Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 18.12.2019, Az.: L 3 U 54/16
Feststellung einer Berufskrankheit; Fehlende Ursächlichkeit für die Entstehung einer Atemwegserkrankung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 18.12.2019
- Aktenzeichen
- L 3 U 54/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 63861
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 05.02.2016 - AZ: S 36 U 199/13
Rechtsgrundlagen
- Anl. 1 Nr. 4302 BKV
- § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 5. Februar 2016 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr 4302 der Anl 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - "Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können" (im Folgenden: BK Nr 4302).
Der 1951 geborene Kläger hat eine 3-jährige Ausbildung zum Dachdecker absolviert und war im Anschluss von April 1969 bis Februar 1986 - mit Unterbrechungen durch den Wehrdienst, eine Ausbildung an der Meisterschule und kurze Zeiten der Arbeitslosigkeit - als Dachdeckergeselle beschäftigt. Seit April 1986 ist er als selbstständiger Dachdecker tätig und übt seit 1998 außerdem eine Tätigkeit als Betriebsleiter eines Dachdeckerbetriebes aus.
Unter dem 29. Oktober 2008 zeigte der Lungenfacharzt Dr. F. dem bremischen Landesgewerbearzt eine beim Kläger bestehende chronisch-obstruktive Ventilationsstörung mit Atemproblemen, Luftnot und Husten an. Die Beschwerden seien erstmalig 1996 aufgetreten. Mit dem Untersuchungsergebnis könnten eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und eine Hypoxämie im ursächlichen Zusammenhang stehen. Als für die Entstehung der Erkrankung ursächlich werde die Tätigkeit als Dachdecker mit Exposition gegenüber inhalativen Noxen (zB früheres Kochen von Bitumen in Kesseln) angesehen.
Die Beklagte leitete aufgrund der an sie weitergeleiteten ärztlichen Anzeige zunächst keine Ermittlungen ein und teilte dem Kläger dazu mit, dass er als Unternehmer keine eigene Unternehmerversicherung habe und daher keine versicherte Person sei (Schreiben vom 6. Mai 2010). Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch wandte der Kläger ein, dass die Erkrankung auf die Arbeit mit Flüssigteer zurückzuführen sei. Diese Art von Flachdachbearbeitung habe er nur während seiner Gesellenzeit als angestellter Dachdecker ausgeführt. Seit seiner Selbstständigkeit werde gar nicht mehr mit dem Produkt Flüssigteer gearbeitet (Schreiben vom 18. Mai 2010).
Die Beklagte zog ärztliche Befundunterlagen bei und veranlasste eine arbeitsmedizinische Untersuchung des Klägers, bei der der Kläger von Belastungsatembeschwerden (Belastungsdyspnoe, "Pfeifen" mit mäßigem Husten, wenig weißlicher Auswurf) ab dem Jahr 2000 berichtete und eine obstruktive Atemwegserkrankung bestätigt wurde (Stellungnahme Dr. G. vom 18. Oktober 2010 und arbeitsmedizinischer Befundbericht Dr. H. vom 8. September 2010).
Daraufhin lehnte die Beklagte sinngemäß die Anerkennung der Erkrankung als BK ab. Es fehle der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Ende der Exposition durch Flüssigteer (März 1986) und dem Beginn der Beschwerden im Jahr 2000. Das Vorliegen einer BK sei damit nicht wahrscheinlich; zudem habe kein objektiver Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit bestanden (Bescheid vom 2. Dezember 2010).
Zur Begründung seines dagegen gerichteten Widerspruchs führte der Kläger aus, dass BKen sich langsam und schleichend entwickelten und Atembeschwerden erstmals bereits 1994 festgestellt worden seien.
Nach Einholung weiterer Befundunterlagen, einer Auskunft des privaten Krankenversicherers des Klägers und einer Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 25. September 2012 zur beruflichen Exposition des Klägers gegenüber möglichen Gefahrstoffen veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch Prof. Dr. I., der zur Einschätzung gelangte, dass eine Atemwegserkrankung des Klägers mit ausgeprägter obstruktiver Ventilationsstörung mit großer Wahrscheinlichkeit durch toxisch wirkende Stoffe verursacht worden sei (Gutachten vom 20. November 2012 mit ergänzender Stellungnahme vom 9. April 2013).
