Amtsgericht Göttingen
Urt. v. 11.06.2010, Az.: 74 IN 270/04
Bibliographie
- Gericht
- AG Göttingen
- Datum
- 11.06.2010
- Aktenzeichen
- 74 IN 270/04
- Entscheidungsform
- Zwischenurteil
- Referenz
- WKRS 2010, 48058
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 383 Abs 1 Nr 1 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Beruft sich eine Zeugin auf ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO und ist über fünf Jahre nach dem Verlöbnis noch keine Eheschließung erfolgt, ist davon auszugehen, dass ein Verlöbnis und damit ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht (mehr) besteht.
Tenor:
Die Berufung der Zeugin U. auf ein Zeugnisverweigerungsrecht wird für unrechtmäßig erklärt.
Die Kosten des Zwischenverfahrens trägt die Zeugin.
Gründe
I. Die Zeugin und der Schuldner bewohnten in der Vergangenheit gemeinsam eine Wohnung. Im Verlaufe des Insolvenzeröffnungsverfahrens berief sich der Schuldner darauf, in Frankreich wohnhaft zu sein. Mit inzwischen rechtskräftigem Beschluss vom 01.05.2008, im Hinblick auf die Auslandsberührung ergänzt am 04.08.2008, wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Wegen Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten ergingen gegen den Schuldner sowohl im Eröffnungsverfahren als auch im eröffneten Verfahren bislang nicht vollzogene Haftbefehle.
Die Zeugin erschien nicht zu dem vom Insolvenzgericht bestimmten Termin zur Beweisaufnahme darüber, wo der Schuldner sich aufhalte und über welche Vermögenswerte er verfüge. Gegen einen Ordnungsgeldbeschluss vom 09.06.2005 gem. § 380 ZPO legte sie Beschwerde ein mit der Begründung, sie sei mit dem Schuldner verlobt. In der Eidesstattlichen Versicherung der Zeugin vom 14.06.2005 heißt es wörtlich: "Am 12.Mai 2005 habe ich mich mit Herrn H. verlobt. Wir stehen uns seit vielen Jahren in enger partnerschaftlicher und eheähnlicher Verbundenheit sehr nahe. An unserem Verlobungstag haben wir uns ein wechselseitiges ernsthaftes Eheversprechen gegeben." .Nach Nichtabhilfe durch das Insolvenzgericht gab das Landgericht der sofortigen Beschwerde statt (Beschl. v. 12.07.2005 -10 T 79/05).
Am 25.05.2010 hat der Insolvenzverwalter eine erneute Zeugenvernehmung beantragt zur Erlangung von Anhaltspunkten für das Bestehen von Vermögenswerten mit der Begründung, nach seinem Kenntnisstand sei eine Heirat nicht erfolgt. Es bestünden Zweifel, ob ein ernsthaftes Eheversprechen abgegeben worden sei; zumindest müsse angezweifelt werden, ob das Verlöbnis nach wie vor bestehe.
Die mit Aufgabe zur Post am 27.05.2010 auf den11.06.2010 geladene Schuldnerin hat mit Anwaltsschriftsatz vom 10.06.2010 erklären lassen, sie sei weiterhin verlobt. Weiter heißt es: "Dass Frau U. und Herr H. bisher nicht heirateten, berechtigt definitiv nicht, das Verlöbnis in Zweifel zu ziehen und erklärt sich im übrigen aus der insgesamt schwierigen Situation."
II. Über die Rechtmäßigkeit der Zeugnisverweigerung ist durch Zwischenurteil zu entscheiden (§ 4 InsO i.V.m. § 387 Abs. 1 ZPO). Ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO steht der Zeugin nicht zu.
Ein Verlöbnis (§ 1297 BGB) setzt ein ernsthaftes und noch bestehendes Eheversprechen voraus (Zöller/Greger ZPO § 383 Rz. 8). Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Die Zeugin hat nicht glaubhaft dargelegt, dass ein Verlöbnis noch besteht. Eine Verlobungsdauer von mehr als fünf Jahren ist ungewöhnlich. Die Verlobten haben nach Angaben der Zeugin zudem bereits zuvor viele Jahre in "eheähnlicher Verbundenheit" verbracht. Eine nicht näher erläuterte "insgesamt schwierige Situation" genügt bei dieser Sachlage als Erklärung keinesfalls.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.