Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 23.02.2023, Az.: 4 A 213/21

Gelbe Tonne; Gelber Sack; Rahmenvorgabe; Sammlung von Leichtverpackungen; Abfallbeseitigungsrecht: Rechtmäßigkeit einer Rahmenvorgabe gem. § 22 Abs. 2 VerpackG zur Umstellung von gelben Säcken auf gelbe Tonnen

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
23.02.2023
Aktenzeichen
4 A 213/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 14268
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2023:0223.4A213.21.00

Fundstelle

  • AbfallR 2023, 148

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Anhand des Abschlussberichts des Umweltbundesamtes (Nr. 37/2018) lässt sich keine klare Aussage dahingehend treffen, dass der Wechsel von einer Sammlung mittels gelber Säcke zu einer Sammlung mittels gelber Tonnen regelmäßig und gebietsübergreifend und ohne Berücksichtigung des Einzelfalls zu einer Verbesserung der Effizienz und Umweltverträglichkeit der LVP-Erfassung führt (so auch: VG Oldenburg, U. v. 28.9.2022 - 15 A 3633/19 -, juris Rn. 117).

  2. 2.

    Es bedarf vielmehr insoweit immer einer differenzierten Betrachtungsweise, weil die mit den unterschiedlichen Systemen einhergehenden Vor- bzw. Nachteile u. a. wesentlich von den örtlichen Verhältnissen der jeweiligen Erfassungsgebiete abhängen (so auch: VG Oldenburg, U. v. 28.9.2022 - 15 A 3633/19 -, juris Rn. 117).

  3. 3.

    Im Rahmen der jeweiligen Abwägung im Hinblick auf die Effektivität und die Umweltverträglichkeit der Erfassung der Abfälle kommt dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ein gewisser Einschätzungs- und Prognosespielraum hinsichtlich der Auswahl des Sammelsystems zu.

  4. 4.

    Erhebliche Standortverschmutzungen, insbes. durch Tierverbiss und Verwehungen, können im Einzelfall dazu führen, dass die Umweltverträglichkeit durch Umstellung auf gelbe Tonnen gesteigert wird und damit die Rahmenvorgabe insgesamt rechtmäßig ist (vorliegend bejaht).

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine Rahmenvorgabe zur Sammlung restentleerter Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen (sog. Leichtverpackungen - LVP -) bei privaten Haushaltungen.

Die Klägerin ist eines von mehreren bundesweit genehmigten dualen Systemen i. S. d. § 3 Abs. 16 des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen (Verpackungsgesetz - VerpackG -), die beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallende restentleerte Verkaufsverpackungen flächendeckend erfassen und einer Verwertung zuführen. Als solches kann sie den Herstellern von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen Beteiligungen an dem von ihr betriebenen System zur Erfassung der Leichtverpackungen vermitteln.

Der Beklagten obliegt gemäß § 20 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG -) i. V. m. § 6 Abs. 1 Niedersächsisches Abfallgesetz (NAbfG) als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger die Aufgabe der Sammlung und Entsorgung der in ihrem Gebiet anfallenden und ihr überlassenen Abfälle.

Die Sammlung von Restabfällen erfolgt im Bezirk der Beklagten mit Restabfallbehältern (mit Volumen von 20 l, 40 l, 80 l, 120 l und 240 l) und mit Restabfallsäcken (bei temporären Mehrmengen), welche im 14-tägigen Rhythmus entleert werden. Darüber hinaus kommen Müllgroßbehälter mit einem Volumen von 660 l, 770 l und 1100 l zum Einsatz, welche im wöchentlichen Rhythmus entleert werden.

Bislang erfolgte die LVP-Sammlung im Gebiet der Beklagten auf Basis der bislang bestehenden Abstimmungsvereinbarung i. S. d. § 22 Abs. 1 VerpackG als Holsystem unter Verwendung gelber Säcke.

Im Hinblick auf das Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes vom 1. Januar 2019 beschloss der Rat der Beklagten, die Verwaltung zur Verhandlung einer neuen Abstimmungsvereinbarung mit den Dualen Systemen zu beauftragen, welche die Umstellung der Sammlung der LVP mittels gelber Tonnen zum 1. Januar 2023 beinhalten sollte.

Die Klägerin - als seinerzeitige Ausschreibungsführerin und gemeinsame Vertreterin der Systembetreiber (§ 22 Abs. 7 VerpackG) - lehnte Verhandlungen zur Einführung der gelben Tonne als Sammelsystem ab. Die Parteien einigten sich im Jahr 2019 lediglich auf eine Erhöhung der Mindeststärke für die gelben Säcke von 22 µm auf 25 µm bei Säcken aus LDPE-Folie (low desity polyethylen = weiches Polyethylen) sowie eine Erhöhung von 15 µm auf 19 µm bei Säcken aus HDPE-Folie (high density polyethylen = hochdichtes Polyethylen).

Daraufhin erließ die Beklagte nach vorangegangener Anhörung mit Bescheid vom 7. Juli 2021 gegenüber der Klägerin eine Rahmenvorgabe nach § 22 Abs. 2 VerpackG mit folgendem Inhalt:

"1. Die Sammlung ist mit Müllgroßbehältern (MGB) mit einem Volumen von 240 l und 1.100 l durchzuführen. Die aufgestellten Volumina der MGB müssen geeignet sein, alle bei den privaten Endverbrauchern anfallenden restentleerten LVP bei einer regelmäßigen Leerung aufzunehmen. Die Auswahl der Gefäße für die einzelnen Anfallstellen hat so zu erfolgen, dass das erforderliche Volumen auf möglichst wenige MGB verteilt wird. Je vorhandenem Restabfallbehälter ist mindestens ein 240 Liter MGB vorzusehen.

2. Die Sammlung der LVP ist im Holsystem durchzuführen. Die eingesetzten MGB sind werktags in 14-täglichen Entsorgungsrhythmus zwischen 07:00 und 19:00 Uhr zu entleeren. Der Korpus der eingesetzten MGB muss aus gelbem, grauem oder schwarzem Kunststoff und der Deckel aus gelbem Kunststoff bestehen.

3. Die Haushalte können temporär auftretende Übermengen, die nicht über die Müllgroßbehälter entsorgt werden können, in selbst beschafften transparenten Säcken zur Abfuhr bereitstellen, die dann vom LVP Erfasser mit eingesammelt werden."

Dazu führte sie inhaltlich aus: In den vergangenen Jahren sei es im Gebiet der Beklagten wiederholt zu Beschwerden über LVP-Verwehungen gekommen, die regelmäßig auf gerissene LVP-Abfallsäcke (gelbe Säcke) zurückzuführen gewesen seien. Hierdurch seien hygienische und gesundheitliche Probleme durch ein verstärktes Aufkommen von Ratten aufgetreten. Aufgerissene und zurückgelassene gelbe Säcke seien schwieriger als Tonnen dem Abfallerzeuger zuzuordnen. Die zuständigen Behörden sehen sich daher regelmäßig in der Verantwortung hier viele Müllablagerungen auf eigene Kosten zu entsorgen. Um die Umweltverträglichkeit und Effektivität der LVP-Erfassung zu steigern sei daher zum 1. Januar 2023 die Verwendung von gelben Tonnen beabsichtigt. Die in der Rahmenvorgabe getroffenen Festsetzungen seien von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG gedeckt. Die Vorgabe sei geeignet, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen. Mit dem Ziel der Sicherstellung der Effektivität wolle der Gesetzgeber bezwecken, dass die Rahmenvorgabe zur "Erhöhung der getrennt erfassten Menge an wertstoffhaltigen Abfällen" geeignet sei. Bei dem Ziel der Umweltverträglichkeit gehe es darum, durch die Sammlung regelmäßig verursachte Umweltbelastungen, beispielsweise Emissionen oder Standortverschmutzungen, zu verringern. Die Nutzung von Tonnen erhöhe die Bereitschaft zur korrekten Abfalltrennung der Bevölkerung, da Konservendosen, Tetrapacks oder andere sperrige und massereiche Verpackungen aus Metall und Kunststoff nicht mehr aus Sorge vor reißenden Säcken in die Restabfalltonne geworfen würden. Durch den Einsatz von Tonnen könne so erreicht werden, dass deutlich mehr Verkaufsverpackungen getrennt erfasst und der Anteil an Fehlwürfen in den Restabfallstrom verringert werde. Zudem fördere der Einsatz von gelben Tonnen anstelle von gelben Säcken die Umweltverträglichkeit der LVP-Erfassung. Denn Tonnen böten aufgrund ihrer massiven Struktur nicht nur einen stärkeren Schutz gegen Tierverbiss, sondern auch Schutz vor Verwehungen. Eine etwaige eventuelle Erhöhung von CO₂-Emissionen durch möglicherweise längere Fahrzeugeinsätze stünden den sehr großen Verbesserungen bei den Verschmutzungen von Sammelplätzen und Straßen entgegen. Die Umsetzung der Rahmenvorgabe sei für die Klägerin technisch möglich. In Anbetracht der mit dem Einsatz von Tonnen verbundenen Vorteilen, wie etwa der Steigerung der Sammelmenge von LVP und der Umweltverträglichkeit stünden die im Vergleich zur bestehenden Sacksammlung zu erwartenden Mehrkosten nicht außer Verhältnis und seien daher wirtschaftlich nicht unzumutbar. Zudem sei der Einsatz gelber Tonnen nachhaltiger als der von gelben Säcken, da ein gelber Sack nach Gebrauch selbst zu Abfall werde. Die Rahmenvorgabe gehe auch nicht über den Entsorgungsstandard hinaus, den die Beklagte als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger der in ihrer Verantwortung durchzuführenden Sammlung der gemischten Siedlungsabfälle aus privaten Haushalten zugrunde lege. Der festgesetzte 14-tägige LVP-Entsorgungsrhythmus entspreche dem Regelrhythmus für die Leerung der Restabfallgefäße. Aufgrund der Weigerung der Klägerin, über die Einführung von gelben Tonnen eine Abstimmungsvereinbarung zu treffen, sei daher der Erlass einer Rahmenvorgabe notwendig, um die LVP-Sammlung optimal in die Sammelstruktur der Beklagten einzupassen.