Nachdem ihr ärztlicher Berater dieser gutachtlichen Einschätzung entgegengetreten war, wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 6. Mai 2010 und 2. Dezember 2010 zurück. Bis Ende Februar 1986 habe eine regelmäßige Einwirkung gegenüber atemwegsgefährdenden Stoffen iS einer BK Nr 4301 bzw 4302 bestanden. Eigenen Angaben des Klägers zufolge seien Belastungsatembeschwerden erstmals ab dem Jahr 2000 aufgetreten. Die Aufarbeitung seiner Krankengeschichte habe einen Hinweis ergeben, dass er seit 1996 an Atembeschwerden leide; die seinerzeitige Diagnose habe aber nicht festgestellt werden können. Eine chronisch-obstruktive Ventilationsstörung als Krankheitsbild iS einer BK Nr 4301/4302 sei erst im Jahr 2008 diagnostiziert worden. Im Hinblick auf das Ende der gesundheitsgefährdenden Exposition im Jahre 1986 sei der dazwischenliegende Zeitraum zu groß, um von einer Verursachung der obstruktiven Atemwegserkrankung ausgehen zu können (Widerspruchsbescheid vom 6. August 2013).
Am 27. August 2013 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Hannover Klage erhoben und dort zuletzt noch einen Anspruch auf Feststellung einer BK Nr 4302 geltend gemacht. Dazu hat er vorgetragen, dass er tatsächlich nur bis 1985 Arbeiten mit Bitumen ausgeführt habe und die Atembeschwerden seit 1996 aufgetreten seien. Zur Unterstützung seines Begehrens hat er Stellungnahmen von Dr. F. (vom 25. Juni 2014 und 19. Januar 2016) vorgelegt.
Das SG hat den Internisten und Lungenfacharzt Dr. J. sowie den Arbeitsmediziner und Lungenfacharzt Prof. Dr. K. gutachtlich gehört. Dr. J. hat ausgeführt, dass beim Kläger eine obstruktive Atemwegserkrankung eher iS eines Asthmas als einer COPD vorliege. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der Einwirkung chemisch-irritativ oder toxisch wirkender Stoffe in Dämpfen und Aerosolen aus Bitumen, denen der Kläger während seiner Tätigkeit als Dachdecker ausgesetzt gewesen sei (Gutachten vom 3. Februar 2014 mit ergänzender Stellungnahme vom 23. August 2014). Demgegenüber ist der Sachverständige Prof. Dr. K. zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger eine COPD mit asthmoider Komponente vorliege, die aber keine BK Nr 4302 sei (Gutachten vom 12. Juni 2015).
