltungsfreiheit in Bezug auf die Steuergesetzgebung (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 2015 - 9 C 22/14 -, juris Rn. 25). Dies gilt auch für den kommunalen Satzungsgeber. Es steht daher in dem weiten und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Satzungsermessen (Art. 28 Abs. 2 GG; Art. 57 Abs. 1 Niedersächsische Verfassung) der Beklagten, für die Inanspruchnahme welcher Dienstleistungen sie Vergnügungssteuern erhebt. Eine Überschreitung der Ermessensgrenzen, etwa bei einer willkürlichen und sachgrundlosen Besteuerung, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Es bleibt der Beklagten aber unbenommen, mit Blick auf die nachvollziehbaren Ausführungen der Klägerin in Zukunft eine Änderung ihrer Steuertatbestände vorzunehmen, weil das Verfassungsrecht sie keinesfalls zu einer solchen Besteuerung verpflichtet.

Soweit der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung weiter angeführt hat, die Vergnügungssteuerpflicht führe dazu, dass die Klägerin keinen Gewinn mehr mit ihren Veranstaltungen erziele, begründet dieses Vorbringen ebenfalls keinen Verfassungsverstoß. Es ist nicht ersichtlich, dass die Vergnügungssteuer mit ihrem Steuersatz von 20 % bei einer Kartensteuer (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 VStS) erdrosselnde Wirkung hat. Einer kommunalen Steuer kommt eine erdrosselnde Wirkung zu, wenn mit der Ausübung des in Rede stehenden Berufs in der Gemeinde infolge dieser Steuer nach Abzug der notwendigen Aufwendungen kein angemessener Reingewinn erzielt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. April 1971 - 1 BvL 22/67 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 2015 - 9 C 22/14 -, juris Rn. 16). Hierzu hat die Klägerin nichts an Substanz vorgetragen. Die - erstmals in der mündlichen Verhandlung geäußerte - Aussage ihres Geschäftsführers, ein Steuersatz in Höhe von 20 % führe dazu, dass die Klägerin keinen Gewinn erziele, ist ohne jede weitere Substantiierung geblieben. Es ist nichts dargetan worden, was für die Richtigkeit einer solchen Annahme spräche oder die Annahme rechtfertigen würde, bei einem Steuersatz in dieser Höhe könne kein Unternehmer gewinnbringend sein Gewerbe ausüben. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 9 C 12/08 -, juris Rn. 44). In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass die Vergnügungssteuer die finanzielle Leistungsfähigkeit der Sich-Vergnügenden erfassen soll und lediglich indirekt beim Veranstalter erhoben wird. Es liegt an ihm, die Steuer in seine Preisgestaltung einzubinden und so das Verbleiben eines angemessenen Reingewinns sicherzustellen.

II. In formeller Hinsicht ist der streitgegenständliche Vergnügungssteuerbescheid nicht zu beanstanden.

Einer Anhörung bedurfte es gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a NKAG i. V. m. § 91 Abs. 2 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) nicht, weil die Beklagte mit der Festsetzung den Angaben der Klägerin aus ihrer Steuererklärung vom 11. März 2022 gefolgt ist. Im Übrigen läge in dem Schreiben der Beklagten vom 18. Februar 2022 eine etwaig erforderliche Anhörung (§ 91 Abs. 1 Satz 1 AO), denn der Klägerin wurde mitgeteilt, dass ihre Veranstaltung als vergnügungssteuerpflichtig eingestuft werde, und sie hatte die Möglichkeit zur Stellungnahme.

Der von der Klägerin gerügte Begründungsmangel liegt nicht vor. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b NKAG i. V. m. § 121 Abs. 1 AO ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist. Dazu zählen alle Angaben tatsächlicher und rechtlicher Art, die dem Betroffenen ein Verständnis der getroffenen Maßnahme sowie eine inhaltliche Überprüfung ermöglichen. Hierzu gehören die maßgeblichen Tatsachen und die rechtlichen Grundlagen (vgl. anstatt vieler BeckOK AO/Füssenich, 26. Ed. 1. Oktober 2023, AO § 121 Rn. 24 m. w. N.). Diesen Anforderungen genügt der streitbefangene Bescheid. Insbesondere hat die Beklagte - entgegen der Behauptung der Klägerin - mit § 1 Nr. 1 der Vergnügungssteuersatzung die maßgebliche Rechtsgrundlage angegeben. Daneben hat sie ausgeführt, wie sie die Vergnügungssteuer im Falle einer Kartensteuer berechnet, von welchen Einnahmen sie ausgegangen ist und welchen Steuersatz sie angewendet hat. Ob es im Rahmen der Begründungspflicht von § 121 Abs. 1 AO auch erforderlich gewesen wäre, die Rechtsauffassung der Beklagten zur Vergnügungssteuerpflicht der Klägerin näher darzulegen, kann vorliegend dahinstehen, denn in jedem Fall ist durch die umfassenden Ausführungen im gerichtlichen Verfahren gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b NAKG i. V. m. § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO Heilung eingetreten.

