Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 11.12.2019, Az.: L 13 SB 4/19

Herabsetzung eines Grades der Behinderung wegen eingetretener Heilungsbewährung; Kein Anspruch auf Anwesenheit einer Vertrauensperson im Rahmen der Untersuchung beim gerichtlich bestellten Sachverständigen; Beurteilungskompetenz des Sachverständigen für die fachliche Durchführung einer Untersuchung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
11.12.2019
Aktenzeichen
L 13 SB 4/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 63853
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BSG - 27.10.2022 - AZ: B 9 SB 1/20 R

Fundstelle

  • NZS 2020, 359

Redaktioneller Leitsatz

1. Ein Sachverständiger kann eine Untersuchung in Abwesenheit dritter Personen vornehmen, wenn er dies für erforderlich hält; der Sachverständige bewegt sich damit vorbehaltlich besonderer Umstände im Bereich seiner Fachkompetenz.

2. Es gibt keinen wissenschaftlichen Standard, der die Anwesenheit Dritter bei Untersuchungen vorsieht.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens, im Übrigen keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Herabsetzung seines Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf nunmehr 30 wegen eingetretener Heilungsbewährung nach Operation eines großen und potenziell bösartigen Tumors in der rechten Schulter, der sich letztlich als gutartig herausgestellt hat. Als wesentlichen und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang ungeklärten Aspekt des vorliegenden Falles hatte der Senat hierbei zu beurteilen, ob der Kläger eine Anwesenheit einer Vertrauensperson, hier seiner Tochter bzw. seines Sohnes, im Rahmen der Untersuchung beim gerichtlich bestellten orthopädischen Sachverständigen verlangen kann.

Am 8. Juni 2011 stellte der 1958 geborene Kläger erstmals einen Antrag auf Feststellung eines GdB beim Beklagten, nachdem ein Tumor in seiner rechten Schulter festgestellt worden war, der am 29. Juni 2011 im Universitätsklinikum J. operativ entfernt wurde. Aufgrund der Gutartigkeit des Tumors lehnte der Beklagte den Antrag zunächst ab. Im nachfolgenden Widerspruchsverfahren verwies der Kläger u. a. auf eine eingeschränkte Beweglichkeit im Bereich der Schulter als Operationsfolge, was nach weiteren Ermittlungen des Beklagten zu einer Teilabhilfe und Feststellung eines GdB von 20 gemäß Bescheid vom 14. März 2012 führte. Das nach ablehnender Widerspruchsentscheidung nachfolgende Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Osnabrück - S 34 SB 341/12 - führte gemäß Ausführungsbescheid vom 24. Mai 2013 zur Feststellung eines GdB von 50 ab Juli 2011. Die Entscheidung wurde auf die Funktionsbeeinträchtigung "Schulterblattteilentfernung mit Bewegungseinschränkung der Schulter im Stadium der Heilungsbewährung" gestützt. Das Gericht hatte seinerzeit hinsichtlich der Bösartigkeit des Tumors beim Universitätsklinikum J. - Prof. Dr. K. - nachgefragt, der unter dem 15. März 2013 die Einschätzung hinsichtlich der Malignität als schwierig bezeichnete. Da in 10 Prozent der Fälle Metastasen auftreten könnten, müsse aufgrund des klinischen Verlaufs dieser Tumor durchaus als potenziell bösartig angesehen werden, zumal er im Fall des Klägers sehr groß gewesen sei. Diese Stellungnahme führte zum seinerzeit abgegebenen Anerkenntnis des Beklagten nach Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes.

Im Juni 2015 griff der Beklagte das Verfahren von Amts wegen wieder auf. Der zum Gas- und Wasserinstallateur ausgebildete Kläger hatte sich zwischenzeitlich im November 2012 in L. und alsdann nochmals im November 2015 in M. jeweils in einer dreiwöchigen stationären, neurologisch orientierten Rehabilitationsmaßnahme befunden und hatte mittlerweile eine vollschichtige Berufstätigkeit in der Funktion als Energieberater bei der Stadt N. aufgenommen. Im Rehabilitationsbericht aus 2015 wurde ausgeführt, handwerkliche Tätigkeiten seien dem Kläger nicht mehr möglich. Die psychische Stimmungslage wurde als ausgeglichen beschrieben. Rehabilitationsziele der Maßnahme im November 2015 waren insbesondere die Verbesserung und der Erhalt der Beweglichkeit des rechten Armes sowie eine Schmerzreduktion. Im Rahmen der Maßnahme konnte eine bessere Mobilisierung der Schulter erreicht werden, die Kraft im rechten Arm nahm zu und die Schmerzen wurden etwas besser. Der Kläger wurde arbeitsfähig für seine neue Tätigkeit entlassen.