Die Klägerin hat gegen den Bescheid am 19. Juli 2021 Klage erhoben.

Zur Begründung führt sie aus: Der angefochtene Bescheid entspreche bereits nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) i. V. m. § 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Der Rahmenvorgabe sei nicht zu entnehmen, wie viele Gelbe Tonnen in welcher Größe im Stadtgebiet aufzustellen seien. Die Rahmenvorgabe erfülle auch nicht die Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 VerpackG. Sie sei eine eng begrenzte Ausnahmevorschrift, die kein Instrument darstelle, mit welcher der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger einseitig Anordnungen treffen dürfe, wenn er sich in den Verhandlungen über eine zu treffende Abstimmungsvereinbarung mit den Systemen nicht durchsetzen könne. Die Umstellung des bisherigen Erfassungssystems für LVP von gelben Säcken auf gelbe Tonnen sei nicht geeignet, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen. Etwaige Standortverschmutzungen würden durch Einführung gelber Tonnen nicht automatisch verringert werden. Denn gelbe Säcke würden in der Regel nur dann zerreißen, wenn sie falsch befüllt würden, beispielsweise mit Nichtverpackungen, die schwerer als LVP seien. Zu Verwehungen der Säcke komme es vor allem dann, wenn diese zu früh, etwa am Vortag, zur Sammlung bereitgestellt würden. Eine solche Unkenntnis oder Disziplinlosigkeit einzelner Bürger könne jedoch nicht dem funktionierenden System - der LVP Erfassung mittels gelber Säcke - der Klägerin angelastet werden. Zudem sei eine Verschmutzungsproblematik lediglich behauptet, nicht aber belegt. Durch die Einführung gelber Tonnen werde der Kunststoff-Abfallstrom - entgegen der Erwartung der Beklagten - nicht gemindert, da der Verbrauch an gelben Säcken oder anderen Kunststoffsäcken nicht zurückgehen werde. Vielmehr würden die meisten Haushalte die anfallenden LVP zunächst in einem Kunststoffsack sammeln und anschließend in den zur Verfügung stehenden Tonnen entsorgen, anstatt die LVP unmittelbar in dem gelben Sack zu sammeln. Die gelben Säcke ihrerseits würden im Recyclingvorgang von anderen Materialien getrennt und als Sekundärrohstoff für neue gelbe Säcke verwertet werden. Die Umsetzung der Rahmenvorgabe führe auch nicht zu einer Erhöhung der Verwertungsquoten. Eine gelbe Tonne habe zwar ein größeres Fassungsvolumen als ein gelber Sack, jedoch sei laut einer Analyse des Umweltbundesamtes auch von einer höheren Fehlwurfquote auszugehen. Die Umstellung auf ein System mit höherer Fehlwurfquote gefährde das erklärte Ziel des Verpackungsgesetzes - der deutlichen Erhöhung der Verwertungsquoten. Durch die transparenten und nicht besonders reißfesten gelben Säcke werde einer Fehlbefüllung entgegengewirkt. Die Vorgabe, dass der Korpus der bereitzustellenden MGB aus "gelbem, grauem oder schwarzem Kunststoff" sowie "der Deckel aus gelbem Kunststoff" bestehen müsse, überschreite den Entsorgungsstandard der Beklagten. Die Einführung eines tonnenbasierten Holsystems führe zu einer Erhöhung der CO₂-Emissionen. Die Entleerung der gelben Tonnen dauere länger als das Einsammeln der gelben Säcke, was längere Standzeiten der Sammelfahrzeuge zur Folge habe. Die Umsetzung der Rahmenvorgabe sei wirtschaftlich unzumutbar, da die entstehenden wirtschaftlichen Nachteile in keinem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Ziel, der Einführung der gelben Tonne, stünden. Das länger dauernde Ein- und Ausstellen führe zu längeren Standzeiten der Sammelfahrzeuge gegenüber der Sammlung im Sacksystem. Aufgrund der geringeren Erfassung von LVP pro Stunde werde mehr Zeit für die jeweilige Abfuhrtour benötigt. Hieraus resultiere ein personeller und materieller Mehraufwand pro Tour von durchschnittlich zusätzlich einem Fahrzeug, einem Fahrzeugführer und einem Mitarbeiter, der das Fahrzeug belädt. Darüber hinaus entstünden Mehrkosten aufgrund des erhöhten Abfallaufkommens durch die hohe Fehlwurfquote bei der Verwendung der gelben Tonnen. Dies führe zu erhöhten Kosten an den Abfallumschlagplätzen, da zum einen ein erhöhter Sortierungsaufwand entstehe und zum anderen Kosten zur Verwertung bzw. Entsorgung des durch die Fehlwürfe aufgetretenen Fremdmaterials entstünden. Durch die Umstellung auf gelbe Tonnen ergebe sich eine Kostensteigerung von 48%. Aufgrund dieser sich erhöhenden Kosten habe sie unter Zugrundelegung von Daten aus insgesamt 58 Entsorgungsgebieten eine jährliche Kostensteigerung von 651.900,00 € auf 1.389.468,63 €, mithin um insgesamt 737.568,63 € geschätzt bzw. fiktiv berechnet. Insbesondere würden die Personalkosten von jährlich 172.439,20 € auf 398.916,72 €, die Investitionskosten für Fahrzeuge von jährlich 73.910,11 € auf 127.580,95 € sowie die sonstigen Kosten, zu denen u. a. die Anschaffungskosten für die gelben Säcke bzw. - nach Umsetzung der Rahmenvorgabe - der gelben Tonnen zählten, von 374.463,41 € auf 821.970,29 € steigen. Die Kosten für die Behälterbeschaffung schätze sie auf 1,6 Mio. €. Bei Umlegung der Kosten auf die Ausschreibungsperiode von drei Jahren ergäben sich jährliche Behälterkosten von 533.333,33 €. Hierzu kämen noch weitere inflationsbedingte Mehrkosten. Eine genaue Berechnung könne sie nicht vornehmen, da sie die Mehrkosten, die durch den Entsorger der letztlich den Zuschlag erhalte, im Falle einer Neuausschreibung tatsächlich aufgerufen werde, nicht kenne. Die Rahmenvorgabe wahre auch nicht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie sei bereits nicht geeignet, eines der beiden Ziele, eine effektive oder umweltverträgliche Abfallerfassung sicherzustellen, zu erreichen, ohne das andere zu gefährden. Die Beklagte habe sich auch nicht für das mildeste Mittel entschieden. Ein milderes Mittel stelle insbesondere die Einführung gelber Säcke mit einer höheren Wandstärke dar, damit diese weniger schnell reißen. Schließlich habe die Beklagte das ihr eingeräumte Entschließungsermessen nicht ausgeübt, vielmehr ergebe sich aus der gewählten Formulierung "Von daher ist der Erlass einer Rahmenvorgabe notwendig, um ihre Sammlung optimal in die Sammelstruktur der Stadt Salzgitter einzupassen.", dass die Beklagte zum Erlass der Rahmenvorgabe in der vorliegenden Gestalt, verpflichtet gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 7. Juli 2021, Az.: 70.3, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt ihren Bescheid und führt ergänzend aus: Die Umstellung der Sammlung von gelben Säcken auf gelbe Tonnen sei geeignet, um eine umweltverträgliche Erfassung der LVP-Abfälle sicherzustellen. Jedes Jahr gingen bei der Beklagten eine Vielzahl von Hinweisen und Beschwerden ein, die eine Verschmutzung durch gelbe Säcke betreffen würden. Das zentrale Beschwerdemanagement der Beklagten registriere seit 2018 eine steigende Anzahl von Beschwerden. Im Jahr 2022 habe es insgesamt 46 Beschwerden über das Online-Beschwerdeportal gegeben, die im direkten Zusammenhang mit der Standortverschmutzung durch gelbe Säcke gestanden hätten. Insbesondere im Zeitraum vom 21. November 2022 bis zum 1. Februar 2023 seien die zuständigen städtischen Bediensteten aufgefordert worden, Standortverschmutzungen im Zusammenhang mit gelben Säcken gezielt zu dokumentieren. Allein in diesem Zeitraum hätten die Bediensteten 48 verwehte oder aufgerissene gelbe Säcke vorgefunden (vgl. Fotodokumentation, Bl. 174-178 d. A.). Dieses Problem beschränke sich dabei nicht auf einzelne Stadtteile. Zwar seien viele Fälle im Stadtteil G. dokumentiert worden, dies liege aber auch daran, dass knapp die Hälfte der Einwohner der Beklagten in diesem Stadtteil wohne. Darüber hinaus würden jedes Jahr etliche Beschwerden direkt gegenüber den Bediensteten des städtischen Regiebetriebs sowie per Telefon erfolgen. In verschiedenen Bereichen des Stadtgebiets der Beklagten entstünden durch eine Vielzahl von Abfallsäcken Standortverschmutzungen, was bereits zu einer nicht unerheblichen Rattenproblematik geführt habe, da diese durch falsch befüllte oder aufgerissene Säcke angelockt würden. Dies sei nicht nur im hiesigen Stadtgebiet, sondern bundesweit in Gebieten mit Sacksammlungen zu beobachten und könne durch die geplante Aufstellung gelber Tonnen verhindert werden. Zwar falle durch die einmalige Anschaffung der gelben Tonnen ein gewisser Plastikverbrauch an, dieser amortisiere sich jedoch im Laufe der Jahre, da auf die fortlaufende Produktion gelber Säcke verzichtet werden könne. Die Einführung der gelben Tonne führe zu einer Erhöhung der getrennt erfassten Mengen von LVP. Laut Abschlussbericht des Umweltbundesamtes (37/2018 "Analyse der Effizienz und Vorschläge zur Optimierung von Sammelsystemen der haushaltsnahen Erfassung von Leichtverpackungen und stoffgleiche Nichtverpackungen auf der Grundlage vorhandener Daten") werde die größte Sammelmenge von Abfällen durch Nutzung der gelben Tonne erzielt. Eine mögliche höhere Fehlwurfquote werde demnach durch eine insgesamt höhere Sammelmenge an Abfall ausgeglichen. Der Beklagten komme als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger, durch die bloße Forderung der "Geeignetheit" der Vorgabe, eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen - im Vergleich zur im Gesetzgebungsverfahren vorgesehenen "Erforderlichkeit" - ein gewisser Gestaltungsspielraum zu, der vorliegend den Wechsel der Sack- auf die Tonnensammlung umfasse. Eine Überschreitung des Entsorgungsstandards liege nicht vor. Im Hinblick auf die Rest- sowie Biomüllabfallbehälter regele § 10 Abs. 4 der Satzung über die Abfallbewirtschaftung der Stadt Salzgitter (Abfallwirtschaftssatzung), dass die Ausgabe der Abfallbehälter durch die Beklagte erfolge und der jeweilige Anschlusspflichtige verpflichtet sei, die Abfallbehälter zu übernehmen. Gemäß § 11 Abs. 1 Abfallwirtschaftssatzung werde klargestellt, dass die Abfallbehälter im Eigentum der Beklagten verblieben. Vorgaben bezüglich der Farbe der Tonnen würden sich daher erübrigen, da die Beklagte die Farbe der Tonnen als Bereitstellende ohnehin frei in der Hand habe. Die Klägerin habe eine behauptete wirtschaftliche Unzumutbarkeit nicht belegt. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin höhere Kosten mittelbar durch notwendige höhere Lizenz-/Vertragsentgelte bei den Herstellern und Vertreibern von LVP ausgleichen könne und dies gewünschte Lenkungswirkungen entfalte. Kostenerhöhungen der Klägerin seien daher nicht allein betriebswirtschaftlicher Natur.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Rahmenvorgabe der Beklagten vom 7. Juli 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Rahmenvorgabe ist sowohl formell- (vgl. hierzu 1.) als auch materiell-rechtlich (vgl. hierzu 2.) nicht zu beanstanden.

Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Rahmenvorgabe ist § 22 Abs. 2 VerpackG, auf welche die Beklagte den Erlass gestützt hat.

1. Die Anordnungen der Rahmenvorgabe sind formell rechtmäßig.

Die Beklagte ist handelnd durch den Städtischen Regiebetrieb Salzgitter gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG, § 17 Abs. 1, § 20 Abs. 1 KrWG, § 6 Abs. 1 NAbfG i. V. m. § 1 Abs. 1 der Abfallwirtschaftssatzung sachlich für den Erlass der Rahmenvorgabe zuständig, da die Befugnis hierzu dem Eigenbetrieb übertragen wurde. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 20 Abs. 1 KrWG i. V. m. § 43 Abs. 1 NAbfG.

Die nach § 1 Abs. 2 NVwVfG i. V. m. § 28 Abs. 1 VwVfG vor Erlass der Rahmenvorgabe erforderliche Anhörung ist erfolgt.

Die Rahmenvorgabe ist hinreichend bestimmt im Sinne der § 1 Abs. 2 NVwVfG i. V. m. § 37 Abs. 1 VwVfG. Das bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für den Adressaten so vollständig, klar und unzweideutig sein muss, dass er erkennen kann, was genau von ihm gefordert bzw. was in der betreffenden Sache geregelt wird. Der Maßstab für die notwendige Bestimmtheit richtet sich nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts sowie nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Inhalt allein aus dem Anordnungssatz ergibt; vielmehr ist neben den bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen auch die dem Verwaltungsakt beigefügte Begründung heranzuziehen (Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 23. Auflage 2022, § 37 Rn. 6). Diese Anforderungen erfüllt die Rahmenvorgabe.

Der Einwand der Klägerin, dass für die dualen Systeme in keiner Weise ersichtlich sei, wie viele gelbe Tonnen in welcher Größe im Gebiet der Beklagten aufzustellen seien, führt nicht zur Annahme einer fehlenden Bestimmtheit des Bescheides. Die in § 22 Abs. 1 und Abs. 2 VerpackG enthaltenen Regelungen, die für die Durchführung von LVP-Sammlungen einerseits einen zwischen den Beteiligten einvernehmlichen Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung erfordern, andererseits aber auch dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugestehen, den Systemen in einem eng begrenzten Bereich unter Durchbrechung des Kooperationsgebotes einseitig Vorgaben zu machen, schließen es typischerweise aus, dass die Vorgaben in der Rahmenvorgabe bereits abschließend und so konkret sind, dass ihr Inhalt allein auf dieser Grundlage vollstreckt werden könnte (vgl. VG Oldenburg, U. v. 28.9.2022 - 15 A 3633/19 -, juris Rn. 52). Nähere Einzelheiten und Konkretisierungen sind der zwingend erforderlichen Abstimmungsvereinbarung vorbehalten, die die Rahmenvorgabe - soweit erforderlich - präzisiert. Das ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 VerpackG als auch bereits aus dem Begriff der Rahmenvorgabe selbst (vgl. VG Oldenburg, U. v. 28.9.2022 - 15 A 3633/19 -, juris Rn. 52). Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger kann in den Grenzen des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG einseitig einen "Rahmen" abstecken, der im Übrigen zwischen den Beteiligten in Kooperation miteinander durch konsensual abgestimmte Vereinbarungen ausgefüllt wird. Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zu § 22 Abs. 2 VerpackG (BT-Drs. 18/11274, S. 109), nach der der Erlass von Rahmenvorgaben den Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung keinesfalls ersetzen kann, weil die nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG zulässigen Vorgabepunkte für eine vollständige Abstimmung inhaltlich nicht ausreichten und weil die Systeme ohne Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung überhaupt nicht genehmigt werden dürften, so dass bereits aus diesem Grund das Vorliegen einer wirksamen Abstimmungsvereinbarung unerlässlich sei. Für die von den Systemen durchzuführende LVP-Sammlung können die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger damit zunächst durch Rahmenvorgabe innerhalb des Regelungsbereichs des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG Teilregelungen erlassen, die durch eine bereits geschlossene oder noch zu schließende Abstimmungsvereinbarung konkretisiert bzw. ergänzt werden müssen. § 37 Abs. 1 VwVfG schließt die Möglichkeit von Teilregelungen nicht aus, sofern für die Betroffenen der Umstand erkennbar ist, dass die getroffene Regelung noch nicht abschließend ist (vgl. VG Oldenburg, U. v. 28.9.2022 - 15 A 3633/19 -, juris Rn. 52; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 7.9.2020 - OVG 11 S 62/20 -, juris Rn. 28; VG Mainz, B. v. 28.7.2020 - 4 L 316/20.MZ -, juris Rn. 48). Dies ist bei den Beteiligten zweifellos der Fall.

2. In materieller Hinsicht ist die Rahmenvorgabe ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie legt ein zulässiges Sammelsystem und die Art und Größe der Sammelbehälter fest (vgl. hierzu a.), ist geeignet, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen (vgl. hierzu b.), für die Klägerin wirtschaftlich nicht unzumutbar (vgl. hierzu c.), geht nicht über den Entsorgungsstandard der Beklagten hinaus (vgl. hierzu d.) und ist ermessensfehlerfrei sowie verhältnismäßig (vgl. hierzu e.).

Gemäß § 22 Abs. 1 VerpackG ist die Sammlung restentleerter Verpackungen nach § 14 VerpackG auf die vorhandenen Sammelstrukturen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, in deren Gebiet sie eingerichtet wird, abzustimmen. Die Abstimmung hat durch schriftliche Vereinbarung der Systeme mit dem jeweils zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu erfolgen (Abstimmungsvereinbarung). Dabei sind die Belange des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers besonders zu berücksichtigen und Rahmenvorgaben nach § 22 Abs. 2 VerpackG zwingend zu beachten.

Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG kann ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger durch schriftlichen Verwaltungsakt gegenüber den Systemen festlegen, wie die nach § 14 Abs. 1 VerpackG durchzuführende Sammlung der restentleerten Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen bei privaten Haushaltungen hinsichtlich

1. der Art des Sammelsystems, entweder Holsystem, Bringsystem oder Kombination aus beiden Sammelsystemen,

2. der Art und Größe der Sammelbehälter, sofern es sich um Standard-Sammelbehälter handelt, sowie

3. der Häufigkeit und des Zeitraums der Behälterleerungen

auszugestalten ist, soweit eine solche Vorgabe geeignet ist, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen und soweit deren Befolgung den Systemen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz nicht technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist (Rahmenvorgabe). Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 VerpackG darf die Rahmenvorgabe nicht über den Entsorgungsstandard hinausgehen, welchen der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger der in seiner Verantwortung durchzuführenden Sammlung der gemischten Siedlungsabfälle ("Restabfälle") aus privaten Haushaltungen zugrunde legt.

