Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 16.05.2002, Az.: 1 A 732/01

Benutzungsgebühren; Eigentum; Friedhof; Gebühren; Realverband; Wahlgrabstätte; öffentliche Einrichtung

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
16.05.2002
Aktenzeichen
1 A 732/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 42348
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Gebührenbescheid der Beklagten, mit dem er zu Gebühren für den Neuerwerb einer Familienwahlgrabstätte auf dem alten Friedhof S.-W. herangezogen wurde.

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Mit Schreiben vom 15. März 2000 wandte sich die Beklagte an den Kläger mit der Bitte um Mitteilung, ob das bis zum 01. Januar 2000 erworbene Nutzungsrecht an der Wahlgrabstätte Nr. 35 im alten Teil des Friedhofes W. neu erworben werden solle. Auf Anfrage teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass für die 9,5 x 5,5 m große Fläche ein Betrag von 17.765,-- DM zu zahlen wäre.

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Mit Bescheid vom 08. Juni 2000 setzte die Beklagte die Gebühr auf 17.765,-- DM für den Erwerb bis zum 17. Mai 2040 fest. Zusammen mit einer weiteren Gebühr von 5,-- DM für eine Friedhofsatzung wurde die Gesamtgebühr auf 17.770,-- DM, zahlbar bis zum 08. Juli 2000, festgesetzt.

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Mit Schreiben vom 27. Juni 2000 legte der Kläger Widerspruch ein, den er mit Schreiben vom 18. Juli 2000 begründete. Der Kläger stützt seinen Widerspruch insbesondere darauf, dass der Kläger selbst Teileigentümer des Friedhofs sei, so dass bereits deshalb die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe und ihrer Einrichtungen in S. (Friedhofsgebührensatzung) auf den W. Friedhof keine Anwendung finden könne. Im Übrigen müsse für die Grundstückseigentümer wenigstens ein geringerer Betrag festgesetzt werden. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, wie der Quadratmetersatz von 340,-- DM errechnet worden sei. Soweit die Friedhöfe auch die Funktion als öffentliches Grün erfüllten, seien Kosten von der Gemeinde selbst zu tragen. Die hohen Gebühren hätten im Übrigen zur Folge, dass die Belegung immer dichter werde. Dies widerspreche dem Willen der Eigentümer und erhöhe das Gefährdungspotential hinsichtlich der Grundwasserverunreinigung.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Realgemeinde W. sei zwar seit Anlegung des Grundbuches im Jahre 1889 Eigentümerin der Friedhofsflächen, es sei jedoch zu Gunsten der einzelnen Mitglieder der Realgemeinde kein Teil- oder Sondereigentum eingetragen worden. Die Mitglieder könnten daher keine besonderen Rechte für sich aus dem Eigentum der Realgemeinde herleiten. Eine Grundbuchumschreibung auf die politische Gemeinde W. sei nicht erfolgt, so dass der Realverband als Rechtsnachfolger Eigentümer der Friedhofsfläche geworden sei. Die Stadt S. sei jedoch Träger der öffentlichen Einrichtung Friedhof. Der Realverband W., der sich am 01. November 1980 konstituiert habe, habe diese Aufgabe ausdrücklich nicht in seine Satzung vom 12. Februar 1981 aufgenommen. Die Aufgabe sei auch vorher jahrzehntelang von der politischen Gemeinde bzw. der Stadt S. wahrgenommen worden. Dies gelte auch für die Unterhaltung des Friedhofes. Die Vergabe von Grabstellen sei deshalb Angelegenheit der Gemeinde W. gewesen und sei nunmehr nach der Eingemeindung Angelegenheit der Stadt S.. Allein aus der Grundeigentümerstellung des Realverbandes könne nicht hergeleitet werden, dass Mitglieder des Verbandes Grabstellen billiger als andere Bürger der Stadt bekommen könnten. Auch die Höhe der Gebühr sei nicht zu beanstanden. Der Unterhalt der Friedhöfe sei teuer und es sei zu berücksichtigen, dass sich der Quadratmeterpreis von 340,-- DM auf 40 Jahre verteile.

