Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 01.02.2017, Az.: L 2 R 139/16
Sozialversicherungspflicht; Gemeinnütziger Verein; Entgeltgeringfügige Beschäftigungen; Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung bei Lehrkräften; Keine Sozialversicherungspflicht eines Lehrers bei der Ausübung einer sportpädagogischen Übungsleitertätigkeit
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 01.02.2017
- Aktenzeichen
- L 2 R 139/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 15141
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2017:0201.L2R139.16.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 15.02.2016 - AZ: S 13 R 726/12
Rechtsgrundlagen
- § 172 Abs. 3 SGB VI
- § 249b SGB V
- § 7 Abs. 1 SGB IV
- § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB XI
- § 25 Abs. 1 S. 1 SGB III
- § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V
- § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI
- § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI
Fundstellen
- NWB 2017, 1494
- NWB direkt 2017, 555
- NZG 2017, 6
- NZS 2017, 8
Redaktioneller Leitsatz
1. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es zwar aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden.
2. Maßgeblich dafür, ob abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, ist vielmehr die tatsächliche Rechtsnatur der Vertragsbeziehung bei Würdigung der gesamten Umstände unter Einschluss insbesondere auch der tatsächlichen Arbeitsleistung.
3. Jedoch gehört auch die Vertragsbezeichnung zu den tatsächlichen Umständen; ihr kommt im Rahmen der Gesamtwürdigung jedenfalls dann indizielle Bedeutung zu, wenn sie dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und sie durch weitere Aspekte gestützt wird.
4. Das gilt hier umso mehr, als Lehrer, wie das Gesetz selbst anerkennt abhängig Beschäftigte oder Selbständige sein können.
5. Das BSG hat im Hinblick auf die rechtliche Einordnung von Lehrtätigkeiten insbesondere klargestellt, dass die Tätigkeit eines Lehrers etwa als Dozent nicht allein deshalb als abhängige Beschäftigung anzusehen sei, weil der Bildungsträger den äußeren Ablauf der Lehrtätigkeit bestimmt.
Tenor:
Auf die Berufung des klagenden Vereins werden das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. Februar 2016 und der Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2012 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der klagende eingetragene gemeinnützige Verein (im Folgenden: Verein) wendet sich gegen die Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen, welche die Beklagte auf der Grundlage einer nach § 28p SGB IV durchgeführten Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum 2007/2008 unter der Annahme einer abhängigen (geringfügigen) Beschäftigung der Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 5. zugunsten der zu 4. beigeladenen Einzugsstelle festgesetzt hat. Die Beklagte ist zugleich Rentenversicherungsträger für die Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 5.
Der Verein wurde am 15. Juli 2005 in das Vereinsregister des Amtsgerichts M. eingetragen. Der Niedersächsische Turner-Bund hat dem Verein die Ermächtigung zur Durchführung von Rehabilitationssport auf der Grundlage der auf Bundesebene getroffenen Rahmenvereinbarungen über den Rehabilitationssport erteilt.
Der Verein bietet insbesondere für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen Rehabilitationssportkurse an, an denen diese auf der Grundlage entsprechenden ärztlichen Verordnung teilnehmen können, die damit verbundenen Kosten stellt der Verein den zuständigen Krankenkassen in Rechnung. Das Angebots des Vereins beinhaltet unterschiedliche Rehabilitationssportkurse: Neben Kursen zur Stärkung der Rückenmuskulatur werden beispielsweise Kurse in Pilates oder Yoga angeboten.
Die maßgeblichen ärztlichen Verordnungen geben jeweils vor, ob und für welche Zeitdauer der betroffene Versicherte ein- oder zweimal in der Woche an einem solchen Rehabilitationssportkurs teilnehmen kann. Ansonsten beinhalten die Verordnungen nach Angaben des Vereins im Regelfall keine inhaltlichen Vorgaben. Der Versicherte kann selbst entscheiden, welchen Kurs aus dem Angebot des Vereins er belegen will.
Vorsitzende des klagenden Vereins ist die Beigeladene zu 1. Diese ist daneben Inhaberin eines gewerbsmäßig betriebenen Fitness-Centers "N." (im Folgenden: Fitness-Center), dessen Räumlichkeiten sich auf einem im Eigentum der Beigeladenen zu 1. stehenden Betriebsgrundstück befinden.