Nachdem eine Befragung des Ärztlichen Dienstes nunmehr noch die Berechtigung eines Einzel-GdB von 20 wegen der Behinderung "Schulterblattteilentfernung mit Bewegungseinschränkung der Schulter rechts" ergab, hörte der Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Aufhebung des Bescheides vom 24. Mai 2013 und Absenkung des GdB auf 20 an, die mit Bescheid vom 19. Oktober 2016 mit Wirkung ab dem 1. November 2016 umgesetzt wurde. Der Kläger legte Widerspruch ein und verwies in der Widerspruchsbegründung u. a. auf Beschwerden und Schmerzen im Bereich von Halswirbelsäule (HWS) und Lendenwirbelsäule (LWS) sowie der Knie sowie auf weitere Funktionsstörungen. Hierzu legte er eine fachärztliche Stellungnahme des Dr. O. vom 25. November 2016 vor. Dr. O. äußerte die Auffassung, der GdB auf chirurgischem und orthopädischem Fachgebiet sei insgesamt mit 40 festzustellen, wobei die verbleibenden Funktionsstörungen der rechten Schulter und des rechten Armes einerseits sowie die Beschwerden in HWS und LWS andererseits jeweils einen Einzel-GdB von 30 und die Kniebeschwerden einen Einzel-GdB von 20 begründeten; der Gesamt-GdB betrage mindestens 50. Außerdem legte der Kläger HNO- und augenärztliche Befunde vor. Der Beklagte befragte seinen Ärztlichen Dienst - Dr. P. -, der nunmehr die Feststellung eines Gesamt-GdB von 30 ab dem 1. November 2016 bei weiterer Aufnahme einer Behinderung "Funktionseinschränkung der Wirbelsäule" ebenfalls mit einem Einzel-GdB von 20 empfahl. Daraufhin erließ der Beklagte am 24. Februar 2017 einen Teilabhilfebescheid des Inhalts, ab dem 1. November 2016 betrage der GdB 30. Den weitergehenden Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2017 zurück.

Der Kläger hat am 23. März 2017 Klage erhoben. Er hat sich auf bestehende Funktionsstörungen auf orthopädischem, HNO-ärztlichem und augenärztlichem Fachgebiet sowie auf das Zeugnis seiner behandelnden Ärzte und das bereits vorliegende Gutachten des Dr. O. vom 25. November 2016 berufen.

Mit Beweisanordnung vom 27. September 2017 hat das SG Osnabrück den Orthopäden Dr. Q. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Am 8. März 2018 hat Dr. Q. die Entpflichtung als Sachverständiger beantragt, nachdem er an diesem Tage den Kläger zur gutachtlichen Untersuchung einbestellt hatte und dieser in Begleitung seiner Tochter erschienen war, nachfolgend hatte der Kläger auf der Anwesenheit seiner Begleitung im Rahmen der Anamneseerhebung und auch der Untersuchung bestanden. Hierzu hat der Sachverständige gemeint, die Anwesenheit Dritter in gutachtlichen Untersuchungen stoße bei ihm prinzipiell auf erhebliche Bedenken, da die Erhebung objektiver Befunde erschwert werde. Er sehe sich unter diesen Umständen nicht in der Lage, das Gutachten zu erstatten. Der Kläger hat diesbezüglich die Auffassung vertreten, es solle im Rahmen einer orthopädischen Begutachtung - anders als bei psychiatrischen Begutachtungen - möglich sein, dass eine sich völlig still und unauffällig im Hintergrund aufhaltende Begleitperson der Begutachtung beiwohne. Ein Anspruch auf Hinzuziehung einer Begleitperson sei auch aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren herzuleiten.