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Der Kläger hat am 13. Juni 2001 Klage erhoben. Die Gebührenbescheide hätten keine Grundlage, weil die Friedhofsgebührensatzung der Beklagten auf den Friedhof W. nicht anwendbar sei. Aus der Vorgängersatzung vom 10. Dezember 1973 ergebe sich, dass die Satzung für die im Eigentum der Stadt stehenden Friedhöfe gelte. Der hier in Frage stehende alte Friedhof W. stehe nicht im Eigentum der Stadt. Der Friedhof stehe vielmehr im Eigentum der Realgemeinde W., deren Mitglied der Kläger bis zur Hofübergabe an seinen Sohn H. K. gewesen sei. Jetzt sei der Sohn Mitglied der Realgemeinde. Die Mitglieder hätten anteilig Miteigentum am alten Friedhof und seinerzeit entsprechend ihrer Anteile an der Realgemeinde auch Anteile am alten Friedhof zugewiesen erhalten. Sie seien daher wie Miteigentümer zu behandeln, die ein Nutzungsentgelt nicht bezahlen müssten. In Betracht käme allenfalls die Umlage der tatsächlichen Aufwendungen für den alten Friedhof in W.. Die Heranziehung zu 8,50 DM pro Quadratmeter Grabstellenfläche pro Jahr sei auch keinesfalls belegbar. Das zeige ein Vergleich mit anderen Friedhöfen, bei denen jährliche Umlagen für die Instandhaltung und für das Wassergeld in Höhe von 20,--  bzw. 50,-- DM erhoben würden.

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Der Kläger beantragt,

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den Gebührenbescheid der Beklagten vom 08. Juni 2000 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2001 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Realgemeinde sei zwar seit Anlegung des Grundbuches als Eigentümer der Flurstücke 17/1 der Flur 6, 71/2 der Flur 6 und 106/1 der Flur 3 von W. eingetragen. Miteigentum, Teileigentum oder Sondereigentum sei jedoch, wie das Amtsgericht S. bestätigt habe, nicht eingetragen. Der Realverband sei auf der konstituierenden Mitgliederversammlung vom 10. November 1980 gegründet worden, den Mitgliedern stehe kein persönliches Eigentum an dem Verbandsvermögen, sondern Verbandsanteile zu. Der Realverband verstehe sich als Rechtsnachfolger der Realgemeinde W., deren Aufgaben bis zur Gründung des Realverbandes durch die politische Gemeinde W. bzw. nach der Eingemeindung im Jahre 1972 durch die Beklagte wahrgenommen wurden. Durch die Satzung des Realverbandes sei eine Übernahme der Trägerschaft für den Friedhof nicht erfolgt, so dass nunmehr die Beklagte Träger des Friedhofes gewesen sei. Die Übernahme sei seinerzeit auch offensichtlich bewusst vom Realverband abgelehnt worden, denn anlässlich einer Besprechung über die Fälligkeit der Erschließungsbeiträge in Höhe von seinerzeit 9.146,31 DM sei von der Übernahme abgesehen worden, wobei auch der Kläger, der seinerzeit Mitglied des Vorstandes des Realverbandes war, von einer Eigentumsübertragung an die Stadt ausgegangen sei. Nach der Eingemeindung seien die Grabnutzungsrechte dann einheitlich bis zum Jahre 2000 festgeschrieben worden. Die Grabstelle sei somit mehr als 100 Jahre lang ohne Entgelt von dem Kläger bzw. seinen Rechtsvorgängern genutzt worden. Die nach der Eingemeindung gewährte Übergangszeit sei durchaus angemessen gewesen. Bezüglich der Höhe der Gebühr sei der Bescheid ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Stadt betreibe sämtliche Friedhöfe als eine öffentliche Einrichtung, ohne die Gebühren zu differenzieren. Die durchschnittliche Größe einer Wahlgrabstätte betrage 4,5 beziehungsweise neuerdings 3,3 Quadratmeter. Die Grabstätte des Klägers übersteige diese Größe mit 52,25 Quadratmeter erheblich. Eine Verkleinerung sei jedoch von ihm abgelehnt worden. Die von dem Kläger als Vergleich herangezogenen Friedhöfe seien nicht vergleichbar, weil diese von Vereinen getragen würden, die die Pflege und Unterhaltung selbst vornehmen. Personalkosten würden in diesem Falle nicht anfallen. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte erläutert, dass derzeit mit dem Realverband Verhandlungen geführt würden, um die Friedhofsgrundstücke zu erwerben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und auch begründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 08. Juni 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2001 in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.