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2016 hat die Beklagte den Bescheid vom 6. Mai 2010 im Wege eines vom Kläger angenommenen Teilanerkenntnisses aufgehoben. Mit Urteil vom selben Tag hat das SG Hannover die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK Nr 4302, weil nicht hinreichend wahrscheinlich sei, dass seine Atemwegserkrankung wesentlich durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe, denen er im Rahmen der Tätigkeiten als angestellter Dachdecker bis 1986 ausgesetzt war, verursacht worden sei. Die Kammer stütze ihre Entscheidung auf das Gutachten von Prof. Dr. K., der schlüssig und überzeugend ausführe, dass wissenschaftlich nicht hinreichend geklärt sei, ob Bitumen überhaupt zur Verursachung einer COPD geeignet ist. Es sei auch nicht nachzuweisen, dass Asthma bronchiale durch die Exposition gegenüber Bitumen ausgelöst werden kann. Zudem sei ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Exposition und der erstmals im Jahr 2008 dokumentierten obstruktiven Atemwegserkrankung nicht zu belegen. Da es an aussagekräftigen Lungenfunktionsdaten fehle, sei nicht zweifelsfrei festzustellen, dass bereits 1996 eine obstruktive Ventilationsstörung vorlag. Die Tatsache, dass beim Kläger die berufliche Tätigkeit von den anderen Gutachtern als einzig mögliche Verursachung der Erkrankung angesehen wurde, genüge nicht, um die haftungsausfüllende Kausalität zu begründen. Zudem sei auch ein Unterlassungszwang nicht erwiesen.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 23. Februar 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. März 2016 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt, zu deren Begründung er anführt, dass bereits in der ehemaligen DDR obstruktive Atemwegserkrankungen bei bitumenexponierten Dachdeckern in Sonderentscheidverfahren als BK anerkannt worden seien. Das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K. sei unbrauchbar, weil darin weder die Ergebnisse der Obergutachtenkommission der DDR noch weitere wissenschaftliche Erkenntnisse zur Verursachung einer COPD durch Bitumen erörtert worden seien. Der Kläger legt hierzu ua Kopien verschiedener Veröffentlichungen und ein Auskunftsschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vor; ferner legt er Rechnungen und Auszüge aus der Patientenkarteikarte seines früheren Hausarztes aus dem Jahr 1996 und die Ergebnisse von Lungenfunktionsuntersuchungen (Spirometrie) aus den Jahren 2006 und 2008 vor.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 5. Februar 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2013 aufzuheben,
2. festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr 4302 der Anl 1 zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. K. (vom 12. September 2018) eingeholt, der an seiner Einschätzung festhält. Außerdem hat der Senat den Pneumologen Dr. L. gutachtlich gehört. Auch dieser Sachverständige ist zum Ergebnis gelangt, dass die Atemwegserkrankung des Klägers nicht mit Wahrscheinlichkeit durch eine chemisch-irritativ wirksame Exposition während seiner Tätigkeit als Lehrling und Dachdecker bis 1985 verursacht worden sei (Gutachten vom 23. Mai 2019).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat seine Klage zu Recht abgewiesen.
I. Streitgegenstand ist das als Verwaltungsakt zu qualifizierende Schreiben der Beklagten vom 2. Dezember 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2013, mit dem die Beklagte es (sinngemäß) abgelehnt hat, die Atemwegserkrankung des Klägers als BK nach den Nrn 4301 und 4302 der Anl 1 zur BKV anzuerkennen. Die dagegen erhobene Klage hat der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf die Feststellung einer BK Nr 4302 beschränkt.
Die Klage ist als kombinierte (Teil-)Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs 1, 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
II. In der Sache hat die Klage aber keinen Erfolg. Die Atemwegserkrankung des Klägers ist keine BK Nr 4302.
1. BKen sind gemäß § 9 Abs 1 S 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als BKen bezeichnet (sog Listen-BKen) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Insoweit ist die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs 1 S 2 SGB VII).
Aus diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf bei einzelnen BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt (Einwirkungskausalität) haben und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" iSd Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 33/07 R, BSGE 103, 54 mwN). Dafür ist zwar keine absolute Gewissheit erforderlich; verbliebene Restzweifel sind bei einem Vollbeweis jedoch nur solange unschädlich, wie sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl BSG, Urteil vom 24. November 2010 - B 11 AL 35/09 R, juris mwN). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt demgegenüber die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 2. April 2009 aaO). Dabei ist der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (BSG, Urteil vom 27. Juni 2017 - B 2 U 17/15 R, juris mwN).
2. Nach diesen Maßgaben kann nicht festgestellt werden, dass beim Kläger eine BK Nr 4302 vorliegt.
a) Der Kläger führt seine Atemwegserkrankung auf inhalative Einwirkungen - insbesondere durch Dämpfe und Aerosole aus Bitumen - zurück, denen er während seiner Ausbildung zum Dachdecker (von April 1966 bis März 1969) und den im Anschluss verrichteten Tätigkeiten als Dachdeckergeselle - nach im Klageverfahren berichtigten eigenen Angaben (vgl dazu noch im Folgenden unter c) - bis Ende 1985 ausgesetzt war. Bei Ausübung dieser Tätigkeiten war er als Beschäftigter gemäß § 539 Abs 1 Nr 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert.
b) Zur vollen Überzeugung des Senats liegt beim Kläger eine obstruktive Atemwegserkrankung iSd Krankheitsbildes einer BK Nr 4302 vor. Davon geht auch die Beklagte aus, die das Vorliegen eines solchen Krankheitsbildes schon im Widerspruchsbescheid angenommen hat.