Mit Beschluss vom 10. April 2018 hat das SG Osnabrück die Beweisanordnung vom 27. September 2017 geändert und hat statt Dr. Q. den Orthopäden Dr. R. zum Sachverständigen ernannt. Dort ist der Kläger am 7. August 2018 in Begleitung seines Sohnes erschienen und hat auf dessen Anwesenheit bestanden. Auch Dr. R. hat daraufhin die Untersuchung abgelehnt und darauf hingewiesen, durch die Anwesenheit einer Begleitperson des Klägers entstehe auch eine "Zeugenungleichheit" und er sehe sich unter den gegebenen Umständen nicht in der Lage, das Gutachten zu erstatten. Der Kläger hat anschließend nochmals bekräftigt, dass bei ihm kein Einverständnis bestehe, sich ohne Anwesenheit einer Begleitperson durch einen Sachverständigen untersuchen zu lassen. Daraufhin hat das SG Osnabrück die Beweisanordnung vom 27. September 2017 in der Fassung des Beschlusses vom 10. April 2018 mit Beschluss vom 23. Oktober 2018 aufgehoben.

Mit Gerichtsbescheid vom 17. Dezember 2018 hat das SG Osnabrück die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, aufgrund der abgelaufenen Heilungsbewährung sei eine wesentliche Änderung in den entscheidungserheblichen Verhältnissen eingetreten, ein GdB von 50 sei aufgrund der nunmehrigen Gesundheitssituation des Klägers nicht mehr gerechtfertigt und hinsichtlich der Feststellung eines GdB von 30 komme eine Erhöhung nicht in Betracht. Sowohl die Einschränkung der Schulterbeweglichkeit als auch die Funktionsstörung der Wirbelsäule seien jeweils mit einem Einzel-GdB von 20 korrekt bewertet. Hinsichtlich weiterer Funktionsbeeinträchtigungen lasse sich ein GdB von zumindest 20 nicht feststellen, was insbesondere auch für eine von Dr. O. angenommene Funktionsbeeinträchtigung der Kniegelenke im Sinne einer Knorpelschädigung gelte. Dem stehe die freie Beweglichkeit sowie die fehlende wiederholte Dokumentation von anhaltenden Reizerscheinungen entgegen. Auch greifbare Anhaltspunkte für eine manifeste psychische Erkrankung ergäben sich nicht, auch seien gemäß dem Entlassungsbericht der Rehabilitation der S. -Klinik in M. vom 7. Dezember 2015 keine Allergien bekannt, so dass auch diesbezüglich ein weiterer relevanter Einzel-GdB nicht bestehe. Ferner ergebe sich aus den HNO-ärztlichen und augenärztlichen Befundberichten ebenfalls kein Anhaltspunkt für eine Erhöhung des GdB von 30. Im Übrigen teile das Gericht nicht die Auffassung des Klägers, er könne die Anwesenheit einer Begleitperson während der Untersuchung durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen verlangen. Hierfür ergebe sich insbesondere nichts aus der vom Kläger genannten Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG, Beschluss vom 9. April 2003 - B 5 RJ 140/02 B) oder aus allgemeinen verfahrensrechtlichen oder verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten. Eine Hilfestellung durch die Begleitperson sei schließlich nach den Darlegungen des Klägers nicht erforderlich gewesen.

Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 19. Dezember 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 8. Januar 2019 Berufung eingelegt. Er hat zu seinen Gesundheitsstörungen im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 3. Juli 2019 hat der Kläger nochmals betont, zwar stehe er ausdrücklich für weitere Begutachtungen zur Verfügung, wünsche aber insoweit unbedingt eine Vertrauensperson mitzunehmen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des SG Osnabrück vom 17. Dezember 2018 sowie den Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2016 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 24. Februar 2017 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2017 aufzuheben, hilfsweise, ein Gutachten des Orthopäden Dr. Herberger nach § 109 SGG einzuholen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den Gerichtsbescheid des SG Osnabrück für zutreffend. Maßgeblich sei in Anfechtungsfällen im Übrigen nicht das Datum der Bekanntgabe, sondern das Datum des Erlasses des Widerspruchsbescheides, da sich die Behörde bereits zu diesem Zeitpunkt festlege.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143 SGG), aber nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des SG Osnabrück vom 17. Dezember 2018 sowie der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2016 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 24. Februar 2017 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2017 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

Die erforderlichen formellen Voraussetzungen für die Aufhebung des Ausgangsbescheides sind erfüllt, insbesondere ist dem Aufhebungsbescheid eine ordnungsgemäße Anhörung gemäß § 24 Abs. 1 SGB X vorausgegangen.

