Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 07.01.2003, Az.: 3 B 363/02

analoge Anwendung; isolierte Anfechtungsklage; Schiedsspruch; Schiedsstelle; Vergütungsvereinbarung; vorläufiger Rechtsschutz

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
07.01.2003
Aktenzeichen
3 B 363/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 47650
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Im Falle der Teilanfechtung eines Schiedsspruchs ist vorläufiger Rechtsschutz mit dem Ziel der Vollziehung des begünstigenden Teils des Schiedsspruches im Wege der einstweiligen Anordnung und nicht in analoger Anwendung der §§ 80 V, 80a III Satz 1 VwGO zu gewähren.

Tenor:

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass ab dem 13.03.2002 entsprechend dem Schiedsspruch der Schiedsstelle nach § 94 BSHG um 1,54 % erhöhte Pflegesätze an die Antragstellerin gezahlt werden.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

I. Die Antragstellerin, eine 1868 gegründete kirchliche Stiftung, betreibt eine stationäre Einrichtung für die Betreuung und Pflege geistig und mehrfach behinderter Menschen. Für das Jahr 2001 waren zwischen der Antragstellerin und dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe für den betreuten Personenkreis drei unterschiedliche Vergütungen vereinbart worden, nämlich 1. für den sog. Langzeitbereich (Wohnen einschließlich Tagesstruktur) eine Vergütung von 128,14 EUR je Pflegetag, 2. für die Wohnbetreuung für werkstattbeschäftigte behinderte Menschen eine Vergütung in Höhe von 60,46 EUR je Pflegetag und 3. für die Hilfe durch Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte eine Vergütung in Höhe von 790,97 EUR je Pflegemonat. Insgesamt ergab sich bei einer Auslastung von 98 % ein Jahresbudget von 31.958.406,03 EUR.

2

Für das Jahr 2002 kam eine Vereinbarung über die Pflegesätze zwischen den Parteien nicht zustande. Der ab dem Jahre 2002 geltenden Neufassung des Landesrahmenvertrages trat die Antragstellerin aus grundsätzlichen Erwägungen nicht bei (sie hält diesen Vertrag in wesentlichen Punkten für nichtig). Sie ist der Auffassung, dass der bisherige nicht nach Hilfebedarfsgruppen differenzierte einheitliche Pflegesatz u.a. für den sog. Langzeitbereich nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 93 Abs. 2 BSHG entspreche und kalkulierte die für das Jahr 2002 angestrebte Vergütung neu, indem sie fünf Hilfebedarfsgruppen bildete und für diese den Leistungsstand zugrunde legte, über den nach ihren Angaben mit dem Antragsgegner im Jahre 2001 Einvernehmen bestanden hat. Aufgrund dieser Kalkulation begehrte die Antragstellerin u.a. auch zum Ausgleich eines Nachholbedarfes aus den vergangenen Jahren der Deckelung der Pflegesätze die Festsetzung differenzierter neuer Vergütungssätze, die zu einem Jahresbudget für 2002 in Höhe von 40.429.954,64 EUR führen, also zu einer Erhöhung des Budgets gegenüber dem Jahr 2001 um 8.470.000,00 EUR. Die Festsetzung dieser Pflegesätze beantragte sie nach dem Scheitern einer Vereinbarung mit dem Antragsgegner bei der niedersächsischen Schiedsstelle gemäß § 94 BSHG. Die Antragstellerin vertritt dabei die Auffassung, dass nach § 93a Abs. 2 BSHG gesetzlich zwingend für den Inhalt der Vergütungsvereinbarung eine Gliederung in die Leistungskomplexe Grundpauschale, Maßnahmenpauschale und Investitionsbetrag vorgeschrieben sei, wobei die Maßnahmenpauschale in unterschiedlicher Höhe nach Gruppen von Hilfeempfängern mit vergleichbarem Hilfebedarf zu kalkulieren sei und für sämtliche Heimbewohner zusätzlich die Maßnahmenbedarfsgruppe entweder „Tagesförderstätte“ oder „Beschäftigungsbereich“ hinzugefügt wurde. Zur Begründung beruft sich die Antragstellerin auf die zwingenden gesetzlichen Vorgaben sowie darauf, dass der Landesrahmenvertrag nach § 93d Abs. 2 BSHG in der Übergangsfassung für den Zeitraum vom 01.01.1999 bis 31.12.2001 einen umfassend dokumentierten Leistungsstandard und eine Personalausstattung der Einrichtung einvernehmlich als Grundlage gehabt hätten, die ebenso Grundlage für die Vergütungsvereinbarungen 2001 gewesen seien (sog. Leistungsvereinbarungssockel).