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Nicht zu beanstanden ist der Bescheid allerdings wegen der Erhebung von 5,00 DM wegen der Bereitstellung einer Satzung. Der Kläger macht insoweit auch keine Gründe geltend, die die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide insoweit betreffen. Derartige Gründe sind auch nicht ersichtlich.

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Die Heranziehung des Klägers zu Grabnutzungsgebühren in Höhe von 17.765,-- DM ist rechtlich zu beanstanden, weil ihr keine wirksame Satzung zu Grunde liegt.

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Zweifelhaft ist bereits, ob die Gebührensatzung der Beklagten auf den alten Friedhof W. anwendbar ist. Nach der Satzung für die Benutzung und Ordnung auf den städtischen Friedhöfen der Stadt S. vom 12. Dezember 1973 wurden gemäß § 1 Abs. 1 ausdrücklich nur die im Eigentum der Stadt stehenden Friedhöfe in den Geltungsbereich der Satzung einbezogen. Nur diese Friedhöfe sind daher auch Teil der öffentlichen Einrichtung  geworden, für die Gebühren nach der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe und ihrer Einrichtungen vom 01. Juni 1992 (Friedhofsgebührenordnung) sowie der Vorgängersatzungen erhoben werden können.

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Wer tatsächlich Eigentümer der betroffenen Grundstücke ist, ist zwischen den Parteien streitig. Im Grundbuch ist, wie die Parteien übereinstimmend festgestellt haben, die Realgemeinde W. seit Anlegen des Grundbuches eingetragen. Dies ergibt sich aus der am 18. Januar 1889 erfolgten und vom Amtsgericht bestätigten Grundbucheintragung beim Amtsgericht S.. Mit der Gründung des Realverbandes W. im Jahre 1980 ist der Realverband als Rechtsnachfolger der Realgemeinde möglicherweise Eigentümer der Friedhofsfläche geworden. Andererseits ist die Beklagte bei Erlass der Satzung vom 12. Dezember 1973 offensichtlich davon ausgegangen, Eigentümerin der Friedhofsflächen zu sein und wollte die Benutzung auch dieses Friedhofes in der Satzung mit regeln. Dies wurde insbesondere daraus geschlossen, dass es bereits in § 1 der Friedhofsordnung der Gemeinde W. vom 01. Juni  1957 hieß: Der Friedhof ist Eigentum der Gemeinde W.. Diese Auffassung hat sich offenbar dadurch gebildet, dass der Friedhof während der Zeit, in der die Gemeinde W. beziehungsweise nach der Eingemeindung die Stadt S. gemäß § 21 Realverbandsgesetz (vom 04. November 1969, Nds. GVBl. S. 187 in der zuletzt geänderten Fassung vom 03. Juni 1982, Nds. GVBl. S. 157) die Geschäfte der Realgemeinde W. führte, von diesen geführt und unterhalten wurde. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die beabsichtigte und nach § 46 Realverbandsgesetz mögliche im Jahre 1976 eingeleitete Vermögensübernahme an dem Einspruch einzelner Interessenten (vgl. Gesetz, betreffend die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten, vom 2. April 1887, Nds.GVBl Sb. III S. 245) und letztlich an dem Erlass einer von der Beklagten am 26. Mai 1981 genehmigten Satzung für den Realverband vom 12. Februar 1981 sowie der Neuwahl eines Vorstandes des Realverbandes gescheitert ist. Dies spricht ebenso wie die nunmehr von der Beklagten geführten Verhandlungen über den Ankauf der Flächen von dem Realverband für dessen Eigentum. Beide Parteien haben bislang trotz ihrer behaupteten Eigentümerstellung keinen Antrag auf Berichtigung des Grundbuches gestellt. Insgesamt spricht dies dafür, dass die Satzung wegen des klaren Wortlautes, die den Geltungsbereich auf die im Eigentum der Beklagten stehenden Friedhöfe begrenzt, nicht auf den hier betroffenen alten Friedhof W. anwendbar ist.

