Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 13.05.2002, Az.: 4 A 1985/00
Eingliederungshilfe; Härtefall; Vermögenseinsatz
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 13.05.2002
- Aktenzeichen
- 4 A 1985/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43524
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 39 BSHG
- § 40 BSHG
- § 88 Abs 1 BSHG
- § 88 Abs 2 Nr 1 BSHG
- § 88 Abs 2 Nr 8 BSHG
- § 88 Abs 3 BSHG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Einzelfall, in dem der Einsatz von Vermögen im Rahmen der Eingliederungshilfe eine Härte bedeutet.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich im Rahmen der Eingliederungshilfe gegen den Einsatz seines Vermögens.
Der am 27. Mai 1968 geborene Kläger, für den Rechtsanwalt B. seit Oktober 1986 als Pfleger bzw. Betreuer bestellt ist, erlitt am 18. April 1978 bei einem Verkehrsunfall auf dem Weg zu einer Sportveranstaltung einen schweren Schädelbasisbruch und leidet seither an einer posttraumatischen spastischen Tertraplegie (= spastische Lähmung der Arme und Beine) verbunden mit einer geistigen Retardierung und einer Sprachstörung. Er ist auf die Benutzung eines Rollstuhles angewiesen. Seit August 1979 (Umschulung in die S.schule W. - Sonderschule für körperbehinderte Kinder - in L./D. und gleichzeitige Aufnahme in das dortige Schulinternat) erhält der Kläger durch den Beklagten, in dessen Zuständigkeitsbereich der Kläger und seine Eltern zum Unfallzeitpunkt wohnten, Eingliederungshilfe nach den §§ 39 ff. Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Durch Schreiben vom 13. Mai 1981 teilte der Kommunale Schadenausgleich H. dem Beklagten mit, dass er dem Kläger eine Invaliditätsentschädigung in Höhe von 50.000,-- DM zur Verfügung stelle, und erläuterte diese Zahlung auf Nachfrage des Beklagten unter dem 10. Juni 1981 wie folgt:
Die Einbeziehung der organisierten Sportjugend in den Deckungsschutz der Verrechnungsstelle Schülerunfall des Kommunalen Schadenausgleich H. geschieht unter dem Gesichtspunkt der kommunalen Fürsorge. Leistungen werden ausschließlich freiwillig und aus sozialen Gesichtspunkten zur Verfügung gestellt. Die Abgeltung irgendwelcher Schadensersatzforderungen sehen die Verrechnungsgrundsätze für Schülerunfallschäden nicht vor. Es fehlt im vorliegenden Fall also an der Grundlage eines Anspruchs aus § 847 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Die von uns zur Verfügung gestellte Invaliditätsentschädigung ist eine einmalige Kapitalabfindung. Es werden anderweitige Leistungen weder berücksichtigt noch angerechnet.
§ 77 Abs. 2 BSHG findet somit keine Anwendung.
Hinsichtlich der Frage der Anrechnung dieser Invaliditätsentschädigung als Einkommen im Rahmen der Eingliederungshilfe hieß es in einem Vermerk des Beklagten vom 15. Juni 1981 unter anderem:
Bei der Kapitalabfindung dürfte es sich um eine Zuwendung i. S. von § 78 Abs. 2 BSHG handeln. Nach § 78 Abs. 2 BSHG sollen Zuwendungen als Einkommen außer Betracht bleiben, soweit ihre Berücksichtigung für den Hilfeempfänger eine besondere Härte bedeuten würde.
Die bisherigen Erfahrungen mit der Familie H. (s. auch Vorgänge bei HzL und Amt 43) lassen den Schluß zu, daß beim Zugriff des Sozialhilfeträgers auf den Betrag von 50.000,-- DM dies zu Lasten des behinderten Kindes J. geht (Herausnahme aus der Heimbetreuung). Ein Ersatzanspruch auf die Invaliditätsentschädigung würde mithin eine besondere Härte für den Hilfeempfänger darstellen.
Es sollte demnach gem. § 78 Abs. 2 BSHG auf die Anrechnung des Betrages von 50.000,-- DM verzichtet werden. Durch das Jugendamt muß zuvor jedoch sichergestellt werden, daß die Summe nicht im allgemeinen Familieneinkommen untergeht (Hausbau), sondern sie dem behinderten Kind J. - nach Volljährigkeit - für seine Ausbildung bzw. die durch die Behinderung bedingten erforderlichen Mehraufwendungen gegenüber Nichtbehinderten zur Verfügung steht.