III. Materiell-rechtlich ist der Bescheid der Beklagten jedoch rechtswidrig. Zwar liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen, für die im Stadtgebiet der Beklagten durchgeführte Veranstaltung der Klägerin eine Vergnügungssteuer festzusetzen, grundsätzlich vor (hierzu unter 1.). Allerdings hat die Beklagte die Höhe der Steuer zu hoch festgesetzt, sodass der hier streitgegenständliche Vergnügungssteuerbescheid rechtswidrig ist (dazu unter 2.).

1. Die besteuerte Veranstaltung der Klägerin unterfällt dem Vergnügungssteuertatbestand aus § 1 Nr. 1 VStS. Danach erhebt die Beklagte Vergnügungssteuer für die folgenden im Stadtgebiet durchgeführten Veranstaltungen gewerblicher Art: Veranstaltungen von Schönheitstänze, Table Dances, Schaustellung von Personen und Darbietungen ähnlicher Art. Bei der Veranstaltung der Klägerin handelt es sich um eine "Schaustellung von Personen" im satzungsrechtlichen Sinne.

a) Zur Begriffsbestimmung bringt die Kammer die gewerberechtlichen Maßstäbe zu § 33a GewO und die diesbezügliche Rechtsprechung zur Anwendung. Diese sind auf eine kommunale Satzungsbestimmung, die die "Schaustellung von Personen" der Vergnügungssteuer unterzieht, übertragbar (so auch VG Stade, Beschluss vom 14. August 2005 - 1 B 1024/05 - S. 5 EA, n. v.). Dafür spricht bereits der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Zwar verfolgt § 33a GewO mit seinem Erlaubnisvorbehalt für die gewerbliche Zurschaustellung von Personen eine andere Zielrichtung (Gefahrenabwehr im weiteren Sinne) als eine kommunale Vergnügungssteuer (Besteuerung des finanziellen Aufwandes). Dies schließt es allerdings nicht aus, die Rechtsbegriffe identisch auszulegen. Bedient sich ein kommunaler Satzungsgeber - wie hier - bereits vorhandener bundesrechtlicher Rechtsbegriffe, ist in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte für eine gegenteilige Auslegung anzunehmen, der Satzungsgeber möchte den von ihm verwendeten Begriff im bundesrechtlichen Sinne verstanden haben.

Eine Schaustellung von Personen erfordert demnach, dass die körperlichen Eigenschaften und Fähigkeiten von Menschen zur Schau gestellt werden, und zwar in geschlechtsbezogener Weise. Die Darstellung des Körpers muss im Mittelpunkt stehen und die sich darstellende Person muss aktiv hieran mitwirken (vgl. BeckOK GewO/Ennuschat, 59. Ed. 1. Juni2023, GewO § 33a Rn. 2; Landmann/Rohmer GewO/Marcks GewO § 33a Rn. 3, jeweils m. w. N.). Abzustellen ist neben dem objektiven Gesamteindruck auf die erkennbare Zielrichtung des Publikumsinteresses (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 9. September 1997 - 7 M 4301/97 -, juris Rn. 4). Eine anerkannte Fallgruppe der Schaustellung von Personen sind sog. Striptease-Shows (vgl. BeckOK GewO/Ennuschat GewO § 33a Rn. 5 m. w. N.; ähnlich auch BT-Drs. 18/8556, S. 33 u. 59, wonach sexuell konnotierte Darstellungen nicht unter das ProstG fallen, aber schon von § 33a GewO erfasst sind). Nach der Definition des Duden fällt unter den Begriff "Striptease" die Vorführung von erotisch stimulierenden Tänzen, bei denen sich die Akteure nach und nach entkleiden (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Striptease; ähnlich VG Leipzig, Urteil vom 7. Februar 2017 - 6 K 1910/14 -, juris Rn. 21 [Kunst der erotischen Entkleidung]). Auch hier kommt es darauf an, dass die Darstellung des menschlichen Körpers im Vordergrund steht, die die Blicke der Besucher auf sich ziehen soll (vgl. zu einem sog. Men-Strip: Nds. OVG, Beschluss vom 24. Oktober 2005 - 13 ME 283/05 -, S. 3 EA, n. v.). Es muss sich um eine Veranstaltung mit vorwiegend erotischem Charakter handeln. Dabei erweist sich eine rein quantitative Beurteilung, gemessen an den Zeitabschnitten, in denen sich die Darsteller entkleiden oder weitestgehend entkleidet auftreten, als in der Sache nicht angemessen, weil eine solche Betrachtungsweise außer Acht lässt, dass bereits das schrittweise Entkleiden eine erotische Wirkung erzielen soll. Entscheidend ist, dass nach dem Gesamteindruck die Veranstaltung von ihrem erotischen Charakter geprägt wird.