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Der Realverband ist allerdings auch dann, wenn die Flächen in seinem Eigentum stehen sollten, nicht Träger des Friedhofes geworden und die Mitglieder des Realverbandes können auch keine Rechte dahingehend geltend machen, dass das Eigentum des Realverbandes bei der Festsetzung der Friedhofsnutzungsgebühren berücksichtigt werden müsse. Der Realverband hätte als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Trägerschaft für den Friedhof zwar übernehmen können, dies ist aber, wie sich aus der Satzung des Realverbandes vom 12. Februar 1981 zweifelsfrei ergibt, nicht erfolgt. Vielmehr wurde der Friedhof tatsächlich, wie sich aus der Friedhofsordnung der Gemeinde W. von 1957 und der Folgesatzung, Friedhofsordnung der Gemeinde vom 20. März 1965 ergibt, von der Gemeinde W. getragen. Seit der Eingemeindung im Jahre 1972 ist die Beklagte jedenfalls faktisch Friedhofsträger geworden, obwohl in der Satzung für die Benutzung und Ordnung auf den städtischen Friedhöfen der Stadt S. vom 12. Dezember 1973 gem. § 1 Abs. 1 nur die im Eigentum der Stadt stehenden Friedhöfe erfasst werden. Aus einem Vermerk des Bauverwaltungsamtes der Beklagten vom 24. November 1980 ergibt sich, dass die auf dem Friedhofsgrundstück lastenden Erschließungsbeiträge selbst nach Neukonstituierung des Realverbandes W. deshalb nicht angefordert wurden, weil in Übereinstimmung mit dem Vorstand des Realverbandes W. davon ausgegangen wurde, dass der Friedhof nunmehr von der Beklagten übernommen und verwaltet werde. Rein tatsächlich wurde der hier betroffene Friedhof ohne Unterbrechung als öffentliche Einrichtung zunächst von der Gemeinde W. und später von der Beklagten verwaltet, unterhalten und gepflegt. Dies war ungeachtet der Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken auch möglich, denn der Träger einer öffentlichen Einrichtung muss nicht zwingend Eigentümer der Einrichtungsgegenstände sein, vielmehr kann eine öffentliche Einrichtung auch in angemieteten Räumen bzw. auf gepachteten Grundstücken erfolgen (vgl. für das Friedhofswesen: Gaedke, Handbuch des Friedhofsrechts, 8. Aufl. S. 17). Auch aus der durch Satzung vom 10. Dezember 1973 erfolgten Festlegung der Bestattungsbezirke in S. ergibt sich, dass die Beklagte auch den hier betroffenen Friedhof in seine öffentliche Einrichtung einbeziehen wollte. In dieser Satzung geht der Satzungsgeber offenkundig auch von einer öffentlichen Einrichtung in W., die von der Stadt getragen wird, aus.