Auszugehen ist zunächst davon, dass dem Verpackungsgesetz das Kooperationsprinzip zugrunde liegt, d. h. die Beteiligten, die Systeme und der örtlich zuständige öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, sich grundsätzlich auf gleichgeordneter Ebene gegenüberstehen (vgl. BT-Drs. 18/11274, S. 108; VG A-Stadt, B. v. 7.7.2021 - 13 L 488/21 -, S. 5, V. n. b.).

Deswegen ist nach § 22 Abs. 1 Satz 2 VerpackG eine Abstimmung oder schriftliche Vereinbarung der Systeme mit dem jeweils zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorgesehen (Abstimmungsvereinbarung). Allerdings sind vom Gesetzgeber in § 22 Abs. 2 VerpackG den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern - als eng begrenzte Ausnahme zum grundsätzlich geltenden Kooperationsprinzip - einseitige hoheitliche Steuerungsmöglichkeiten eingeräumt, mit denen sie Einfluss auf die tatsächliche Ausgestaltung der Sammlung der Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen (LVP) durch die Systeme nehmen können, ohne dabei auf eine Zustimmung der Systeme angewiesen zu sein. Durch solche Rahmenvorgaben kann ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sicherstellen, dass sich die haushaltsnahe Leichtverpackungssammlung optimal in die bestehenden kommunalen Sammelstrukturen und das allgemeine Entsorgungskonzept der Kommune einfügt und zugleich ökologische Aspekte ausreichend Berücksichtigung finden (vgl. BT-Drs. 18/11274, S. 108; VGH Baden-Württemberg, B. v. 13.10.2020 - 10 S 2820/20 -, juris Rn. 12; VG A-Stadt, B. v. 7.7.2021 - 13 L 488/21 -, S. 5 f., V. n. b.).

Allerdings ist die einseitig ergehende Rahmenvorgabe kein Instrument, um einseitig Anordnungen zu treffen, mit denen sich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in den Verhandlungen über die Abstimmungsvereinbarung nicht durchsetzen konnte, die also nicht einvernehmlich geregelt werden konnten (Nds. OVG, B. v. 31.8.2020 - 7 ME 81/20 -, juris Rn. 11; VG Oldenburg, U. v. 28.9.2022 - 15 A 3633/19 -, juris Rn. 72; VG Göttingen, U. v. 17.11.2022 - 4 A 1/20 -, S. 9, V. n. b.; VG München, B. v. 24.8.2020 - M 17 S 20.2672 -, juris Rn. 35).

a. Die Rahmenvorgabe sieht eine zulässige Art des Sammelsystems vor.

Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1. VerpackG sind als Arten des Sammelsystems insbesondere ein Holsystem, ein Bringsystem oder eine Kombination aus beiden Sammelsystemen vorgesehen.

Die streitgegenständliche Rahmenvorgabe sieht eine Sammlung der LVP in einem reinen Holsystem vor. Insbesondere liegt hier kein Vollservice-System vor, bei welchem die Mülltonnen von einem gemeinsamen Stellplatz auf dem Grundstück des Anschlusspflichtigen in bis zu 15 m Entfernung zum Fahrbahnrand kostenlos abgeholt werden müssen (vgl. Zur Rechtswidrigkeit eines solchen Systems: Nds. OVG, B. v. 31.8.2020 - 7 ME 81/20 -, juris Rn. 8 ff.; VG Göttingen, U. v. 17.11.2022 - 4 A 1/20 -, V. n. b.; VG Würzburg, B. v. 23.3.2021 - W 10 S 21.60 -, juris Rn. 74 ff.).

Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerpackG kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger Festlegungen zur Art und Größe der Sammelbehälter treffen, sofern es sich um Standard-Sammelbehälter handelt. Die Beklagte hat die Sammlung von LVP mit Müllgroßbehältern (MGB) mit einem Volumen von 240 l und 1.100 l festgelegt. Bei diesen Behältnissen handelt es sich um Sammelbehälter i. S. d. § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerpackG. Das Verpackungsgesetz enthält keine Legaldefinition für den Begriff des Sammelbehälters. Dennoch sind auch die näheren Angaben zum Fassungsvolumen, zur Materialbeschaffenheit und zur äußeren Gestaltung der Behälter vom Regelungsgehalt der Vorschrift gedeckt (vgl. BT-Drs. 18/11274, S. 110). Ebenso ist von der "Art der Sammelbehälter" die äußere Gestaltung, also die Farbe von Korpus und Deckel - hier: gelber, grauer oder schwarzer Korpus und gelber Deckel -, umfasst (vgl. BT-Drs. 18/11274, S. 110).

Der festgesetzte 14-tägige Entsorgungsrhythmus im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VerpackG begegnet keinen Bedenken.

b. Die Rahmenvorgabe ist geeignet, eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen.

Da die Rahmenvorgaben in die unternehmerische Freiheit der Systeme und der von ihnen beauftragten Entsorgungsunternehmen eingreifen und überdies mit erheblichen Kosten verbunden sein können, müssen Sie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit beschränkt werden. Deshalb dürfen sie nicht über das Maß hinausgehen, das zur Durchsetzung der berechtigten Belange der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erforderlich ist. Diese allgemeinen Verhältnismäßigkeitserwägungen werden im zweiten Halbsatz von § 22 Abs. 2 Satz 1 näher konkretisiert (vgl. BT-Drs. 18/11274, S. 110).

Danach muss die Rahmenvorgabe geeignet sein, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen. Die Vorgaben müssen demnach geeignet sein, um eine Erhöhung der getrennt erfassten Menge an wertstoffhaltigen Abfällen zu erreichen (Effektivität) oder um durch die Sammlung regelmäßig verursachte Umweltbelastungen, zum Beispiel Emissionen oder Standortverschmutzungen, zu verringern (Umweltverträglichkeit). Zwar genügt ausweislich der Gesetzesbegründung auch die Förderung zumindest eines der beiden Ziele Effizienz bzw. Umweltverträglichkeit, dies darf jedoch nicht zu Lasten des jeweils anderen Ziels gehen (BT-Drs. 18/11274, S. 110 unten; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 7.9.2020 - OVG 11 S 62/20 -, juris Rn. 32, 39; VG Oldenburg, U. v. 28.9.2022 - 15 A 3633/19 -, juris Rn. 123).

Dass eine gebietsübergreifend im gesamten Entsorgungsgebiet der Stadt Salzgitter durchgeführte Sammlung der LVP mittels gelber Tonnen einer Sammlung mittels gelber Säcke in ihrem gemischt ländlich und städtischen Gebiet grundsätzlich und ohne Berücksichtigung des Einzelfalls im vorgenannten Maße überlegen ist, hat die Beklagte nicht dargetan und ist auch für die Kammer nicht ersichtlich.

Der vorgenannte Schluss lässt sich insbesondere nicht aus dem Abschlussbericht des Umweltbundesamtes "Analyse der Effizienz und Vorschläge zur Optimierung von Sammelsystemen der haushaltsnahen Erfassung von Leichtverpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen auf der Grundlage vorhandener Daten" aus Mai 2018 ableiten, den die Kammer im Rahmen ihre Entscheidungsfindung herangezogen hat (so auch: VG Oldenburg, U. v. 28.9.2022 - 15 A 3633/19 -, juris Rn. 87). Diesem von der Klägerin im gerichtlichen Verfahren benannten Bericht liegt eine Untersuchung der unterschiedlichen Sammelsysteme für Leichtverpackungen und stoffgleicher Nichtverpackungen hinsichtlich ihrer Effizienz zugrunde. Zum Vergleich wurden die Sammelsysteme Wertstofftonne städtisch und ländlich, gelbe Tonne städtisch und ländlich, gelber Sack ländlich, Wertstoffsack ländlich, Depotcontainer und Wertstoffhof gewählt, die als Haupt- oder Nebensammelsysteme nahezu 100 % der in Deutschland genutzten Sammelsysteme für Leichtverpackungen bilden. Das hier streitgegenständliche Sammelsystem "gelber Sack städtisch" wurde aufgrund der wenigen Referenzen im Rahmen der Untersuchung jedoch unberücksichtigt gelassen. Auf der Grundlage von Abstimmungsvereinbarungen aus 94 Vertragsgebieten, Abfallbilanzen der Bundesländer sowie Daten zur Bevölkerung und Fläche der Vertragsgebiete wurden bei den unterschiedlichen Sammelsystemen insbesondere die Quantität und Qualität der erfassten Wertstoffe, die ökologischen Auswirkungen und die jeweiligen Aufwendungen für die Erfassung und Verwertung analysiert und verglichen (vgl. zur Datengrundlage im Einzelnen S. 20, 21, 56, 60 des Abschlussberichts).

In dem Abschlussbericht des Umweltbundesamtes heißt es auszugsweise:

- Im Rahmen der "Gesamtbewertung" (ab S. 128):

"8.1 Zusammenfassung der Erkenntnisse der Wertschöpfungskette Sammlung - Verwertung

8.1.1 Kostenbetrachtung

(...)

Die Systeme mit guter Erfassungsqualität und gleichzeitig hohen Erfassungsmengen (insbesondere gelber Sack und Wertstoffsack ländlich) sind deutlich kosteneffizienter als die anderen Systeme. (...)

8.1.2.2 Ergebnisse

(...)

Ein deutlicheres Bild des Einflusses der werkstofflichen Verwertung zeigt sich beim KEA (= kumulierter Energieaufwand), auch wenn hier die MVA (= Müllverbrennungsanlage) einen Betrag zur Nettogutschrift des KEA leistet. Der KEA wird insbesondere von der werkstofflichen Verwertung der Kunststoffe bestimmt, so dass auch hier der Wertstoffsack ländlich und zudem die Systeme Wertstofftonne ländlich und Gelber Sack ländlich im Vergleich zur Gelben Tonne ländlich trotz der geringeren Erfassungsmengen die höhere Nettogutschrift aufweisen (...)."