Zur Beurteilung, ob Veranstaltungen hierunter zu fassen sind, ist auf die Sichtweise eines verständigen objektiven Dritten abzustellen. Dabei hat sich die Klägerin auch und gerade daran messen zu lassen, wie sie ihre Veranstaltungen im Vorfeld beworben (so auch VG Leipzig, Urteil vom 7. Februar 2017 - 6 K 1910/14 -, juris Rn. 22 [zur Einordnung als eine dem Striptease ähnliche Darbietung]; VG Koblenz, Beschluss vom 20. März 2018 - 2 L 111/18.KO -, juris Rn. 19 [zur Einordnung als Tanzveranstaltung]) und welche Rezensionen sie sich durch die Wiedergabe auf ihrer Homepage zu Eigen gemacht hat. Denn wer eine Veranstaltung im Vorfeld unter anderem mit den enthaltenen erotischen Elementen bewirbt und basierend hierauf ein bestimmtes Publikum ansprechen möchte, darf sich wegen des Verbotes widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) nicht später darauf berufen, der Veranstaltungsinhalt werde in der Werbung und Selbstbeschreibung unrichtig dargestellt. Nichts Anderes gilt für wiedergegebene Rezensionen auf der Homepage.

Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet gewesen, die Umfrageergebnisse der Klägerin zur Grundlage ihrer Einschätzung zu machen, und durfte eine Steuerfestsetzung ohne vorherige Besichtigung der Veranstaltung der Klägerin treffen. Den eigenen Umfragen der Klägerin kommt allenfalls eine geringe Aussagekraft über den Veranstaltungsinhalt und den Showcharakter zu, da diese erkennbar suggestiv und einseitig sind ("Warum bist Du heute hier? A: für eine schöne Show & tollen Abend zu verleben; B: um mein Bedürfnis nach nackten Männern zu befriedigen").

Mit einem solchen Vorgehen hat die Beklagte auch nicht gegen ihre gesetzliche Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a NKAG i. V. m. § 88 Abs. 1 AO) verstoßen. Der Untersuchungsgrundsatz im verwaltungsbehördlichen Verfahren verpflichtet die Behörde, alle entscheidungserheblichen Sachverhaltsumstände aufzuklären. Art und Umfang der Ermittlungen stehen dabei in ihrem Ermessen (§ 88 Abs. 2 Satz 1 AO). Die Ermittlungsmaßnahmen und ihr Umfang richten sich nach den Umständen des Einzelfalls, der konkreten Aufklärungsbedürftigkeit und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Dabei darf die Steuerbehörde sich - gerade im Bereich der Massenverwaltung wie der kommunalen Steuererhebung - auch von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen (vgl. BFH, Beschluss vom 5. März 2007 - IX B 29/06 -, juris Rn. 3; BeckOK AO/Kobor, 26. Ed. 1. Oktober 2023, AO § 88 Rn. 32). Insbesondere können allgemeine Erfahrungen sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit bei der Entscheidung über die erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen berücksichtigt werden (§ 88 Abs. 2 Satz 2 AO). Vor diesem rechtlichen Rahmen ist es aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Veranstaltung der Klägerin nicht selbst besucht, um sich einen unmittelbaren Eigeneindruck zu verschaffen, sondern sich auf die Eigendarstellung der Klägerin bezogen hat. Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - die Beklagte erst nach Durchführung der Veranstaltung Kenntnis von dieser erlangt.