3

Die Bildung der gesetzlich vorgesehenen Hilfebedarfsgruppen sei mit Hilfe des HMB-Verfahrens erfolgt, auf dessen Anwendung sich das Niedersächsische Sozialministerium und die LAG FW im Juli 2000 verständigt hätten. Dies sei von dem zuständigen Abteilungsleiter in einem Vermerk festgehalten worden, der an die an den Verhandlungen beteiligten Spitzenverbände geschickt worden sei.

4

Der Antragsgegner vertrat demgegenüber im Schiedsstellenverfahren die Auffassung, die von ihm im Jahre 1998 gekündigte Leistungs- und Inanspruchnahmevereinbarung aus dem Jahre 1985 habe seit dem 01.01.1999 nicht mehr fortgegolten. Aus diesem Grunde sei in § 4 der Übergangsfassung des Landesrahmenvertrages für den Zeitraum bis zum 31.12.2001 eine Auffangregelung getroffen worden, die ebenfalls nicht fortgelte. Das Vertragsangebot der Antragstellerin unterscheide sich zudem von den zwischen den Parteien früher bestehenden gekündigten Vereinbarungen über ein Leistungsangebot. Dies betreffe nicht lediglich das aus sozialhilferechtlicher Sicht vorhandene Personal (den Personalschlüssel). Wegen der Unvollständigkeit und Ungenauigkeit des unterbreiteten Leistungsangebotes sei es auch nicht möglich zu prüfen, ob die von der Antragstellerin verlangten Vergütungen für die angebotenen Leistungen bei gleichem Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung nicht höher seien als diejenigen anderer Einrichtungsträger (§ 93 Abs. 1 Satz 3 BSHG).

5

In ihrer Sitzung vom 27.08.2002 fasste die Schiedsstelle daraufhin den Beschluss, dass 1. die am 31.12.2001 geltenden Vergütungen für den Langzeitbereich und für die Wohnplätze für in Werkstätten für Behinderte beschäftigte Menschen mit Behinderungen ab 13.03.2001 um 1,54 % angehoben werden und wies den Antrag im Übrigen ab und empfahl den Parteien 2. eine Leistungsvereinbarung abzuschließen und die Einteilung in Hilfebedarfsgruppen vorzunehmen. Zur Begründung vertritt die Schiedsstelle die Auffassung, dass die Parteien sich über die Leistungen, die bis zum 31.12.2001 erbracht wurden, einig seien und sich dieses aus der nicht gekündigten Leistungsvereinbarung vom 29.12.2000 für den Bereich Wohnen für Menschen mit einer Behinderung, die in einer Werkstatt für Behinderte arbeiten, und aus der Formulierung des § 4 der Übergangsfassung des Landesrahmenvertrages ergebe. Danach habe die gekündigte Leistungsvereinbarung aus dem Jahre 1985 bis zum 31.12.2001 weiter gewirkt. Da die Leistungen der Einrichtung auch im Jahre 2002 weiter erbracht werden, komme es nicht darauf an, dass die Antragstellerin neue Leistungsvereinbarungen anstrebe, über deren Bestimmung noch keine Einigkeit bestehe. Da allgemeine Kostensteigerungen auf der Basis der Vergütung von 2001 im Jahre 2002 unabweisbar seien, müsste diese Kostensteigerungsrate ausgeglichen werden, damit die Antragstellerin die Leistung unvermindert erbringen könne. Die Anhebung der Vergütung um einen Prozentsatz von 1,54 % beruhe auf der Übereinkunft der Vertragsparteien des neuen Landesrahmenvertrages, die Kostensteigerungen des Jahres 2002 um den genannten Prozentsatz anzunehmen. Dieser Steigerungssatz entspreche dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Es sei nicht gerechtfertigt, der Antragstellerin diesen Ausgleich allein deshalb zu verwehren, weil sie nicht bereit sei, dem Landesrahmenvertrag beizutreten. Für die darüber hinausgehenden Forderungen bedürfe es einer Leistungsvereinbarung, in der die Strukturqualität der Einrichtung geregelt sei. Insoweit sei der Antrag abzuweisen, da nicht abzusehen sei, ob überhaupt und zu welchem Zeitpunkt es zu einer Einigung zwischen den Parteien über das vorgelegte Leistungskonzept kommen werde.