Auch die materiellen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X lagen im entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids als letzter maßgeblicher Verwaltungsentscheidung vor. Ist - wie hier - die Zeit der Heilungsbewährung erfolgreich abgelaufen, haben sich die tatsächlichen Grundlagen des Bescheides über die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne dieser Vorschrift entscheidungserheblich geändert (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. August 2015 - B 9 SB 2/15 R - juris Rn. 13 m. w. N.).

Gemäß Teil B Nr. 1 c der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VMG) zur Versorgungsmedizin-Verordnung ist nach Behandlung bestimmter Krankheiten, die zu Rezidiven neigen, insbesondere bei bösartigen Geschwulsterkrankungen, eine Heilungsbewährung abzuwarten. Der Zeitraum der Heilungsbewährung beträgt in der Regel fünf Jahre, und zwar ab dem Zeitpunkt, an dem die Geschwulst durch Operation oder andere Primärtherapie als beseitigt angesehen werden kann. Die hinsichtlich der häufigsten und wichtigsten solcher Krankheiten angegebenen GdB-Anhaltswerte sind auf den "Zustand nach operativer oder anderweitiger Beseitigung der Geschwulst bezogen". Sie beziehen den "regelhaft verbleibenden Organ- oder Gliedmaßenschaden ein". Außergewöhnliche Folgen oder Begleiterscheinungen der Behandlung - z. B. langdauernde schwere Auswirkungen einer wiederholten Chemotherapie - sind zu berücksichtigen.

Bestehen keine solchen außergewöhnlichen Folgen oder Begleiterscheinungen der Krebserkrankung, so legen die VMG die Höhe des GdB pauschal fest. Erst für die Zeit nach Ablauf der Heilungsbewährung ist der GdB nach den konkreten Auswirkungen der vorliegenden Gesundheitsstörungen zu bemessen (vgl. dazu Teil A Nr. 2 VMG). Beruht daher die Höhe des GdB auf einer Erkrankung, für welche die einschlägigen Normen einen erhöhten GdB-Wert während des Zeitraums der Heilungsbewährung ansetzen, ändert das Verstreichen dieses Zeitraums die wesentlichen, d. h rechtserheblichen tatsächlichen Verhältnisse, die der Feststellung des GdB zugrunde lagen (vgl. BSG a. a. O. juris Rn. 15 m. w. N.).

Bei der dann anstelle pauschaler Bemessung erforderlichen Bewertung anhand der tatsächlichen Umstände sind die in den VMG niedergelegten Maßstäbe zu beachten (vgl. Teil A Nr. 2 a VMG). Die VMG stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z. B. Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 2/13 R - juris Rn. 10 m. w. N.) und ihre Bindungswirkung für Behörden und Gerichte im Feststellungsverfahren nach § 69 SGB IX (seit dem 1. Januar 2018: § 152 SGB IX) hat der Gesetzgeber in § 159 Abs. 7 SGB IX (jetzt: § 241 Abs. 5 SGB IX) ausdrücklich geregelt.

Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB gemäß § 69 Abs. 3 S. 1 SGB IX (jetzt: § 152 Abs. 3 S. 1 SGB IX) nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (s. § 2 Abs. 1 SGB IX) und die damit einhergehenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. Dabei ist im Falle einer Anfechtungsklage - wie hier - auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, mithin des Widerspruchsbescheides, abzustellen, so dass spätere Entwicklungen, insbesondere erst im Laufe des Klageverfahrens neu hinzugetretene Gesundheitsstörungen oder eine Verschlimmerung bestehender Gesundheitsstörungen, nicht berücksichtigt werden können. In einem zweiten Schritt sind diese dann den in den VMG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist - in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB (vgl. Teil A Nr. 3 c VMG) - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in den VMG feste Grade angegeben sind (Teil A Nr. 3 b VMG). Hierbei führen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung und auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A Nr. 3 d ee VMG; vgl. zum Vorstehenden auch BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 3/12 R - juris Rn. 29).