Der Begriff "obstruktive Atemwegserkrankung" ist eine Sammelbezeichnung für Krankheiten des broncho-pulmonalen Systems und umfasst verschiedene akute und chronische Krankheitsbilder, zu denen insbesondere ein Asthma bronchiale sowie eine COPD zählen (vgl dazu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl 2017, S 1105, 1114 ff; Empfehlung für die Begutachtung der Berufskrankheiten der Nummern 1315 (ohne Alveolitis), 4301 und 4302 der Anl zur BKV - Reichenhaller Empfehlung, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) [Hrsg], November 2012, S 29 ff). Dabei kann der Vollbeweis einer obstruktiven Atemwegserkrankung ua durch den Nachweis einer obstruktiven Ventilationsstörung geführt werden (Reichenhaller Empfehlung, S 62).
Am Vorliegen einer obstruktiven Ventilationsstörung besteht hier kein Zweifel, nachdem eine solche im Juni 2008 vom behandelnden Lungenfacharzt Dr. F. festgestellt (Arztbrief vom 20. Juni 2008) und entsprechende Befunde von dem Gutachter Prof. Dr. I. sowie von sämtlichen im gerichtlichen Verfahren gehörten Sachverständigen erhoben bzw bestätigt worden sind; davon geht auch Dr. M. als Beratungsarzt der Beklagten aus. Insoweit hat der zuletzt vom Senat gehörte Sachverständige Dr. L. nachvollziehbar dargelegt, dass alle vorhandenen Messprotokolle zu den durchgeführten Testungen der Lungenfunktion des Klägers eine Einschränkung der Luftströmungsgeschwindigkeit in der Ausatmung iS einer obstruktiven Ventilationsstörung gezeigt haben. Daraus ergibt sich das Krankheitsbild einer BK Nr 4302.
Dabei ist die Erkrankung des Klägers nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (jedenfalls auch) als COPD zu bezeichnen. Zwar wird die diagnostische Einordnung des Krankheitsbildes von den Ärzten bzw Sachverständigen uneinheitlich beurteilt. Während der behandelnde Arzt Dr. F., der Arbeitsmediziner Dr. H. und im Ergebnis auch der Sachverständige Prof. Dr. K. vom Vorliegen einer COPD ausgehen, nehmen die Sachverständigen Dres. J. und L. jeweils ein Mischbild einer obstruktiven Atemwegserkrankung an. Dazu führen sie übereinstimmend aus, dass der Kläger nicht nur die Kriterien einer COPD, sondern auch diejenigen eines Asthmas bronchiale erfüllt (vgl dazu auch Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, S 1043, wonach die Krankheitsbilder häufig Mischformen mit Überlappung darstellen). Prof. Dr. K. hält ein solches Mischbild aus einem (intrinsic) Asthma bronchiale und einer COPD bzw einer COPD mit asthmoider Komponente im Ergebnis nur für möglich bzw für "am wahrscheinlichsten"; ein Asthma bronchiale ist nach seinen Ausführungen aber nicht zu sichern. Dementsprechend diagnostiziert er im Ergebnis (nur) eine COPD.