- Im Rahmen der "Konsequenzen und Empfehlungen" (ab S. 149):

"9.1 Gesamtbewertung der Teilprozesse Individualtransport, Sammlung und Transport im Vergleich

9.1.1 Sammelmenge und Sammelqualität

(...) Problematisch ist, dass die Sammelsysteme Gelbe Tonne ländlich und städtisch über den höchsten Anteil an der Fraktion "Reste bzw. ungeeignetes Zusatzmaterial im LVP" verfügen.

Das Sammelsystem Wertstoffsack ländlich verfügt über eine vergleichbar hohe Sammelmenge wie die Wertstofftonne und innerhalb der Holsysteme über den geringsten Anteil an der Fraktion "Reste bzw. ungeeignetes Zusatzmaterial im LVP", ist aber aufgrund der geringen Datenbasis von zwei Datensätzen hier nicht abschließend bewertbar.

Der Gelbe Sack liegt bei der Sammelmenge im Vergleich mit den anderen ländlichen Sammelsystemen leicht unterhalb der anderen Holsysteme und hat einen geringen Anteil an der Fraktion "Reste bzw. ungeeignetes Zusatzmaterial im LVP". (...)

Die Störstoffe beeinträchtigen in üblichen Anteilen die Sammelqualität in der Regel nicht in der Form als dass die Ziel-Fraktionen verschmutzen oder verkleben und damit die Sortierung erschweren bzw. die Qualität des Sortieroutputs verringern. Unter dieser Maßgabe wirkt sich die Sammelmenge höher auf die Umweltentlastung aus als die Sammelqualität. (...)

9.3 Gesamtbewertung der Systeme im Vergleich

9.3.1 Schlussfolgerungen auf Basis der ökologischen Auswirkungen

Wie im Abschnitt 8.1.2 dargestellt sind für die ökologische Effizienz des Gesamtsystems die Sammelmenge, die Sammelqualität sowie die Aufwendungen für den Individualtransport ausschlaggebend. (...)

9.3.1.1 Klimaerwärmungspotenzial

Die höchsten Beiträge zur Senkung des Klimaerwärmungspotenzials weisen die Holsysteme im ländlichen Raum mit Werten zwischen -23.572 ("Gelber Sack ländlich") und -37.084 Mg CO₂-Äq./1 Mio. Einwohner ("Wertstoffsack ländlich") auf. Ausschlaggebend sind hohe Erfassungsmengen an LVP und StNVP (= stoffgleiche Nichtverpackungen) verbunden mit guten Sammelqualitäten sowie der fehlende Individualtransport. Die städtischen Holsysteme mit ihren geringeren Sammelmengen weisen dagegen geringere Nettogutschriften von -11.469 ("Gelbe Tonne städtisch") und -16.534 Mg CO₂-Äq./1 Mio. Einwohner ("Wertstofftonne städtisch") auf.

(...).

9.3.2 Schlussfolgerungen auf Basis der Gesamtkosten

(...)

Am kostengünstigsten sind die Systeme, welche hohe Sammelmengen bei gleichzeitig guter Erfassungsqualität generieren. Dies sind vor allem die Sacksammlungen in den ländlichen Gebieten. Mit 1.077 EUR/Mg ("Wertstoffsack ländlich") bzw. 1.404 EUR/Mg ("Gelber Sack ländlich") weisen diese Systeme die geringsten Kosten auf und sind somit sogar kostengünstiger als die "Gelbe Tonne ländlich" (1.604 EUR/Mg), welche die höchste Erfassungsmenge erzeugt.

Aus diesen Feststellungen lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:

1. (...)

2. Kosteneffizient sind Systeme mit hohen Erfassungsmengen.

3. Eine gute Erfassungsqualität steigert die Ausbeute zur werkstofflichen Verwertung und führt somit zu einer hohen Kosteneffizienz auf der Rezyklatseite."

Diesem Abschlussbericht des Umweltbundesamtes kann keine klare Aussage dahingehend entnommen werden, dass der Wechsel von einer Sammlung mittels gelber Säcke zu einer Sammlung mittels gelber Tonnen regelmäßig und gebietsübergreifend und ohne Berücksichtigung des Einzelfalls zu einer Verbesserung der Effizienz und Umweltverträglichkeit der LVP-Erfassung führt (so auch: VG Oldenburg, U. v. 28.9.2022 - 15 A 3633/19 -, juris Rn. 117). Der Bericht legt vielmehr nahe, dass es insoweit immer einer differenzierten Betrachtungsweise bedarf, weil die mit den unterschiedlichen Systemen einhergehenden Vor- bzw. Nachteile u. a. wesentlich von den örtlichen Verhältnissen der jeweiligen Erfassungsgebiete abhängen (vgl. VG Oldenburg, U. v. 28.9.2022 - 15 A 3633/19 -, juris Rn. 117).

So heißt es im Rahmen der abschließenden Empfehlungen (Ziffer 9.4, S. 155 f.):

"Sacksammlungen besitzen gegenüber Behältersammlungen Vorteile bei der Erfassungsqualität. In ländlichen Gebieten kann deren Einsatz insofern sinnvoll sein und sollte unter Berücksichtigung der vorhandenen Nachteile (insbesondere Ortsbild, Verwehungen, Zerstörung von Säcken durch Tiere) abgewogen werden. Durch entsprechende Ausgestaltung der Erfassung (bspw. zentrale Sammelpunkte) sowie durch intensivierte Öffentlichkeitsarbeit (bspw. Sensibilisierung der Bevölkerung für den optimalen Zeitpunkt der Bereitstellung) können diese Nachteile minimiert werden.

Bei der Behältersammlung ist insbesondere in städtischen Gebieten durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit (ggf. auch durch Sanktionierung fehlbefüllter Behälter) auf eine Verbesserung der Erfassungsqualität hinzuwirken."

Allerdings befasst sich der Abschlussbericht des Umweltbundesamtes ausdrücklich nicht mit dem Sammelsystem "gelber Sack städtisch". Zwar unterscheidet der Abschlussbericht zwischen der gelben Tonne im städtischen und im ländlichen Gebiet, für den gelben Sack wird hingegen nur der ländliche Bereich ins Auge genommen, da es für den städtischen Bereich zu wenig Referenzen gibt (vgl. Abschlussbericht des Umweltbundesamtes Nr. 37/2018, S. 59 f., Ziffer 4.2.3.1). Vielmehr bilden die Sammelsysteme Wertstofftonne städtisch/ländlich, gelbe Tonne städtisch/ländlich, gelber Sack ländlich, Wertstoffsack ländlich, Depotcontainer und Wertstoffhof nahezu 100 % der in Deutschland genutzten Sammelsysteme für LVP ab (vgl. Abschlussbericht des Umweltbundesamtes Nr. 37/2018, S. 20). Das Gebiet der beklagten kreisfreien Stadt ist allerdings sowohl städtisch als auch ländlich geprägt. Die größte Ausdehnung des Stadtgebiets beträgt in Nord-Süd-Richtung 24 km und in Ost-West-Richtung 19 km. Etwa die Hälfte der Stadtfläche wird landwirtschaftlich genutzt, rund ein Sechstel ist bewaldet. Ein weiteres Sechstel teilt sich zu ähnlichen Anteilen in Wohn- bzw. Gewerbe-/Industrieflächen auf. Das Stadtgebiet von Salzgitter besteht aus sieben Ortschaften, die sich insgesamt aus 31 Stadtteilen zusammensetzen (vgl. für die Informationen über die Stadt Salzgitter: https://www.unser-stadtplan.de/stadtplan/salzgitter/kartenstartpunkt/stadtplan-salzgitter.map, abgerufen am 22.2.2023). Aufgrund der gerichtsbekannten Bebauung dürften es sich nur bei den Stadtteilen G. und H. um städtische Gebiete handeln. Die übrigen 29 Stadtteile dürften eher dem ländlichen Bereich zuzuordnen sein.

Für diese 29 ländlichen Gebiete ergeben sich aus dem Abschlussbericht des Bundesumweltamts Vorteile der Sacksammlungen gegenüber den Behältersammlungen im Hinblick auf die Erfassungsqualität.

Diese Vorteile sind den im Einzelfall zu prüfenden Nachteilen, insbesondere Standortverschmutzungen durch verwehte und durch Tierverbiss zerstörte Säcke, gegenüberzustellen.

Im Rahmen dieser durch die Beklagte vorzunehmenden Abwägung kommt ihr als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger damit ein gewisser Einschätzungs- und Prognosespielraum hinsichtlich der Auswahl des Sammelsystems zu (für einen gewissen Einschätzungs- und Prognosespielraum: VG Oldenburg, U. v. 28.9.2022 - 15 A 3633/19 -, juris Rn. 61, 124; für einen möglicherweise zustehenden Einschätzungs- und Prognosespielraum: VGH Baden-Württemberg, B. v. 13.10.2020 - 10 S 2820/20 -, juris Rn. 14, ebenso VG Würzburg, B. v. 23.3.2021 - W 10 S 21.60 -, juris Rn. 82).