Die Bemessung des GdB ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (vgl. BSG a.a.O. Rn. 30). Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen. Maßgeblich für die darauf aufbauende GdB-Feststellung ist aber nach § 2 Abs. 1, § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX (seit dem 1. Januar 2018: § 152 Abs. 1 und 3 SGB IX), wie sich nicht nur vorübergehende Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft auswirken. Bei der rechtlichen Bewertung dieser Auswirkungen sind die Gerichte an die Vorschläge der von ihnen gehörten Sachverständigen nicht gebunden (BSG, Beschluss vom 20. April 2015 - B 9 SB 98/14 B - juris Rn. 6 m.w.N.).

Unter Beachtung dieser Grundsätze sind der Gerichtsbescheid des SG Osnabrück vom 17. Dezember 2018 und die Entscheidung des Beklagten im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat vielmehr zu Recht den GdB des Klägers auf 30 herabgesetzt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Gesundheitszustandes im vorliegenden Anfechtungsfall ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides als letzter Verwaltungsentscheidung, wobei dieser entgegen der Rechtsansicht des Beklagten dem Zeitpunkt des "Erlasses" des Verwaltungsaktes entspricht, welchen der Beklagte seinerseits - zutreffend (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl. 2017, § 54 Rn. 33) - für maßgeblich hält. Der "Erlass" eines Verwaltungsakts ist nämlich nichts anderes als die Bekanntgabe eines entsprechenden Entschlusses der Verwaltung und ist nicht mit der vorherigen Entschlussfassung der Verwaltung oder der schriftlichen Ausarbeitung gleichzusetzen.

Die Feststellung eines GdB von 50, wie sie mit Wirkung ab Juli 2011 getroffen war, ist aufgrund des Eintritts der Heilungsbewährung nicht mehr gerechtfertigt. Der Senat folgt zunächst insoweit der ausführlichen und überzeugenden Begründung des Gerichtsbescheides des SG Osnabrück vom 17. Dezember 2018, der er sich nach eigener Sachprüfung anschließt und die er daher nicht wiederholt (§ 153 Abs. 2 SGG), als dass sowohl hinsichtlich der Behinderung "Schulterblattteilentfernung mit Bewegungseinschränkung der Schulter rechts" als auch hinsichtlich der Beschwerden und Schmerzen im Bereich von HWS und LWS nach den getroffenen Feststellungen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2017 lediglich noch die sichere Feststellung eines Einzel-GdB von jeweils 20 gerechtfertigt war. Den nach Eintritt der Heilungsbewährung verbleibenden Gesamt-GdB des Klägers hat der Beklagte nach Überzeugung des Senats auf dieser Erkenntnisgrundlage nicht mit mehr als 30 feststellen können.

Allerdings gehen verbleibende Zweifel in Anfechtungsfällen der vorliegenden Art zu Lasten des Beklagten, der sich auf eine eingetretene Änderung der Verhältnisse beruft. Dementsprechend wäre bezogen auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides die volle Überzeugung des Senats erforderlich, dass ein GdB von wenigstens 40 unter keinem medizinischen Gesichtspunkt mehr gerechtfertigt war. Eine derartige volle Überzeugung besteht aufgrund der bislang nicht ausreichenden medizinischen Ermittlungen (noch) nicht und ein Teilerfolg des Rechtsbehelfs des Klägers würde demzufolge möglich erscheinen.

Indes hat der Kläger an entsprechenden Aufklärungsbemühungen des SG Osnabrück nicht ausreichend mitgewirkt, zum Ausdruck kommend in der Beweisanordnung vom 27. September 2017, nachfolgend geändert mit Beschluss vom 10. April 2018 und schließlich aufgehoben mit Beschluss vom 23. Oktober 2018. Demzufolge nimmt der Senat eine Umkehr der Beweislast an. Eine derartige Umkehr der Beweislast hat das BSG für tatsächliche Fallgestaltungen anerkannt, in denen der Gegner der beweisbelasteten Partei den Beweis vereitelt oder erschwert oder die Beweisführung unmöglich ist, weil die zu beweisenden Tatsachen sich im Bereich des Gegners abgespielt haben und dieser an der ihm möglichen Sachverhaltsaufklärung nicht oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 89/12 R - juris Rn. 32 m. w. N.).

Der Kläger hat die vom SG Osnabrück und auch vom Senat in medizinischer Hinsicht insbesondere bezogen auf das orthopädische Fachgebiet für erforderlich erachtete weitere Aufklärung des Sachverhalts vereitelt. Entgegen seiner Auffassung hat der Kläger keinen Anspruch auf die Anwesenheit seiner Tochter bzw. seines Sohnes bei der Durchführung der medizinischen Untersuchungen durch die vom Gericht ernannten orthopädischen Sachverständigen Dr. Q. und Dr. R ...

Ob und unter welchen Umständen ein zu untersuchender Beteiligter ein Recht auf Anwesenheit eines Dritten hat, ist nicht abschließend geklärt und wird von den Gerichten unterschiedlich beantwortet, wobei es wegen der fehlenden positiven Normierung ein uneingeschränktes Recht auf Anwesenheit von Dritten bei der medizinischen Begutachtung nicht gibt (Bayerisches Landessozialgericht - LSG -, Beschluss vom 4. April 2019 - L 7 U 396/16 - juris Rn. 8 ff., m. w. N.).

Die fachliche Durchführung der Untersuchung fällt hierbei nach Auffassung des Senats in die Beurteilungskompetenz des Sachverständigen. Das Gericht darf ihm zwar grundsätzlich Weisungen darüber erteilen (Keller, a. a. O., 12. Aufl. 2017, § 118 Rn. 11m unter Hinweis auf § 404a Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO; a. A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. November 2009 - L 2 R 516/09 B - juris Rn. 12 ff.). Die Beurteilung der Frage, wie der Sachverständige seine Untersuchung gestaltet und somit auch die Beurteilung der Frage, ob die Anwesenheit einer Begleitperson die Unverfälschtheit der Untersuchungssituation gefährdet, ist jedoch regelmäßig Gegenstand und Teil der medizinischen Kompetenz des Sachverständigen, in welche einzugreifen der Senat nicht für zweckmäßig hält. Jedenfalls ist den Senatsmitgliedern aus ihrer beruflichen Tätigkeit kein einziger Fall bekannt, in dem die Erteilung einer Weisung in Bezug auf Einzelheiten des Untersuchungsablaufs an einen medizinischen Sachverständigen sachgerecht erschienen wäre, abgesehen von generellen Weisungen etwa der Art, einen Probanden ambulant zu untersuchen und das Gutachten nicht nach stationärer Untersuchung oder nach Aktenlage zu erstellen.

Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit der Beweiserhebung räumt den Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf ein, über bevorstehende Beweiserhebungen unterrichtet zu werden und daran teilzunehmen. Dieses nach § 116 SGG bestehende Anwesenheits- und Fragerecht insbesondere bei der Zeugenbeweisaufnahme ist eines der wichtigsten Parteirechte und ein direkter Anwendungsfall des Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23. Februar 2006 - L 4 B 33/06 SB - juris Rn. 5). Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit bezieht sich auch auf die Ermittlung von Tatsachen durch Sachverständige zur Vorbereitung des Gutachtens (Bundesverwaltungsgericht - BVerwG - Beschluss vom 18. März 2014 - 10 B 11/14 - juris Rn. 11 m. w. N.). Der Grundsatz des fairen Verfahrens und der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gebieten es, den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu geben, der Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen eines Gutachtens durch den Sachverständigen beizuwohnen. Die Frage einer möglichen Verletzung dieses Grundsatzes stellt sich indes im vorliegenden Zusammenhang aufgrund der ohnehin gegebenen Anwesenheit des Klägers bei der Untersuchung allenfalls modifiziert; hierbei ist im Übrigen zu beachten, dass aufgrund des Schutzes der Intimsphäre des Klägers insbesondere der Beklagtenseite die Anwesenheit eines Vertreters bei der körperlichen Untersuchung einer Partei bzw. eines Beteiligten nicht ermöglicht werden kann, dies unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde (Art. 1 Grundgesetz). Dementsprechend stellt sich auch die Frage einer Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit der Beteiligten in diesem Zusammenhang nicht, denn der Beklagte ist von jeglicher Teilnahme an der Untersuchung ausgeschlossen und der gerichtliche Sachverständige ist eine neutrale Hilfsperson des Gerichts.

Wenn es ein Sachverständiger für erforderlich hält, die Untersuchung in Abwesenheit dritter Personen vorzunehmen, bewegt er sich vorbehaltlich besonderer Umstände im Bereich seiner Fachkompetenz. Es ist kein wissenschaftlicher Standard erkennbar, der die Anwesenheit Dritter bei Gutachten der vorliegenden Art vorsieht (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. November 2009 - L 2 R 516/09 B -, juris Rn. 12 ff.; mit Verweis auf Bundesgerichtshof - BGH - Beschluss vom 8. August 2002 - 3 StR 239/02 - NStZ 2003, 101 - sowie weiteren Nachweisen). Zweck der Beweisanordnung ist es, ein gerichtlich verwertbares Beweisergebnis zu erreichen. Ist ein solches bei Anwesenheit eines Dritten nicht möglich oder besteht zumindest die hinreichende Gefahr, dass eine Verfälschung des Ergebnisses droht, kann die Anwesenheit einer Vertrauensperson des Betroffenen ausgeschlossen werden (SG Mainz, Gerichtsbescheid vom 7. Februar 2017 - S 11 SB 204/15 - juris Rn. 44).

Hierdurch ist Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht verletzt, denn die Gewährung rechtlichen Gehörs wird im vorliegenden Zusammenhang ebenso wenig eingeschränkt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. November 2009 - a. a. O.) wie die rechtsstaatlichen Gebote der Gewährleistung effektiven Rechtschutzes und der Sicherstellung eines fairen Verfahrens. Insoweit erscheint die Vorgehensweise des Sachverständigen aus der Sicht eines verständigen Beteiligten nicht als unfair (a. A. jedenfalls bei nicht hinreichender Begründung der Entscheidung des Sachverständigen LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23. Februar 2006 - L 4 B 33/06 SB - juris Rn. 5 ff.), zumal der Kläger durch die Abwesenheit einer Begleitperson an der Geltendmachung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen gegenüber dem Sachverständigen in keiner Weise gehindert ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. November 2009 - a. a. O.); wäre dies anders, etwa aufgrund der Eigenart seiner Funktionsstörungen, könnte der Sachverhalt anders zu beurteilen sein. Hierfür jedoch ist vorliegend nichts ersichtlich.

Der Senat teilt nicht die in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung teilweise vertretene Auffassung (Oberlandesgericht - OLG - Hamm, Beschluss vom 3. Februar 2015 - II-14 UF 135/14 - juris Rn. 7), die Hinzuziehung einer Begleitperson müsse zugelassen werden, weil ein medizinisch oder psychologisch zu begutachtender Beteiligter ansonsten keine Möglichkeit hätte, gegenüber abstrakt immer denkbaren Wahrnehmungsfehlern des Sachverständigen effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Sofern dieses Argument angeführt wird, damit bei möglicher Unrichtigkeit der Wiedergabe durch den Sachverständigen die Möglichkeit bestehe, mit Aussicht auf Erfolg einen Zeugenbeweis anzutreten (vgl. OLG Hamm, a. a. O.), so ist auf vielfältige Möglichkeiten hinzuweisen, die dem Kläger zur Verfügung stehen, um die Überzeugungsbildung des Gerichts von der Richtigkeit des Gutachtenergebnisses zu erschüttern, was neben der schriftlichen oder mündlichen Befragungsmöglichkeit des Sachverständigen insbesondere die eigene abweichende Darstellung des persönlich untersuchten Klägers von den Abläufen, ferner die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 109 SGG umfasst. Vielmehr ist eine zu befürchtende Aufblähung der Verfahren, wenn als denkbarer Goldstandard anwaltlicher Tätigkeit im sozialgerichtlichen Rechtsstreit an die Erstattung von Sachverständigengutachten bei für den Kläger nachteiligem Ergebnis zunächst eine umfangreiche Zeugenbeweisaufnahme zu Einzelheiten des Untersuchungsablaufs anschließt, nach Befürchtungen des Senats kontraproduktiv für die generelle Möglichkeit der Gerichte, ihre vorrangige Aufgabe zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes zugunsten aller Rechtsuchender zu erfüllen. Die Entscheidungstätigkeit der medizinisch geprägten Zweige der Sozialgerichtsbarkeit ist auf die Verfügbarkeit und Effektivität ihrer medizinischen Sachverständigen und der von ihnen erstatteten Gutachten zur Erhaltung ihrer Funktionsfähigkeit angewiesen. Eine vergleichbare Situation besteht bei den Familiengerichten allein aufgrund der Anzahl der Verfahren, in denen diese Frage relevant werden könnte, nicht in gleichem Ausmaß; zudem besteht dort die Möglichkeit nach § 109 SGG nicht.