Diese Unterschiede in der diagnostischen Einordnung können im vorliegenden Zusammenhang der Feststellung eines Krankheitsbildes der BK Nr 4302 aber auf sich beruhen, weil der Kläger nach Auffassung aller Ärzte (jedenfalls auch) an einer COPD und damit einer Erkrankung leidet, die die medizinischen Voraussetzungen einer obstruktiven Atemwegserkrankung iSd geltend gemachten BK erfüllt. Das gilt auch nach Auffassung von Prof. Dr. I., dessen Gutachten hinsichtlich der diagnostischen Einordnung der Erkrankung allerdings keine klaren Erkenntnisse erbringt, weil dort lediglich ein allergisches Asthma bronchiale ausgeschlossen und die Diagnose ("Atemwegserkrankung") im Übrigen nicht näher spezifiziert wird. Wenn der Beratungsarzt Dr. M. sich nicht festlegt und die Ansicht vertritt, dass die Erkrankung entweder als Asthma oder als COPD mit asthmatischer Komponente zu bezeichnen sei, kann das schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis führen, weil auch ein (reines) Asthma bronchiale das Krankheitsbild der BK Nr 4302 erfüllt.
c) Es ist aber nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die obstruktive Atemwegserkrankung des Klägers durch Einwirkungen chemisch-irritativ oder toxisch wirkender Stoffe am Arbeitsplatz im naturwissenschaftlichen Sinn verursacht worden ist.
aa) Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung gilt im BKen-Recht wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung die Theorie der wesentlichen Bedingung, die zunächst auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht, nach der jedes Ereignis (jede Bedingung) Ursache eines Erfolges ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (Conditio sine qua non). Erst wenn auf dieser ersten Stufe feststeht, dass ein bestimmtes Ereignis - hier: die Einwirkung eines Arbeitsstoffs - eine naturphilosophische Ursache der Krankheit ist, stellt sich auf der zweiten Stufe die Frage, ob die Einwirkung auch wesentliche Ursache ist. Das ist zu bejahen, wenn sie rechtlich die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestands fallenden Gefahr ist (vgl BSG, Urteil vom 30. März 2017 - B 2 U 6/15 R, SozR 4-5671 Anl 1 Nr 1103 Nr 1).
Dabei ist die Frage, welcher Einwirkungen es mindestens bedarf, um eine BK zu verursachen oder die Anerkennung einer BK unter Einbeziehung weiterer Kriterien zu rechtfertigen, unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu beantworten (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R, SozR 4-2700 § 9 Nr 7 mwN). Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also - von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen - Konsens besteht (BSG aaO und Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 11/14 R, SozR 4-2700 § 9 Nr 26). Gibt es keinen aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung, kann in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nicht nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden (BSG, Urteil vom 30. März 2017 aaO mwN).
bb) Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben ist die berufliche Exposition des Klägers gegenüber chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen - in Dämpfen und Aerosolen aus Bitumen - schon im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn nicht ursächlich für die Entstehung der Atemwegserkrankung geworden. Der Senat stützt sich bei dieser Beurteilung maßgebend auf die Gutachten der Sachverständigen Dr. L. und Prof. Dr K ...
Nach den überzeugenden Darlegungen dieser beiden Sachverständigen kann bei Zugrundelegung der aktuellen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft schon nicht angenommen werden, dass Dämpfe und Aerosole aus Bitumen überhaupt das Potenzial für die Entstehung oder Verschlimmerung einer obstruktiven Atemwegserkrankung haben. Demzufolge ist schon die generelle Geeignetheit der Einwirkungen für die Verursachung einer obstruktiven Atemwegserkrankung nicht hinreichend wahrscheinlich. So hat der Sachverständige Prof. Dr. K. bereits im erstinstanzlichen Verfahren dargelegt, dass sich aufgrund der - primär unter dem Aspekt der Krebsinduktion durch Bitumen durchgeführten - Humanstudie von Raulf-Heimsoth et al zwar Hinweise auf entzündliche Veränderungen im Bereich der kleinen Atemwege ergeben haben. Diese Hinweise sind jedoch bislang nicht durch ausreichende wissenschaftliche Daten hinreichend untermauert worden. Es existieren weder epidemiologische Daten, aus denen auf ein gehäuftes Auftreten einer COPD bei gegenüber Bitumen exponierten Dachdeckern geschlossen werden könnte noch solche, mit denen nachzuweisen wäre, dass ein Asthma bronchiale durch die Exposition gegenüber Bitumen ausgelöst werden könnte. Ein genereller Ursachenzusammenhang ist danach zwar möglich, aber nicht hinreichend wahrscheinlich.
