Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 26.09.2005, Az.: 1 A 86/05
aktueller Leistungsnachweis; Befähigungsbeurteilung; Beurteilungsbeitrag; Gesamturteil; Kontrolldichte; Leistungsbewertung; Leistungsnachweis; Plausibilisierungslast; Plausibilisierungslast des Dienstherrn; Verfahrensmangel; Voreingenommenheit
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 26.09.2005
- Aktenzeichen
- 1 A 86/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 50795
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG - 06.06.2008 - AZ: 5 LA 270/05
Rechtsgrundlagen
- § 40 BLV
- § 41 BLV
Tatbestand:
Der Kläger - Regierungshauptsekretär bei der BGSA U. im mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst - wendet sich gegen einen „Aktuellen Leistungsnachweis“ zum Stichtag 1. Mai 1999, der den Beurteilungszeitraum 1. Mai 1998 bis 30. April 1999 umfasst.
Er erhielt zunächst am 10. August 1999 einen „Aktuellen Leistungsnachweis“ für den gen. Beurteilungszeitraum, in dem seine Leistungen mit der Note 7 - übertrifft die Anforderungen - bewertet wurden. Seine dagegen gerichtete Klage 1 A 54/00 wurde durch einen Vergleich v. 10. Februar 2003 abgeschlossen, der folgenden Inhalt hatte:
„Die Beklagte wird den Kläger zum Stichtag 1. Mai 1999 unter Berücksichtigung der bisher vorgetragenen Ungereimtheiten des Verfahrens neu beurteilen.“
In diesem Verfahren war von der Beklagten vorgetragen worden, zuständiger Erstbeurteiler zum 1. Mai 1998 sei ROAR E. gewesen. Sein Nachfolger sei (erst) ab 1. Oktober 1998 RAR F. gewesen, der jedoch längerfristig krank gewesen sei, so dass sein Vertreter RAR G. gem. ständiger Übung des GSP Nord die Funktion des Erstbeurteilers (als Abwesenheitsvertreter) wahrgenommen habe.
Am 16. Juli 2003 erhielt der Kläger einen neuen „Aktuellen Leistungsnachweis“ vom 26. Juni 2003 zum Stichtag 1. Mai 1999 (Zeitraum: 1.5.98 -30.4.99), verfasst von RAR H. als Erstbeurteiler und PD I. als Zweitbeurteiler, der wiederum - wie zuvor - mit der Gesamtnote 7 Punkte endete. Die dagegen nach einem erfolglosen Widerspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg: Die Beklagte wurde verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut einen „Aktuellen Leistungsnachweis“ zu erstellen (Urteil der Kammer v. 23.6.2004 - 1 A 741/03 -, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird).
Die Beklagte kam dieser Verpflichtung nach und erstellte am 2. September 2004 erneut einen „Aktuellen Leistungsnachweis“ für den Zeitraum 1. Mai 1998 bis 30. April 1999, der nunmehr von RAR G. als Erstbeurteiler und PD I. als Zweitbeurteiler verfasst wurde. Der Nachweis endete wiederum mit der Gesamtnote 7 Punkte. Hierbei wurde sowohl ein - nachträglich am 17. August 2004 verfasster - Beurteilungsbeitrag von RAR i.R. F. berücksichtigt als auch ein solcher des RA J. vom 19. September 2003, der ab Mitte Januar 1999 unmittelbarer Dienstvorgesetzter des Klägers war. Eine danach noch verbleibende Beurteilungslücke von 5 Wochen sah der Erstbeurteiler RAR K. durch seine eigenes Werturteil als stellv. Verwaltungsleiter gedeckt, was er auch für den Zeitraum in Anspruch nahm, für den RA J. einen Beitrag abgegeben hatte. Zur Begründung führte der Erstbeurteiler u.a. aus.