Auch das Verwaltungsgericht ist im Rahmen des Erkenntnisverfahrens trotz des Untersuchungsgrundsatzes und der damit einhergehenden Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO) nicht verpflichtet gewesen, die Veranstaltung der Klägerin im Rahmen einer Inaugenscheinnahme (§§ 96 Abs. 1 Satz 2, 98 VwGO i. V. m. §§ 371, 372 Zivilprozessordnung - ZPO) zu besuchen. Das ist bereits in tatsächlicher Hinsicht unmöglich, weil zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Klägerin ihre hier besteuerte Veranstaltung nicht mehr durchführt. Der Besuch einer aktuellen Veranstaltung - wie von dem Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angeregt - ist ungeeignet, taugliches Beweismittel über den Inhalt der besteuerten Veranstaltung zu sein. Dies gilt umso mehr, sollte die Behauptung des Geschäftsführers zutreffen, das Veranstaltungskonzept der Klägerin habe sich gewandelt und die neusten Shows seien mit den zurückliegenden nicht vergleichbar.

Daneben war eine solche Form der Inaugenscheinnahme rechtlich entbehrlich, weil sich nach Einschätzung der Kammer durch die zu den Akten gereichten und von Amts wegen ermittelten Lichtbilder, Videos und Auszüge der Showbeschreibungen ein hinreichender Eindruck von der Veranstaltung und ihren tatsächlich sowie rechtlich relevanten Besonderheiten entnehmen lässt (vgl. hierzu Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 96 Rn. 6).

b) Ausgehend von diesen Maßstäben hat die Beklagte die Veranstaltung der Klägerin in ihrem Stadtgebiet rechtsfehlerfrei als "Schaustellung von Personen" und damit als vergnügungssteuerpflichtig eingestuft.

Die Klägerin bewirbt ihr Veranstaltungsprogramm auf ihrer Homepage zunächst generell damit, dass es die "heißeste Show Europas" sei und "die klassische Stripshow neu & aufregend verpackt" umfasse. Weiter führt sie an, es gäbe "Erotik nicht nur fürs Auge, sondern auch für die Ohren. Die Jungs entführen euch in eine unglaublich heiße Traumwelt. Aber Achtung: Beim Anblick der stählernen Körper und hotten Dance-Moves wird euch garantiert die ein oder andere Hitzewelle überkommen." Ebenso gibt die Homepage Rezensionen mit den Inhalten "Sehr heiße Männer, die supersexy tanzen können. Ein Traum für die Damenwelt"; "Die Jungs sind der pure Wahnsinn. Frauenherzen schlagen höher ..."; "Frauenträume werden wahr. [..] "; "Geil und niveauvoll ... Hingucker absolut empfehlenswert" wieder.

Damit werden die Veranstaltungen von der Klägerin offen mit erotischen Inhalten beworben. Zugleich macht sie sich entsprechende Rezensionen von Besuchern, die den Veranstaltungsinhalten einen erotische Charakter zusprechen und zum Ausdruck bringen, deshalb die Veranstaltungen besucht zu haben, durch die Wiedergabe auf ihrer Homepage zu Eigen. Der Kammer ist bewusst, dass die Klägerin auch zu ihrem Veranstaltungsprogramm ausführt, es handele sich um eine "artistische Show" mit "Adrenalin, jede Menge Wow-Effekte[n] und Gänsehautmomente[n]" und andere Rezensionen auf ihrer Homepage neutraler gefasst sind ("Mega show, tolle Jungs [...]"). Gleichwohl ergibt sich bereits aus dem Eigenauftritt im Internet, dass die Klägerin explizit mit den erotischen Inhalten kokettiert und diese insgesamt deutlich in den Vordergrund rückt, während informativ deskriptive Ausführungen zu den inhaltlichen Elementen (Handlung und Motiv) vollständig fehlen. Zwar mag diese Selbstdarstellung teilweise überspitzt und pointiert sein, dies betrifft nach Ansicht der Kammer aber nicht den prägenden Charakter und Inhalt der Show, sondern trifft allenfalls auf erkennbare Übertreibungen wie "heißeste Show Europas" zu. Anhaltspunkte dafür, dass sich das Showprogramm in erheblicher Weise anders darstellt als im Vorfeld beworben, sind weder substantiiert vorgetragen worden noch sonst erkennbar.

