Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 13.12.2016, Az.: 4 A 106/16

Heimerziehung; Jugendhilfeträger; Kostenerstattung; Privatschule; Schulkosten; Schulträger

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
13.12.2016
Aktenzeichen
4 A 106/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43363
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Schulkosten einer Privatschule können nur im Ausnahmefall Gegenstand einer Jugendhilfemaßnahme sein, da es gemäß § 101 Abs.1 NSchG Sache des Schulträgers ist, das notwendige Schulangebot auch für solche Schüler vorzuhalten, die aufgrund einer auswärtigen stationären Jugendhilfemaßnahme in seinem Zuständigkeitsbereich wohnen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung von nicht gedeckten Schulkosten.

Der Kläger betreibt als freier Träger der Jugendhilfe im Landkreis Uelzen, d.h. im Zuständigkeitsbereich des beigeladenen Schulträgers, eine Jugendhilfeeinrichtung und zugleich die E. F. G., eine staatlich anerkannte Förderschule mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung. In der genannten Jugendhilfeeinrichtung sind stationär auch Kinder von auswärtigen Jugendhilfeträgern untergebracht, so auch aus dem Bereich des Beklagten. Einige der in der Jugendhilfeeinrichtung lebenden Kinder werden an der vom Kläger betriebenen Privatschule beschult. Im Schuljahr 2014/2015 besuchten insgesamt 103 Schüler die F.. Davon hatten 28 Schüler ihren regulären Wohnsitz im Landkreis Uelzen. Die restlichen 75 Schüler kamen aus anderen Landkreisen, wobei 21 davon als stationäre Maßnahme der Jugendhilfe nach § 34 SGB VIII von auswärtigen Jugendhilfeträgern in der genannten Jugendhilfeeinrichtung untergebracht waren. Die staatliche finanzielle Förderung für die Privatschule reicht nach Vortrag des Klägers nicht aus, um die tatsächlichen Kosten der Schule zu decken. In der Vergangenheit wurden die nicht gedeckten Schulkosten vom Kläger jährlich kalkuliert, auf die jeweiligen Schüler umgerechnet und unter Offenlegung dieser Kalkulation zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen verhandelt. Über die Höhe der monatlichen Schulrestkosten pro Schüler schlossen der Kläger und der Beigeladene sodann jährlich im Voraus eine Vereinbarung. In der Vereinbarung vom 22. Januar 2015 heißt es, dass der Beigeladene für das Jahr 2015 pro Schüler und Monat Schulrestkosten in Höhe von 397,01 EUR anerkennt und ein Gewinn- und Verlustausgleich nicht stattfindet. Für das Jahr 2016 wurde ein Betrag von 413,46 EUR festgelegt. Die so ausgehandelten Schulrestkosten wurden in der Vergangenheit auch vom Beklagten für diejenigen Schüler erstattet, die ursprünglich als Jugendhilfefall aus seinem Bereich stammen. Der Beigeladene hält eine eigene Förderschule mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung nicht vor. Zwischen dem Beigeladenen und dem Kläger bestehen keine Vereinbarungen dergestalt, dass der Kläger insoweit für den Beigeladenen diese Privatschule unterhält und betreibt.

Per Email im April 2015 und nochmals schriftlich am 15. Mai 2015 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er im Hinblick auf ein Urteil des Nds. Oberverwaltungsgerichts ab dem 1. Mai 2015 für die in der Jugendhilfeeinrichtung des Klägers untergebrachten Kinder, die aus seinem Zuständigkeitsbereich stammen, anteiliges Schulgeld nicht mehr zahlen werde. Nach dem zitierten Urteil des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 25. März 2013 (2 LB 18/11) sei davon auszugehen, dass die Beschulung der Kinder, die stationär in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht seien, Sache des örtlichen Schulträgers, d.h. hier des Beigeladenen sei. Die Schulkosten seien nicht vom jeweiligen Jugendhilfeträger aus Mitteln der Jugendhilfe zu übernehmen.