Diese Auffassung ist von dem im Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen Dr. L. mit eingehender und überzeugender Begründung bestätigt worden. Auch nach seinem Gutachten sprechen die Ergebnisse der Studie von Raulf-Heimsoth ua lediglich für die Möglichkeit eines (generellen) Ursachenzusammenhangs, die aber nicht ausreicht, um die Ursächlichkeit der Einwirkungen für die Entstehung (oder Verschlimmerung) der Erkrankung wahrscheinlich zu machen. Dr. L. hat sich dabei eingehend auch mit den vom Kläger vorgelegten Veröffentlichungen und der aktuellen Studienlage befasst und ist danach mit plausibler Begründung zu dem Ergebnis gekommen, dass sich aus der derzeitigen Datenlage nicht die Annahme eines Ursachenzusammenhangs zwischen der Exposition gegenüber Dämpfen und Aerosolen aus Bitumen und der obstruktiven Atemwegserkrankung des Klägers folgern lässt. Zwar weisen auch weitere Studien auf eine Häufung von Atemwegssymptomen durch die Inhalation von Bitumendämpfen hin. Jedoch haben nur in einem Teil der Studien die Messwerte der Lungenfunktion Hinweise auf eine signifikante Veränderung ergeben; diese wurden jedoch nur in einer einzigen Studie (von Randem et al, 2004) als signifikant für eine geringgradige Atemwegsobstruktion angesehen. Dieser Studie ist aber etwa in der Veröffentlichung von Fishwick et al (2015) ein "wenig zuverlässiges Evidenzlevel" zugeordnet worden. Im Übrigen fehlt es an Längsschnittuntersuchungen, die die Entwicklung einer chronischen Atemwegsobstruktion durch eine inhalative Exposition gegenüber Bitumen zeigen könnten.
Zur Überzeugung des Senats liegt dieser Beurteilung der im Zeitpunkt der Entscheidung aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand zugrunde. Es ist vom Kläger nicht dargelegt worden und auch ansonsten für den Senat nicht ersichtlich, dass andere Fachwissenschaftler auf der Grundlage der gegenwärtigen Erkenntnisse zu einem anderen Ergebnis kommen. Insbesondere rechtfertigen die vom Kläger angeführten vier Einzelfälle, in denen in der ehemaligen DDR eine obstruktive chronische Bronchitis im Sonderbescheidverfahren als BK anerkannt wurde, und die hierzu vom Kläger vorgelegte Arbeit von Maintz et al aus dem Jahr 1987 keine andere Beurteilung. Abgesehen davon, dass diese Arbeit nach dem im Vorstehenden dargelegten Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse wiedergibt, war eine Entscheidung im Sonderentscheidverfahren gerade unter der Voraussetzung möglich, dass das Schädigungsvermögen einer Exposition nicht als gesichert gelten kann (vgl Maintz et al, Chronische obstruktive Atemtrakterkrankungen durch langjährige berufliche Exposition gegenüber Bitumenpyrolyseprodukten, Zeitschrift für Erkrankungen der Atmungsorgane 1987, 259 f). Somit waren schon die rechtlichen Voraussetzungen der vom Kläger angeführten Entscheidungen in wesentlicher Beziehung nicht mit den Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs identisch oder auch nur vergleichbar; den Entscheidungen im Sonderentscheidverfahren nach DDR-Recht lag danach insbesondere kein ähnlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstab zugrunde, wie er im hier anwendbaren Recht gilt. Es kann daher offenbleiben, ob die Sachverhalte überhaupt vergleichbar sind. Während der Kläger angibt, nie geraucht zu haben, hatten alle vier in der DDR tätigen Kollegen, bei denen nach damaligem DDR-Recht eine BK anerkannt wurde, jeweils einen jahrzehntelangen Zigarettenkonsum angegeben; dabei kommt ein langjähriger Nikotinkonsum nach im Ergebnis einhelliger Auffassung der gehörten Sachverständigen (vgl zB Gutachten von Dr. Eilers vom 3. Februar 2014, S 8 und ergänzende Stellungnahme vom 23. August 2014, S 2; Gutachten von Prof. Dr. Nowak vom 12. Juni 2015, S 24, 35) aber gerade als (Mit-)Ursache einer obstruktiven Atemwegserkrankung in Betracht (vgl dazu auch Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, S 1119). Der darüber hinaus vom Kläger angeführte einzige Fall einer (ebenfalls im Wege des Sonderentscheids) anerkannten BK eines Dachdeckers durch Einwirkung von Bitumen, den das BMAS über den DGUV ermitteln konnte, betrifft die Erkrankung an einer chronischen Laryngitis (Entzündung des Kehlkopfes), mithin keine obstruktive Atemwegserkrankung.