Diese Selbstdarstellung der Klägerin spiegelt sich auch in der medialen Berichterstattung wider. Bereits im Vorfeld hat das N. die Veranstaltung ausdrücklich als "Live-Erotik" beworben, die die "frivolsten Frauenträume" wahr werden lasse. Die Darsteller seien "gutaussehende Männer, die nichts lieber [täten], als sich für [die Besucher] auszuziehen, [...] zu tanzen und [...] den heißesten Abend [ihres] Lebens zu bescheren!" Auch die Richtigkeit dieser Darstellungen hat die Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Ihr Geschäftsführer hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung lediglich angeführt, die Werbetexte kämen nicht von der Klägerin, und bei dem K.-Ticket Portal handele es sich nicht um einen offiziellen Reseller. Dies hält die erkennende Kammer für unschädlich. Vielmehr wird hierdurch gerade umso deutlicher, dass diese Beschreibung die eines Dritten ist, der die Veranstaltungsinhalte der Klägerin als vorwiegend erotisch auffasst und basierend hierauf beabsichtigt, Karten zu verkaufen.

Die erotischen Elemente ihrer Veranstaltungen hat die Klägerin nicht ernstlich bestritten und auch nicht behauptet, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Werbevideos zu den beiden Touren gäben ein unzutreffendes Bild von den Veranstaltungen wieder, sondern sich darauf zurückgezogen, ihre Veranstaltungen würden einem Theater oder Musical gleichen. Soweit hierzu ihr Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, die Veranstaltungen hätten eine Handlung, sind weitergehende Darlegungen unterblieben, aus denen sich ergeben hätte, dass im Kern eine bestimmte Geschichte erzählt werde, die lediglich mit erotischen Elementen angereichert werde. Hierin liegt nach Ansicht der erkennenden Kammer zugleich ein wesentlicher Unterschied zu dem von der Klägerin erwähnten Musical "Chicago". In der von der Klägerin zu den Gerichtsakten gereichten Presseinformation der O. GmbH zu diesem Broadway-Musical wird zwar auch von den erotischen Inhalten berichtet ("Liebe, Lüge, Leidenschaft: Mit CHICAGO kommt eines der heißesten und erfolgreichsten Musicals aller Zeiten [...] nach Deutschland"; "undurchsichtig und prall gefüllt mit Liebe, Verrat, Rivalität und jeder Menge Sexappeal!"), aber vor allem auf die Handlungselemente abgestellt ("Das Musical spielt in den 1920er-Jahren in der Gangsterstadt Chicago und basiert auf wahren Begebenheiten. Es ist die Geschichte von Roxie Hart, einer Nachtklubsängerin, die kurzerhand ihren Liebhaber erschießt, als dieser sie verlassen will. Roxie landet hinter Gittern und trifft dort auf die berühmt-berüchtigte Doppelmörderin und Tänzerin Velma Kelly. Um einer Verurteilung zu entgehen, engagieren die beiden Frauen den gewieften Anwalt Billy Flynn. Er vermarktet ihre Verbrechen in der Boulevard-Presse und sorgt für Schlagzeilen - woraus sich ein raffiniertes, emotionales Dreiecksspiel um große Liebe, Ruhm und Reichtum entwickelt, ausgelöst durch Eifersucht, Gier und Missgunst"). Im Übrigen ist der Kammer weder bekannt, ob für die Aufführung des Musicals "Chicago" Vergnügungssteuer festgesetzt worden ist - zumal keine Aufführung im Stadtgebiet der Beklagten stattfand und in anderen Kommunen anderes Satzungsrecht gilt -, noch könnte die Klägerin aus einer gegebenenfalls rechtswidrig unterbliebenen Steuerfestsetzung Rechte herleiten. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. September 2009 - 6 A 1/08 -, juris Rn. 49 m. w. N.).