Dass der Beklagten in gewissem Umfang ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zusteht, lässt sich insbesondere durch den Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens ableiten. So enthielt der ursprüngliche Gesetzesentwurf noch einen "Erforderlichkeitsvorbehalt" (BT-Drs. 18/11274, S. 110), welcher jedoch im verabschiedeten Gesetz durch einen "Geeignetheitsvorbehalt" ersetzt wurde (BT-Drs. 18/11781, S. 15). Durch diese Änderung soll der Erlass von Rahmenvorgaben in der Praxis besser handhabbar werden, damit der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die haushaltsnahe Verpackungssammlung vor Ort sachgerecht und angemessen gestalten kann. Die Rahmenvorgabe muss danach nicht mehr das mildeste Mittel zum Erreichen der vorgegebenen Ziele enthalten, sondern sie muss lediglich einen Beitrag zur Sicherstellung einer möglichst effektiven und umweltverträglichen LVP-Sammlung leisten. Unzulässig bleiben jedoch Rahmenvorgaben, die ausschließlich andere Zwecke verfolgen, also keinen Beitrag zur Sicherstellung der Effektivität oder Umweltverträglichkeit der Sammlung leisten (BT-Drs. 18/11781 S. 15).

In der konkreten Einzelfallabwägung der Beklagten im Rahmen des ihr zustehenden Einschätzungs- und Prognosespielraums ist die Rahmenvorgabe geeignet, eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen. Durch die Umstellung der Sammlung von gelben Säcken auf gelbe Tonnen wird das Ziel der Umweltverträglichkeit durch eine erhebliche Reduzierung der Standortverschmutzungen gefördert. Dass im Gegenzug die CO₂-Emissionen derart ansteigen, dass die Abwägung im Rahmen der Prüfung der Umweltverträglichkeit dazu führen muss, dass die Standortverschmutzungen hinzunehmen sind, steht aus Sicht der Kammer nicht fest. Ebenso geht die Rahmenvorgabe nicht zulasten der Effektivität der Erfassung der Abfälle. Denn bei Umstellung des Sammelsystems auf gelbe Tonnen ist eine Erhöhung der Sammelmenge an LVP zu erwarten (vgl. Abschlussbericht des Umweltbundesamtes Nr. 37/2018, S. 118, Tabelle 54). Zwar ergibt sich aus dem Abschlussbericht des Umweltbundesamtes, dass die Menge an Fehlwürfen im ländlichen Bereich in der gelben Tonne höher ist als im gelben Sack (vgl. Abschlussbericht des Umweltbundesamtes Nr. 37/2018, S. 118, Tabelle 54). Allerdings bleibt dabei unberücksichtigt, dass die Störstoffe die Sammelqualität in der Regel nicht in der Form beeinträchtigen, als dass die Ziel-Fraktionen verschmutzen oder verkleben und damit die Sortierung erschweren bzw. die Qualität des Sortieroutputs verringern. Unter dieser Maßgabe wirkt sich die Sammelmenge höher auf die Umweltentlastung aus als die Sammelqualität (vgl. Abschlussbericht des Umweltbundesamtes Nr. 37/2018, S. 149). Ferner dürfte der Einsatz gelber Säcke dazu führen, dass die Fehlwurfquote im Restabfallstrom höher ausfallen dürfte, da scharfkantige Plastikteile oder Konservendosen regelmäßig, zur Vermeidung reißender gelber Säcke, in die Restmülltonne geworfen werden. Im Hinblick auf die städtischen Stadtteile lässt sich dem Abschlussbericht des Umweltbundesamtes direkt nichts entnehmen, da das Sammelsystem "gelber Sack städtisch" dort nicht betrachtet wird. Allerdings liegt nahe, dass auch im städtischen Bereich eine Erhöhung der Sammelmenge zu erwarten ist.

Dass die Einzelfallabwägung zur Geeignetheit der Rahmenvorgabe führt, ist insbesondere auf die massiven Standortverschmutzungen durch die gerissenen gelben Säcke zurückzuführen. So dokumentieren die zunächst mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2021 vorgelegten Fotos (Bl. 84-97 d. A.) bereits eindrucksvolle Müllberge sowie gerissene gelbe Säcke. Allerdings ist fraglich, ob die mit Anlage B1 (Bl. 82 d. A.) vorgelegte Auswertung der Beschwerden im Zeitraum von 2018 bis Oktober 2021 für sich genommen bereits eine so erhebliche Schwelle der Standortverschmutzungen erreicht hätte, dass dies für sich dazu geführt hätte, dass eine effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen durch die Umstellung auf gelbe Tonnen hätte angenommen werden können. Durch die mit Schriftsatz vom 6. Februar 2023 vorgelegte Fotodokumentation (Bl. 174-178 d. A.), in welcher allein im Zeitraum vom 21. November 2022 bis zum 1. Februar 2023 48 Standortverschmutzungen festgehalten wurden, ist diese Schwelle jedoch überschritten.

Diese Standortverschmutzungen beziehen sich dabei nicht auf einzelne Stadtteile, sondern sind in den Stadtteilen H., I., J., K., G., L., M., N. und O. dokumentiert, wobei die meisten Standortverschmutzungen in L. (18), J. (9), I. (8) und G. (6) vorzufinden waren.

Zwar lässt sich nicht allen Fotos eine tatsächliche Standortverschmutzung - so z. B. fraglich bei leichten Verwehungen - entnehmen, jedoch lassen sich in mindestens 21 Fällen Standortverschmutzungen durch zerrissene gelbe Säcke erkennen. Wie viele dieser zerrissenen Säcke auf eine fehlerhafte Befüllung oder Tierverbiss, etwa durch Ratten, zurückzuführen sind, lässt sich nicht feststellen.

Jedoch kommt es auf diese Kausalität auch nicht an. Denn dass es im Gebiet der Beklagten ein vermehrtes Aufkommen von Ratten gibt, dürfte unstreitig oder zumindest aufgrund von Zeitungsartikeln offenkundig im Sinne des § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 291 ZPO sein (vgl. zur Offenkundigkeit: OLG Oldenburg, B. v. 29.10.2019 - 5 W 43/19 -, juris Rn. 9; Prütting, in: MüKoZPO, 6. Aufl. 2020, ZPO § 291 Rn. 6). Zum einen hat die Beklagte dies unter Bezugnahme auf ihr gegenüber von Bürgern gemachte Meldungen substantiiert dargelegt, zum anderen berichtete die Presse in den vergangenen Monaten wiederholt über dieses Problem (bspw. Salzgitter Zeitung, "Salzgitter: Anwohner in J. ärgern sich über Ratten", Ausgabe vom 12.6.2022; Salzgitter Zeitung, "Anwohner berichten über Ratten im L.", Ausgabe vom 14.1.2023, S.17). Insbesondere heißt es im Artikel vom 14. Januar 2023:

"Der Verwaltung ist die Problematik bekannt, auch im Rat der Stadt war sie bereits Thema. Die SPD hat dazu im Sommer eine Anfrage gestellt. In der Antwort heißt es, dass es jährlich "etwa 450 Rattenmeldungen aus dem gesamten Stadtgebiet gibt". Und weiter: Schwerpunktmäßig kämen die Meldungen aus dem bevölkerungsstärksten Ortsteil G. (etwa 280), Bad (etwa 60) I. (15) und J. (etwa 30)."

Die Verbreitung von Ratten gilt es zu verhindern. Denn bei ihnen handelt es sich nach § 2 Nr. 12 Infektionsschutzgesetz (IfSG) um Gesundheitsschädlinge, da sie durch ihren Kot und Urin Krankheitserreger auf den Menschen übertragen können. Essensrückstände aller Art in gelben Säcken bieten den Ratten Nahrung um sich zu ernähren und zu vermehren. Durch den Wechsel zu gelben Tonnen ist es Ratten aufgrund des festen Korpus nur unter sehr erschwerten Bedingungen möglich an den Inhalt dieser Tonnen heranzukommen.

Ferner führt auch eine fehlerhafte Befüllung der gelben Säcke entgegen der Auffassung der Klägerin im Ergebnis dazu, dass - wenn hierdurch die Säcke reißen und austretender Abfall auf der Straße oder in der Natur landet - eine Standortverschmutzung vorliegt, die es nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes (vgl. dazu BT-Drs. 18/11274, S. 110) zu minimieren gilt.

Dieser Problematik kann auch nicht auf andere Weise erfolgversprechend entgegengetreten werden. Eine Ermittlung derjenigen Abfallentsorger, die ihre Müllsäcke zu früh an die Straße legen, dürfte im städtischen Bereich nahezu unmöglich sein. Aufgrund der Bevölkerungsdichte in städtischen Gebieten kommen vielerorts zu viele potentielle Abfallentsorger in Betracht. Auch eine Rückverfolgung aufgrund des Inhalts der gelben Säcke erscheint hier - anders als ggf. bei Papiermüll, aufgrund darin möglicherweise enthaltener Rechnungen etc. - wenig Erfolg versprechend. Zwar wird im Abschlussbericht des Umweltbundesamts (Nr. 37/2018, S. 155 f., Ziffer 9.4) insbesondere vorgeschlagen, dass eine Sensibilisierung der Bevölkerung u. a. für den optimalen Zeitpunkt der Bereitstellung der Säcke die durch Tierverbiss auftretenden Nachteile minimieren kann. Dass dies die auftretenden Standortverschmutzungen weitgehend minimiert, ist jedoch äußerst zweifelhaft (so auch: Schleswig-Holsteinisches VG, B. v. 1.11.2021 - 6 B 28/21 -, juris Rn. 12). Vielmehr liegt es nahe, dass gerade in bevölkerungsreichen Wohngebäuden der Platz für die gelben Säcke, welche lediglich im 14-tägigen Rhythmus abgeholt werden, gering ist und daher bereits vor dem eigentlichen Abholtag an die Straße gelegt werden. Auch diesem Problem kann durch den Einsatz gelber Tonnen begegnet werden.