Entsprechend dieses Vermerkes eröffnete das Jugendamt des Beklagten für die von dem Kommunalen Schadenausgleich H. gezahlte Entschädigungsleistung bei der Kreissparkasse O. ein Sparkonto, das bis zur Volljährigkeit des Klägers mit einem Sperrvermerk zugunsten des Jugendamtes versehen war, wobei ca. 35.000,-- DM als Sparkassenbrief höherverzinslich angelegt wurden. In der Folgezeit erfolgten verschiedentlich mit Zustimmung des Beklagten auch Auszahlungen an die Eltern des Klägers von diesem Sparkonto. Beispielsweise wurden 10.000,-- DM an den Vater des Klägers für behinderten bedingte Mehraufwendungen beim Neubau eines Wohnhauses ausgekehrt. Nachdem festgestellt worden war, dass die Auszahlungen von dem Sparkonto des Klägers durch seine Eltern nicht zweckentsprechend verwendet worden waren, wurde im Jahre 1983 zunächst das Jugendamt des Landkreises O., in dessen Zuständigkeitsbereich die Eltern des Klägers nunmehr lebten, mit der Vermögenssorge durch das Vormundschaftsgericht betraut, die als Gebrechlichkeitspflegschaft im Oktober 1986 auf den heutigen Betreuer des Klägers überging.
Im März 1983 zog der Kläger aus dem Internat der S.schule W. in ein Kinderheim - Einrichtung F. - der Vereinigten Anstalten d. I. M. e. V. in B.-L.. Nach Beendigung des Sonderschulbesuches im Juni 1987 wurde er in eine Wohngruppe für Erwachsene der Einrichtung F. verlegt und durchlief zwei Jahre lang den Arbeitstrainingsbereich der Werkstatt für Behinderte - M. - in B.. Im April 1990 erfolgte die Übernahme des Klägers in den Arbeitsbereich der Werkstatt M., wo er auch heute noch tätig ist.
Sowohl die Kosten der Unterbringung und Betreuung des Klägers in der Einrichtung F. als auch die Kosten für den Besuch der Werkstatt für Behinderte (WfB) werden aus Mitteln der Eingliederungshilfe aufgrund entsprechender Anerkenntnisse des überörtlichen Sozialhilfeträgers (Nds. Landesamt für Zentrale soziale Aufgaben - Landessozialamt -) übernommen.
Ende April 1993 wurde der Kläger in eine Außenwohngruppe der Einrichtung F. verlegt. Nachdem sein Betreuer dem Beklagten im Oktober 1994 mitgeteilt hatte, dass der Kläger wieder auf das Gelände von F. zurückgekehrt sei, weil er mit dem Leben in der Außenwohngruppe nicht zurechtgekommen sei, forderte der Beklagte sowohl bei der Einrichtung F. als auch bei der Werkstatt M. einen Entwicklungsbericht über den Kläger an.
Auf diese Anforderung nahm die Einrichtung F. unter dem 20. Dezember 1994 unter anderem wie folgt Stellung:
Herr H. hat inzwischen auf eigenen Wunsch einen Versuch gemacht, in einer unserer Außenwohngruppen zu leben. Anfangs hat er sich auch große Mühe gegeben, den Anforderungen einer solchen Wohnform gerecht zu werden. Es zeigte sich jedoch, daß er damit überfordert war. Offenbar sind die durch die Hirnverletzung bedingten Verhaltensauffälligkeiten nur durch langfristiges pädagogisches Arbeiten mit ihm zu bessern, denn Herr H. zeigt sich im Grunde immer einsichtig und verspricht, an sich zu arbeiten, er benötigt jedoch dazu unbedingt die Hilfe des Personals.
Herr H. wurde deshalb Anfang Oktober wieder in unserem Haus 9 K aufgenommen, wo wir ihm allerdings ein kleines Appartement eingerichtet haben, da er inzwischen erwachsen ist und durch das Leben in der Außenwohngruppe doch eine gewisse Selbständigkeit erreicht hatte.
Sehr intensiv läuft jedoch seine psychosoziale und pädagogische Begleitung, und Herr H. ist bemüht, diese Hilfen zu bekommen. Wir denken, daß er über diesen Weg langfristig doch noch soviel Steuerungsfähigkeit erreichen kann, daß es ihm eines Tages möglich sein wird, in eine andere Wohnform zu wechseln.
In dem Entwicklungsbericht der Werkstatt M. vom 20. Februar 1995 hieß es unter anderem:
Zusammenfassend ist zu sagen, daß Herr H. stetige, kleine Fortschritte gemacht hat. Da er grundsätzlich neugierig, lernorientiert und sehr kommunikativ ist, ist davon auszugehen, daß er auch in Zukunft eine positive Entwicklung beibehält. Dennoch wird er auf Grund seiner Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelbar sein und somit weiterhin in der WfB beschäftigt sein.
Eine von dem Betreuer des Klägers am 20. September 1995 vorgelegte Vermögensübersicht (Stand: 31. 8. 1995) wies auf zwei Sparbüchern ein Guthaben in Höhe von insgesamt 61.010,42 DM aus.
Durch Bescheid vom 17. November 1995 forderte der Beklagte den Kläger auf, von seinem Vermögen zunächst einen Teilbetrag in Höhe von 11.510,42 DM einzusetzen und diesen Betrag an die Kreiskasse zu überweisen. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG dürfe die Sozialhilfe nicht von dem Einsatz oder der Verwertung kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte abhängig gemacht werden. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 b Durchführungsverordnung (DVO) zu dieser Vorschrift seien kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte bei der hier gegebenen Hilfe in besonderen Lebenslagen 4.500,-- DM, so dass von dem Gesamtsparguthaben ein verwertbares Vermögen in Höhe von 56.510,42 DM verbleibe. Nach § 88 Abs. 3 BSHG dürfe die Sozialhilfe ferner nicht von dem Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen habe, eine Härte bedeute. Dies sei bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert werde. Bei der Beurteilung der Härte genüge die Erwägung, dass die Verwertung den Hilfesuchenden hart treffe, allein noch nicht. Auch die Ursache der Not spiele in der Regel ebenso wenig wie die Herkunft des Vermögens eine entscheidende Rolle. Es gebe aber Situationen, wo die Herkunft des Vermögens dieses so präge, dass seine Verwertung sehr wohl eine Härte darstellen könne. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn das Vermögen auf eine Kapitalabfindung oder Nachzahlung zurückgehe, die als Einkommen nach § 77 Abs. 2 BSHG anrechnungsfrei sei. Diese Vorschrift habe hier aber, wie sich aus dem Schreiben des Kommunalen Schadenausgleich H. vom 10. Juni 1981 ergebe, bei der an den Kläger gezahlten Invaliditätsentschädigung keine Anwendung gefunden. Er - der Beklagte - habe vielmehr 1981 von dem Einsatz der gezahlten 50.000,-- DM zunächst abgesehen, um dem seinerzeit 13jährigen Kind die finanziellen Mittel für eine Ausbildung nach Erreichen der Volljährigkeit zu belassen bzw. die durch die Behinderung bedingten erforderlichen Mehraufwendungen gegenüber Nichtbehinderten auszugleichen. Seit dieser Zeit hätten sich aber die Lebensverhältnisse des Klägers erheblich verändert. Es stehe heute fest, dass wegen seiner Behinderung eine Vermittlung auf dem freien Arbeitsmarkt nicht in Frage komme und er weiterhin auf einen Arbeitsplatz in einer Werkstatt für Behinderte angewiesen sei. Somit sei der erste Grund für ein weiteres Freilassen des Vermögens im Rahmen der Härteregelung entfallen. Von dem Vermögen in Höhe von 56.510,42 sei daher der 45.000,-- DM übersteigende Betrag von 11.510,42 DM für die Finanzierung des Werkstattbesuches einzusetzen. Ergebe seine weitere Prüfung, dass der Kläger eine realistisch erscheinende Veränderung seiner Wohn- und Lebenssituation (z. B. Umzug in eine andere Wohnform, hier: das betreute Wohnen) nur mit Hilfe des von ihm zunächst noch nicht in Anspruch genommenen Vermögens umsetzen könne, sei er - der Beklagte - bereit, das Vermögen für diesen Zweck in der notwendigen Höhe frei zu lassen.
Gegen diesen Bescheid des Beklagten legte der Betreuer des Klägers am 11. Dezember 1995 Widerspruch ein und vertrat insbesondere die Auffassung, dass § 77 Abs. 2 BSHG Anwendung finde.
Nachdem die Einrichtung F. in einem weiteren Entwicklungsbericht vom 29. Mai 1996 zusammenfassend festgestellt hatte, dass ein Umzug des Klägers in eine eigene Wohnung oder auch in ein Betreutes Wohnen gegenwärtig wegen seiner problematischen Verhaltensweisen, wegen seines Hilfebedarfs und aufgrund der Erfahrungen in der Außenwohngruppe nicht vorstellbar, die weitere Entwicklung aber abzuwarten sei, forderte der Beklagte den Kläger durch Bescheid vom 10. Oktober 1996, abgesandt am 18. Oktober 1996, auf, auch sein Restvermögen in Höhe von 45.500,-- DM einzusetzen und an die Kreiskasse zu überweisen, weil er auf absehbare Zeit nicht in der Lage sei, in eine selbständigere Wohnform umzuziehen und daher die Inanspruchnahme des Restvermögens für ihn keine Härte bedeute.
Hiergegen erhob sein Betreuer am 15. November 1996 Widerspruch und führte zur Begründung unter anderem aus: Die Leistung der Kommunalen Schadenausgleichskasse sei auf freiwilliger Basis und aus sozialen Gesichtspunkten erfolgt. Diese Kapitalabfindung müsse so gesehen werden, dass die unfallbedingten Beeinträchtigungen durch höheren Kostenaufwand auf Lebenszeit ausgeglichen würden. Die Kosten, die dafür der Sozialhilfeträger aufwende, erfolgten immer nur im Rahmen des unbedingt Erforderlichen. Es werde immer nur der dringendste Bedarf sichergestellt. Höherwertige Aufwendungen stünden dem Charakter der Sozialhilfe entgegen. Bei dem Kläger handele es sich um einen jungen Mann, der das Leben noch vor sich habe. Wenn auch der erste Versuch, ihn von F. in eine betreute Wohneinrichtung zu verlegen, als gescheitert anzusehen sei, so bestehe doch weiterhin die realistische Möglichkeit, dass er eines Tages in eine betreute Wohnung allein oder mit anderen ziehen könne. Der dadurch entstehende Aufwand werde nicht voll durch den Sozialhilfeträger gedeckt werden können. Hinzu komme, dass der Kläger wegen seiner Kontaktfreudigkeit viel unterwegs sei. Der von dem Sozialamt dafür zur Verfügung gestellte Monatsbetrag reiche nicht aus, so dass die nicht übernommenen Kosten aus dem Vermögen des Klägers in Absprache mit ihm und der Einrichtung F. getragen würden. Weitere Aufwendungen, die aus der Kapitalabfindung gedeckt würden, kämen für Urlaubsfahrten und für die Anschaffung von Gegenständen, die dem Kläger allgemein das Leben erleichterten (z. B. Fernseher, Videorecorder), hinzu.
Während des laufenden Widerspruchsverfahrens stellte der Betreuer des Klägers durch Vertrag vom 3. Juli 2000 einen sogenannten Integrationshelfer ein, der für ein Honorar von 15,-- DM/Stunde den Kläger seit dem 1. Juni 2000 ca. fünf Stunden in der Woche auf dem Gebiet der Freizeitgestaltung betreut, begleitet und unterstützt. In einem weiteren Entwicklungsbericht der Einrichtung F. vom 30. August 2000 hieß es unter anderem:
2. Zur Betreuungssituation
Herr H. bewohnt im Haus 9K ein Einzelzimmer im Erdgeschoß, ist aber der Gruppe 7 im zweiten Stock zugehörig. Die Gruppe setzt sich aus zehn schwerst mehrfachbehinderten Männern und Frauen zusammen. Aufgrund persönlicher Bedürfnisse nach mehr Selbstbestimmung und Selbständigkeit hat sich der Aktivitätsradius von Herrn H. in den letzten Monaten erheblich erweitert. So verläßt er mittlerweile nach Absprache allein das Gelände, um öffentliche Veranstaltungen zu besuchen oder sich mit Freunden oder Familienmitgliedern zu treffen. Dies war lange Zeit nicht der Fall, weil Herr H. aufgrund einiger Zwischenfälle nur in Begleitung das Gelände verlassen sollte. Da die vermehrte Selbständigkeit für ihn wichtige Absprachen und Verbindlichkeiten erfordert, ist der Betreuungsaufwand höher geworden. Besonders in den Bereichen Lebens- und Freizeitgestaltung, Einteilung des Geldes und in der Reflexion erlebter oder Planung bevorstehender Situationen sind unterstützende Leistungen seitens der betreuenden Personen nötig.
Neben den Aktivitäten, die mit Herrn H. geplant bzw. durchgeführt werden, gibt es abgesprochene Termine mit den BezugsbetreuerInnen, um ihm bei der Gestaltung seiner Freizeit zu unterstützen. Darüber hinaus finden regelmäßig Gespräche mit der behandelnden Physiotherapeutin statt, derzeit vorrangig, um eine optimale Rollstuhlversorgung zu gewährleisten.
Als weitere Unterstützung ist seit dem 01.06.2000 Herr D. K. für Herrn H. tätig. Besonders in den Bereichen Beziehungen (auch sexueller Art), Freundschaften, Freizeitplanung, Geldeinteilung ist Herr K. als enge Bezugsperson eingesetzt. Dies hat den Vorteil, daß Freizeitaktivitäten, aber auch Probleme und Konflikte gemeinsam erlebt werden und sofort Gegenstand von Auseinandersetzungen sein können. Als männliches Gegenüber ist H. K. insbesondere im Bereich der Sexualität und bei Gesprächen über diesbezügliche Wünsche Vertrauensperson.
11. Zusammenfassung
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß Herr H. ein sehr betreuungsintensiver Bewohner ist. ... Herr H. benötigt viele Hilfen zur Orientierung und ein konsequentes Verhalten seiner BetreuerInnen, was jedoch auf keinen Fall einschränkend wirken soll. Vielmehr soll es dazu beitragen, sein eigenes Verhalten zu "spiegeln" und die Eigenwahrnehmung zu erhöhen. Die Nähe zur zusätzlichen Betreuungsperson Herrn K. erhöht die Möglichkeiten der Reflexion.
Der Umzug in einen anderen Wohnbereich und die damit verbundene Auseinandersetzung mit der neuen Wohngruppe wird ein wichtiger Schritt für Herrn H. sein. Aus unserer Sicht ist Herr H. aber nicht in der Lage, in einer ambulanten Wohnform zurecht zu kommen. Wichtig ist der Schritt vom Status des Versorgtwerdens zur unterstützten, selbständigen Lebensführung im Heimbereich.
Zum 1. Dezember 2000 zog der Kläger erneut in eine der Außenwohngruppen der Einrichtung F..
Die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide des Beklagten vom 17. November 1995 und vom 10. Oktober 1996 wies das Landessozialamt durch Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2000 mit der Maßgabe zurück, dass von dem Kläger ein Einsatz seines Vermögens mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 56.510,42 DM gefordert werde. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt:
Nach der Vermögenserklärung vom 31. August 1995 habe der Kläger über ein Vermögen in Höhe von 61.010,42 DM verfügt, so dass von ihm der Einsatz dieses Geldvermögens, soweit es den Vermögensfreibetrag von 4.500,-- DM überschreite, verlangt werden könne. § 88 Abs. 2 Nr. 1 BSHG finde keine Anwendung, weil die von dem Kommunalen Schadensausgleich gezahlte Invaliditätsentschädigung in Höhe von 50.000,-- DM ausschließlich unter fürsorgerischen Gesichtspunkten gezahlt worden sei. Darüber hinaus bedeute der Einsatz des Vermögens für den Kläger auch keine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 Satz 1 und 2 BSHG. Eine angemessene Lebensführung werde insbesondere dann wesentlich erschwert, wenn der Einsatz oder die Verwertung des Vermögens zu einer ungerechtfertigten Verschlechterung der bisherigen Lebensverhältnisse führen werde. Dies könne hier aber nicht geltend gemacht werden. Nach dem der Forderung des vollen Vermögenseinsatzes zugrunde liegenden Entwicklungsbericht vom 29. Mai 1996 erscheine ein Umzug in eine eigene Wohnung wegen der problematischen Verhaltensweisen des Klägers, seines Hilfebedarfs und aufgrund der Erfahrungen in der Außenwohngruppe nicht vorstellbar. Dem sei zu entnehmen, dass der Kläger entgegen der von seinem Betreuer vorgetragenen Auffassung zumindest noch für längere Zeit, wenn nicht gar auf Dauer der stationären Betreuung bedürfe. Ob er daher zu einem späteren Zeitpunkt in eine weniger intensiv betreute Wohnform werde umziehen können, sei zur Zeit äußerst fraglich und begründe somit keinen Anspruch auf Freilassung des Vermögens in dieser Höhe. Freizeitmaßnahmen für stationär betreute Hilfeempfänger würden durch die Einrichtung in angemessenem Umfang angeboten. Die Kosten hierfür würden im Rahmen der Sozialhilfe erstattet. Objektiv betrachtet bedeute der Einsatz des Vermögens daher für den Kläger keine Härte. Ausgerichtet am Interesse der Allgemeinheit müsse aus diesen Gründen die Nichtinanspruchnahme des Vermögens des Klägers als unangemessen und mit dem Anliegen des Sozialhilferechts unvereinbar angesehen werden.
Der Kläger hat am 27. Dezember 2000 Klage erhoben und weist ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen unter anderem noch auf Folgendes hin:
Das ursprünglich vorhandene Vermögen sei durch jährliche Zinseinnahmen angewachsen und habe sich durch jährliche Ausgaben für Bekleidung, Anschaffungen, zusätzliches Taschengeld, Urlaubskosten, Kosten für eine Zusatzbetreuung und die Vergütung für die Führung der Betreuung verringert. Sämtliche Kosten und Ausgaben seien durch seine Behinderung bedingt. Am 31. August 2000 habe sein aktuelles Vermögen 49.106,32 DM und zum 31. Januar 2001 47.244,67 DM betragen.
Bei Zahlung der Invaliditätsentschädigung sei der Beklagte bereit gewesen, die Summe nicht auf die von ihm erbrachten monatlichen Kosten anzurechnen, sondern diese dem Kläger für die individuellen und behindertenbedingten Mehraufwendungen zu belassen. Zwar sei es zutreffend, dass ein erster Wohnversuch in einer Außenwohngruppe gescheitert sei. Er habe aber seither mehr Eigenständigkeit und Verantwortlichkeit entwickelt. Seit Mitte 2000 habe er für die Wahrnehmung seiner verstärkten Aktivitäten auch und gerade im Freizeitbereich einen Bezugshelfer zur Seite, der aus seinem Vermögen bezahlt werde, weil der Beklagte eine Kostenübernahme abgelehnt habe. In seiner Stellungnahme vom 28. Juli 2000 habe der Beklagte aber zum ersten Mal darauf hingewiesen, dass auch von dort Zweifel bestünden, ob die rein stationäre Wohnform in F. noch die richtige sei. Inzwischen sei er dann auch am 1. Dezember 2000 erneut in die Außenwohngruppe gezogen. Dieser Entwicklung durch den Entzug der Invaliditätsentschädigung ein Ende zu machen, sei nicht zu verantworten und daher für ihn eine besondere Härte.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide des Beklagten vom 17. November 1995 und vom 10. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Nds. Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben vom 7. Dezember 2000 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt im Wesentlichen Bezug auf die Begründung der angefochtenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten A bis E) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Bescheide des Beklagten vom 17. November 1995 und vom 10. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Nds. Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben vom 7. Dezember 2000 erweisen sich als rechtswidrig und verletzen den Kläger daher in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), weil der von dem Kläger geforderte Einsatz seines Vermögens für ihn eine Härte bedeuten würde. Dazu im Einzelnen:
Vorauszuschicken ist zunächst, dass für die Entscheidung der vorliegenden Anfechtungsklage allein maßgeblich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung durch das Nds. Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben im Dezember 2000 ist, so dass zur Beurteilung ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zu diesem Zeitpunkt zugrunde zu legen sind und nicht die Situation aus den Jahren 1995 und 1996, in denen die Ausgangsbescheide des Beklagten ergingen, heranzuziehen ist.
Der Kläger erhielt im Dezember 2000 in zweifacher Weise auf der Grundlage des § 27 Abs. 1 Nr. 6 BSHG Hilfe in besonderen Lebenslagen in Form der Eingliederungshilfe für Behinderte, und zwar einerseits durch Unterbringung und Betreuung in einer Außenwohngruppe der Einrichtung F. in B. nach § 39 Abs. 3 Satz 2 - 3. Alternative - BSHG, deren Ziel es ist, ihn soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen, und andererseits durch Ermöglichung einer Beschäftigung in der Werkstatt für Behinderte - M. - nach § 40 Abs. 1 Nr. 6, 41 Abs. 1 Satz 1 BSHG, so dass Rechtsgrundlage für den von dem Kläger geforderten Einsatz von Vermögen daher § 88 BSHG ist.
Gemäß § 88 Abs. 1 BSHG gehört zum Vermögen im Sinne dieses Gesetzes das gesamte verwertbare Vermögen. Der Kläger verfügte hier im Dezember 2000 über verwertbares Vermögen in Form von Sparguthaben in Höhe von 47.244,67 DM und nicht, wovon der Widerspruchsbescheid des Nds. Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben noch unzutreffend ausgeht, in Höhe von 61.010,42 DM. Dass dieses vorhandene Vermögen des Klägers seinen Ursprung in der Entschädigungsleistung des Kommunalen Schadenausgleich H. in Höhe von 50.000,-- DM aus dem Jahre 1981 gehabt hat, spielt dabei an dieser Stelle keine Rolle, weil die Herkunft von Vermögen im Rahmen des § 88 Abs. 1 BSHG nicht zu prüfen ist. Aus dem Wesen der Sozialhilfe im Allgemeinen, der Aufzählung der einzelnen Schonvermögen in § 88 Abs. 2 BSHG sowie aus der Umschreibung der in § 88 Abs. 3 Satz 2 BSHG beispielsweise genannten Härtefälle folgt, dass es insbesondere auf die zukünftige Verwendung des Vermögens und nicht darauf ankommt, woher es stammt (vgl. BVerwG, Urt. v. 19. 4. 1972, NDV 1973, 304, in einem Fall, in dem Vermögen aus einer Schmerzensgeldzahlung angesammelt worden, also als Einkommen nach § 77 Abs. 2 BSHG nicht zu berücksichtigen war).
Es ist daher nunmehr zu prüfen, inwieweit dieses Vermögen des Klägers als sogenanntes Schonvermögen unter die Regelung des § 88 Abs. 1 BSHG fällt.
Eine Anwendbarkeit des § 88 Abs. 2 Nr. 1 BSHG, wonach der Einsatz oder die Verwertung eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes gewährt wird, nicht verlangt werden kann, scheidet im Falle des Klägers aus, weil die ihm durch den Kommunalen Schadenausgleich H. gewährte Invaliditätsentschädigung nicht für den Aufbau oder die Sicherung der Lebensgrundlage, geschweige denn für die Gründung eines Hausstandes gewährt worden ist. Dem Aufbau oder der Sicherung der Lebensgrundlage dienen alle Zuwendungen, die ausdrücklich dazu bestimmt sind, dem Empfänger eine eigene Tätigkeit zu ermöglichen, aus dem später der Lebensunterhalt aufgebracht werden kann (z. B. Aufbaudarlehen nach dem LAG, Berufsfürsorge nach dem BVG, Berufshilfen nach der RVO u. ä.). Der Gründung eines Hausstandes dienen alle Leistungen, die für die Erstbeschaffung einer Wohnung und ihrer Erstausstattung gewährt werden (z. B. Hauptentschädigung nach dem LAG, Kapitalabfindungen nach dem BVG u. ä.).
Daher kommt im Falle des Klägers nur § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG in Betracht, so dass sich bei der hier gewährten Eingliederungshilfe ein Schonvermögen in Höhe von 4.500,-- DM ergibt. Danach reduziert sich das von dem Kläger einzusetzende Vermögen auf 42.744,67 DM (47.244,67 abzüglich 4.500,-- DM), so dass sich die angefochtenen Bescheide bereits an dieser Stelle in jedem Fall in Höhe von 13.765,75 DM als rechtswidrig erweisen, weil der Beklagte noch einen Vermögenseinsatz in Höhe von insgesamt 56.510,42 DM gefordert hatte.
Gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG darf die Sozialhilfe ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten wurde. Dies ist bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde (§ 88 Abs. 3 Satz 2 BSHG), wobei Letzteres im Falle des Klägers von vornherein auszuschließen ist. Bei der Eingliederungshilfe zur Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte liegt nach § 88 Abs. 3 Satz 3 BSHG im Regelfall auch dann eine Härte vor, wenn das einzusetzende Vermögen den zehnfachen Betrag des Geldwertes nicht übersteigt, der sich bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. Buchstabe b der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG ergibt, das heißt nach dieser Bestimmung sollen, wenn es um den Einsatz von Vermögen für die Deckung der Kosten des Besuchs einer Werkstatt für Behinderte geht, 45.000,-- DM regelmäßig unberücksichtigt bleiben. Der im Jahre 1994 eingefügte Satz 3 des § 88 Abs. 3 BSHG greift aber nur ein, wenn Hilfe in besonderen Lebenslagen ausschließlich für den Besuch einer Behindertenwerkstatt gewährt wird. Diese Sonderregelung gilt daher nicht, wenn gleichzeitig daneben Hilfe zum Lebensunterhalt oder - wie hier - Hilfe in besonderen Lebenslagen für die Betreuung in einer stationären Einrichtung gezahlt wird. Für die Deckung dieser Kosten kann daher im Falle des Klägers, ohne dass § 88 Abs. 3 Satz 3 BSHG eingreift, grundsätzlich der Einsatz des bereinigten Vermögens in Höhe von 42.744,67 DM verlangt werden, es sei denn, es liegt hier eine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 Satz 1 und 2 BSHG vor.
Bei der Anwendung dieser Härtefallregelung ist zunächst davon auszugehen, dass der typische Sachverhalt bereits in § 88 Abs. 1 und 2 BSHG geregelt ist und daher § 88 Abs. 3 Satz 1 und 2 BSHG nur die atypischen Fälle erfasst. Das Atypische kann dabei in einer Besonderheit des Vermögensgegenstandes oder - was der Regelfall sein dürfte - in der Besonderheit des einzelnen Falles liegen. Abzustellen ist darauf, ob das in Anwendung des § 88 Abs. 1 und 2 BSHG gefundene Ergebnis den Leitvorstellungen des Gesetzes gerecht wird oder ob anhand dieser Leitvorstellungen eine Korrektur notwendig ist. Danach liegt eine Härte aber nicht schon vor, wenn der Einsatz des Vermögens von dem Hilfesuchenden als hart empfunden wird, sondern es muss objektiv eine Härte bestehen. Dabei ist insbesondere zu prüfen, welche Besonderheit der zu entscheidende Einzelfall gegenüber der Situation anderer vergleichbarer Gruppen von Hilfesuchenden aufweist, und auch das Interesse an einer sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel ist mit zu berücksichtigen. Auf die Ursache der Not kommt es in der Regel ebenso wenig wie auf die Herkunft des Vermögens an. Es gibt aber Situationen, wo die Herkunft des Vermögens dieses so prägt, dass seine Verwertung eine Härte darstellen kann. Dies ist insbesondere in den Fällen in Betracht zu ziehen, in denen das Vermögen auf eine Kapitalabfindung oder Nachzahlung zurückgeht, die als Einkommen nach §§ 76 bis 78 BSHG anrechnungsfrei wäre. Eine angemessene Lebensführung im Sinne des § 88 Abs. 3 Satz 2 BSHG wird bei der Eingliederungshilfe insbesondere dann wesentlich erschwert, wenn das Verlangen auf Einsatz des Vermögens zu einer ungerechtfertigten Verschlechterung der bisherigen Lebensverhältnisse des Hilfesuchenden führen würde. Dabei sind neben den Umständen des Einzelfalls das Lebensschicksal und die Bedürfnisse des Betroffenen zu berücksichtigen.
Gemessen an diesen rechtlichen Maßstäben haben der Beklagte und dem folgend das Nds. Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben als Widerspruchsbehörde im Falle des Klägers zu Unrecht das Vorliegen einer Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 Satz 1 und 2 BSHG verneint. Für das Vorliegen einer solchen Härte sprechen dabei nach Überzeugung der Kammer folgende, in den angefochtenen Bescheiden gar nicht oder nur unzureichend gewürdigten Umstände:
- Die von dem Kommunalen Schadenausgleich H. im Jahre 1981 freiwillig und aus sozialen Gesichtspunkten geleistete einmalige Kapitalabfindung in Höhe von 50.000,-- DM ist von dem Beklagten seinerzeit nach § 78 Abs. 2 BSHG nicht als Einkommen berücksichtigt worden.
- Es handelte sich um eine Invaliditätsentschädigung (vgl. Schreiben des KSA H. v. 10. 6. 1981) zugunsten des Klägers, bei dem das Versorgungsamt Verden bereits durch Bescheid vom 4. Dezember 1978 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 % festgestellt hatte. Daher liegt hier die Annahme fern, diese Leistung sollte dazu dienen, dem Kläger die berufliche Rehabilitation im Sinne einer Ausbildung nach Volljährigkeit zu ermöglichen, sondern wegen der Verwendung des Begriffes Invaliditätsentschädigung spricht im vorliegenden Fall alles dafür, dass dem Kläger aufgrund der bei ihm gegebenen Erwerbsunfähigkeit ein Ausgleich für entgehendes Einkommen gewährt wurde, der es ihm ermöglichen sollte, die Auswirkungen der Vollinvalidität leichter zu ertragen, sei es, dass er sich Bequemlichkeiten oder die Unterstützung dritter Personen im Sinne von schädigungsbedingten Mehraufwendungen leisten kann, sei es, dass er sich sonstige Annehmlichkeiten oder Ablenkungen verschaffen kann, auf die er ohne diese Entschädigung verzichten müsste.
- Diese mit der Invaliditätsentschädigung verfolgten Ziele beanspruchten auch noch im Dezember 2000 Geltung. So finanzierte der Kläger aus seinem auf die Zahlung des Kommunalen Schadenausgleich H. zurückzuführenden Vermögen seit Juni 2000 eine dritte Person, die ihn insbesondere auch bei seinen vielfältigen Freizeitaktivitäten unterstützt. Es wurden ferner beispielsweise zusätzliche Fahrtkosten, Urlaubsfahrten und die Anschaffung von Gegenständen, die dem Kläger das Leben erleichtern, aus dem Vermögen bezahlt, so dass der Kläger auf Vieles, was seine Lebensqualität ausmacht, verzichten müsste, wenn ihm sein Vermögen nicht mehr zur Verfügung stünde. Hinzu kommt, dass das Hauptargument, das den Beklagten zu seiner Forderung nach einem Vermögenseinsatz veranlasst hat, bis zu dem maßgeblichen Erlass des Widerspruchsbescheides schon wieder entfallen war. Ausgangspunkt für das Tätigwerden des Beklagten war die Mitteilung des Betreuers des Klägers vom Oktober 1994, wonach der Versuch, den Kläger in einer Außenwohngruppe unterzubringen, gescheitert war. Dies führte bei dem Beklagten zusammen mit den Entwicklungsberichten der Einrichtung F. vom 20. Dezember 1994 und 29. Mai 1996 zu dem - seinerzeit durchaus nachvollziehbaren - Ergebnis, dass dem Kläger zukünftig ein Leben in einer eigenen Wohnung bzw. in einer betreuten Wohnform nicht möglich sein werde. Gleichwohl lebt der Kläger seit dem 1. Dezember 2000 wieder in einer der Außenwohngruppen der Einrichtung F., ohne dass dieser Umstand aber bei der Entscheidung des Nds. Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben überhaupt eine Rolle gespielt hat.
Angesichts der vorstehenden besonderen Umstände des Einzelfalles geht die Kammer davon aus, dass jedenfalls im Dezember 2000 der von dem Kläger geforderte Einsatz seines Vermögens für ihn eine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 Satz 1 und 2 BSHG bedeutet hätte, so dass die angefochtenen Bescheide insgesamt aufzuheben waren.