Auch der von der Klägerin gezogene Vergleich zu Nacktszenen in Theater und Film, die - vermeintlich - immer häufiger anzutreffen sind, geht fehl. Denn bei den Veranstaltungen der Klägerin steht die erotische Wirkung eindeutig im Vordergrund, während sie jedenfalls in den klassischen Theater- und Filmvorführungen allenfalls "Beiwerk" ist. Das zeigt sich nicht zuletzt auch an der Dauer und Häufigkeit von etwaigen Nacktszenen, die bei den Veranstaltungen der Klägerin einen nicht unwesentlichen Teil ausmachen, während sie sich in Theater und Film regelmäßig auf einige wenige Einstellungen beschränken. An der erotischen Gesamtausrichtung der Veranstaltungen und ihrer Klassifizierung als "Striptease" bzw. "Schaustellung von Personen" bestehen daher keine Zweifel.

Der Kammer ist bewusst, dass die Konzeption der Veranstaltungen einen langen Zeitraum in Anspruch nehmen kann und die Shows mit einem hohen Maß an Professionalität geplant und durchgeführt werden. Hierzu steht es aber nicht im Widerspruch, die Veranstaltungen als "Striptease" bzw. "Schaustellung von Personen" einzustufen, weil mit dieser Klassifizierung keine Abwertung einhergeht und den Shows ihr professionaler Charakter nicht abgesprochen wird. Gerade mit Hilfe der professionellen Darbietung von Gesang und Tanz sowie einer ausgefeilten Choreografie wird die erotische Wirkung der Show eher noch verstärkt. Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob sich die männlichen Darsteller vollständig entkleiden. Der erotische Charakter kann auch durch (vermeintlich) verführerische Kleidungsstücke oder sexuell konnotierte Posen und Bewegungen erzeugt werden. Das Maß an Aufwand und Professionalität auf Seiten der Klägerin ist für die zu entscheidende Frage zudem nicht erheblich, weil sich die Vergnügungssteuerpflicht nicht nach dem Aufwand für die Vorbereitung und die Durchführung der Veranstaltung beurteilt, sondern allein nach dem Inhalt der Veranstaltung und dessen Schwerpunkt (ähnlich VG Leipzig, Urteil vom 7. Februar 2017 - 6 K 1910/14 -, juris Rn. 22).

Ebenso wenig steht einer Einordnung der Veranstaltungen der Klägerin als "Striptease" bzw. "Schaustellung von Personen" entgegen, dass die A-Stadter Finanzverwaltung - vorgeblich - die aus den in dem A-Stadt "Theater" generierten Umsätze als "Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler" im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst a. Umsatzsteuergesetz (UStG) eingestuft hat. Zunächst einmal hat die Klägerin diese Behauptung im Klageverfahren nicht weiter belegt, überdies würde eine solche umsatzsteuerrechtliche Einordnung die Beklagte nicht binden. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass es sich um zwei unterschiedliche Träger hoheitlicher Gewalt handelt, zum anderen daraus, dass es sich bei der bundesrechtlichen Umsatzsteuer und der kommunalen Vergnügungssteuer um zwei unterschiedliche Regelungsmaterien handelt, die keineswegs zwingend identisch beurteilt werden müssen.

Schließlich verletzt die Vergnügungssteuerpflicht die Klägerin nicht in ihrer grundgesetzlich geschützten Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG. Geschützt werden "Werk- und Wirkbereich", also die künstlerische Betätigung an sich sowie die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerkes (vgl. grundlegend BVerfG, Beschluss vom 24. Februar 1971 - 1 BvR 435/68 -, juris Rn. 49). Dieser Schutzgüter werden durch eine Besteuerung der künstlerischen Betätigung per se nicht beeinträchtigt. Weder greift die Steuerpflicht in die inhaltliche Gestaltung (Werkbereich) ein, noch behindert sie die Verbreitung und Zugänglichmachung für andere (Wirkbereich).

Ohne dass es im hiesigen Verfahren entscheidend wäre, merkt die Kammer mit Blick auf das Vorbringen des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, inzwischen habe sich der Showcharakter weiterentwickelt, und es würden immer mehr die Akrobatik und Choreografie sowie die Handlung im Vordergrund stehen, an, dass mit dieser Entscheidung keine Aussage darüber getroffen wird, ob alle (zukünftigen) Veranstaltungen der Klägerin stets als "Striptease" zu klassifizieren sind. Es steht der Klägerin frei, unter (vorheriger) Darlegung ihres Showprogramms die Elemente ihrer Veranstaltungen in den Vordergrund zu stellen, die ihrer Ansicht nach das Programm prägen, und so gegebenenfalls eine Vergnügungssteuerpflicht zu vermeiden.