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Die Beklagte betreibt alle von ihr betriebenen Friedhöfe als eine einheitliche öffentliche Einrichtung und hat in der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe und ihrer Einrichtungen vom 01. Juni 1992 einheitlich für alle von ihr betriebenen Friedhöfe die Gebühren festgesetzt. Dies ist unbedenklich, denn es liegt grundsätzlich im Organisationsermessen einer Gemeinde, räumlich voneinander getrennte öffentliche Einrichtungen auch als selbstständige Einrichtungen zu betreiben oder diese juristisch zu einer Einrichtung zusammenzufassen (Nds. OVG, NST-N 1989, 250; Driehaus, KAG, § 6 Randziffer 713). Die dazu erforderliche entsprechende Entscheidung der Gemeinde hat die Beklagte in ihrer Friedhofsatzung vom 10. Dezember 1973 in § 1 Abs.1, wenn auch mit einem auf den hier betroffenen Friedhof bezogen fehlerhaften Wortlaut, entschieden. Danach ist die Beklagte nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die Kosten aller Friedhöfe auf die Gesamtheit der Nutzungsberechtigten abzuwälzen (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rdnr. 704 m.w.N. und Urt. d. VG Osnabrück v. 17.11.1998, 1 A 97/98, Nds. Rpfl. 1999, S. 157).

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Die Beklagte hat bei der Festsetzung dieser einheitlichen Gebühren nicht zu berücksichtigen, wer Eigentümer der einzelnen Grundstück ist. Zwar mag der jeweilige Eigentümer aus seinem Eigentum insoweit Vorteile erzielen, als ihm Pachteinnahmen zustehen, keinesfalls kommt jedoch eine teilweise Ermäßigung öffentlich-rechtlich zu erhebender Gebühren in Betracht. Diese müssen vielmehr bereits unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG (Gleichheitssatz) für alle Beteiligten in gleicher Weise erhoben werden. Die Frage, ob die Beklagte dem Realverband als Eigentümer der Grundstücke Pacht schuldet, kann in diesem Verfahren nicht entschieden werden. Der Kläger selbst als Mitglied des Realverbandes kann ohnehin nur Ansprüche gegen den Realverband geltend machen, weil der Kläger nicht selbst Eigentümer, Teileigentümer oder Miteigentümer der Grundstücke ist. Dies ergibt sich bereits aus der Auskunft des Amtsgerichtes S., folgt aber auch aus dem Gesetz. Gemäß § 7 Realverbandsgesetz ist der Inhaber eines Verbandsanteils zur Teilnahme an den Verbandsangelegenheiten, insbesondere zur anteiligen Nutzung oder Benutzung des Verbandsvermögens berechtigt und zur Beteiligung an den mit den Verbandsangelegenheiten verbundenen Lasten verpflichtet. Gemäß § 10 Realverbandsgesetz darf für Verbandsanteile ein Grundbuchblatt nicht angelegt werden. Die Verwaltung des Vermögens übernimmt der Realverband als Körperschaft des öffentlichen Rechts gem. §§ 2 f Realverbandsgesetz. Daraus folgt, dass der Kläger Rechte aus seiner Eigentümerstellung nur gegen den Realverband, nicht jedoch direkt gegen die beklagte Stadt geltend machen kann. Eine Ermäßigung der Gebühr wegen seiner Eigentümerstellung kann der Kläger danach nicht verlangen, und die Nichtigkeit der Satzung, die die Grundlage für die hier angefochtenen Bescheide bildet, folgt nicht aus der Eigentümerstellung des Klägers.

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Abschließend braucht die Frage, wer Eigentümer der Grundstücke ist, in diesem Verfahren nicht geklärt zu werden und kann der Prüfung durch die insoweit zuständigen Zivilgerichte überlassen bleiben, weil die Satzung auch aus anderen Gründen keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die angefochtenen Bescheide darstellt.