Bei dieser Sachlage spricht nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. L. auch der erhebliche zeitliche Abstand zwischen dem Ende der Exposition und dem erstmaligen Nachweis einer Atemwegsobstruktion beim Kläger gegen eine berufsbedingte Atemwegserkrankung (zur Bedeutung des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Exposition und Krankheitsbeginn vgl auch Reichenhaller Empfehlung aaO, S 33, 64; Merkblatt zur BK Nr 4302, Abschnitt I, abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Stand: 7/2019, M 4302; ferner Mehrtens/Brandenburg aaO, Anm 2). Der Kläger war den für die Entstehung der Erkrankung angeschuldigten Dämpfen und Aerosolen aus Bitumen nach eigenen Angaben in den Zeiträumen von April 1969 bis Dezember 1972, von April 1973 bis September 1984 und von April 1985 bis Ende 1985 ausgesetzt. Soweit er gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. K. seine Angaben (zum wiederholten Mal) korrigiert und behauptet hat, es habe bis 1992 eine Bitumenexposition bestanden (Gutachten vom 12. Juni 2015, S 13), ist das weder nachvollziehbar noch glaubhaft. Denn diese Behauptung steht im Widerspruch zu seinem vorangegangenen ausführlichen Vortrag in der Klagebegründung (vom 10. Oktober 2013), wonach die Arbeiten mit Bitumen 1985 geendet hätten. Bereits ab 1986 - und damit noch in der Zeit als angestellter Dachdecker - seien diese Arbeiten von ihm nicht mehr ausgeführt worden; in seinem eigenen Betrieb habe es zu keiner Zeit einen Bitumenkocher gegeben. Das entspricht auch der aktuellsten Angabe des Klägers gegenüber dem Sachverständigen Dr. L.; dort hat er wiederum erklärt, dass er schon zu Beginn der Selbstständigkeit (im April 1986) keinen Bitumenkocher angeschafft habe. Dann kann aber auch keine Bitumenexposition bis 1992 bestanden haben.
Der Beginn der Erkrankung lässt sich hingegen erst mit einer zeitlichen Latenz von deutlich mehr als zehn Jahren nach dem Ende der Exposition sichern. Dabei ist eine obstruktive Ventilationsstörung erstmals mit den Befunden einer Spirometrie vom 19. April 2006 dokumentiert. Zuvor war der Kläger zwar bereits zwischen Juni und August 1996 wegen einer entzündlichen Atemwegserkrankung bei Dr. N. als damaligem Hausarzt in Behandlung. Nach den übereinstimmenden und schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. K. und Dr. L. lässt sich daraus aber nicht ableiten, dass bereits damals eine obstruktive Ventilationsstörung vorgelegen hat, denn aussagekräftige Lungenfunktionsdaten liegen aus dieser Zeit nicht vor. Zudem führt Dr. L. nachvollziehbar aus, dass seinerzeit auch nur eine passagere Atemwegsverengung infolge einer infektbedingten entzündlichen Atemwegsreaktion vorgelegen haben könnte. Der Versuch des Senats, noch mögliche Unterlagen vom Praxisnachfolger von Dr. N. zu bekommen, ist ohne Erfolg geblieben. Danach verbleiben jedenfalls gewichtige Zweifel an einem Krankheitsbeginn bereits im Jahr 1996, die dem Vollbeweis eines Krankheitsbildes der geltend gemachten BK bereits zu diesem Zeitpunkt entgegenstehen. Gleichzeitig gehen die Sachverständigen Prof. Dr. K. und Dr. L. im Ergebnis aber übereinstimmend davon aus, dass die im Jahr 2008 festgestellte Lungenfunktionseinschränkung bereits fortgeschritten war bzw sich in den Jahren zuvor entwickelt hat. Zwischen dem Ende der möglicherweise belastenden Tätigkeiten (Ende 1985) und dem jedenfalls gesicherten Beginn der Erkrankung im April 2006 liegt demzufolge ein Zeitraum von bis zu 20, mindestens aber elf Jahren.