2. Die Beklagte hat allerdings die Höhe der Vergnügungssteuer mit durchgreifenden Rechtsfehlern bestimmt. Indem sie die von der Klägerin im Zusammenhang mit der Veranstaltung an die Besucher ausgehändigten Kalender nicht in Abzug gebracht hat, hat sie eine Leistung besteuert, für die ihr die Vergnügungssteuersatzung keine Kompetenz einräumt.

a) Bei der Vergnügungssteuer handelt es sich um eine sog. indirekte Steuer. Sie wird beim Veranstalter erhoben, zielt als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG aber darauf ab, die im Ergebnis mit der Einkommensverwendung für ein Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen zu erfassen. Damit beruht sie auf dem Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann (vgl. bereits BVerfG, Teilurteil vom 10. Mai 1962 - 1 BvL 31/58 -, juris Rn. 12). Besteuert werden soll also der Aufwand des Sich-Vergnügenden. Zwar ist dem bundesrechtlichen Aufwandsbegriff aus Art. 105 Abs. 2a GG nicht zu entnehmen, dass bei einer als Kartensteuer erhobenen Vergnügungssteuer aus dem Eintrittspreis für eine vergnügungssteuerpflichtige Veranstaltung stets jede Teilleistung herausgerechnet werden muss, die als solche isoliert betrachtet nicht vergnügungssteuerpflichtig ist. Die Gemeinde ist durch Bundesrecht allerdings auch nicht gehindert, im Rahmen des ihr übertragenen Steuererhebungsrechts den Maßstab so zu gestalten, dass bei der Berechnung des vergnügungssteuerpflichtigen Aufwands solche Aufwendungen des Veranstaltungsbesuchers außer Betracht bleiben, die auf vergnügungssteuerfreie Leistungen entfallen, sofern dadurch der Besteuerungsgegenstand nicht verfehlt wird und eine gleichmäßige Besteuerung gewährleistet bleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2004 - 9 C 3/03 -, juris Rn. 27 f.).

Diesen Ansatz verfolgt auch die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VStS ist Bemessungsgrundlage bei der Kartensteuer grundsätzlich die Summe aller auf den ausgegebenen Karten oder sonstigen Ausweisen angegebenen Preise. Sie ist nach dem tatsächlichen Entgelt zu berechnen, wenn dies nachweisbar höher oder niedriger ist (§ 6 Abs. 1 Satz 2 VStS). Entgelt ist dabei die gesamte Vergütung, die für die Teilnahme an der Veranstaltung gefordert wird, und umfasst auch eine etwaige Vorverkaufsgebühr (§ 6 Abs. 1 Sätze 3 und 4 VStS). Sind in dem auf der Karte angegebenen Preis oder in dem Entgelt Beträge für Speisen oder Getränke enthalten, so sind diese Beträge nach den in den Betrieben vergleichbarer Art üblichen Sätzen außer Ansatz zu lassen (§ 6 Abs. 1 Satz 5 VStS). Ausdrücklich erfasst die Verrechnungsklausel in § 6 Abs. 1 Satz 5 VStS nur im Entgelt enthaltene Speisen und Getränke; die Verrechnungsklausel ist jedoch bei sinngemäßer Auslegung nicht hierauf zu beschränken. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 VStS berechnet sich die Vergnügungssteuer nach dem tatsächlichen Entgelt (für die zu besteuernde Veranstaltung); es ist also nicht allein maßgeblich, welcher Eintrittspreis auf der Karte vermerkt ist. Nachweislich niedriger im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 VStS ist das Entgelt für die besteuerte Veranstaltung, wenn mit dem Entgelt auch Zugang zu einer weiteren Leistung gewährt wird, die selbst nicht steuerpflichtig ist. Dem Zusammenspiel der beiden Normen ist daher zu entnehmen, dass der tatsächliche wirtschaftliche Aufwand für die zu besteuernde Veranstaltung erfasst werden soll. Ein "wortlautgläubiges" Verhaften an § 6 Abs. 1 Satz 5 VStS und der alleinigen Anrechnung von im Eintrittspreis enthaltenen Speisen und Getränken würde zudem eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) gegenüber sonstigen im Eintrittspreis enthaltenen nicht steuerbaren Nebenleistungen darstellen. Dies rechtfertigende Sachgründe sind nicht erkennbar.

b) Von diesem rechtlichen Rahmen ausgehend hätte die Beklagte den Wert der Jahreskalender mit dem nominellen Eintrittspreis der Veranstaltungskarten verrechnen müssen.