Im Falle einer Kontinuität dieses dokumentierten Leistungsbildes bzw. einer Leistungssteigerung - ... - ist, wie bereits erwähnt, die künftige Vergabe einer höheren Gesamtnote durchaus möglich.“
Abschließend wurde im Leistungsnachweis bemerkt,
„Die jeweiligen Bewertungskomponenten des von ROAR a.D. E. erstellten Beurteilungsbeitrages sind - projiziert auf den zu beachtenden 4-monatigen Zeitraum (01.05.98 - 31.08.98) - angemessen in diesen neu zu erstellenden AL mit eingeflossen.“
Zur Begründung seiner am 18. März 2005 - vor Ergehen des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2005 - zunächst als Untätigkeitsklage erhobenen, dann als Verpflichtungsklage fortgeführten Klage trägt der Kläger vor, der nunmehr erstellte Leistungsnachweis sei von RA L. und nicht von RAR G. gefertigt worden, wie der Erstbeurteiler bei dessen Aushändigung erklärt habe. Weiterhin bestünden immer noch Beurteilungslücken (1. bis 30.9.1998 sowie 5.1. bis 10.1.1999). Nicht nachvollziehbar sei die vergebene Note auch deshalb, weil es keinen Leistungsabfall ab Herbst 1998 gegeben habe und schon aus der Begründung des jetzt gefertigten Leistungsnachweises geschlossen werden könne, die gezeigten Leistungen rechtfertigten - bei ihrer Stabilisierung - bereits die Note 8. Der Beitrag RAR i.R. F. sei ohne weitere Begründung nur begrenzt verwertbar, weil er zum Jahresende 1998 nur zeitweise anwesend und im Übrigen erkrankt gewesen sei. Hinsichtlich des Beitrages von RA J. seien die im Urteil der Kammer vom 23. Juni 2004 dargelegten Zweifel nicht ausgeräumt. Der Beitrag sei eindeutig ergebnisorientiert gefertigt worden. Letztlich sei es fehlerhaft, einen Leistungsnachweis zu erstellen, ohne zuvor von ROAR a.D. E. eine dienstliche Stellungnahme dazu einzuholen, weshalb er in seinem Beitrag von der Bewertung anderer abweiche.
Ergänzend bezieht sich der Kläger auf ein Schreiben des ROAR a.D. E. vom 28. Mai 2005 an das Grenzschutzpräsidium Nord, das er zum Gegenstand seines Klagevortrages macht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides des Grenzschutzpräsidiums Nord vom 23. März 2005 zu verurteilen, über den Kläger zum Stichtag 1. Mai 1999 für den Zeitraum vom 1. Mai 1998 bis 30. April 1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut einen „Aktuellen Leistungsnachweis“ zu erstellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide und ist der Auffassung, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass an der Leistungs- und Maßstabsgerechtigkeit der Beurteilung gezweifelt werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger wird durch den „Aktuellen Leistungsnachweis“ zum 1. Mai 1999 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid in seinen Rechten verletzt, § 113 VwGO. Er hat Anspruch auf eine Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
1. Die Kontrolldichte der Verwaltungsgerichte ist mit Blick auf die dem Dienstherrn zustehende Beurteilungsermächtigung (Kellner, DÖV 1969, 309) eingeschränkt, wie das in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt ist (vgl. u.a. BVerwG, ZBR 1981, 197 u. 315 [BVerwG 02.04.1981 - BVerwG 2 C 13.80]). Allerdings können die Verwaltungsgerichte neben Verfahrensverstößen das Einhalten gesetzlicher Vorgaben, die Vollständigkeit der Beurteilungsgrundlagen, das Beachten allgemeingültiger Wertmaßstäbe und den Einfluss sachfremder Erwägungen kontrollieren (Schnellenbach, NJW-Schriften 40, 5. Aufl. 2001, Rdn. 477 ff. m.w.N.). Hier ist der Aktuelle Leistungsnachweis vom 2. September 2004, der eine Beurteilung darstellt, in verwaltungsgerichtlich zugänglichen Kontrollbereichen zu beanstanden.
2. In der Sache hat die Klage deshalb Erfolg, weil die Vergabe der Notenstufe 7 nicht plausibel und angesichts der Gesamtumstände nicht nachvollziehbar ist.