Anders als das OLG Hamm a. a. O. ist der Senat auch nicht der Auffassung, die auch dort gesehene Besorgnis einer etwaigen Beeinflussung des Untersuchungsganges - speziell im psychiatrischen und psychologischen Bereich - durch die bloße Anwesenheit der Begleitperson in einer angemessenen Hörweite müsse hingenommen werden. Vielmehr ist eine derartige Beeinflussung naheliegend, insbesondere wenn es sich um eine Vertrauensperson des persönlich untersuchten Klägers handelt, da zu befürchten ist, dass der Kläger in seinem Verhalten im Rahmen der Untersuchung allein dadurch beeinflusst wird, dass er um die Wahrnehmung sämtlicher Umstände durch die Vertrauensperson weiß und er sich deswegen ggf. bewusst oder unbewusst anders verhalten könnte als ohne diese Anwesenheit.

Den hilfsweise für den Fall der Zurückweisung der Berufung gestellten Antrag des Klägers nach § 109 SGG auf Einholung eines Gutachtens des Dr. T. lehnt der Senat in diesem Zusammenhang wegen Rechtsmissbräuchlichkeit ab. Der Kläger hat die Einholung zweier vom SG Osnabrück von Amts wegen in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten vereitelt, nämlich der erfahrenen und viele Male als gerichtliche Sachverständige tätig gewordenen Orthopäden Dr. Q. und Dr. R ... Der Antrag des Klägers nach § 109 SGG zeigt sich in diesem Zusammenhang darauf gerichtet, anstelle der vom Gericht von Amts wegen beauftragten Sachverständigen einen ihm genehmen Sachverständigen durchzusetzen. Zwar sind die Beteiligten im Rahmen der Ermittlung von Amts wegen nicht daran gehindert, Vorschläge zur Person des Gutachters zu machen (§ 118 Abs. 1 S. 1 SGG, § 404 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO). Die Auswahl des Sachverständigen bei Ermittlungen von Amts wegen obliegt indes dem Gericht (§ 118 Abs. 1 SGG, § 404 Abs. 1 ZPO; Keller, a. a. O., 12. Aufl. 2017, § 118 Rn. 11c). Regelungszweck des § 109 SGG ist, aus rechtsstaatlichen Gründen die Gleichbehandlung der Beteiligten vor Gericht bei der Beschaffung von Beweismitteln zu schaffen ("Grundsatz der Waffengleichheit"). Der Beteiligte, der nicht wie der Versicherungsträger oder die Behörde auf ärztlichen Sachverstand im eigenen Bereich zurückgreifen kann, soll die Möglichkeit haben, eine (weitere) Bewertung durch einen Arzt seines Vertrauens in das Verfahren einzubringen, wenn das Gericht von sich aus nicht (weiter) ermittelt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Dezember 2018 - L 8 R 2569/17 -, juris Rn. 39). Dieser Zweck wird unterlaufen, wenn ein Beteiligter nach Verhinderung einer von Amts wegen in Auftrag gegebenen Gutachtenerstattung im Wege des § 109 SGG den Versuch unternimmt, einen von ihm ausgewählten Sachverständigen als nunmehr alleinigen Gutachter durchzusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.