Zwar dürften die durch die Müllfahrzeuge verursachten CO₂-Emissionen grundsätzlich bei einem reibungslosen Einsammeln der gelben Säcke geringer sein als bei der Entladung der Mülltonnen in das Müllfahrzeug. Denn, dass die Leerung der Tonnen wegen der längeren Wege (Holen der Tonne zum Fahrzeug, Einklemmen in die Schüttvorrichtung, Auskippen, Ausklemmen und Zurückstellen) weitaus mehr Zeit benötigt als das bloße Aufnehmen und Aufwerfen von Müllsäcken auf die offene Ladefläche eines LKW, ist durchaus plausibel (so auch: OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 7.9.2020 - OVG 11 S 62/20 -, juris Rn. 36; VG Göttingen, B. v. 10.7.2020 - 4 B 135/20 -, juris Rn. 25). Dies dürfte sich allerdings im vorliegenden Fall aufgrund der erheblichen Standortverschmutzungen nicht nur unerheblich anders darstellen.

Denn sowohl im Bericht des Umweltbundesamts als auch im Vortrag der Klägerin bleiben die CO₂-Emissionen unberücksichtigt, die dadurch entstehen, dass die Mitarbeiter der Beklagten mit einem weiteren Müllfahrzeug zu den vielen Orten der Standortverschmutzungen fahren und den verwehten und zerstreuten Inhalt der zerrissenen gelben Säcke aufsammeln. Hierdurch werden ebenfalls zusätzliche Emissionen verursacht. Dass diese nicht durch den eigentlichen Entsorgungsbetrieb entstehen, sondern durch die Beklagte selbst, kann unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks des Gesetzes - einer umweltfreundlichen Emissionsreduzierung - nicht entgegengehalten werden.

Durch das Entfallen des gelben Sacks als Sammelbehältnis dürfte sich zudem der Einsatz von Plastikbeuteln zum Sammeln des Verpackungsmülls generell etwas reduzieren. Zwar dürften im Falle der Entsorgung mittels gelber Tonnen der weit überwiegende Teil der Bürger die LVP zunächst in einem Kunststoffsack sammeln, sodass die Tonnen insoweit nicht zu einer Entlastung führen. Allerdings dürften - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch viele Bürger derzeit ihre LVP zunächst in kleineren Kunststoffsäcken sammeln und diese sodann im größeren gelben Sack verstauen. Demzufolge dürfte bei einer Umstellung jedenfalls der gelbe Sack als großes Sammelbehältnis entfallen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 7.9.2020 - OVG 11 S 62/20 -, juris Rn. 38; VG Mainz, B. v. 28.7.2020 - 4 L 316/20.MZ -, juris Rn. 42; Schleswig-Holsteinisches VG, B. v. 1.11.2021 - 6 B 28/21 -, juris Rn. 15). Zwar ist nicht in Abrede zu stellen, dass sicherlich ein gewisser Prozentsatz der gelben Säcke recycelt und zu neuen gelben Säcken wird, jedoch dürfte diese Quote lange nicht bei 100 % liegen und auch durch diesen Recyclingprozess entstünden weitere CO₂-Emissionen. Durch die erstmalige Anschaffung der Gelben Tonnen fällt zwar ebenfalls ein zusätzlicher Plastikverbrauch an. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Anschaffung dieser langlebigen Mehrwegbehälter über die Jahre amortisieren und sich gegenüber dem Plastikverbrauch durch die Gelben Säcke langfristig auch als umweltfreundlicher erweisen wird (vgl. VG Würzburg, B. v. 23.3.2021 - W 10 S 21.60 -, juris Rn. 49; VG Mainz, B. v. 28.7.2020 - 4 L 316/20.MZ -, juris Rn. 42).

Durchaus überzeugend ist das Vorbringen der Klägerin, dass aufgrund der Durchsichtigkeit der gelben Säcke Fremdstoffe durch die Müllwerker besser erkannt und die betroffenen Säcke liegen gelassen werden können. Hierzu erklärte der Leiter des Städtischen Regiebetriebs Salzgitter, welcher aktuell die Sammlung der LVP vornimmt, dass eine Sichtung des Inhalts der gelben Säcke oftmals nicht erfolge und die Müllwerker oftmals etwa fünf Säcke gleichzeitig erfassen und in das Müllfahrzeug werfen würden. Lediglich wenn extreme Fehlbefüllungen der gelben Säcke vorlägen, wie etwa "ein totes Reh", würden diese liegen gelassen und anderweitig abgeholt und entsorgt werden.

Zudem erscheint auch eine Feststellung von Fremdstoffen in gelben Tonnen nicht gänzlich ausgeschlossen. Vielmehr können die Müllwerker durch einen Blick in die Tonne zumindest auch einen groben Blick auf offensichtliche Fremdstoffe werfen, wobei die Kammer nicht verkennt, dass eine solche Kontrolle bei gelben Säcken wesentlich besser funktioniert. Allerdings stellt sich in diesem Fall wiederum die Frage, was mit liegen gelassenen gelben Säcken passiert. Sofern diese - wie vielerorts - sich nicht auf einen bestimmten Abfallentsorger zurückverfolgen lassen, dürfte eine Mitnahme durch die Müllwerker bzw. Extraabholung durch die Beklagte angezeigt sein, damit auch diese Säcke nicht zu erheblichen Standortverschmutzungen führen. Im letzteren Falle entstünden durch die Extraabholung darüber hinaus weitere CO₂-Emissionen.

Schließlich dürfte auch eine (weitere) Erhöhung der Sackstärke nicht geeignet sein, die Standortverschmutzungen zu beheben. Grundsätzlich ist der Klägerin zuzustimmen, dass vielfach gelbe Säcke aufgrund einer fehlerhaften Befüllung mit Fremdstoffen reißen. Allerdings gehören auch viele spitze und scharfe Gegenstände in den gelben Sack/die gelbe Tonne, wie z. B. scharfkantige Konservendosen und kleine Hartplastik-Produkte, die die Säcke auch bei ordnungsgemäßer Befüllung zum Reißen bringen können. Darüber hinaus wurde die Sackstärke bereits im Jahr 2019 von 22 µm auf 25 µm bei Säcken aus LDPE-Folie sowie eine Erhöhung von 15 µm auf 19 µm bei Säcken aus HDPE-Folie erhöht. Die allein im Zeitraum vom 21. November 2022 bis zum 1. Februar 2023 dokumentierten Standortverschmutzungen zeigen jedoch eindrücklich, dass die Säcke weiterhin reißen und nicht so dick sind bzw. sein können, dass sie u. a. Tierverbiss standhalten können. Dieses Problem stellt sich bei Verwendung gelber Tonnen, insbesondere im Hinblick auf Ratten, nicht. Zum anderen bieten gelbe Säcke - unabhängig von der Sackstärke - im Gegensatz zu gelben Tonnen keinen Schutz vor Verwehungen (Schleswig-Holsteinisches VG, B. v. 1.11.2021 - 6 B 28/21 -, juris Rn. 12; VG Göttingen, B. v. 10.7.2020 - 4 B 135/20 -, juris Rn. 25), wobei nicht verkannt wird, dass auch gelbe Tonnen bei Sturm umkippen können.

c. Die Umsetzung der Rahmenvorgabe ist der Klägerin wirtschaftlich nicht unzumutbar.

Von einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ist insbesondere dann auszugehen, wenn die Umsetzung der Rahmenvorgabe zusätzliche Kosten verursachen würde, die außer Verhältnis zu den Kosten stehen, welche das mit den Systemen bisher abgestimmte Sammelsystem verursacht. Die Beurteilung, ob die Umsetzung der Rahmenvorgabe wirtschaftlich unzumutbar ist, richtet sich mit Blick auf § 7 Abs. 4 Satz 2 KrWG maßgeblich nach dem Verhältnis zum angestrebten Zweck (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 7.9.2020 - OVG 11 S 62/20 -, juris Rn. 40; Hartwig/Gruneberg, Herausforderungen des neuen Verpackungsgesetzes: Handlungserfordernisse für die kommunale Entsorgungswirtschaft, Teil I, Abfallrecht 2017, S. 202, 205).

Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ist von den Dualen Systemen - hier der Klägerin - zu beweisen (vgl. BT-Drs. 18/11274, S. 111; BT-Drs. 18/11781, S. 15). Diesen Beweis hat sie nicht erbracht.

Die zunächst von der Klägerin vorgelegte Tabelle zur Berechnung der Kostensteigerung (Anlage K9, Bl. 58 d. A.) ist nicht nachvollziehbar bzw. nachprüfbar. Hierauf wies das Gericht mit Verfügung vom 6. Dezember 2022 hin. Auch die daraufhin von der Klägerin mit Schriftsatz vom 31. Januar 2023 vorgelegte und durch Schriftsatz vom 17. Februar 2023 ergänzte Tabelle (Bl. 166 d. A.)

Kosten aktuellKosten bei Umsetzung der Rahmenvorgabe
Personalkosten €/ jährl.172.439,20398.916,72
Betriebskosten Fahrzeuge €/ jährl.21.900,7231.132,74
Investitionskosten Fahrzeuge €/ jährl.73.910,11127.580,95
Kosten durch erhöhtes Umschlagsaufkommen €/ jährl9.186,569.868,21
sonstige Kosten €/ jährl. (inkl. Behälterkosten)374.463,41821.970,29
Gesamtkosten €/ jährl.651.900,001.389.468,63

enthält keine nachvollziehbaren Ermittlungsgrundlagen der dargestellten Kosten.