In den Räumlichkeiten des Fitness-Centers führt auch der Verein seine Kurse durch. Für die damit verbundene Nutzung der Räumlichkeiten erhält die Beigeladene zu 1. als Inhaberin dieser Räumlichkeiten von dem Verein eine Nutzungsentschädigung. Geleitet werden diese Kurse von Honorarkräften, welche der Verein beauftragt und honoriert. Zu diesen zählten im streitbetroffenen Zeitraum insbesondere die Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 5.
Die Beigeladene zu 1. hat ein Studium der Sportwissenschaften absolviert. Die Beigeladene zu 3. verfügt u.a. über eine Ausbildung zur Bühnentanzpädagogin.
Im Prüfzeitraum hat der Verein diese Honorarkräfte als selbständig tätige Lehrpersonen angesehen. In späteren Jahren hat er allerdings auch zwei Übungsleiter im Rahmen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse eingesetzt.
Der Verein hat im streitbetroffenen Zeitraum mit den Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 5. jeweils gesonderte Übungsleiter-(Rahmen-)Verträge abgeschlossen, denen zufolge diese Beigeladenen für jede Kursstunde den vereinbarten Stundensatz (in der Größenordnung von - je nach Vereinbarung - 20 bis 25 EUR) erhalten sollten. In den Verträgen wurde festgehalten, dass Einigkeit darüber bestehe, dass die Übungsleitertätigkeit als selbständige Tätigkeit wahrgenommen werde. Welche konkreten Kurse zu welchen Zeiten die Übungsleiter zu geben hatten, wurde jeweils gesondert vereinbart.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2012 setzte die Beklagte unter der Annahme, dass diese Übungsleitertätigkeiten als (geringfügige) abhängige Beschäftigungen zu bewerten seien, für den Prüfzeitraum 2007/2008 von Seiten des Vereins für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 5. zu entrichtende Beiträge zur Sozialversicherung in einer Gesamthöhe von 4.368,16 EUR fest.
Mit der am 6. August 2012 erhobenen Klage hat der Verein geltend gemacht, dass die Übungsleiter die Kurstermine selbst festsetzen würden. Eine Eingliederung in einen Betrieb des Vereins sei nicht erfolgt.
Mit Urteil vom 15. Februar 2016, der Klägerin zugestellt am 29. Februar 2016, hat das Sozialgericht Hannover die Klage abgewiesen. Die beigeladenen Honorarkräfte seien im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse eingesetzt worden, auch wenn sie bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Kurse im Wesentlichen weisungsfrei gewesen seien. Die von Seiten der gesetzlichen Krankenkassen geförderten Rehabilitationssport- und Funktionstrainingskurse hätten sich inhaltlich ohnehin nach den Bedürfnissen der Teilnehmer zu orientieren. Diese im Einzelnen zu erkennen und umzusetzen sei ureigene Aufgabe der Übungsleiter. Maßgebliches Entscheidungskriterium sei letztlich der Umstand, dass der Verein "mit seinem Marktauftritt im Vordergrund" stehe. Die Honorarkräfte seien auch kein unternehmerisches Risiko eingegangen.
Mit der am 18. März 2016 eingelegten Berufung hebt der Verein hervor, dass die Durchführung geplanter Kurse von der Anmeldung von zumindest vier Übungsteilnehmern abhänge. Sinke nach Kursbeginn die Teilnehmerzahl dauerhaft auf unter vier, müsse von ihrer Seite eine Einstellung des betreffenden Kurses erwogen werde. Das vereinbarte Übungsleiterhonorar sei jedenfalls nur für tatsächlich erbrachte Übungsstunden gezahlt worden. Bei urlaubs- oder krankheitsbedingter Verhinderung eines zunächst vorgesehenen Übungsleiters habe nicht dieser, sondern die tatsächlich eingesetzte Vertretungskraft das jeweils vereinbarte Stundenhonorar erhalten.
Der Verein entwerfe jeweils ein Kursangebot und gebe dafür die vorgesehenen Übungszeiten bekannt. In diese Planungsunterlagen könnten sich die über einen entsprechenden Rahmenvertrag mit dem Verein verfügenden Übungsleiter bei Interesse an der Kursübernahme eintragen; bei mehreren interessierten Übungsleitern entscheide der Eintragungszeitpunkt.
Die Übungsleiter müssten kein eigenes Wagniskapital einsetzen.
