Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 29.09.2009, Az.: L 15 AS 905/09 B ER
Anspruch von sich allein zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland aufhaltenden Ausländern auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts; Vereinbarkeit des Ausschlusstatbestands des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit europäischem Gemeinschaftsrecht; Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 29.09.2009
- Aktenzeichen
- L 15 AS 905/09 B ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 26880
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2009:0929.L15AS905.09B.ER.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Osnabrück - 16.07.2009 - AZ: S 24 AS 499/09 ER
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU
- Art. 39 Abs. 2 EG
- § 73a Abs. 1 S. 1 SGG
- § 114 Abs. 1 ZPO
- Art. 1 Abs. 1 GG
- Art. 20 Abs. 1 GG
- Art. 20 Abs. 3 GG
- § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 16.07.2009 dahingehend geändert, dass der Antragstellerin nachträglich Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt F., Osnabrück, gewährt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach demSozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit ab dem 01.07.2009.
Die 1973 geborene Antragstellerin ist polnische Staatsangehörige. Sie reiste im Januar 2006 in die Bundesrepublik Deutschland ein und verfügt über eine Bescheinigung gemäß § 5 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU), die sie zur Einreise und zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt. Die Antragsgegnerin gewährte der Antragstellerin zunächst bis 29.02.2008 Arbeitslosengeld II. Den Folgeantrag lehnte sie mit Bescheid vom 01.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2008 unter Hinweis auf den in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II geregelten Ausschluss arbeitsuchender Ausländer von den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab. Eine hiergegen erhobene Klage ist unter dem Aktenzeichen S 24 AS 340/08 bei dem Sozialgericht (SG) Osnabrück anhängig. Auf Grund einer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgesprochenen Verpflichtung (Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 29.02.2008, Az.: S 22 AS 183/08 ER) gewährte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Grundsicherungsleistungen über den 29.02.2008 hinaus bis zum 31.08.2008. Für den Zeitraum vom 15.09.2008 bis 30.06.2009 erbrachte die Antragsgegnerin weitere Leistungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.
Den Weiterbewilligungsantrag der Antragstellerin vom 03.06.2009 lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 19.06.2009 wiederum unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch vom 30.06.2009 ist - soweit ersichtlich - bislang nicht beschieden worden.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 02.07.2009 hatte keinen Erfolg (Beschluss des SG Osnabrück vom 16.07.2009). Zur Begründung führte das SG aus, der Leistungsanspruch sei nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift hätten Ausländer, die sich - wie die Klägerin - allein zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland aufhielten, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Nach der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 04.06.2009, Az.: C-22/08, C 23/08) sei es nicht zu beanstanden, dass ein Mitgliedsstaat eine finanzielle Leistung, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern solle, nur Arbeitsuchenden gewähre, die eine tatsächliche Verbindung mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates hergestellt hätten. Eine solche Verbindung der Antragstellerin liege jedoch nicht vor. Vielmehr sei diese in Deutschland nie erwerbstätig gewesen. Mangels Erfolgsaussicht sei auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) abzulehnen.
Gegen den ihr am 18.07.2009 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 21.07.2009 Beschwerde eingelegt. Sie trägt im Wesentlichen vor, es könne im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip nicht hingenommen werden, dass sie keine Leistungsansprüche habe. Ihr drohe der Verlust der Wohnung, da ihr wegen ausstehender Mietzinszahlungen bereits eine Räumungsklage zugestellt worden sei. Auch habe sie keine finanziellen Mittel für Lebensmittel und Kleidung. Es sei nicht zutreffend, dass sie keine Bemühungen auf dem Arbeitsmarkt unternommen habe. So habe sie an einem Deutschkurs teilgenommen, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Die Antragsgegnerin bezieht sich auf das Urteil des EuGH vom 04.06.2009.
II.