Dass mit der Umstellung eine gewisse Kostensteigerung, insbesondere auch einmalig durch Anschaffung der Mülltonnen, entsteht, ist nachvollziehbar, aber in der Höhe nicht bewiesen. Die Klägerin schätzt die Anschaffungskosten für die gelben Tonnen auf 1,6 Mio. €, ohne darzulegen, wie sie zu dieser Summe kommt. Diese Summe teilt sie, ausgehend von einer Ausschreibungsperiode von drei Jahren durch drei und kommt zu jährlichen Behälterkosten von 533.333,33 €. Da von einer Lebensdauer der gelben Tonnen von 10-15 Jahren auszugehen ist (vgl. so auch: VG Würzburg, B. v. 23.3.2021 - W 10 S 21.60 -, juris Rn. 49), sind die Beschaffungskosten vielmehr auf 10-15 Jahre umzulegen. Bei einer Lebensdauer von 10 Jahren beliefen sich die jährlichen Kosten - bei Unterstellung tatsächlicher Anschaffungskosten von 1,6 Mio. € - auf 160.000 €, bei einer Lebensdauer von 15 Jahren auf 106.666,66 €. Bei einem Mittelwert von 12,5 Jahren auf 128.000 €. Es ist damit davon auszugehen, dass sich die Mülltonnen im Laufe ihrer Lebensdauer wirtschaftlich amortisieren (vgl. VG Würzburg, B. v. 23.3.2021 - W 10 S 21.60 -, juris Rn. 49). Sollte derjenige Abfallentsorger, der den Zuschlag für die dreijährige Ausschreibungsperiode erhält und erstmalig die Mülltonnen anschafft, nach Ablauf von drei Jahren die nächste Ausschreibung nicht gewinnen, so sind die Mülltonnen nicht wertlos, sondern können zu einem Zeitwert an einen anderen Abfallentsorger weiterveräußert werden.

Zwar ist es schlüssig, dass die Beladung der Müllfahrzeuge im Tonnensystem länger dauert als bei der Sackbeladung (siehe hierzu bereits unter I. 2. b.) und hierdurch eventuell mehr Personal oder sogar ein weiteres Müllfahrzeug notwendig machen könnte. Jedoch ist es unplausibel und auch im Übrigen nicht nachzuvollziehen, weshalb die Personalkosten um über 220.000 € bzw. 131,43 % steigen sollen.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Kostensteigerung zwar zunächst von der Klägerin bzw. den hinter ihr stehenden Herstellern von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen über die Lizenz-/Vertragsentgelte getragen werden. Jedoch werden diese Kostenerhöhungen voraussichtlich zumindest in gewissem Maße über Preissteigerungen auf den Verbraucher umgelegt werden, sodass dies bei der Bemessung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit zu berücksichtigen ist.

d. Die Rahmenvorgabe geht nicht gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 VerpackG über den Entsorgungsstandard hinaus, welchen der öffentlich-rechtlich Entsorgungsträger der in seiner Verantwortung durchzuführenden Sammlung der gemischten Siedlungsabfälle aus privaten Haushaltungen zugrunde legt.

Durch diese Einschränkung soll sichergestellt werden, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger den Systemen im Wege der Rahmenvorgabe bei der Verpackungsentsorgung keine höheren Anforderungen auferlegt als er selbst bereit und in der Lage ist, im Rahmen der ihm zugeordneten Abfallentsorgung zu erfüllen. Für eine Überschreitung des kommunalen Entsorgungsstandards spricht insbesondere, wenn die Erfüllung der Vorgaben für die Systeme mit höheren Kosten verbunden ist als dies bei einer inhaltsgenauen Kopie des kommunalen Entsorgungsstandards der Fall wäre (vgl. BT-Drs. 18/11274, S. 110).

Gemäß § 10 der Abfallwirtschaftssatzung verwendet die Beklagte zur Sammlung der Rest- und Bioabfälle Großmüllbehälter von einem Volumen von 20 l bis zu 1.100 l. Zwar ergibt sich aus der Abfallwirtschaftssatzung nicht, welche Farbe der Korpus und die Deckel der MGB haben müssen. Da die Beklagte diese den Anschlusspflichtigen zur Verfügung stellt, kann sie die Farbe selbst bestimmen und tut dies in der Praxis auch. Gleiches gilt für die Art des Sammelsystems, welches sich ebenfalls nicht aus der Abfallwirtschaftssatzung ergibt. Unstreitig handelt es sich jedoch - wie auch in der Rahmenvorgabe für die Sammlung der LVP vorgesehen - um ein Holsystem.

e. Die Rahmenvorgabe ist schließlich ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig.

Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen in noch vertretbarem Umfang und mit vertretbarem Ergebnis ausgeübt.

§ 22 Abs. 2 VerpackG räumt dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ein Ermessen hinsichtlich der Entscheidung ein, ob und welche Festlegungen er gegenüber den Systemen trifft, um die nach § 14 Abs. 1 durchzuführende LVP-Sammlung auszugestalten.

Bei der Rahmenvorgabe handelt es sich um eine einheitliche Ermessensentscheidung ("kann"), nach der im Rahmen des auszuübenden Ermessens nicht nur Gesichtspunkte der Effektivität und der Umweltverträglichkeit, sondern auch Belange der Systeme durch die zuständige Behörde für die Rahmenvorgabe zu berücksichtigen sind (vgl. Nds. OVG, B. v. 31.8.2020 - 7 ME 81/20 -, juris Rn. 15).

Gemäß § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht, ob der Verwaltungsakt deswegen rechtwidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Dazu gehört auch die Feststellung, ob das Ermessen überhaupt betätigt wurde, also kein sog. Ermessensausfall vorliegt. Hat die zuständige Behörde ihr Ermessen nicht ausgeübt oder die für die Ermessensentscheidung maßgebenden Gesichtspunkte nicht in der Begründung des Bescheides dargelegt oder, soweit zulässig, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt, so führt allein dies zur Aufhebbarkeit des Bescheides.

Ein Ermessensausfall liegt nicht vor. Ein solcher ist anzunehmen, wenn die Verwaltung die Tatsache, dass eine Ermessensnorm vorliegt, übersieht und sie sich gebunden fühlt oder sie keine Zweckmäßigkeitsentscheidung trifft. Ein solcher Ermessensausfall kann durch erstmalige Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht wirksam geheilt werden (vgl. BVerwG, U. v. 24.2.2021 - 8 C 25/19 -, juris Rn. 13).

Zwar taucht das Wort "Ermessen" nicht explizit im Bescheid vom 7. Juli 2021 auf. Dies ist jedoch auch nicht Voraussetzung für die wirksame Ausübung des Ermessens. Vielmehr genügt es, dass sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass die Beklagte das ihr zustehende Ermessen ausgeübt hat. Dies ist vorliegend der Fall.

Zunächst lässt sich feststellen, dass die Beklagte ihr Auswahlermessen ausgeübt hat. In der Begründung des Bescheids schildert sie, dass sie zunächst versucht hat mit der Klägerin zur Umstellung des Sammelsystems auf gelbe Tonnen eine Abstimmungsvereinbarung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 VerpackG zu treffen. Nachdem dies von Seiten der Klägerin gescheitert ist, sah die Beklagte die Erreichung dieses Ziels ausschließlich durch den Erlass einer Rahmenvorgabe für möglich. Dass sie sich zum Erlass und zur Ausgestaltung dieser Rahmenvorgabe verpflichtet ansah, ist hingegen nicht ersichtlich.

Auch das ihr zustehende Auswahlermessen hat die Beklagte in noch vertretbarer Weise ausgeübt. Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere, dass bereits die Tatbestandsvoraussetzungen Kriterien einer Ermessensabwägung enthalten. So hat die Beklagte insbesondere geprüft, ob die Rahmenvorgabe als solche geeignet ist, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen und ist dabei zu dem zutreffenden Ergebnis gekommen, dass durch die Umstellung auf gelbe Tonnen die umweltverträgliche Erfassung von Abfällen durch Verringerung der Standortverschmutzungen verbessert wird, ohne dass dies nachweislich zulasten einer möglichst effektiven Erfassung geht. Zudem hat sie im Rahmen der Prüfung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit die Interessen der Klägerin hinreichend gewürdigt und ist im Rahmen der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Umsetzung der Rahmenvorgabe für die Klägerin wirtschaftlich nicht unzumutbar ist.

Im Übrigen ist die Rahmenvorgabe auch verhältnismäßig. Die Rahmenvorgabe ist geeignet. Geeignet ist eine Maßnahme, wenn sie die Erreichung des angestrebten Zieles jedenfalls fördert. Durch die Umsetzung der Rahmenvorgabe wird das Ziel der umweltverträglichen Erfassung der Abfälle gefördert (siehe hierzu bereits unter I. 2. b.). Eine Erforderlichkeit, also dass die Maßnahme das mildeste unter gleich effektiven Mitteln sein muss, fordert die Rechtsgrundlage nicht. Dies hat der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens explizit durch Änderung des "Erforderlichkeitsvorbehalts" in einen "Geeignetheitsvorbehalt" zum Ausdruck gebracht. Insgesamt erweist sich die Rahmenvorgabe unter Abwägung der Interessen der Klägerin auch als angemessen (siehe hierzu bereits unter I. 2. c.).

Im Ergebnis war der Erlass der Rahmenvorgabe damit rechtmäßig.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III. Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Von grundsätzlicher Bedeutung sind die Fragen der Anforderungen an die behördliche Prognoseentscheidung über die Geeignetheit von Vorgaben zur Sicherstellung der Effektivität und Umweltverträglichkeit der Abfallerfassung und die Reichweite der gerichtlichen Kontrolle behördlicher Entscheidungen zum Erlass von Rahmenvorgaben.