Der Kläger wandte sich daraufhin an den Beigeladenen. Dieser lehnte mit Schreiben vom 9. September 2015 eine Übernahme der Schulrestkosten für Kinder, die von auswärtigen Jugendhilfeträgern beim Kläger untergebracht sind, ebenfalls ab. Zur Begründung führte er aus, die Finanzierung der Privatschule sei Sache des Klägers. Der Kläger nehme insoweit auch nicht Aufgaben des Landkreises wahr. Seit Einführung der Inklusion im Jahre 2012 könnten Schüler mit einem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung grundsätzlich eine staatliche Regelschule besuchen. Auch mangels entsprechender Schülerzahlen müsse er als Schulträger insoweit eine spezielle Förderschule nicht vorhalten. Er sei auch nicht bei der Entscheidung eingebunden, wenn auswärtige Jugendhilfeträger Kinder in G. unterbringen und dort vor Ort in der F. beschulen lassen. Der Kläger müsse sich daher an die Person oder Institution wenden, die mit der Privatschule den privatrechtlichen Bildungsvertrag geschlossen habe.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 29. Oktober 2015 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung auf, für die Schüler H. I. J. und K. J. Schulrestgeld in Höhe von insgesamt 4.764,12 EUR zu zahlen (Mai bis November 2015 x 2 x 397,01 EUR). Zugleich forderte er den Beklagten auf, wegen der künftigen Schulrestkosten mit dem Kläger eine generelle Vereinbarung zu schließen. Anderenfalls behalte er sich vor, die genannten Kinder nicht mehr zu beschulen. Beide Kinder würden aus dem Landkreis Lüneburg stammen und eine integrative Beschulung innerhalb des Landkreises Lüneburg würde weit höhere Kosten verursachen. Das zitierte Urteil des Nds. Oberverwaltungsgerichts sei vorliegend nicht einschlägig. Dort sei es um eine Förderschule mit dem Schwerpunkt „geistige Entwicklung“ gegangen, die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen vom DRK für den Landkreis betrieben worden sei. Eine gesetzliche Verpflichtung des Beigeladenen, selbst oder durch einen Dritten eine Förderschule mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung vorzuhalten, bestehe wegen der geringen Schülerzahlen und im Hinblick auf die Möglichkeit der inklusiven Beschulung solcher Kinder an den allgemeinbildenden Schulen demgegenüber nicht. Zahlungspflichtig sei vorliegend der Beklagte, da er im Rahmen der Jugendhilfe die stationäre auswärtige Unterbringung der beiden Schüler in der Jugendhilfeeinrichtung des Klägers veranlasst habe. Der Besuch der angegliederten Privatschule sei Teil des Konzeptes einer stationären Unterbringung in der Jugendhilfeeinrichtung. Ohne die Beschulung an der F. in G. sei für die Kinder eine angemessene Schulbildung nicht zu erreichen. Der Beklagte habe die Erziehungsberechtigten auch nicht bedrängt, dass die Schüler eine staatliche Regelschule besuchen.

Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 18. November 2015 eine Kostenerstattung der Schulrestkosten ab. Beide Schüler seien stationär in G. untergebracht, so dass der Landkreis Uelzen für eine angemessene Beschulung Sorge tragen müsse.

Der Kläger hat am 21. April 2016 Klage erhoben, mit der er die auf den Schüler K. L. J. entfallenden Schulrestkosten für den Zeitraum Mai 2015 - April 2016 in Höhe von 4.829,92 EUR (8 Monate x 397,01 EUR + 4 Monate x 413,46 EUR) geltend macht. Der Kläger hat sein bisheriges Vorbingen vertieft. Dass der Schüler K. L. J. inklusiv eine staatliche Regelschule besuchen könnte, habe nicht zur Debatte gestanden und sei vom Beklagten nie gefordert worden. Gemäß Bescheid der Nds. Landesschulbehörde vom 8. August 2012 liege bei K. L. J. ein sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung vor und die Landesschulbehörde habe ihr Einverständnis erklärt, dass Torben die F. besuche, um diesen Förderbedarf abzudecken. Die Klage diene den Beteiligten als Musterverfahren, da weitere Schüler aus dem Landkreis Lüneburg in der Jugendhilfeeinrichtung des Klägers untergebracht seien und von dort aus die Privatschule in G. besuchen würden. Bis zur Rechtsklärung, ob und wer für die Schulrestkosten aufkommen muss, zahle der Beklagte an den Kläger für diese Schüler die Schulrestkosten unter dem Vorbehalt der Rückzahlung.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Schulrestkosten für den Besuch des Schülers K. L. J. an der F. G. im Zeitraum Mai 2015 bis April 2016 in Höhe von insgesamt 4.829,92 EUR zu zahlen, sowie