Nach den schlüssigen Ausführungen von Dr. L. schließt dieser erhebliche zeitliche Abstand zwischen stattgehabter Exposition und feststellbarem Beginn der Atemwegserkrankung den Ursachenzusammenhang für sich genommen zwar nicht aus. Da aber schon die generelle Geeignetheit der Einwirkungen für die Verursachung einer obstruktiven Atemwegserkrankung nicht hinreichend wahrscheinlich ist, spricht insgesamt eindeutig mehr gegen als für den Zusammenhang.
Der abweichenden Beurteilung durch den im Widerspruchsverfahren gehörten Gutachter Prof. Dr. I., den Sachverständigen Dr. J. und den behandelnden Arzt Dr. F. vermag sich der Senat nach alledem nicht anzuschließen. Dabei kann dahinstehen, ob das Gutachten von Prof. Dr. I. in Bezug auf die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs überhaupt den formalen und inhaltlichen Anforderungen an ein wissenschaftlich begründetes Sachverständigengutachten entspricht, was Voraussetzung für eine Verwertung dieses Gutachtens im Wege des Urkundenbeweises wäre. Denn jedenfalls hat der Gutachter seine Annahme eines Ursachenzusammenhangs schon nicht nachvollziehbar begründet. Dafür reicht es nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. K. und Dr. L. gerade nicht aus, dass alle Befunde gegen ein allergisches Asthma bronchiale sprechen, kein Alpha 1-Antitrypsinmangel besteht und der Kläger keinen weiteren inhalativen Belastungen etwa durch Nikotinabusus ausgesetzt gewesen ist. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang zwischen inhalativen Belastungen durch Bitumen und einer obstruktiven Atemwegserkrankung Prof. Dr. I. seiner Beurteilung überhaupt zugrunde gelegt hat, lässt sich seinem Gutachten (einschließlich der ergänzenden Stellungnahme) schon im Ansatz nicht entnehmen. Insofern lässt sein Gutachten von vornherein nicht erkennen, dass es auf anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht.
Auch der Sachverständige Dr. J. zeigt in seinem Gutachten letztlich nur die Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs auf. Dementsprechend räumt er in seiner ergänzenden Stellungnahme ein, dass es zum Thema Bitumenexposition und obstruktive Atemwegserkrankungen nur wenig Literatur gibt und es nur unbefriedigend gelinge, "den Begriff der Wahrscheinlichkeit hier mit statistischen Zahlen zu stützen".
Schließlich führt auch der behandelnde Arzt des Klägers Dr. F. für seine Annahme des Ursachenzusammenhangs (vgl Stellungnahme vom 19. Januar 2016) keine nachvollziehbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse über die generelle Eignung von Bitumeneinwirkungen zur Auslösung obstruktive Atemwegserkrankungen an. Dass sich möglicherweise keine andere (dh außerberufliche) Ursache für die Entstehung der Erkrankung benennen lässt, macht den Ursachenzusammenhang für sich allein betrachtet nicht wahrscheinlich.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor.