Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 13.12.2016, Az.: 8 A 175/16

Abschiebung; Abschiebungsverbot; Drittstaatenbescheid; Mutter und Kind; Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
13.12.2016
Aktenzeichen
8 A 175/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43360
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Asylantrag kann nur dann als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abgelehnt werden, wenn das Bundesamt nachweist, dass ein Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat.

2. Die Entscheidung des Bundesamts in Ziff. 1, einen Asylantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abzulehnen, bleibt grds. auch dann bestehen, wenn die Abschiebungsandrohung in Ziff. 2 des Bescheids aufgehoben wird. Anderes folgt auch nicht aus § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG.

Tatbestand:

Die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2), die im Jahr 2010 in Libyen geborene Tochter der Klägerin zu 1), sind eritreische Staatsangehörige. Sie wenden sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 18. November 2015.

Die Klägerin zu 1) verließ nach eigenen Angaben im Oktober 2008 ihr Heimatland und reiste über Äthiopien und Sudan nach Libyen, wo ihre Tochter, die Klägerin zu 2), geboren wurde. Nach einem Jahr und 8 Monaten reisten die Klägerinnen zunächst weiter nach Italien, wo sich die Klägerinnen weitere zwei Jahre aufhielten, bevor sie in die Bundesrepublik Deutschland einreisten und am 27. Februar 2014 einen förmlichen Asylantrag stellten.

In der Anhörung bei der dem Bundesamt gab die Klägerin zu 1) an, in Italien gegen ihren Willen einen Asylantrag gestellt zu haben und daraufhin als Flüchtling anerkannt worden zu sein. Sie wolle nicht nach Italien zurückkehren, weil sie dort zur Stellung des Asylantrags gezwungen worden sei und zudem mit ihrer Tochter auf der Straße habe leben müssen. Ihre Tochter habe nicht in den Kindergarten und die Schule gehen können. Sie hätten dort keine Rechte gehabt.

Die am 31. März 2014 durchgeführte Eurodac-Abfrage ergab hinsichtlich der Klägerin zu 1) einen Treffer.

Auf ein Wiederaufnahmegesuch des Bundesamts an die italienischen Behörden 8. Mai 2015 sowie ein Informationsgesuch vom 06. Oktober 2015 hin bestätigten die italienischen Behörden, dass der Klägerin zu 1) der Flüchtlingsstatus gewährt worden sei. Im Hinblick darauf lehnten sie die Übernahme im Rahmen des Dublin-Verfahrens ab und verwiesen auf die Überstellung nach Maßgabe der einschlägigen police agreements.

Das Bundesamt wandte sich daraufhin an die zuständige Ausländerbehörde mit der Bitte, eine Überstellung vorzubereiten. Sie wies darauf hin, dass die Dublin-Verordnung nicht mehr anwendbar sei, da den Klägerinnen bereits in Italien Flüchtlingsschutz gewährt worden sei. In diesem Fall sei in der Entscheidung über den Asylantrag festzustellen, dass aufgrund  der Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht bestünde, und die Abschiebung anzuordnen sei. Es sei hingegen weder über die Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, den subsidiären Schutz noch über das Vorliegen von Abschiebungsverbote nach 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zu entscheiden. Da eine Abschiebungsanordnung nach § 30 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz erst ergehen könne, wenn feststehe, dass die Abschiebung in den sicheren Drittstaat durchgeführt werden könne, ergehe zunächst ein Drittstaatenbescheid mit Abschiebungsandrohung. Die zuständige Ausländerbehörde habe die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen. In diesem Zusammenhang weist das Bundesamt die Ausländerbehörde darauf hin, dass im Hinblick auf die Tarakhel-Entscheidung des EGMR gegebenenfalls eine Zusicherung der italienischen Behörden eingeholt werden müsse, dass die Klägerinnen in Italien angemessen untergebracht würden.

Am 18. November 2015 erließ das Bundesamt den angegriffenen Bescheid, mit dem sie die Anträge der Klägerinnen als unzulässig ablehnte (Ziff. 1), ihre Abschiebung nach Italien androhte (Ziff. 2) und das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristete (Ziff. 3). Die Asylanträge seien unzulässig, da die Klägerinnen aufgrund des in Italien gewährten internationalen Schutzes keine weitere Schutzgewährung verlangen könnten. Da sich die Unzulässigkeit der Asylanträge aus dem Schutzstatus im sicheren Drittstaat ergebe und die Klägerinnen dahin abgeschoben werden sollten, ordne das Bundesamt nach § 34a AsylG grundsätzlich die Abschiebung an. Hier ergehe jedoch eine Abschiebungsandrohung, da es sich hierbei um das mildere Mittel gegenüber der Anordnung handele.

Hiergegen wenden sich die Klägerinnen mit ihrer am 4. Dezember 2015 erhobenen Klage. Das Bundesamt habe die Anträge der Klägerinnen nicht als unzulässig ablehnen dürfen, da den Klägerinnen in Italien lediglich subsidiärer Schutz gewährt worden sei. Die Klägerin zu 1) sei zudem schwer seelisch erkrankt, was einer Überstellung nach Italien entgegenstehe. Hierzu verweisen die Klägerinnen auf die ärztliche Stellungnahme des Psychologen D. vom 26. November 2015. Bei der Klägerin zu 1)  liege eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine chronische Schmerzstörung vor, eine Reisefähigkeit sei nicht gegeben, insbesondere weil der Aufenthalt in Italien für die Klägerin und ihre Tochter zu einer Retraumatisierung führen würde. Damit liege bei der Klägerin zu 1) ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Italiens vor, das vom Bundesamt hätte geprüft werden müssen, was rechtswidrigerweise im Bescheid vom 18. November 2015 nicht geschehen sei.

Die Klägerinnen beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 18. November 2015 aufzuheben und

die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Italiens vorliegt

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Verfügung vom 4. November 2016 hat das Gericht die Beklagte gebeten, binnen drei Wochen mitzuteilen, ob auch der Klägerin zu 2) in Italien Schutz gewährt wurde. Die Beklagte hat sich hierzu bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht geäußert.

Mit Schriftsatz vom 30. September 2016 haben die Klägerinnen auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet; mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2016 haben sie ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin erklärt. Die entsprechenden Erklärungen der Beklagten folgen aus ihrer Allgemeinen Prozesserklärung vom 25. Februar 2015 sowie dem Schriftsatz vom 16. Dezember 2015.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

A. Über die Klage kann im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO durch die Berichterstatterin und gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

B. Klage auf Aufhebung des Bescheids

I. Die Anfechtungsklage ist unzulässig, soweit sie auch auf die Aufhebung von Ziff. 2 Satz 4 des angefochtenen Bescheids zielt. Den Klägerinnen fehlt insoweit die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO, denn sie werden durch die Feststellung, dass sie nicht nach Eritrea abgeschoben werden dürfen, nicht beschwert. Im Übrigen ist die Anfechtungsklage zulässig.

II. Die Anfechtungsklage ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Ziff. 1 des Bescheids

Ziff. 1 des Bescheids ist rechtmäßig, soweit damit der Asylantrag der Klägerin zu 1) als unzulässig abgelehnt worden ist. Die Ablehnung des Asylantrags der Klägerin zu 2) ist hingegen rechtswidrig und verletzt die KIägerin zu 2) in ihren Rechten.

a) Das Bundesamt hat den Asylantrag der Klägerin zu 1) zu Recht als unzulässig abgelehnt. Ziff. 1 des angegriffenen Bescheids ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin zu 1) nicht in ihren Rechten. Rechtsgrundlage hierfür ist, soweit der Antrag der Klägerin zu 1) als unzulässig abgelehnt wurde, nunmehr nach dem gemäß § 77 AsylG anwendbaren Recht § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in seiner durch das Integrationsgesetz neugefassten Form.

aa) Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mit-gliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Diese Regelung setzt Art. 33 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 2013/32/EU (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie) in deutsches Recht um (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.08.2016 - 13 A 63/16.A -, juris, Rn. 30). Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG sind für die Klägerin zu 1) erfüllt: Italien hat ihr bis zum 18. September 2017 den Flüchtlingsstatus zuerkannt.

bb) Dass das Bundesamt die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nicht auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, sondern auf § 60 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 und 3 Auf-enthG gestützt hat, ist unerheblich. Im Rahmen der Überprüfung eines Bescheids nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO kommt es nicht (allein) auf das von der Verwaltung heran-gezogene Recht an; vielmehr ist die Kontrolle im Sinne schlichter Rechtsanwendung auf das Recht zu erstrecken, das geeignet ist, an Stelle des von der Verwaltung heran-gezogenen, sich etwa als nicht tragfähig erweisenden Rechts den Spruch des Be-scheids zu rechtfertigen, vorausgesetzt, dass dabei am Spruch des Bescheids nichts Wesentliches geändert oder der Betroffene in seiner Rechtsverteidigung unzumutbar beeinträchtigt wird. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben: Die Auswechslung der Rechtsgrundlage führt nicht zu einer Wesensänderung des Bescheids. Es handelt sich nicht um einen anderen Streitgegenstand mit für den Kläger ungünstigeren Rechtsfol-gen. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG kodifiziert vielmehr im neuen Recht die Rechtsfolgen, die das Bundesamt schon auf Grundlage des alten Rechts aus § 60 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG herleiten wollte.

cc) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus dem Europarecht, konkret: aus der Übergangsregelung in Art. 52 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie).

Danach wenden die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Art. 51 Absatz 1 Verfahrensrichtlinie, zu denen auch Art. 33 Abs. 2 lit. a) Verfahrensrichtlinie gehört, auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz sowie auf eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes nach dem 20. Juli 2015 oder früher an (Satz 1). Für vor diesem Datum förmlich gestellte Anträge und vor diesem Datum eingeleitete Verfahren zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft gelten nach Satz 2 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85/EG (Verfahrensrichtlinie a. F.). Asylanträge, die unter diese Regelung fallen, dürfen nicht ohne Sachprüfung als unzulässig abgelehnt werden, wenn dem Antragsteller in dem anderen Mitgliedstaat nur subsidiärer Schutz gewährt wurde (s. BVerwG, Beschl. v. 23.10.2015 - 1 B 41/15 -, juris).

Der Klägerin zu 1) wurde aber nicht nur subsidiärer Schutz gewährt, sondern sie wurde als Flüchtling anerkannt. In einem solchen Fall durfte ein Asylantrag schon nach Maßgabe der für vor dem 20. Juli 2015 geltenden Verfahrensrichtlinie a. F. ohne Sachprüfung als unzulässig abgelehnt werden.

b) Die Ablehnung des Antrags der Klägerin zu 2) als unzulässig ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin zu 2) in ihren Rechten.

aa) Der Bescheid lässt sich insoweit nicht auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG stützen, denn den Verwaltungsvorgängen ist nicht zu entnehmen, dass auch der Klägerin zu 2) in Italien Flüchtlingsschutz gewährt wurde. Das Bundesamt hat auch auf Nachfrage des Gerichts keine Nachweise vorgelegt, denen zu entnehmen wäre, dass der Klägerin zu 2) in Italien Flüchtlingsschutz gewährt worden wäre. Eine Ablehnung des Antrags als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG kommt auf dieser Tatsachengrundlage nicht in Betracht (vgl. Bay. VGH, Urt. v. 13.10.2016 - 20 B 14.30212 -, juris, Rn. 37).

bb) Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig kann auch nicht auf § 29 Abs. 1 Nr. 1a) AsylG gestützt werden. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-Verordnung) zuständig ist. Zwar kann ein Bescheid grundsätzlich auch auf anderer Rechtsgrundlage aufrechterhalten werden. Dies setzt jedoch voraus, dass am Spruch des Bescheids nichts Wesentliches geändert und der Betroffene in seiner Rechtsverteidigung nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Diese Voraussetzungen sind insoweit nicht gegeben. Jedenfalls kann eine, - wie hier - auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gestützte Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig nicht umgedeutet werden in eine Ablehnung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a) AsylG. Denn eine Ablehnung nach § 29 Abs.1 Nr. 1 a) AsylG unterscheidet sich insbesondere in ihren Ablehnungsvoraussetzungen wesentlich von denen einer Ablehnung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG.

So kann ein Antrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a) AsylG nur abgelehnt werden, wenn die Bundesrepublik nach Maßgabe der Dublin-III-Verordnung für die Bearbeitung des Asylantrags unzuständig. Dies ist anhand verschiedener Kriterien und unter Einhaltung bestimmter Formalien zu prüfen. Die Zuständigkeit kann sich dabei auch innerhalb eines Verfahrens ändern, wenn bestimmte Fristen oder Informationspflichten nicht eingehalten worden sind (s. z. B. Art. 21 Abs. 1, Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO, Art. 9 Abs. 1 Dublin-III-Durchführungsverordnung). Demgegenüber ist die Ablehnung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG statisch. Sie knüpft schlicht an das Faktum an, dass ein anderer Staat einen Schutzstatus verliehen hat.

2. Ziff. 2 des Bescheids

Die Klage ist begründet, soweit die Klägerinnen die Aufhebung der in Ziffer 2 Sätze 1 bis 3 des angefochtenen Bescheides verfügten Abschiebungsandrohung nach Italien begehren.

a) Dies gilt im Hinblick auf die Klägerin zu 2) schon deshalb, weil nach Aufhebung von Ziff. 1 des Bescheids vom 18. November 2015 die Grundlage für den Erlass einer Abschiebungsandrohung fehlt.

b) Hinsichtlich der Klägerin zu 1) kann die Abschiebungsandrohung nach dem Inkrafttreten des Integrationsgesetzes nunmehr zwar auf § 35 AsylG gestützt werden. Da die Vorschrift des § 35 AsylG§ 34 AsylG für den Fall der Unzulässigkeit eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG modifiziert und ergänzt, indem sie den Zielstaat der angedrohten Abschiebung bestimmt, sind im Übrigen die Voraussetzungen des § 34 AsylG zu prüfen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.08.2016 - 13 A 63/15.A; Pietzsch, in: BeckOK, AuslR, Stand: August 2016; § 35 AsylG, Rn. 2). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn der Abschiebungsandrohung stehen gemäß § 34 Abs. 1  Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG entgegen.

aa) Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Bei der Prüfung ist zu beachten, dass Italien selbst Mitgliedstaat der europäischen Union und Signatarstaat der EMRK und damit Teil des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist, das sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta sowie der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 GrCh und Art. 78 AEUV) stützt. Ausgehend vom daraus abgeleiteten Prinzip des gegenseitigen Vertrauens gilt die Vermutung, dass jeder Flüchtling in jedem Mitgliedstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie der EMRK behandelt wird.

Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden, wenn ernsthafte und durch Tatsa-chen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass ein Ausländer Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden, wobei der Schutzgehalt von Art. 3 EMRK durch die jeweils gel-tenden  asylrechtlichen Richtlinien der EU  Richtlinie konkretisiert wird (vgl. OVG Nord-rhein-Westfalen, Urt. v. 07.07.2016 - 13 A 2132/15.A -; VG Hannover, Urt. v. 09.09.2016 - 2 A 52297/15  -; zur Konkretisierung des Art. 3 EMRK durch die Richtlinie 2013/33/EU in den sog. „Dublin“-Fällen s. grundlegend EGMR, Urt. v. 21.01.2011 - 30969/09 - M.S.S. ./. Belgien und Griechenland -, Rn. 250 = NVwZ 2011, 413; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, juris, Rn. 35).

Die Beurteilung, ob tatsächlich eine derartige Gefahr besteht, muss unbedingt nach strengen Maßstäben erfolgen (EGMR, Urt. v. 02.04.2013 - 27725/10 - Mohammed Hussein u. a. ./. Niederlande und Italien -, Rn. 68 ff.). Auf dem Spiel stehen der Da-seinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das auf ge-genseitigem Vertrauen und einer Vermutung der Beachtung des Unionsrechts, genauer der Grundrechte, durch die anderen Mitgliedstaaten gründet (EuGH, Urt. v. 21.12.2011 - C-411/10 -, juris, Rn. 82). Das Gemeinsame Europäische Asylsystem wird dabei nicht nur dann in Frage gestellt, wenn eine Überstellung nach Maßgabe der Dublin-III-Verordnung wegen anzunehmender Grundrechtsverstöße im zuständigen Mitgliedstaat unterbleiben muss (dazu grundlegendend EuGH, Urt. v. 21.12.2011, C-411/10, Rn. 82 ff.), sondern auch, wenn ein Ausländer, dem bereits in einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz gewährt wurde, wegen anzunehmender Grundrechtsverstöße dorthin nicht abgeschoben werden kann. Das liefe nämlich auf die Unterstellung hinaus, dass die Schutzgewährung durch den Mitgliedstaat wertlos ist.

Darum begründet nicht jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der jeweils einschlägigen asylrechtlichen Richtlinien ein Abschiebungs-verbot gemäß Art. 3 EMRK i. V. m. § 60 Abs. 5 EMRK. Ein Abschiebungsverbot liegt vielmehr erst dann vor, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Ausländer im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des in diesen Mitgliedstaat abgeschobenen Ausländers im Sinne von Art. 3 EMRK implizieren (vgl. EuGH, Urt. v. 21.12.2011, C-411/10, Rn. 82 ff.). Zu berücksichtigen ist dabei neben der allgemeinen Lage insbesondere das konkrete Schutzbedürfnis des betroffe-nen Ausländers, denn der aus Art. 3 EMRK abzuleitende Schutz ist relativ und hängt von allen Umständen des Einzelfalls ab, wie die Dauer der Behandlung und ihre physi-schen und psychischen Wirkungen sowie manchmal von Geschlecht, Alter und Ge-sundheitszustand des Betroffenen (EGMR, Urt. v. 21.01.2011 - 30969/09 - M.S.S. ./. Belgien und Griechenland -, Rn. 219 = NVwZ 2011, 413; EGMR, Urt. v. 04.11.2014 - 29217/12 - Tarakhel ./. Schweiz -, juris, Rn.97 ff.).

bb) Nach diesen Vorgaben liegt hier ein Abschiebungsverbot gemäß Art. 3 EMRK i. V. m. § 60 Abs. 5 AufenthG vor.

Zwar ist davon auszugehen, dass trotz fortbestehender Defizite anerkannte Flüchtlinge in Italien staatliche Hilfen in Anspruch nehmen können und eine Überstellung nicht gegen Art. 3 EMRK verstößt. Die Berichterstatterin schließt sich insoweit den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-in seinem Urteil vom 24. August 2016 an  (-  13 A 2448/15.A -). Jedoch liegen in der Person der Klägerinnen individuelle, besondere Gründe vor, die eine Zuordnung zur Gruppe der besonders verletzlichen Personen erfordern und eine Überstellung nach Italien als menschenrechtswidrig erscheinen lassen.

Zur Gruppe der besonders verletzlichen Personen gehören nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte insbesondere auch Familien mit Neugeborenen und Kleinkindern, mithin auch die Klägerin zu 1) und ihre sechs Jahre alte Tochter, ohne die die Klägerin zu 1) zur Wahrung der Familieneinheit nicht abgeschoben werden darf. Der EGMR hat in seiner „Tarakhel“-Entscheidung des EGMR insoweit ausgeführt, dass insbesondere minderjährige Asylbewerber eines besonderen Schutzes bedürften, weil sie besondere Bedürfnisse hätten und extrem verwundbar seien. Das gelte auch, wenn die Kinder von ihren Eltern begleitet würden. Die Aufnahmeeinrichtungen für minderjährige Asylbewerber müssten an ihr Alter angepasst sein, um sicherzustellen, dass keine Situation von Anspannung und Angst mit besonders traumatisierenden Wirkungen für die Psyche der Kinder entstehe. Eine Überstellung nach Italien verstößt darum nur dann nicht gegen Art. 3 EMRK, wenn die italienischen Behörden eine individuelle Garantieerklärung abgeben, wonach die Betroffenen eine Unterkunft erhalten und ihre elementaren Bedürfnisse abgedeckt sind (EGMR, Urt. v. 04.11.2014 - 29217/12 - Tarakhel ./. Schweiz -, juris).

Da sich insoweit die Situation für besonders Schutzbedürftige in Italien nicht maßgeblich verbessert hat, gilt diese Voraussetzung auch im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. nur VG Stade, Urt. v. 28.09.2016 - 1 A 1454/14 -).

Eine danach notwendige konkrete Zusicherung der italienischen Behörden hat die Be-klagte nicht vorgelegt.

Die Zusicherung ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerinnen in Italien bereits als Flüchtlinge anerkannt sind. Vielmehr sind die vom EGMR in der „Tarakhel“-Entscheidung dargelegten Grundsätze auch auf Personen anzuwenden, die mit einem Schutzstatus (Flüchtlingsanerkennung oder subsidiärer Schutzstatus) nach Italien rücküberstellt werden sollen (VG Stade, Urt. v. 12.10.2016 - 5 A 350/15 -; VG Braunschweig, Urt. v. 20.09.2016 - 5 A 378/15 -, unter Hinweis auf VG Hannover, Urt. v. 08.06.2016 - 4 A 6042/15 -).

Die Zusicherung ist hier auch nicht im Hinblick darauf entbehrlich, dass die Beklagte der zuständigen Ausländerbehörde unter Verweis auf die „Tarakhel“-Entscheidung des EGMR mitgeteilt hat, dass eine solche Zusicherung vor Durchführung der Abschiebung ggfs. einzuholen sei. Denn die erforderliche und hier fehlende Zusicherung betrifft zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, für deren Prüfung die Beklagte und nicht die Ausländerbehörde zuständig ist (BVerwG, Urt. v. Urt. v. 31.01.2013 – 10 C 15/12 -juris, Rn. 35, NVwZ 2013, 1167).  Sofern die Beklagte der Auffassung war, die Einholung einer solchen Zusicherung sei bei Erlass der Abschiebungsandrohung nicht zielführend, hätte sie sicherstellen müssen, dass eine solche Garantie im Zeitpunkt der Abschiebung vorliegt.  Dem genügt der Hinweis an die Ausländerbehörde nicht.

3. Ziff. 3 des Bescheids

Nach Aufhebung der Abschiebungsandrohung kann auch die in Ziff. 3 des Bescheids enthaltene Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht aufrechterhalten werden.

C. Klage auf Verpflichtung der Beklagten, Abschiebungsverbote festzustellen

I. Die Verpflichtungsklage der Klägerin zu 2) auf Feststellung von Abschiebungsverboten ist unzulässig (dazu 1.). Die entsprechende Verpflichtungsklage der Klägerin zu 1) ist hingegen zulässig (2.).

1. In der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung ist mittlerweile geklärt, dass statthafte Klageart gegen eine Feststellung nach § 29 AsylG die – isolierte – Anfechtungsklage ist (vgl. z.B. OVG NW, Urt.v. 16.09.2015 – 13 A 800/15.A –, juris Rn. 22; BayVGH, Beschl. v. 18.5.2015 – 11 ZB 14.50053 –, juris m.w.N.; OVG NW, Beschl.v.16.06.2015 – 13 A 221/15.A – juris m.w.N.; vgl. auch VGH BW, Urt. v. 29.4.2015 – A 11 S 121/15 –, juris Rn. 35 ff., 43). Einer auf Durchführung des Asylverfahrens gerichteten Verpflichtungs- oder allgemeinen Leistungsklage bedarf es nicht. Dieser fehlt schon das Rechtsschutzbedürfnis, weil das Bundesamt, wenn es zuständig ist, den Asylantrag von Amts wegen sachlich prüfen muss, und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es hier nach Aufhebung der Verfügung untätig bleiben würde (vgl. OVG NW, Urt. v. 16.09.2015 - 13 A 800/15.A -, juris Rn. 23). Dies gilt in den sog. Drittstaatenfällen, in denen aufgrund eines in einem anderen Mitgliedstaat gewährten Schutzes ein Antrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt wird, jedenfalls dann, wenn das Gericht die Entscheidung des Bundesamtes zur Unzulässigkeit eines Asylantrags aufhebt. In diesem Fall ergibt sich nämlich ebenfalls bereits aus dem Gesetz, dass das Asylverfahren schon infolge der Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung fortzuführen ist. So bestimmt § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG, dass die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit des Antrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und die Abschiebungsandrohung unwirksam werden, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht. Das Bundesamt hat dann das Asylverfahren fortzuführen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG). Dies muss im Falle eines Kassationsurteiles in der Hauptsache erst recht gelten (Bay. VGH, Urt. v. 13.10.2016 - 20 B 14.30212 -, juris, Rn. 21; im Ergebnis ebenso OVG Münster, Urt. v. 24.8.2016 - 13 A 63/16.A -, juris). Auch dann ist das Asylverfahren schon von Amts wegen fortzuführen. In diesem Rahmen ist auch über das Vorliegen von Abschiebungsverboten zu entscheiden (§ 31 Abs. 3 AsylG), weshalb einer hierauf gerichtete Verpflichtungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

2. Anderes gilt jedoch, wenn - wie hinsichtlich der Klägerin zu 1) - in den sog. Drittstaatenfällen die Entscheidung des Bundesamts zur Unzulässigkeit des Asylantrags aufrechterhalten und nur die Abschiebungsandrohung aufgehoben wird. Denn in einem solchen Fall ergibt sich aus § 37 Abs. 1 AsylG nicht, dass das Asylverfahren schon von Gesetzes wegen fortzuführen ist. Die Klage der Klägerin zu 1) auf Verpflichtung des Bundesamts, Abschiebungsverbote festzustellen, ist darum statthaft.

a) § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG ordnet an, dass das Asylverfahren fortzuführen ist, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht. Eine Fortführung des Asylverfahrens macht jedoch nur dann Sinn, wenn es möglich erscheint, dass das fortzuführende Asylverfahren mit einem anderen Ergebnis enden könnte als zuvor. Daran fehlt es aber, wenn nach wie vor feststeht, dass ein anderer Mitgliedstaat bereits Schutz gewährt hat und diese Schutzgewährungen Rechtswirkungen entfaltet. Denn in diesem Fall sieht § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG weiterhin vor, dass der Antrag als unzulässig abzulehnen ist. Das Gesetz enthält - anders als etwa in den Dublin-Fällen - kein „Einfallstor“ dafür, den Asylantrag sachlich zu bescheiden, wenn eine Abschiebung ausscheidet, weil in einem Mitgliedstaat entgegen der gesetzlichen Vermutung eine menschenrechtsgemäße Behandlung nicht gewährleistet ist. § 37 Abs. 1 Satz AsylG ist darum teleologisch zu reduzieren. Die Vorschrift findet nur dann Anwendung, wenn nicht nur die Abschiebungsandrohung, sondern auch die Entscheidung des Bundesamts über die Unzulässigkeit des Asylantrags aufgehoben wird. Nur in diesem Fall ist das Asylverfahren fortzuführen. Es kann hier offen bleiben, ob etwas anderes dann gilt, wenn aufgrund systemischer Mängel in dem formal schutzgewährenden Mitgliedstaat davon auszugehen ist, dass die Schutzgewährung des anderen Mitgliedstaats keine Rechtswirkungen entfaltet (vgl. insoweit zu Bulgarien Hess. VGH, Urt. v. 04.11.2016 - 3 A 1292/16.A). Denn in Italien stellen sich die Lebensverhältnisse anerkannter Flüchtlinge nicht allgemein als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK dar (ebenso OVG NRW, Urt. v. 24.08.2016 - 13 A 63/16.A -, juris, Rn. 51ff., Urt. v. 19.05.2016 - 13 A 1490/13.A -, juris, Rn. 89ff.; VG Düsseldorf, Urt. v. 24.11.2016 - 12 L 3530/16.A -, juris).

b) Folgt somit in Fällen, in denen - wie hier hinsichtlich der Klägerin zu 1) - die Entscheidung über die Unzulässigkeit bestehen bleibt, nicht schon aus dem Gesetz, dass das Asylverfahren fortzuführen ist, kommt eine Verpflichtungsklage jedenfalls hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungsverboten grundsätzlich in Betracht. Der Klägerin zu 1) fehlt hier auch im Übrigen nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage.

aa) Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht deshalb zu verneinen, weil die Klägerin zu 1) die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht ausdrücklich beim Bundesamt beantragt hat  und das Bundesamt hierüber keine Entscheidung getroffen hat (a. A. auf Grundlage der alten Rechtslage VG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.2016 -  22 K 1363/15.A -, juris, Rn. 49 ff).

Grundsätzlich ist die Verpflichtungsklage aus Gründen des Rechtsschutzbedürfnisses nur zulässig, wenn der Kläger zuvor bei der Behörde einen Antrag gestellt und dieser, abgesehen von den Fällen der Untätigkeitsklage nach § 75, abgelehnt worden ist (Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL 2016, § 113, Rn. 96).

Hier liegen die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO vor: Die Klägerin zu 1) hat bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, nicht nach Italien überstellt werden zu wollen, weil sie dort mit ihrer Tochter habe auf der Straße leben müssen. Der Sache nach hat sie damit die Feststellung von Abschiebungsverboten hinsichtlich Italiens beantragt.

Hierüber hat das Bundesamt ohne zureichenden Grund nicht entschieden. Vielmehr hat es von einer Entscheidung über das Vorliegen von Abschiebungsverboten ausdrücklich abgesehen und sie in Teilen der Ausländerbehörde überlassen. Dies ist jedenfalls nach Inkrafttreten des Integrationsgesetzes nicht mehr rechtmäßig, da das Bundesamt nunmehr gemäß § 31 Abs. 3 AsylG auch in Fällen wie dem vorliegenden von Gesetzes wegen verpflichtet ist, in seiner Entscheidung über den Asylantrag auch über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu befinden.

bb) Schließlich ist die Klage auf Verpflichtung der Beklagten, Abschiebungsverbote festzustellen, auch nicht wegen fehlender Spruchreife unzulässig.

Das Gericht ist nach § 86 Abs. 1 VwGO grundsätzlich verpflichtet, im Rahmen des Klagebegehrens (§ 88 VwGO) und des dadurch bestimmten Streitgegenstandes alle für die Entscheidung über das Klagebegehren maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches auf Erlass des Verwaltungsakts in eigener Verantwortung festzustellen und die Streitsache in diesem Sinn in vollem Umfang spruchreif zu machen. Ausnahmen von diesem Grundsatz - etwa ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum der Behörde oder ein zwingend durchzufüh-rendes vorgeschaltetes Verwaltungsverfahren (s. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 194) - sind im Hinblick auf eine Entscheidung über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht ersichtlich. Anders als bei der Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Dublin- oder Drittstaatsfällen (s. dazu BVerwG, Urt. v. 27.10.2015 - 1 C 32/14 -, juris, Rn. 13; VG Minden, Urt. v. 10.05.2016 - 10 K 2248/14.A -, juris, Rn. 22 ff.) ist der Entscheidung über das Vorliegen von Abschiebungsverboten kein eigenständiges und zwingend von der zuständigen Behörde durchzuführendes Verwaltungsverfahren vorgeschaltet, des-sen Ergebnis das Verwaltungsgericht durch eine Entscheidung nicht vorgreifen darf.

II. Die Klage ist auch begründet, weil zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse hinsichtlich Italiens vorliegen (s. dazu oben unter B. II. 2).

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO i.V.m. § 83 b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.