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die weiteren Schulrestkosten in der jeweiligen Höhe ab dem 1. Mai 2016 bis zum Ausscheiden des Schülers K. L. J. von der F. G. an den Kläger zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist dem Begehren des Klägers entgegengetreten. Der Kläger sei schon nicht klagebefugt. Etwaige Jugendhilfeleistungen erbringe der Beklagte an die Eltern bzw. Sorgeberechtigten des Jugendlichen. Er als Jugendhilfeträger gebe dann eine Kostenzusage für die Jugendhilfeleistung auf Grundlage einer vorher geschlossenen Leistungs- und Entgeltvereinbarung ab. Die Auswahl der Einrichtung, in der der Jugendliche untergebracht und betreut werde, stehe grundsätzlich den Eltern/Sorgeberechtigten zu. Sie hätten ein Wunsch- und Wahlrecht. Er prüfe nur, ob die stationäre Jugendhilfeeinrichtung geeignet sei und ob unverhältnismäßige Mehrkosten entstehen. Mit dem Kläger sei zuletzt am 11. Dezember 2015 eine Entgeltvereinbarung geschlossen worden. Der Besuch der F. sei nicht Inhalt der Jugendhilfemaßnahme. Auch nach der Leistungsbeschreibung des Klägers sei der Besuch der F. eine individuelle Sonderleistung. Diese spezielle Leistung habe der Beklagte im Fall K. L. J. nicht bewilligt. Seine Kostenzusage vom 20. Juni 2013, die er gegenüber dem Kläger betreffend des Jugendlichen M. L. J. abgegeben habe, erstrecke sich nur auf die Leistung der Heimerziehung. Der Besuch der dortigen Förderschule sei auch nicht Grundlage der Heimunterbringung gewesen. Als Jugendhilfeträger entscheide er nicht darüber, welche Schule der Jugendliche zu besuchen habe. Diese Entscheidung sei durch Bescheid vom 8. August 2012 seitens der Nds. Landesschulbehörde getroffen worden. Auch aus dem Nachranggrundsatz in § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ergäbe sich, dass die Verpflichtung anderer - hier des Beigeladenen als örtlicher Schulträger - im Falle der Gewährung von Jugendhilfe unberührt bleibe.

Der Beigeladene hat einen Antrag nicht gestellt. Er hält die Klage für begründet und hat sich der Argumentation des Klägers angeschlossen. Der Beklagte habe den Kläger mit einer privaten Beschulung des Jugendlichen beauftragt und müsse daher auch die nicht gedeckten Restkosten hierfür tragen. Es wäre dem Beklagten alternativ möglich gewesen, den Jugendlichen in einer öffentlichen Schule des Landkreises Uelzen inklusiv beschulen zu lassen. Insoweit habe sich zum 1. August 2012 die Rechtslage für Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarf geändert. Eine inklusive Beschulung sei nunmehr der Regelfall.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf anteilige Zahlung der nicht gedeckten Schulkosten.

Ein Zahlungsanspruch ergibt sich nicht aus vertraglicher Verpflichtung. Das Sorgerecht für K. L. J. lag zum Zeitpunkt der Aufnahme in die F. G. ausweislich des Hilfeplans vom 11. März 2013 bei dessen Eltern. Der Beklagte führt zu Recht aus, dass es allein den sorgeberechtigten Eltern oblag zu entscheiden, an welcher Schule ihr Sohn beschult wird (vgl. §§ 4 Abs. 1 Satz 2, 59 Abs. 1 Satz 1 NSchG). Die Aufnahme eines Schülers an einer Privatschule erfolgt üblicherweise durch vertragliche Vereinbarung zwischen dem Schulträger und den Sorgeberechtigten und in der vertraglichen Vereinbarung sind dann regelmäßig die Höhe eines zu entrichtenden Schulgeldes und sonstige Rechte und Pflichten geregelt. Einen solchen Vertrag bezüglich der Aufnahme von K. und eine etwa hierin enthaltene Kostenübernahmeerklärung des Beklagten hat der Kläger nicht vorgelegt. Die Vereinbarung zwischen der E. F. G. und dem Beigeladenen vom 22. Januar 2015, in der der Beigeladene für das Jahr 2015 pro Schüler und Monat Schulrestkosten in Höhe von 397,01 EUR anerkannt hat, begründet ebenfalls keinen vertraglichen Zahlungsanspruch des Klägers, da nicht ersichtlich ist, dass der Beklagte dieser Vereinbarung beigetreten ist und eine Zahlungspflicht auch für den Jugendhilfefall K. L. J. akzeptiert hat. Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, trifft es im Übrigen auch nicht zu, dass der Beklagte im Rahmen der Vertragsverhandlungen über die Schulrestkosten für 2015 beteiligt worden ist, wie der Kläger in seiner Klageschrift noch behauptet hatte.