Die nach §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des SG Osnabrück vom 16.07.2009 ist lediglich insoweit begründet, als das SG die Bewilligung von PKH versagt hat. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat das SG zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es ist kein Anordnungsanspruch gegeben. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Antragstellerin nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 7 SGB II gehört. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift erhalten Leistungen nach dem SGB II zwischen 15 und 65 Jahre alte erwerbsfähige hilfebedürftige Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind davon ausgenommen Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Die Antragstellerin unterfällt dem genannten Ausschlusstatbestand. Ihr Aufenthaltsrecht ergibt sich allein aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 2. Alternative Freizügigkeitsgesetz/EU, wonach Unionsbürger gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind, die sich zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten wollen. Die Antragstellerin hält sich zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik auf, wie sie in ihrem Schriftsatz vom 15.07.2009 auf Nachfrage des SG ausdrücklich erklärt hat. Die übrigen in § 2 Abs. 2 Ziffer 1 (1. und 3. Alt.), 2 - 7 Freizügigkeitsgesetz/EU genannten Aufenthaltsgründe kommen für sie nicht in Betracht. Insbesondere zählt die Antragstellerin nicht zum Personenkreis der Arbeitnehmer, da sie nach den vorliegenden Unterlagen in der Bundesrepublik bislang keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Anderslautendes hat sie nicht geltend gemacht. Damit ergibt sich das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin allein aus dem Zweck der Arbeitsuche.
Den bislang in Rechtsprechung und Literatur geäußerten Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Ausschlusstatbestands nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit europäischem Gemeinschaftsrecht (vgl. etwa: Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 7 Rn. 17ff m.w.N.; Brühl/Schoch in: LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 7 Rn 36 m.w.N.; umfassend zum Meinungsstand: Hailbronner, ZFSH/SGB 2009, 195, 199ff.) vermag der erkennende Senat angesichts des Urteils des EuGH vom 04.06.2009 (Az. C-22/08, C-23/08) nicht ohne weiteres zu folgen. Geltend gemacht werden insoweit Verstöße gegen das in Art. 12 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) enthaltene Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und das aus Art. 39 EG entwickelte Gebot der sozialrechtlichen Gleichbehandlung. In der genannten Entscheidung hat der EuGH allerdings die Gültigkeit des Artikel 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl. L 158/77; sog. Unionsbürgerrichtlinie - UBRL), nicht in Zweifel gezogen. Diese Bestimmung erlaubt es einem Mitgliedsstaat in Abgrenzung zu der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 23.03.2004, Az. C-138-02 - Collins -) ausdrücklich, andere Unionsbürger als Arbeitnehmer, Selbstständige oder Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, sowie deren Familienangehörige vom Anspruch auf "Sozialhilfe" auszunehmen. Von dieser Öffnungsklausel hat der deutsche Gesetzgeber mit der in Rede stehenden Vorschrift des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II für arbeitsuchende Ausländer Gebrauch gemacht (so auch ausdrücklich die Begründung zum Gesetzentwurf in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 15. Februar 2006, BT-Drucksache 16/688, S. 13). Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 UBRL sind, wie sich auch aus dem Zusammenhang mit Art. 7 Abs. 1 b der Richtlinie ergibt, alle finanziellen Mittel, die der Existenzsicherung dienen. Nicht dazu zählen finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen (EUGH, a.a.O., Rn. 45).
Es spricht nach Auffassung des Senats einiges dafür, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II als Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 UBRL anzusehen (so ausdrücklich Hailbronner, a.a.O., S. 201). Das zum 01.01.2005 eingeführte Arbeitslosengeld II ist in Anlehnung an die Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ausgestaltet. Es umfasst eine pauschalierte, dem Regelsatz der Sozialhilfe vergleichbare Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie die Übernahme der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Ähnlich wie in der Sozialhilfe sind für verschiedene Bedarfslagen Leistungen für Mehrbedarfe vorgesehen, vgl.§ 21 SGB II. Das Arbeitslosengeld II weist daher eine sozialhilferechtliche Konzeption auf (vgl. Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen - 8. Senat - vom 14.01.2008, Az. L 8 SO 88/07 ER; Hailbronner, a.a.O.; vgl. auch Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 31.10.2007, Az. B 14/11b AS 5/07 R, Rn. 35: "steuerfinanzierte Fürsorgeleistung"). Gegen diese Auslegung dürfte sich nicht mit Erfolg einwenden lassen (vgl. Bayrisches LSG, Beschluss vom 04.05.2009, Az. L 16 AS 130/09 B ER), dass es sich bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende europarechtlich nicht um "Sozialhilfe" handele, sondern um eine "besondere beitragsunabhängige Leistung der sozialen Sicherheit" i.S.d. Art. 4 Abs. 2a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149 vom 05.07.1971). Zwar unterscheidet die Verordnung Nr. 1408/71 zwischen Sozialhilfe und beitragsunabhängigen Leistungen der sozialen Sicherheit und sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Anhang IIA (besondere beitragsunabhängige Geldleistungen) aufgeführt. Dieser Umstand dürfte allerdings für die Auslegung des Sozialhilfebegriffs in Art. 24 UBRL unerheblich sein. Denn die in diesem Zusammenhang in der Literatur vertretene Auffassung (Hailbronner, a.a.O..), der Gemeinschaftsgesetzgeber gehe nach Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Zweck der Vorschrift davon aus, dass mit Art. 24 Abs. 2 UBRL Leistungen erfasst würden, die den Lebensunterhalt von Arbeitssuchenden sichern sollen, ist für den Senat nachvollziehbar.
Unabhängig von der Frage, ob die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II insgesamt als Sozialhilfeleistungen i. S. des Art. 24 Abs. 2 UBRL anzusehen sind, wird in der Rechtsprechung mit beachtlichen Argumenten die Auffassung vertreten, dass jedenfalls die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Kapitel 3 Abschnitt 2 des SGB II keine Leistungen sind, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.06.2009, Az.: L 34 AS 790/09 B ER; OVG Bremen, Beschluss vom 15.11.2007, Az.: S 2 B 426/07). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass das SGB II zwischen Leistungen zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Arbeit (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 SGB II) und solchen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SGB II) unterscheide. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasse nach § 20 Abs. 1 SGB II insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang die Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben, enthalte mithin keine Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Es handele sich damit wie die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII um existenzsichernde Leistungen, die nicht den Zweck hätten, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Die diesbezüglichen Ansprüche der Hilfebedürftigen seien vielmehr im Wesentlichen im ersten Abschnitt des dritten Kapitels des SGB II geregelt.
Artikel 24 Abs. 2 UBRL ist - wie sich aus dem oben genannten Urteil des EUGH vom 04.06.2009 ergibt - mit höherrangigem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Nach Art. 39 Abs. 2 EG haben Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats, die in einem anderen Mitgliedsstaat eine Beschäftigung suchen, einen Anspruch auf die in der Bestimmung vorgesehene Gleichbehandlung. Zwar können sich nach der Entscheidung des EuGH die Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten, die auf Arbeitssuche in einem anderen Mitgliedsstaat sind und tatsächliche Verbindungen mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates hergestellt haben, auf Artikel 39 Abs. 2 EG berufen, um eine finanzielle Leistung in Anspruch zu nehmen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern soll. Bei den vorliegend von der Antragstellerin begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dürfte es sich indes - wie bereits dargelegt - nicht um Leistungen handeln, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, sondern um Sozialhilfeleistungen im Sinne des Artikel des 24 Abs. 2 UBRL. Soweit diese Bestimmung den Zugang zu steuerfinanzierten Sozialleistungssystemen einschränkt, hat der EuGH keine Bedenken gegen die Gültigkeit dieser Richtlinie geäußert (a.a.O. Rn. 46). Im Übrigen hat der EuGH auch festgestellt, dass Artikel 12 EG einer nationalen Regelung nicht entgegen steht, die Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten von Sozialhilfeleistungen ausschließt, die Drittstaatenangehörigen gewährt werden. Ob der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II auch die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erfasst, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Denn die Antragstellerin begehrt ausschließlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Selbst wenn aber entgegen den vorstehenden Ausführungen im vorliegenden Fall eine finanzielle Leistung im Streit stünde, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern soll, müsste der Beschwerde der Erfolg versagt bleiben. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH (a.a.O., Rn. 38ff) können sich Unionsbürger, die auf Arbeitssuche in einem anderen Mitgliedstaat sind und eine solche finanzielle Leistung beanspruchen, auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 39 Abs. 2 EG nur dann berufen, wenn sie eine "tatsächliche Verbindung mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates" hergestellt haben, d.h. "während eines angemessenen Zeitraums tatsächlich eine Beschäftigung in dem betreffenden Mitgliedsstaat gesucht" haben. Eine solche tatsächliche Beschäftigungssuche hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Auf entsprechenden Vorhalt der Antragsgegnerin hat sie sich im Beschwerdeverfahren im Wesentlichen darauf beschränkt, pauschal zu bestreiten, dass sie keine Bemühungen auf dem Arbeitsmarkt unternommen habe. Konkret vorgetragen hat sie lediglich die Teilnahme an einem "Deutschkurs", durch den sie ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe verbessern wollen. Abgesehen davon, dass dieses bereits im Jahr 2006 geschehen sein dürfte (vgl. telefonische Auskunft der Ausländerbehörde vom 01.11.2007, Bl. 71 Verwaltungsakte), stellt ein solcher Sprachkurs keine spezifisch auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt gerichtete Maßnahme dar. Darüber hinausgehende Bemühungen der Antragstellerin um eine Beschäftigung auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden.
Ob sich für Unionsbürger ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende aus dem Europäischen Fürsorgeabkommen vom 11.12.1953 (vgl. hierzu ausführlich LSG Niedersachsen-Bremen - 8. Senat - a.a.O.) ergeben kann, braucht der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. In diesem Abkommen hat sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen Fürsorgeleistungen den Staatsangehörigen der anderen Vertragsschließenden zu gewähren. Polen gehörte seinerzeit nicht zu den vertragsschließenden Staaten und ist dem Abkommen auch nicht nachträglich beigetreten.
Art 1. Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 und 3 Grundgesetz wird durch das gefundene Ergebnis nicht verletzt. Der Staat ist zwar verpflichtet, dem mittellosen Bürger die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein erforderlichenfalls durch Sozialleistungen zu sichern. Dabei ist dem Gesetzgeber allerdings im Rahmen der Entscheidung, in welchem Umfang Fürsorgeleistungen unter Berücksichtigung vorhandener Mittel gewährt werden können, ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 29.05.1990, Az. 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, 80 f = SozR 3-5870 § 10 Nr. 1 S 5 f). Danach ist nicht zu beanstanden, wenn Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für arbeitsuchende Unionsbürger EU-rechtskonform nicht gewährt werden und diese damit auf die Inanspruchnahme entsprechender Leistungen in ihrem Heimatland verwiesen werden.
Für eine Entscheidung anhand einer Folgenabwägung (vgl. hierzu Beschluss des BVerfG vom 25.02.2009, Az. 1 BvR 120/09 m.w.N.) ist kein Raum, da nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Anordnungsanspruch nicht gegeben ist.
Der angefochtene Beschluss war allerdings insoweit aufzuheben, als PKH für das erstinstanzliche Verfahren versagt worden ist. Die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH (§ 73 a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO) waren erfüllt. Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gebietet eine weit gehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Ein PKH-Antrag darf deshalb nicht mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt werden, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt (st. Rspr. d. BVerfG, vgl. z.B. Beschluss vom 06.03.2008, Az. 2 BvR 387/07 m.w.N.). Davon ausgehend warf der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes schwierige Rechtsfragen auf, die die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht von vornherein aussichtslos erscheinen ließen. Da die Antragstellerin die Kosten der Prozessführung nicht aus eigenen Mitteln aufbringen konnte, war PKH zu gewähren.
PKH für das Beschwerdeverfahren hat die Antragstellerin nicht beantragt, so dass hierüber nicht zu entscheiden ist.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.