Der klagende Verein beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. Februar 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Nach Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Übungsleitertätigkeit nicht um eine Lehrtätigkeit im sozialrechtlichen Sinne. Jedenfalls bestehe kein Anlass, die Rechtsprechung des BSG zum Einsatz von Dozenten durch Bildungsträger auf die Heranziehung der Übungsleiter durch den Verein anzuwenden.
Der Senat hat die Beigeladenen zu 1. und 3. im Erörterungstermin durch seinen Vorsitzenden informatorisch gehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Dem angefochtenen Bescheid fehlt die erforderliche Rechtsgrundlage.
Bei entgeltgeringfügigen Beschäftigungen - wovon die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid ausgegangen ist - kommt eine Beitragserhebung nicht nach den allgemeinen Vorschriften gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 S 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr. 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 S 1 SGB III, sondern nur nach den besonderen Beitragsvorschriften der §§ 172 Abs. 3 SGB VI, 249b SGB V in Betracht. Grundvoraussetzung ist jedoch jedenfalls das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Soweit die gesetzlichen Vorgaben daneben Beitragspflichten für selbständige (mehr als nur geringfügige) Tätigkeiten und insbesondere für selbständige Lehrtätigkeiten (§ 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) vorsehen, richten sich diese an die Lehrer persönlich und nicht an deren Auftraggeber.
Im vorliegenden Fall haben die Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 5. ihre im Auftrag des klagenden Vereins im Prüfzeitraum wahrgenommene Übungsleitertätigkeit, die rechtlich als lehrende Tätigkeit einzustufen ist, im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit wahrgenommen.
a) Für die Annahme einer lehrenden Tätigkeit genügt insbesondere, dass diese darauf gerichtet ist, den Kunden bzw. Teilnehmern entsprechender Kurse spezielle Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zum Training sämtlicher Muskelgruppen und zur Verbesserung ihrer Bewegungsabläufe zu vermitteln. Die individuelle Arbeit mit den Kunden, deren Einstufung und Anleitung nach dem vorgefundenen physischen Zustand, das (jedenfalls gedankliche) Entwerfen von Trainingsplänen, die Überwachung und Anleitung des Trainings spiegeln wesentliche Elemente der Lehrtätigkeit wieder. Insbesondere werden auch beim Vormachen von Übungen und beim Gruppentraining Körperbewegungen lehrend vermittelt, selbst wenn diese außerhalb des Kurses nicht reproduzierbar sind (BSG, Urteil vom 27. September 2007 - B 12 R 12/06 R - juris mwN).
Nach Maßgabe dieser höchstrichterlichen Vorgaben besteht im vorliegend zu beurteilenden Zusammenhang kein Zweifel daran, dass auch die im Prüfzeitraum von den Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 5. wahrgenommenen Übungsleitertätigkeiten lehrende Tätigkeiten beinhaltet haben. Es bildete gerade den Inhalt ihrer Tätigkeit, Körperbewegungen und ihre positiven Auswirkungen auf die Gesundheit der Teilnehmer lehrend zu vermitteln.
b) Die Gesetzgebung zur Sozialversicherung erkennt an, dass der Beruf eines Lehrers sowohl in Form abhängiger Beschäftigung als auch in Form selbständiger Tätigkeit ausgeübt werden kann. So ordnet § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI für selbständig tätige Lehrer, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung an (vgl BSG SozR 3-2600 § 2 Nr 5). Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung waren selbständige Lehrer bis Ende 1988 versicherungspflichtig (vgl § 166 Abs 1 Nr 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO)). Der am 1. Januar 1989 in Kraft getretene § 5 SGB V hat die Versicherungspflicht für selbständige Lehrer zwar nicht übernommen. Art 59 des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) hat selbständigen Lehrern aber das Recht eingeräumt, ihren Krankenversicherungsschutz durch freiwilligen Beitritt beizubehalten. Auch insoweit geht das Gesetz davon aus, dass der Beruf des Lehrers weiterhin als selbständige Tätigkeit ausgeübt werden konnte (vgl BT-Drucks 11/2237 S 159 zu § 5 und S 270 zu Art 54 des Entwurfs). Demgemäß sind in der Rechtsprechung Lehrer je nach den Umständen des Einzelfalles als selbständig Tätige oder als abhängig Beschäftigte angesehen worden (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 12 KR 26/02 R -, juris mwN).
Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es zwar aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden. Maßgeblich dafür, ob abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, ist vielmehr die tatsächliche Rechtsnatur der Vertragsbeziehung bei Würdigung der gesamten Umstände unter Einschluss insbesondere auch der tatsächlichen Arbeitsleistung. Jedoch gehört auch die Vertragsbezeichnung zu den tatsächlichen Umständen. Ihr kommt im Rahmen der Gesamtwürdigung jedenfalls dann indizielle Bedeutung zu, wenn sie dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und sie durch weitere Aspekte gestützt wird. Das gilt hier umso mehr, als Lehrer, wie das Gesetz selbst anerkennt abhängig Beschäftigte oder Selbständige sein können (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004, aaO.).
Im vorliegenden Fall haben sich der klagende Verein und die Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 5. im streitbetroffenen Prüfzeitraum ausdrücklich dahingehend verständigt, dass letztere die Übungsleitertätigkeiten als selbständige Kräfte ausüben sollten. Die sich daraus ergebende indizielle Bedeutung im Sinne einer rechtlichen selbständigen Tätigkeit steht im Einklang mit den tatsächlichen Verhältnissen. Dementsprechend ist kein Raum für die Annahme eines "offensichtlichen Widerspruchs" zwischen diesen Verhältnissen und der vertraglich getroffenen Einstufung.
Das BSG hat im Hinblick auf die rechtliche Einordnung von Lehrtätigkeiten insbesondere klargestellt, dass die Tätigkeit eines Lehrers etwa als Dozent nicht allein deshalb als abhängige Beschäftigung anzusehen sei, weil der Bildungsträger den äußeren Ablauf der Lehrtätigkeit bestimmt. Der Lehrbetrieb könne sowohl in allgemein bildenden Schulen, Hoch- und Fachschulen als auch in Volkshochschulen regelmäßig nur dann sinnvoll vonstatten gehen, wenn die vielfältigen Lehrveranstaltungen in einem Gesamtplan räumlich und zeitlich aufeinander abgestimmt werden. Allein aus einer in diesem Sinne geminderten "Autonomie" der Dozenten oder allein aus der Tatsache, dass Dozenten an Prüfungen mitwirken und sich bei der Gestaltung ihres Unterrichts an Prüfungserfordernissen ausrichten müssen, dürfe nicht auf ihre Weisungsgebundenheit geschlossen werden. Weisungsfrei seien vielmehr solche Tätigkeiten, bei denen einem Beschäftigten zwar die Ziele seiner Tätigkeit vorgegeben sein können, jedoch die Art und Weise, wie er diese erreicht, seiner eigenen Entscheidung überlassen bleibe. Auch Selbständige könnten in ihren Handlungsmöglichkeiten begrenzt sein, allerdings nicht durch Einzelanordnungen, sondern durch Regeln oder Normen, die die Grenzen ihrer Handlungsfreiheit mehr in generell-abstrakter Weise umschreiben (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 12 KR 26/02 R -, Rn. 29, juris).
Das BSG hatte in diesem seinerzeit von ihm beurteilten Fall zwar tatsächlich eine Fallgestaltung zu prüfen, bei der die Tätigkeit eines Volkshochschuldozenten zu beurteilen war. Dieser tatsächliche Ausgangssachverhalt beinhaltete aber in rechtlicher Hinsicht nicht, dass das BSG Sonderregelungen für "Bildungseinrichtungen" oder speziell für Volkshochschulen aufstellen wollte. Das BSG hat sich vielmehr im rechtlichen Ausgangspunkt, wie bereits ausgeführt, maßgeblich an der Normierung besonderer Versicherungspflichten für selbständig tätige Lehrer insbesondere in § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI orientiert und diese gesetzgeberische Wertung seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Dies macht deutlich, dass auch die daraus vom BSG im Ergebnis abgeleiteten Abgrenzungskriterien nicht nur für den Sonderfall eines Volkshochschuldozenten, sondern allgemein für alle Lehrer im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI maßgeblich sind.
Im vorliegenden Fall sind von Seiten des klagenden Vereins lediglich Einzelheiten des äußeren Ablaufs der Lehrtätigkeit vorgegeben worden. Der Verein hat für jeweils einen Zeitabschnitt ein Kursangebot mit zeitlichen Vorgaben hinsichtlich der (in den Räumlichkeiten des von der Beigeladenen zu 1. geführten Fitness-Centers durchzuführenden) wöchentlichen Übungszeiten ausgearbeitet und den in Betracht kommenden Honorarkräften mitgeteilt. Diese konnten sich dann für die Übernahme einzelner dieser Kurse entscheiden (wobei die tatsächliche Durchführung der Kurse jeweils von einer ausreichenden Zahl angemeldeter Teilnehmer abhing). Soweit sich bedingt durch Urlaub oder Krankheit eines Übungsleiters die Notwendigkeit einer Vertretung ergab, erfolgte jeweils eine gesonderte Absprache zwischen dem Verein und der Vertretungskraft.
Außerhalb entsprechender Detailvereinbarungen über die Übernahme von Übungsleitertätigkeiten oblagen den Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 5. ohnehin keine Arbeitspflichten gegenüber dem Verein. Ausschlaggebend für die rechtliche Einordnung entsprechender Tätigkeiten sind in solchen Fallgestaltungen die Verhältnisse nach Annahme - also bei Durchführung - des einzelnen Auftrags (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr 15).
Vorgaben des Vereins - etwa hinsichtlich der Verpflichtung der Dozenten auf die Einhaltung des Rauchverbots in den Räumlichkeiten des Fitness-Centers zu achten - betrafen nur den äußeren Ablauf der Lehrtätigkeit.
Konkrete inhaltliche Vorgaben für die Lehrtätigkeit hat der Verein den Übungsleitern nicht gemacht. Solche wurden auch nicht durch die Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vermittelt. Dort wurden vielmehr nur allgemeine Ziel festgehalten, wonach insbesondere auch unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Kursteilnehmer etwa Ausdauer und Kraft zu verbessern, das Selbstbewusstsein der Kursteilnehmer zu stärken und Selbsthilfepotentiale zu aktivieren waren. Gruppendynamische Effekte und der Erfahrungsaustausch unter den Teilnehmern sollten gefördert werden. Ansonsten gab es nur die sehr vage Vorgabe, dass der Kursinhalt durch die jeweils Kursbezeichnung überwiegend geprägt werden sollte, dass also etwa in Yogakurs schwerpunktmäßig Yogaübungen auf dem Programm stehen sollten. Entsprechende Erwartungen bestehen aber bei allen Lehrangeboten, unabhängig davon, ob die lehrende Tätigkeit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung oder im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt wird.
Damit blieb es gerade der inhaltlichen Entscheidungsfreiheit der einzelnen Übungsleiter überlassen, selbst über die Art und Weise zu entscheiden, wie diese allgemeinen Zielvorgaben in dem jeweiligen Kurs jeweils am besten erreicht werden konnten.
Der klagende Verein war hingegen nach den getroffenen Vereinbarungen und gleichermaßen auch nach der praktischen Ausgestaltung des Übungsleiterbetriebes im Prüfzeitraum auch nicht berechtigt, einseitig die Übungsleiter zur Übernahme anderer als der vereinbarten Kurseinheiten zu verpflichten, von ihnen die Vertretung einer verhinderten Kollegin zu verlangen, sie für andere als die vereinbarten Kurse einzusetzen, die Teilnahme an Konferenzen, Sprechtagen und Veranstaltungen anzuordnen oder von ihnen die Erfüllung sonstiger Nebenpflichten zu verlangen.
Nach der erläuterten höchstrichterlichen Rechtsprechung hängt die Annahme einer selbständigen lehrenden Tätigkeit insbesondere nicht davon ab, dass ein eigenständiger Marktauftritt der betroffenen Lehrkraft erfolgt. Auch bei Angeboten klassischer Bildungsträger wie etwa bei Volkshochschulen pflegen auf dem (jedenfalls in weiterem Sinne anzunehmenden) Markt gegenüber den in Betracht kommenden Kursteilnehmern üblicherweise die Bildungsträger und nicht etwa die einzelnen Dozenten aufzutreten.
Bezeichnenderweise ist auch von Seiten der Beklagten in einem Statusfeststellungsverfahren (betreffend O.), in dem die Tätigkeit einer von Seiten der Beigeladenen zu 1. im Rahmen ihres gewerblichen Fitness-Centers eingesetzten Übungsleiterin (einer sog. Indoor-Cycling-Trainerin) zu beurteilen war, mit Bescheid vom 18. Februar 2015 (bei einer vergleichbaren Ausgestaltung der Tätigkeit) die Auffassung einer selbständigen Tätigkeit angesichts des Fehlens "detaillierter den Kernbereich der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit betreffender Weisungen" (gemeint in der Sache: Freiheit bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Lehrtätigkeit) vertreten worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.