Ein Zahlungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten ergibt sich auch nicht aufgrund individueller Kostenzusage. Zwar hat der Beklagte im Rahmen der Gewährung von Jugendhilfe für K. L. J. unter dem 20. Juni 2013 gegenüber dem Kläger als Leistungserbringer eine Kostenzusage abgegeben. Diese Kostenzusage erstreckt sich ihrem Inhalt nach aber nur auf die „Heimerziehung nach § 34“ SGB VIII „entsprechend dem anliegenden Hilfeplan“. Im Hilfeplanprotokoll vom 11. März 2013 finden sich keine Ausführungen dazu, dass anteilig Schulkosten übernommen werden. Im Hilfeplanprotokoll wird für K. L. J. eine „stationäre Erziehungshilfe“ ab dem 14. März 2013 bis 31. März 2023 vorgeschlagen und ausgeführt, dass die teilstationäre Maßnahme (Tagesschulunterbringung) zum 13. März 2013 beendet und K. L. am 14. März 2013 im E. G., Gruppe 2, aufgenommen wird. Nach dem unstreitigen Vorbringen des Beklagten stellt der Besuch der F. nach der Leistungsbeschreibung des Klägers für den stationären Bereich eine individuelle Sonderleistung dar. Es ist nicht dargetan, dass eine stationäre Aufnahme im Bereich Jugendhilfe G. zwangsläufig beinhaltet, dass die stationär aufgenommenen Jugendlichen die F. besuchen. Dem steht unter anderem entgegen, dass die F. nur die Grundschule und die Hauptschule als Schulformen anbietet und dort lediglich der Hauptschulabschluss nach der 9. Klasse und der Abschluss der Förderschule Lernen erlangt werden können. Aus dem Hilfeplanprotokoll erschließt sich eben so wenig, dass aus Sicht der Jugendhilfe davon ausgegangen worden ist, dass für K. L. J. der Besuch einer staatlichen Förderschule oder eine inklusive Beschulung an einer staatlichen Regelschule ausgeschlossen sind. Bezüglich der schulischen Situation ist im Hilfeplanprotokoll lediglich bemerkt, dass K. regelmäßig zur Schule geht.

Entgegen der Auffassung des Klägers folgt ein Zahlungsanspruch auch nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nach § 27 SGB VIII haben die Personensorgeberechtigten. Die Heimerziehung nach § 34 SGB VIII ist eine mögliche Hilfeform. Sie wird regelmäßig nicht durch den Jugendhilfeträger selbst, sondern durch Dritte (Leistungserbringer) umgesetzt. Weder § 34 SGB VIII noch § 91 Abs. 5 SGB VIII besagen indes, dass bei einer Heimerziehung der Jugendhilfeträger dem Leistungserbringer anfallende Schulkosten ersetzen muss.

Der Umstand, dass der Beklagte bis einschließlich April 2015 die anteiligen Schulrestkosten für K. L. J. aus Mitteln der Jugendhilfe getragen hat, begründet nach Auffassung der Kammer ebenfalls nicht die Verpflichtung des Beklagten, diese Kosten weiterhin zu übernehmen. Zwar mag zwischen den Beteiligten bei der stationären Aufnahme von K. L. J. unstreitig gewesen sein, dass dieser vor Ort die F. besuchen wird und hierfür Schulrestkosten anfallen. Ferner mag es zutreffen, dass der Beklagte anfänglich selbst davon ausgegangen ist, dass er verpflichtet sei, die Schulrestkosten aus Mitteln der Jugendhilfe zu erstatten. Dieses beruhte indes auf einem Rechtsirrtum. Ohne bindende vertragliche Vereinbarung oder individuelle Kostenzusage ist der Beklagte nicht verpflichtet, auch weiterhin diese Schulrestkosten im Wege der Jugendhilfe zu übernehmen. Ob der Beklagte in der Vergangenheit gezahlte Schulrestkosten zurückfordern kann oder der Kläger sich insoweit auf Vertrauensschutz berufen kann, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Da K. L. J. im hier zu betrachtenden Zeitraum unstreitig im Landkreis Uelzen gewohnt hat, kann der Kläger auch nicht mit Erfolg geltend machen, es sei Aufgabe des Beklagten, aus dessen Bereich der Jugendhilfefall stamme, für eine Beschulung dieses Jugendlichen zu sorgen. Örtlicher Schulträger ist vielmehr der Beigeladene. Dieser hat das notwendige Schulangebot vorzuhalten (§ 102 NSchG). Einen Schutz des Einrichtungsortes - wie im Jugendhilferecht bei der Regelung der Kostenträgerschaft - sieht das Schulrecht nicht vor. Aus welchen Gründen ein Schüler seinen Wohnsitz im Landkreis genommen hat, ist schulrechtlich ohne Belang. Dem liegt zugrunde, dass die Vermittlung einer Schulbildung Aufgabe der Schule und nicht der Jugendhilfe oder der Sozialhilfe ist, so dass der Schulbesuch vorrangig Regelungsgegenstand des Schulrechts und nicht der jugend- und sozialhilferechtlichen Vorschriften ist. Die Schulbildung als Kern der pädagogischen Arbeit obliegt allein den Schulträgern (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 25.3.2013 - 2 LB 18/11 - m.w.N., zitiert nach Juris).

Die Übernahme allgemeiner Beschulungskosten von Jugendlichen mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf kann allerdings dann eine Hilfemaßnahme nach dem Jugendhilferecht darstellen, wenn aufgrund besonderer individueller hilfebedingter Umstände eine inklusive Beschulung an einer staatlichen Regelschule oder der Besuch einer vorhandenen öffentlichen Förderschule nicht möglich sind. Für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles ist hier indes nichts dargetan. Insbesondere aus dem Hilfeplanprotokoll vom 11. März 2013 erschließt sich nicht, dass aus Sicht der Jugendhilfe die Beschulung von K. L. allein an der F. in G. möglich war und ist. Der Beigeladene hat hierzu ausgeführt, dass auch eine inklusive Beschulung an einer Regelschule denkbar wäre. Er hat zu Recht auf die zum 1. August 2012 eingetretenen Änderungen im niedersächsischen Schulrecht hingewiesen, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine flächendeckende inklusive Beschulung von Kindern mit Förderbedarf geschaffen hat und diese Beschulungsform den Regelfall darstellen soll (vgl. § 4 NSchG). Der Kläger hat ebenfalls nicht aufgezeigt, aus welchen Gründen im Einzelnen eine inklusive Beschulung im hier zu betrachtenden Zeitraum nicht realisierbar gewesen wäre. Soweit er vorträgt, der Beklagte habe nicht gefordert oder darauf gedrängt, dass K. L. J. auf eine staatliche Regelschule oder eine andere Förderschule wechselt, besagt dies nicht, dass eine anderweitige Beschulung nicht möglich gewesen wäre.

Aus schulrechtlicher Sicht bestand keine Verpflichtung, Torben an der F. G. unterrichten zu lassen. Im Tenor des Bescheides der Nds. Landesschulbehörde vom 8. August 2012 ist lediglich festgestellt worden, dass bei K. ein sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung vorliegt. Eine Schulzuweisung an die F. ist im Bescheid nicht ausgesprochen worden und konnte seitens der Landesschulbehörde schon deshalb nicht erfolgen, weil es sich hierbei um eine Privatschule handelt. Im Förderbescheid der Nds. Landesschulbehörde ist daher ergänzend lediglich ausgeführt, dass Einverständnis mit einer Beschulung von K. L. J. an der F. besteht, weil die Landesschulbehörde davon ausgeht, dass der Förderbedarf dort abgedeckt werden kann. Damit ist nicht besagt, dass etwa eine inklusive Beschulung nicht möglich war und ist.

Selbst wenn - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung behauptet hat - die Beschulung von K. L. J. auf der F. die einzig denkbare geeignete Unterrichtsform sein sollte, so ist dies nicht Gegenstand der Kostenzusage des Beklagten vom 20. Juni 2013 und des Hilfeplanprotokolls geworden. Nur die Eltern/Sorgeberechtigten von K. L. J. hätten die Möglichkeit, vom Beklagten eine entsprechende Erweiterung der bewilligten Jugendhilfemaßnahme „Heimerziehung“ geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Gründe der Billigkeit, dass der Kläger auch die Kosten des Beigeladenen trägt, bestehen nicht, da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung wird vom Gericht zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Schuljahr 2014/2015 haben 20 weitere Schüler, die stationär nach § 34 SGB VIII von auswärtigen Jugendhilfeträgern in der Jugendhilfeeinrichtung in G. untergebracht worden waren, die F. besucht. Wer die Schulrestkosten zu tragen ist, ist hier ebenfalls im Streit. Der Beklagte zahlt die Kosten nur noch unter Vorbehalt. Ferner sind beim erkennenden Gericht Verfahren aus dem Bereich anderer Privatschulen anhängig, in denen Jugendhilfeträger ihrerseits auf Rückerstattung von Schulrestkosten klagen, die im Rahmen der Gewährung von Jugendhilfe entrichtet worden sind.