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Nach § 2 Abs. 1 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes - NKAG - vom 08. Februar 1973 (Nds. GVBl. S. 41) in der hier maßgeblichen Fassung vom 11. Februar 1992 (Nds. GVBl. S. 29) dürfen kommunale Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden, die den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie die Entstehung und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Schuld bestimmt. Die Beklagte hat den Kläger durch den angefochtenen Bescheid auf der Grundlage der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe und ihrer Einrichtungen in S. (Friedhofsgebührensatzung) vom 01. Juni 1992 zu Grabnutzungsgebühren herangezogen. Diese Satzung stellt jedoch deshalb keine wirksame Grundlage für die Erhebung von Grabnutzungsgebühren dar, weil sie keinerlei Regelung zu der Frage trifft, wann die Gebühr entsteht. Zwar mag für den hier vorliegenden konkreten Fall noch aus § 13 Abs. 2 der Satzung für die Benutzung und Ordnung auf den städtischen Friedhöfen hergeleitet werden, wann die Gebühr entsteht. Denn dort heißt es, dass die Dauer des Nutzungsrechts gegen erneute Zahlung der Gebühr verlängert werden kann, dies ändert jedoch an dem Fehlen einer Regelung des Entstehens der Gebühr in der Gebührensatzung nichts. Diese Regelung ist aber gem. § 2 Abs. 1 NKAG unabdingbarer Bestandteil einer Satzung, die zur Erhebung von Abgaben berechtigen soll. Ein Fehlen dieser Regelung macht die Satzung von vornherein nichtig (vgl. Nds. OVG - 8 L 637/99 -; VG Osnabrück, a.a.O.). Die Nutzungsgebühr stellt ihrem Wesen nach nicht ein Entgelt für den Erwerb eines Rechts dar - dafür könnten allenfalls Verwaltungsgebühren erhoben werden -, sondern eine Abgabe für die künftige Inanspruchnahme des Friedhofs, und zwar bei Wahlgräbern für die Dauer der vereinbarten Nutzungszeit. Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung entstehen nach dem Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz aber erst nach Ablauf der Benutzungsdauer (Nds. OVG, NST-N 1993, 320). Demzufolge erfordert § 2 Abs. 1 NKAG bei Gebühren, die für eine dauernde Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben werden, zur genügenden Bestimmung des Zeitpunktes des Entstehens der Benutzungsgebühr die satzungsgemäße Festlegung, dass die Gebühr entweder nach Ablauf der Nutzungszeit oder, was auch zulässig ist, nach Ablauf bestimmter Intervalle (z. B. jährlich, monatlich) entsteht (Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnr. 721 a). Bis zur Entstehung der Gebührenschuld können die Gemeinden bei nicht grundstücksbezogenen Gebühren wie hier lediglich Abschlagszahlungen auf die künftig entstehende Gebührenschuld erheben (§ 5 Abs. 5 NKAG). Daher scheidet die bisher übliche Handhabung, Benutzungsgebühren in Form einmaliger Grabgebühren in Voraus zu erheben, für die Gemeinden aus.

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Da es somit an einer wirksamen Bestimmung des Entstehens der Gebührenschuld fehlt, ist die Friedhofsgebührensatzung der Beklagten wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht ungültig, weil sie den Anforderungen des § 2 Abs. 1 S. 2 NKAG, der den Mindestinhalt von Abgabensatzungen regelt, nicht genügt. Damit ist die Satzung nichtig (vgl. Driehaus, § 6 Rdnr. 717, § 2 Rdnr. 105). Das hat zur Folge, dass die Erhebung der Grabnutzungsgebühren durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten mangels satzungsrechtlicher Grundlage rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.01.1995, NVwZ RR 1996 S. 54 f [BVerwG 26.01.1995 - BVerwG 8 B 193/94]; Driehaus § 6 Rdnr. 717).

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Soweit die Beklagte zugleich 5,-- DM Gebühren für die Bereitstellung einer Satzung festgesetzt hat, war die Klage abzuweisen, die Beklagte hat jedoch die Kosten des Verfahrens insgesamt gemäß § 155 Abs. 2 VwGO zu tragen, weil die Klage im Wesentlichen Erfolg hat.