6

Gegen diesen Schiedsspruch erhob die Antragstellerin am 30. Oktober 2002 Anfechtungsklage, soweit er den Antrag auf Festsetzung einer neuen Vergütung abweist. Der Antragsgegner informierte daraufhin mit Verfügung vom 26.11.2002 die maßgeblichen Sozialhilfeträger dahingehend, dass der Schiedsspruch wegen der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage nicht umzusetzen sei und dass weiterhin die zuletzt vereinbarten Vergütungen in Höhe von 128,14 EUR je Pflegetag für den Langzeitbereich sowie 60,46 EUR für Wohnplätze für Werkstattbeschäftigte abzurechnen seien.

7

Die Antragstellerin hat daraufhin am 12.12.2002 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, die zum Ziel hat, die Antragstellerin so zu stellen, dass der Sozialhilfeträger verpflichtet ist, die von ihr nicht angegriffenen um 1,54 % erhöhten Pflegesätze gemäß der Festsetzung der Schiedsstelle zu zahlen. Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass der Schiedsspruch insoweit unanfechtbar geworden sei, als er für die Antragstellerin eine positive Regelung enthalte, da der Antragsgegner keine Klage gegen den Schiedsspruch erhoben habe. Der Schiedsspruch habe teilbare Inhalte insoweit, als nach erfolgreicher Anfechtung des rechtswidrigen Teils der verbleibende Rest als selbständiger Verwaltungsakt bestehen bleiben könne, ohne seine ursprüngliche Bedeutung zu ändern.

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Die Antragstellerin beantragt (wörtlich),

9

im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Klage vom 30.10.2002 gegenüber dem Schiedsspruch der Schiedsstelle nach § 94 BSHG vom 27.08./26.09.02 keine aufschiebende Wirkung entfaltet, soweit die Schiedsstelle dem Antrag der Klägerin auf Festsetzung einer neuen Vergütung stattgegeben hat.

10

Der Antragsgegner beantragt,

11

den Antrag der Antragstellerin abzuweisen.

12

Er ist der Auffassung, dass die auf den Hilfsantrag der Antragstellerin erfolgte Erhöhung der „alten“ Vergütung um 1,54 % nicht isoliert von der abweisenden Entscheidung über den Hauptantrag mit nach Hilfebedarfsgruppen gestaffelten Vergütungen und Vergütungsbestandteilen angefochten werden könne, da die Vergütung für das Jahr 2002 nur in der einen oder in der anderen Weise festgesetzt werden könne, d.h. im Falle eines Erfolges der Antragstellerin und Klägerin im Hauptverfahren nicht zugleich die Steigerung der „alten“ Vergütung um 1,54 % bestehen bleiben könne und neue Vergütungen nach einem neuen System von der Schiedsstelle festgesetzt werden könnten. Es könnten entweder nur die gesteigerten alten Vergütungen gelten oder die neuen Vergütungen gestaffelt in Maßnahmenpauschalen für Hilfebedarfsgruppen für unterschiedliche Leistungen und mit unterschiedlichen Grundpauschalen und Investitionsbeträgen. Der Anfechtungsklage sei deswegen insgesamt aufschiebende Wirkung beizumessen. Folge man der Auffassung der Antragstellerin im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, so wäre eine Vergütung für das Jahr 2001 in Höhe einer Steigerung von 1,54 % auf der Basis der alten Vergütung bestandskräftig geworden und damit für eine anderslautende Festsetzung durch die Schiedsstelle bei einer Teilaufhebung des Schiedsspruchs durch die Kammer kein Raum mehr.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Schiedsstelle Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.

14

II. Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig und begründet.

15

Bei der zu treffenden Entscheidung ist das Gericht nicht an die Fassung des gestellten Antrages gebunden, sondern nur an das mit dem Antrag verfolgte Rechtsschutzziel (vgl. Kopp/Schenk, VwGO, 13. Aufl., § 88 Rz. 3). Ein Antrag in analoger Anwendung der §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO kann darum vom Gericht in einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend, den überörtlichen Sozialhilfeträger zu verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass die Sozialhilfeträger dem die Antragstellerin begünstigenden Teil des Schiedsspruches vorläufig Folge leisten, umgedeutet werden. § 123 Abs. 5 VwGO, wonach der Rechtsschutz der Abs. 1-3 nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a VwGO gilt, schließt hier den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht aus. Der denkbaren Anwendung des § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO i.V.m. § 80a Abs. 1 und 2 VwGO steht entgegen, dass nicht ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den die Antragstellerin teilweise begünstigenden Schiedsspruch eingelegt hat, sondern diese selbst. Die vorliegende Fallkonstellation, in der die Antragstellerin die durch den Schiedsspruch zugesprochene Vergünstigung in Anspruch nehmen will, der Antragsgegner aber – allerdings ohne den Schiedsspruch selbst angefochten zu haben – sich auf die aufschiebende Wirkung der erhobenen Anfechtungsklage beruft, ist zwar mit dem Fall vergleichbar, in dem sich ein anfechtender Dritter fälschlich der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs berühmt bzw. die Behörde fälschlich von der aufschiebenden Wirkung eines solchen Rechtsbehelfs ausgeht. In einem solchen Fall kann das Gericht in analoger Anwendung des § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 80a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 VwGO die Vollziehbarkeit bzw. Wirksamkeit des Verwaltungsakts feststellen (vgl. Kopp/Schenk, VwGO, 13. Aufl., § 80a Rz. 17c; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., Rz. 920). Eine Ausdehnung der analogen Anwendung des § 80a VwGO auf die vorliegende Fallkonstellation ist aber bedenklich. Ein vorläufiges Rechtsschutzbegehren, welches im Hauptsacheverfahren nicht mit der Anfechtungsklage, sondern mit einer der übrigen Klagearten, also einer Verpflichtung-, Leistungs-, Unterlassungs- oder Feststellungsklage zu verfolgen wäre, ist regelmäßig im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verfolgen (vgl. Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., Rz. 89). So liegt der Fall hier. Das Rechtsschutzziel der Antragstellerin, die Behörde zur Befolgung des von der Antragstellerin nicht angefochtenen Teils des Schiedsspruches zu verpflichten, könnte im Hauptsacheverfahren nicht mit einer Anfechtungsklage erreicht werden.

16

Die Antragstellerin hat für ihr Begehren auch den bei einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch und den Anordnungsgrund (die Eilbedürftigkeit der Regelung) glaubhaft gemacht.

17

Ihr steht ein Anspruch auf die Berücksichtigung der Erhöhung der Pflegesätze gemäß dem Schiedsspruch vom 27.08.2002 zu. Die isolierte Anfechtungsklage gegen die als vertragsgestaltender Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X zu qualifizierende Schiedsstellenentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.12.1998 u. B. v. 28.02.2002 – 5 C 25.01 -) hat grundsätzlich aufschiebende Wirkung, allerdings nur in dem Umfang, in dem der Schiedsspruch von dem durch ihn belasteten Adressaten angefochten worden ist. Der Antragsgegner stellt sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten, wenn er wegen dieser eingeschränkten Anfechtungsklage der Antragstellerin die von der Schiedsstelle festgesetzte Erhöhung der bisherigen Vergütung nicht umsetzt, obwohl er als insoweit Belasteter den Schiedsspruch seinerseits nicht angegriffen hat. Die Bedenken des Antragsgegners, im Falle eines Obsiegens der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren mit der Folge, dass letztlich entsprechend ihrem Antrag für den Langzeitbereich und die in der Werkstatt beschäftigten Behinderten, soweit diese in der Einrichtung wohnen und dort betreut werden, stärker nach Hilfebedarfsgruppen differenzierte Vergütungen festgesetzt werden, greifen demgegenüber im Ergebnis nicht durch. Für diesen Fall könnte es zwar dazu kommen, dass für einzelne Bewohner geringere als die jetzt festgelegten Vergütungssätze in Betracht kämen. Dies wäre aber auch dann der Fall, wenn nicht die um 1,54 % gesteigerten bisherigen Vergütungssätze gezahlt würden, sondern lediglich die Vergütungssätze des Jahres 2001. Denn die stärker nach Hilfebedarfsgruppen gegliederten Vergütungssätze, deren Festsetzung die Antragstellerin in erster Linie beantragt hat, weichen auch von diesen bisherigen Vergütungssätzen nach unten und – überwiegend – nach oben ab, wobei in der Summe eine ganz erhebliche Steigerung des Budgets gegenüber dem im Jahre 2001 bewilligten Budget von der Antragstellerin angestrebt wird. Deshalb ist nicht zu erwarten, dass im Falle einer positiven Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren letztendlich eine Entlastung der öffentlichen Haushalte durch in der Summe geringere Hilfeleistungen der Sozialhilfeträger für das Jahr 2002 in Betracht käme. Die frühere gesetzliche Regelung, wonach die Klage gegen Schiedsstellenentscheidungen keine aufschiebende Wirkung hatte, ist aber geändert worden, um das den öffentlichen Kostenträgern dadurch auferlegte Risiko der Realisierbarkeit einer Rückforderung überhöhter Pflegesätze von den Sozialhilfeträgern abzuwenden (vgl. BVerwG, B. v. 28.02.2002 – 5 C 25.01 – unter Hinweis auf BT-Drs. 13/2440, S. 49). Im vorliegenden Fall ist dieses Risiko nicht nennenswert größer als bei der gesetzlich angeordneten Fortgeltung der Pflegesätze für das Jahr 2001. Es ist zudem berechtigterweise dem öffentlichen Träger aufzuerlegen, da dieser seinerseits den Schiedsspruch nicht angefochten hat.

18

Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Für den Betreiber einer Einrichtung nach § 93 BSHG ist die Vereinbarung oder Festsetzung der Vergütung für seine Leistungen in nicht zu geringer Höhe ähnlich existenzsichernd wie die Gewährung der Sozialhilfe in richtiger Höhe für den Hilfesuchenden. Müsste sich der Leistungserbringer nämlich bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, also unter Umständen für viele Jahre, mit einem zu niedrigen Entgelt zufrieden geben, könnte ihn das dazu zwingen, die von ihm gewährte Leistung nicht mehr in bedarfsdeckender bzw. in die den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechenden Selbstkosten deckender Weise zu erbringen. Die Aussage in dem Schiedsspruch vom 27.08./26.09.2002, dass die Antragstellerin wegen der unabweisbaren Kostensteigerung im Jahre 2002 auf einen Ausgleich der Kostensteigerungsrate angewiesen ist, um die Leistungen wie bisher unvermindert erbringen zu können, ist bisher von beiden Parteien nicht in Zweifel gezogen worden. Damit hat die Antragstellerin auch einen Anordnungsgrund, die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung, glaubhaft gemacht.

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 i.V.m. § 188 Satz 2 VwGO.