Bei den Jahreskalendern handelt es sich nicht um steuerbare Leistungen im Sinne der Vergnügungssteuersatzung. Als nicht steuerbare Nebenleistungen schmälern sie den im Eintrittspreis enthaltenen Wertanteil des Vergnügungsaufwandes, wenn es sich bei typisierender Betrachtungsweise um eine von den Konsumenten der Hauptleistung erwartungsgemäß vielfach nachgefragte Zusatzleistung handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2004 - 9 C 3/03 -, juris Rn. 30). Diese Voraussetzung liegt in Bezug auf den Kalender vor. Mit Blick auf das Motiv des Kalenders (die männlichen Darsteller der Shows) werden Gäste der Veranstaltung der Klägerin diesen vielfach ebenfalls nachfragen. Keinesfalls kann angenommen werden, dass den Gästen der Kalender gar unerwünscht ist und sein Erwerb nur in Kauf genommen wird, um die eigentliche Veranstaltung der Klägerin zu besuchen. Daneben hat die Klägerin die Zugabe eines solchen Kalenders bei Erwerb der Eintrittskarte angekündigt, wie die von der Klägerin vorgelegte Buchungsmaske zeigt. Dass dies nur dezent und in Gestalt eines "Logos" neben den Emblemen von Veranstaltungssponsoren erfolgt ist, ist unerheblich. Der Eintrittskarte kann aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters ohne Weiteres der Hinweis auf die Zugabe des Kalenders entnommen werden. Die Kalender sind auch kein sog. "versteckter Eintritt", der also bereits im Kartenpreis mitinbegriffen und quasi "eingepreist" ist, sondern eine echte Freigiebigkeit der Klägerin. Denn nach den unstreitig gebliebenen Ausführungen der Klägerin kosteten die Karten in den beiden günstigsten Kategorien 34,90 EUR bzw. 29,90 EUR. Da die Klägerin ihren beigefügten Kalender ebenfalls unstreitig für 24,95 EUR im Online-Shop verkauft hat, ist nicht anzunehmen, dass sie den Eintrittskarten zu ihrer Veranstaltung nur einen Wert von 9,95 EUR bzw. 4,95 EUR beigemessen hat.

Da die Beklagte die demnach vorzunehmende Verrechnung mit dem Wert der Kalender nicht durchgeführt hat, hat sie eine unzutreffende Bemessungsgrundlage ermittelt. Diese Rechtsverletzung führt zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Eine grundsätzlich mögliche Teilaufhebung (vgl. das "soweit" in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) scheidet hier aus, da die Kammer daran gehindert ist, eine eigene Verrechnung durchzuführen. Diese würde eine Schätzung des Wertes des Kalenders zum Zeitpunkt der Veranstaltung erfordern. Zu einer eigenständigen Schätzung gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b NKAG i. V. m. § 162 Abs. 1 AO ist das Verwaltungsgericht aber nicht befugt, da ihm diese Normen - anders als § 96 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung den Finanzgerichten - keine Schätzungsbefugnis einräumen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 19. Dezember 2018 - 9 LA 48/18 -, juris Rn. 31). Das Verwaltungsgericht kann nur eine bereits durchgeführte Schätzung der steuererhebenden Kommune hinsichtlich der gewählten Methode sowie des Ergebnisses überprüfen und bei Fehlern in der Höhe korrigieren (so auch schon Nds. OVG, Urteil vom 28. Februar 2018 - 9 LC 217/16 -, juris Rn. 87). An einer überprüfbaren Schätzungsentscheidung der Beklagten mangelt es hier aber, da diese davon ausgegangen ist, eine Verrechnung komme nicht in Betracht. Auch die im gerichtlichen Verfahren erfolgten Ausführungen des Beklagten, jedenfalls sei nicht der volle Verkaufswert anzusetzen, sind zu unspezifisch, um als eine durch das Verwaltungsgericht überprüfbare Schätzung eingestuft werden zu können.

Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 154 Abs. 1 VwGO, bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 709 Satz 2 analog, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).