Die Beklagte ist im vorliegenden Fall nach wie vor nicht ihrer dienstherrlichen Plausibilisierungslast gerecht geworden ist (OVG Saarlouis, DÖD 2000, 65 mwN.). Das hier zur Rede stehende Gesamt-(Wert-)-Urteil mit der Notenstufe 7 ist von der Beklagten für den maßgebenden Beurteilungszeitraum nicht in der rechtlich gebotenen Weise verifiziert und nachvollziehbar gemacht worden (vgl. BVerwGE 60, 245 / 249 f.; OVG NW, ZBR 1975, 90/91; Bieler, Die dienstliche Beurteilung, 3. Aufl. 2000, Rdn. 91). Denn aus einer Summe von Einzel- bzw. Teilbewertungen und -beobachtungen ist grundsätzlich ein adäquates, rational nachvollziehbares Gesamturteil zu bilden, das mit der Darstellung der Gesamtpersönlichkeit harmonisch in Einklang zu bringen ist. Es darf auf keinen Fall eine nur „formelhafte Behauptung“ bleiben (BVerwG, aaO, S. 251), die mit „allgemeinen Ausführungen“ (BVerwG, aaO., S. 253) belegt wird. Für die Vergabe der Wertungsstufe 7 hätten sich also die Leistungen des Klägers während des gesamten, von der Beklagten hier beurteilten Zeitraums (1. Mai 1998 bis 30. April 1999) insgesamt nachvollziehbar und vor allem in sich widerspruchsfrei als solche darstellen müssen, die mit 7 Punkten zu bewerten sind. Das ist jedoch nicht der Fall.
2.1 Es bestehen nach wie vor (vgl. dazu schon Urteil der Kammer v. 23. Juni 2004 - 1 A 741/03 -) erhebliche Zweifel daran, dass die beiden nunmehr im vorliegenden Fall zuständig gewordenen Beurteiler - RAR G. (anstelle von RAR M.) und PD I. - den Zeitraum vom Mai 1998 bis August 1998, als der Kläger noch von ROAR E. beurteilt wurde, in der sachlich gebotenen Weise (anerkennend) gewichtet, einbezogen, mitberücksichtigt und gewürdigt haben.
Eigene Kenntnisse konnten sie hinsichtlich dieses Zeitraums nicht haben, da insoweit ausdrücklich ein Beurteilungsbeitrag des ROAR E. zu den Akten genommen worden ist und der „neue“ Leiter der Verwaltung, RAR M., den Kläger aus der Zeit, die zur Rede steht, überhaupt nicht kennen konnte. Sein Stellvertreter - RAR G. - nimmt ebenfalls nicht in Anspruch, den Kläger aus dieser Zeit zu kennen und beurteilen zu können. Inwieweit der Zweitbeurteiler PD I. den Kläger und seine Tätigkeit kannte, ist unklar. Jedoch können dessen eigene Kenntnisse nicht sehr weit reichen, weil bei Eröffnung der Regelbeurteilung im August 1998 noch PD N. als Abteilungsführer ausgewiesen ist, also auch der Zweitbeurteiler nur auf Erkenntnisse Fremder zurückgreifen konnte.
Aus den Vorgängen ist nicht erkennbar, dass der unstreitig sehr positive Beurteilungsbeitrag des ROAR E. inhaltlich tatsächlich herangezogen und gemäß seiner positiven Aussagen zu den Befähigungen und Leistungen des Klägers von den zuständigen Beurteilern gewürdigt und verwertet worden wäre, so wie das nach intersubjektiv anerkannten Bewertungsstandards erforderlich ist: Was für die Bildung der Gesamtnote aus den Einzelnoten der Leistungsmerkmale gilt (5.5.1 BeurtlgRLBGS), das gilt selbstverständlich erst recht im Falle der Einbeziehung eines Beitrages für einen längeren Zeitraum: Unter „Würdigung der Gewichtung und des Gesamtbildes“ ist bei Beachtung des „Einklanges“ (5.5.2 aaO.) verschiedener Beurteilungskomponenten eine beurteilungsrechtlich nachvollziehbare Gesamtnote zu bilden. Ein solcher Ein- und Zusammenklang ist hier nicht erkennbar.
In der Leistungsbewertung dieses Beurteilungsbeitrags des ROAR E. sind nur 2 Merkmale mit 7 Punkten bewertet worden, alle anderen mit 8 oder sogar 9 Punkten (sogar 8-mal). In der Begründung heißt es:
„RHS O. hat seine bisherigen guten dienstlichen Leistungen weiterhin stark verbessert. Er ist bei der Umstellung der Bekleidungswirtschaft mit Übersicht und organisatorischem Geschick vorgegangen und hat somit zu Einsparungen der Haushaltsmittel auf diesem Gebiet beigetragen. Die Führung seines Fachpersonals hat er straff gebündelt und mit ihm überdurchschnittliche Arbeitsergebnisse erzielt.“
In der Befähigungsbeurteilung findet sich weit überwiegend der Ausprägungsgrad A „besonders stark ausgeprägt“ (6-mal). Hiernach hätte mit Blick auf diesen insgesamt positiven Beurteilungsbeitrag, dessen Gewicht von 4 Monaten zu würdigen war, sehr eingehend begründet werden müssen, weshalb die - jedenfalls über einen vergleichsweise langen Zeitraum, nämlich bis August 1998 - offensichtlich recht positiv eingeschätzten Fähigkeiten und Leistungen des Klägers zum Stichtag der hier streitigen Beurteilung (1. Mai 1999) plötzlich nicht mehr - wie zuvor noch (vgl. VII des Beurteilungsbeitrages) - eine „Förderungswürdigkeit“ rechtfertigten. Es ist beurteilungsrechtlich nicht nachvollziehbar, weshalb das unterblieben ist. Eine nachvollziehbare und überzeugende Begründung hierfür haben die beiden Beurteiler nicht abgegeben; sie ist auch sonst nicht ersichtlich.
Vor allem stellt es keine tragende Begründung für die Vergabe der Notenstufe 7 dar, wenn der Erstbeurteiler RAR G. in seiner Stellungnahme vom 29. November 2004 den vorgenannten - positiven - Beurteilungsbeitrag in folgender Form abqualifiziert, statt ihn in der erforderlichen Weise zu würdigen:
„Es ist auch sehr offensichtlich, wie der Verfahrensbevollmächtigte ... das durch Abwesenheit konstruierte Werturteil des RAR E. als das Maß aller Dinge hinstellt.“
Diese Äußerung legt offen, dass der Erstbeurteiler nicht, so wie das seine Aufgabe gewesen wäre, den Beurteilungsbeitrag des RAR E. in eine abwägende, zu einem synergistischen Gesamturteil führende Bewertung einbezogen, gewürdigt, mitbewertet und so den erforderlichen Ein- und Zusammenklang aller Beiträge hergestellt hat, sondern den Beitrag als ein „durch Abwesenheit konstruiertes Werturteil“ abgewertet und bei seiner Notenfindung offensichtlich inhaltlich außer Betracht gelassen hat. Auch seine Bemerkung, die „hier gemachten... Äußerungen“ - gemeint sind offenbar die im Widerspruch vorgetragenen Aspekte - seien „erneut das Ergebnis einer von sachfremden Erwägungen getragenen Argumentation“, lässt darauf schließen, dass von seiner Seite aus eine abwägende, den Beurteilungsbeitrag des ROAR E. nüchtern einbeziehende Wertung nicht stattgefunden hat.
Dabei ist diesbezüglich von einem Erkenntniszeitraum auszugehen, der den Beurteilungszeitraum selbst umfasst und auch - über den Zeitpunkt der Eröffnung des Leistungsnachweises hinaus - den Zeitraum bis zur Entscheidung des Dienstherrn über Gegenvorstellungen und Änderungswünsche (BVerwG DVBl. 1998, 1076).
ROAR i.R. E. verwahrt sich in einem Schreiben vom 28. Mai 2005 an das GSP Nord energisch gegen die Unterstellung, für den Kläger eine „Gefälligkeitsbeurteilung“ erstellt zu haben und führt aus:
„In meiner über 20-jährigen Tätigkeit als Dienststellenleiter (Zweitbeurteiler) bei der GSV Nord, der GSV Küste, beim GSP Nord und dem GSP West hat nie einer meiner Dienstvorgesetzten (Leiter der Mittelbehörde oder Präsidenten) eine von mir erstellte Beurteilung beanstandet oder korrigiert.
Ich glaube auch Ihnen müsste bekannt sein, dass ich meine Dienststellen und Mitarbeiter in jeder Hinsicht beanstandungsfrei und objektiv ohne Zugeständnisse an Gewerkschaften und Verbände und ohne Bevorzugungen irgendwelcher Personen geführt habe. “
Unter diesen Umständen können die Bemerkungen des Erstbeurteilers RAR G. in ihrem Gesamtzusammenhang und angesichts dessen, dass er für sie keinerlei Begründung abgegeben hat, nur so gewertet werden, dass er voreingenommen ist. Solche Voreingenommenheit stellt sich als gravierender Verfahrensmangel dar (Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl., Rdn. 478 m.w.N.), so dass der Aktuelle Leistungsnachweis schon deshalb keinen Bestand haben kann.
Wenn der Erstbeurteiler RAR G. in diesem Zusammenhang zudem auf den Vorlagebericht vom 31. August 2004 verweist, in dem seinerseits auf die „Regelbeurteilung zum Stichtag 01.05.1998“ Bezug genommen worden ist (S. 1 unten), die „in keinster Weise eine Tendenz zur Gesamtnote -8-„ habe erkennen lassen, so wird hier klar, dass der im Urteil der Kammer bereits ausdrücklich gerügte Rückgriff auf die vorangegangene Regelbeurteilung nochmals stattfindet (vgl. dazu S. 7 des Urteils der Kammer v. 23.6. 2004). Das ist nach wie vor aus den im gen. Urteil dargelegten Gründen unzulässig. Somit kann dahinstehen, aus welchen Gründen es zu der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Mai 1998 überhaupt gekommen ist (vgl. insoweit des Schreiben des ROAR i.R. E. v. 28. Mai 2005, S. 1 Abs. 2).
Die angesichts eines solchen (unzulässigen) Rückgriffs auf die Regelbeurteilung im Raum stehende (bloße) Behauptung des Erstbeurteilers, der gen. Beitrag des ROAR E. sei „angemessen in diesen neu zu erstellenden AL mit eingeflossen“ (VII des Leistungsnachweises v. 2.9.2004) , ersetzt keine sachbezogene, nachvollziehbare Wertungskriterien tatsächlich enthaltende Begründung. Es ist mit Blick auf die dargelegte Voreingenommenheit des Erstbeurteilers nur eine formelhafte Rechtfertigungswendung. Denn gerade die achtmalige Vergabe der Einzelnote 9 (u.a. für Qualität und Ergiebigkeit der Arbeitsergebnisse, für Eigenständigkeit und Initiative usw.) erfordert eine stichhaltige Begründung dafür, dass diese Noten sich im Ergebnis des angefochtenen Leistungsnachweises nicht bzw. nicht nennenswert auswirken. An einer solchen stichhaltigen, frei von Befangenheit dargelegten Begründung des Erstbeurteilers fehlt es jedoch.
2.2 Dieser Begründungsmangel ergibt sich hier mit Blick auf den Zeitraum 1. September 1998 bis 30. April 1999 weiterhin deshalb, weil nunmehr zwar formal Beurteilungsbeiträge - von RAR i.R. F. und von RA J. - vorliegen, diese aber nicht in vollem Umfange verwertbar sind und im Vergleich zum vorgenannten Beitrag des ROAR E. einen nachhaltigen Leistungsabfall des Klägers gerade nicht dokumentieren.
2.2.1 An der Verwertbarkeit des Beurteilungsbeitrages des RAR i.R. F. - erstellt im August 2004 und damit ca. 6 Jahre nach den erbrachten Leistungen - bestehen grundsätzlich schon deshalb erhebliche Zweifel, weil RAR i.R. F. ab Januar 1999 nachweislich dienstunfähig krank war und sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass seine Dienstunfähigkeit sowie seine sehr kurze Zugehörigkeit zur BGSA P. (vom 1. Oktober 1998 bis 4. Januar 1999) nicht zugleich auch seine Fähigkeit, noch eine den Verwaltungsabläufen und -anforderungen gerecht werdende Beurteilung abgeben zu können, beeinträchtigt hat. Hierbei gewinnt auch Bedeutung, dass er über lange Zeit bei der ehemaligen GSA Nord 3 in Q.. als Stabsbereichsleiter Verwaltung tätig war, nicht aber bei der BGSA P.. Es ist nicht auszuschließen, vielmehr naheliegend, dass er nach ca. 6 Jahren die naturgemäß bereits verblassten, jedoch auf nur kurzen Eindrücken des Herbstes 1999 basierenden Erfahrungen speziell mit dem Kläger am 17. August 2004 nicht mehr in der erforderlichen Form „leistungsadäquat einschätzen“ konnte, so wie er das für sich in Anspruch nimmt.
RAR i.R. F. kommt bei seinen Einschätzungen zu einem Notendurchschnitt von 7,2, wobei diese Werturteile „ausnahmslos auf eigenen, objektiven Eindrücken und Einschätzungen“ basieren sollen. Er gibt allerdings nicht an, welche eigenen Eindrücke er speziell vom Kläger nach einem Zeitablauf von ca. 6 Jahren noch vor Augen hat. Hierfür hätte angesichts des Zeitablaufs jedoch Anlass bestanden. Daher bestehen Zweifel an seiner sehr pauschalen Behauptung. Denn die Eindrücke und Einschätzungen sind ausweislich der Verwaltungsvorgänge nicht etwa zeitnah schriftlich festgehalten worden. Dabei ist dann auch zu berücksichtigen, dass RAR i.R. R. Ende des Jahres 1998 - wie der Kläger vorträgt - nur noch zeitweise anwesend und von seiner Krankheit bereits gezeichnet war. Bei lebensnaher Betrachtung dürfte ihm - angesichts der Weihnachtszeit 1998 - nur ein Beurteilungszeitraum von allenfalls rd. 2 ½ Monaten zur Verfügung gestanden haben. Das Gewicht dieses Beitrages ist im Rahmen des 1-jährigen Leistungsnachweises daher nicht hoch zu veranschlagen.
Es stellt unter diesen Umständen einen weiteren, erheblichen Verfahrensmangel dar, wenn der Erstbeurteiler die vorbereitende Stellungnahme des RAR i.R. F. ungeprüft zugrunde legt, statt sich mit der gebotenen Sorgfalt ein Bild davon zu machen, ob und inwieweit diese zutreffen kann (BVerwG, ZBR 1980, 290 /r.Sp.).
Diese Verfahrensweise des Erstbeurteilers kann als weiteres Indiz seiner Voreingenommenheit gewertet werden, die bereits oben zu Pkt. 2.1 belegt ist.
2.2.2 Ein Leistungsabfall, wie er den eindeutig positiven Beitrag des ROAR E. nur hätte erschüttern können, ergibt sich jedoch nicht einmal aus der Begründung des Akt. Leistungsnachweis selbst: Dort ist ausgeführt, dass offenbar schon bei einer „Kontinuität dieses dokumentierten Leistungsbildes“ die „künftige Vergabe einer höheren Gesamtnote durchaus möglich“ sei. Es ist hier also keine Rede davon, dass der Kläger in der Zeit Herbst 1998 bis Frühjahr 1999 irgendwelche „Einbrüche“ oder Leistungsabfälle zu verzeichnen gehabt hätte. Bei den gewichteten Merkmalen gelangt der Leistungsnachweis zu einem Durchschnitt von 7,625 und damit zu einer Tendenz zur Gesamtnote 8. Der Durchschnitt aller Merkmale von 7,428 spricht nicht gegen diese gewichtete Tendenz.
Angesichts des sehr positiven Beitrags von ROAR E., der vom Erstbeurteiler offenkundig als nur „konstruierter“ Beitrag in seine Bewertung nicht eingestellt wurde, ist die Gesamtnote nicht hinreichend plausibel. Denn die unzureichende Gewichtung und Verwertung eines mit 4 Monaten (Mai bis August 1998) zu Buche schlagenden positiven Beurteilungsbeitrages stellt bei entsprechender Voreingenommenheit des zuständigen Erstbeurteilers einen gravierenden Mangel der Gesamtbeurteilung für den Zeitraum von 12 Monate dar, weil zwingend eine unbefangene Gesamtwürdigung aller Leistungen des betroffenen Beamten zu erfolgen hat (BVerwG, NVwZ-RR 1999, 455), vor allem hinsichtlich solcher Zeiträume, in denen der Beamte noch anderen Beurteilern als den tätig gewordenen unterstellt war. Deren Einschätzung kann in einer Beurteilung, die sich ausdrücklich über 1 Jahr erstreckt, nicht mit der bloßen Behauptung übergangen werden, der Beurteilungsbeitrag des ROAR E. sei „angemessen berücksichtigt“ worden.
2.2.3 Aber auch für den Teilzeitraum ab 11. Januar 1999 bis 30. April 1999 ist angesichts der vorliegenden Besonderheiten die Gesamtnote 7 nicht plausibel. Es lässt sich insgesamt bezweifeln, ob allein aufgrund einer 3 ½ -monatigen Beobachtungszeit (durch RA J.) bei zahlreichen Merkmalen (1.4, 3.1, 3.2, 4.1, 4.2, 4.4, 5.1) eine Abstufung von 9 auf 7 Pkt willkürfrei und sachgerecht vorgenommen werden konnte. Auffällig ist dabei, dass gerade Merkmale, die vom ROAR E. noch mit 9 Pkt. beurteilt und damit besser als die sonstigen Merkmale bewertet wurden, durch den sich erst noch einarbeitenden RA J. pauschal mit 7 Pkt. bewertet wurden, was die letztlich vorgenommene Absenkung noch unverständlicher erscheinen lässt. Dabei fällt auch auf, dass das Merkmal „Anleitung und Aufsicht“, das im vorangegangenen Leistungsnachweis vom damaligen Erstbeurteiler M. in Übereinstimmung mit ROAR E. ebenfalls mit 9 Pkt. bewertet wurde, gerade von RA J. - ohne jede Begründung - mit nur 7 Pkt. eingeschätzt wurde. Nähere Angaben oder eine Begründung dazu fehlen. Sämtliche anderen Beurteiler (RAR i.R S., RAR G. /PD I.) haben dieses Merkmal mit 8 Punkten bewertet. In der Befähigungsbeurteilung wurden zudem im streitigen Leistungsbeitrag 4-mal die Ausprägungen A vergeben, während RA T. das kein einziges Mal getan hat, diese Ausprägung vielmehr dem Kläger insgesamt - wiederum ohne jede Begründung - vorenthalten hat. Die vergebenen Befähigungen jedoch lassen sich nur schwer mit dem Beurteilungsbeitrag des ROAR E. und den vorgenommenen Abstufungen der Leistungsbeurteilung vereinbaren, vgl. 5.5.2 der Beurteilungsrichtlinien.
Somit konnte der Aktuelle Leistungsnachweis vom 2. September 2004 keinen Bestand haben. Die Beklagte war zu verpflichten, erneut einen solchen Nachweis zu erstellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor, §§ 124 a Abs. 1 S. 1 iVm 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO.