Sozialgericht Aurich
Beschl. v. 23.11.2015, Az.: S 13 SO 67/15 ER

Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe bzgl. Integrationshilfe zum Besuch der Regelgrundschule

Bibliographie

Gericht
SG Aurich
Datum
23.11.2015
Aktenzeichen
S 13 SO 67/15 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 39113
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGAURIC:2015:1123.S13SO67.15ER.0A

Tenor:

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig und unter dem Vorbehalt einer abweichenden Entscheidung in der Hauptsache Integrationshilfe zum Besuch der Regelgrundschule im zeitlichen Rahmen von 22 Stunden und 5 Minuten pro Woche für die Zeit bis zum 27.01.2016 zu bewilligen. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Antragstellerin auf Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem sechsten Kapitel des zwölften Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - SGB XII für Integrationshilfe im Zusammenhang mit einem Besuch einer Regelgrundschule.

Die Antragstellerin ist am E. 2007 geboren. Sie leidet seit Geburt an einer Trisomie 21. Bereits ab dem 1. Lebensjahr erhielt die Antragstellerin Leistungen der heilpädagogischen Frühförderung vom Antragsgegner. Diese Leistungen wurden zuletzt vor ihrer Einschulung zum Schuljahr 2014/2015 in Form von Integrationsmaßnahmen im Integrationskindergarten bewilligt. Mit Schreiben der F. G. - Grundschule mit Eingangsstufe - vom 27.02.2013 wurde die Antragsteller für ein Jahr vom Schulbesuch gem. § 64 Abs. 2 des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) zurückgestellt. Während der Zurückstellung besuchte die Antragstellerin eine vorschulische Einrichtung. Im Januar 2014 beantragte die Antragstellerin die Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem sechsten Kapitel des SGB XII in Form der Zurverfügungstellung einer Integrationshilfe zum Besuch der oben genannten Regelgrundschule. Die Niedersächsische Landesschulbehörde stellte mit Schreiben vom 14.03.2014 fest, dass für die Antragstellerin ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt geistiger Entwicklung besteht. Die Landesschulbehörde führte in diesem Schreiben unter anderem zur Begründung der Entscheidung aus, dass die Antragstellerin permanent Beaufsichtigung und Anleitung benötige. Im motorischen Bereich wie auch im sprachlichen Bereich beständen erhebliche Entwicklungsrückstände, ebenso wie im kognitiven Bereich. Im vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Schulfragebogen zum Antrag für eine schulbegleitende Maßnahme stellte die Grundschulde ausdrücklich fest: "Das Kind ist Schulanfängerin und wird voraussichtlich ohne Integrationshilfe nicht inklusiv beschult werden können." (Bl. 92 der Akte, Stellungnahme vom 23.04.2014). Die Ärztin im Kinder- und Jugendgesundheitsdienst Dr. H. stellte mit Schriftsatz vom 06.06.2014 unter anderem fest, dass die Antragstellerin in allen lebenspraktischen Bereichen die Hilfe einer Bezugsperson brauche. Sie habe kein Gefahrenbewusstsein, benötige sehr viel Anleitung, Begleitung und Beaufsichtigung. Ausdrücklich stellte die Ärztin fest, dass die Antragstellerin zum Personenkreis des § 53 SGB XII gehöre. Ebenso werde der Einsatz eines Integrationshelfers während des gesamten Schulaltages für zweckmäßig und dringend erforderlich erachtet.

Am 24.06.2014 fand ein Hilfeplangespräch beim Antragsgegner unter Beteiligung der Eltern der Antragstellerin, von Vertretern der Grundschule, von einer Vertreterin des Kindergartens, von Vertreterinnen des die Integrationshelfer zur Verfügung stellenden Vereins sowie von Vertretern des Antragsgegners statt. Infolge des Hilfeplangespräches bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 04.08.2014 Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für die Antragstellerin in Form einer Integrationshilfe für den Zeitraum vom 11.09.2014 bis zum 31.01.2015 mit einem wöchentlichen Betreuungsumfang von 21 Zeitstunden und 5 Minuten. An Kosten für die Integrationshilfe entstanden 16,00 Euro pro Zeitstunde. In der Folge besuchte die Antragstellerin die 1. Grundschulklasse der Regelgrundschule in diesem zeitlichen Umfang. Auf den Verlängerungsantrag auf Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe vom 09.12.2014 forderte der Antragsgegner einen Entwicklungsbericht für die Antragstellerin an. Im daraufhin erstellten Bericht der Klassenlehrerin der Antragstellerin ist formuliert, dass weiterhin der dringende Bedarf einer Integrationshilfe bestehe. Insbesondere wegen kurzer Konzentrationsphasen bestehe auch ein Bedarf an Hilfe im laufenden Schulunterricht. Die Integrationskraft müsse laufend auf den Konzentrationsstand der Antragstellerin achten. Während der Zeit kam es zu zahlreichen Wechsel in der Person der Integrationshelferin bis der bisherige zur Verfügung stellende Verein keine entsprechende Betreuung mehr zur Verfügung stellen konnte. In der Folge übernahm die "I. GmbH" die Zurverfügungstellung qualifizierter Integrationshilfe zu einem Stundensatz von 21,00 Euro, die dies nach Aktenlage bis heute gewährleistet.

Am 19.01.2015 fand ein weiteres Hilfeplangespräch beim Antragsgegner statt. Hieran waren wiederum die Eltern der Antragstellerin beteiligt, die Klassenlehrerin der Antragstellerin in der Regelgrundschule, eine Vertreterin der I. GmbH sowie Vertreter des Antragsgegners. Im Gespräch wurde Bezug genommen auf den Entwicklungsbericht der Klassenlehrerin. Des Weiteren wurde festgestellt, dass einmal pro Woche eine Förderschullehrerin im zeitlichen Rahmen von vier Schulstunden in der Regelgrundschule anwesend sei und die Antragstellerin begleite. Der Antragsgegner wies in diesem Gespräch darauf hin, dass in den Zeiten der Anwesenheit der Förderschullehrerin, keine Betreuung durch Integrationshilfe erfolgen könne. Die Klassenlehrerin teilte in einem Telefongespräch vom 15.04.2015 mit, dass ihrer Ansicht nach eine Begleitung auch in den Stunden, in denen Förderschulkräfte anwesend sind, erforderlich sei. Die Förderstunden könnten nicht in Beratung und direkte Hilfe aufgeteilt werden. In Bezug nahm die Klassenlehrerin ein Schreiben der Schule von Januar 2015, wonach auch während der Förderstunden die Anwesenheit einer Integrationshilfe erforderlich sei. Im Übrigen sei die inhaltliche Vor- und Nachbereitung der Förderstunden zwischen der Klassenlehrkraft und der Förderlehrerin abzusprechen.

Mit einem Bescheid vom 21.04.2015 bewilligte der Antragsgegner Eingliederungshilfe für den Zeitraum vom 04.02.2015 bis zum 22.07.2015 nur noch mit einem wöchentlichen Betreuungsumfang von 19 Zeitstunden und 30 Minuten. Dies unter Berücksichtigung von zwei Stunden pro Woche sozialpädagogischer Förderzeit. In der Folge betreute die von I. zur Verfügung gestellte Integrationshilfekraft die Antragstellerin weiterhin während der gesamten Schulzeit, die sich auf ca. 21 Zeitstunden pro Woche belief. Der Antragsgegner kürzte die diesbezüglichen Rechnungen auf das von ihm als höchstzulässige Maß angesehene wöchentliche Volumen von 19,5 Zeitstunden. Eine Kostenabrechnung gegenüber der Antragstellerin erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 13.05.2015 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.04.2015 ein. Am 09.06.2015 machte die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim hiesigen Sozialgericht anhängig, der zum Aktenzeichen S 13 SO 31/15 ER geführt wurde. Hierin vertrat die Antragstellerin die Ansicht, dass sie einen Anspruch auf Bewilligung von Integrationshilfe auch für die Zeiten der Förderstunden habe. In diesem Verfahren führte das hiesige Gericht einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 01.07.2015 durch. Auf den Inhalt des Protokolls in der beigezogen Akte dieses Verfahrens zum Aktenzeichen S 13 SO 32/15 ER wird ausdrücklich Bezug genommen. Nach Einvernahme der zum damaligen Zeitpunkt für die Antragstellerin zuständigen Förderschullehrerin sowie der Klassenlehrerin erklärte der Antragsgegner, dass die Leistungen für zwei weitere Stunden Integrationshilfe pro Woche für das noch laufende Schuljahr ab diesem Datum übernommen werden. Dieses Anerkenntnis nahm die Antragstellerin zur Erledigung des Rechtsstreits an.

Am 13.07.2015 beantragte die Antragstellerin für die Zeit ab September 2015 die Zurverfügungstellung einer Integrationshilfe für Mittagessen und Chorunterricht an einem Tag in der Woche. Hierüber erging nach vorliegenden Akten kein Bescheid, aber die Leistungen scheinen zur Verfügung gestellt worden zu sein.

Mit Bescheid vom 15.07.2015 teilte der Antragsgegner mit, dass das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 21.04.2015 sich erledigt habe. Der Antragsgegner vertrat im Widerspruchsbescheid die Ansicht, dass kein weiteres Rechtsschutzinteresse nach Abgabe der Erklärung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bestehe. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 28.07.2015 Klage, die beim hiesigen Sozialgericht zum Aktenzeichen S 13 SO 41/15 anhängig ist.

Mit Datum vom 21.07.2015 erstellte die I. GmbH einen Entwicklungsbericht zur Schulintegration der Antragstellerin.

Darin bescheinigte die für die Antragstellerin zuständige Integrationshelferin, dass die Antragstellerin in Bezug auf die Selbstversorgung weiterhin Hilfe benötige, ebenso zeige sie im Unterricht nur kurze Konzentrationsphasen, müsse zum Weiterarbeiten ermutigt werden. Im Sportunterricht bedürfe es der individuellen Erklärung. In den Pausen müsse die Antragstellerin begleitet werden, da eine Weglauftendenz immer noch vorhanden sei.

Mit Schreiben vom 30.06.2015 beantragte die Antragstellerin die Verlängerung der Integrationshilfe. Im Zuge der Ermittlungen des Antragsgegners erstellte die Klassenlehrerin einen Entwicklungsbericht. Dieser bescheinigte, dass in den Pausen ständige Aufsicht nötig sei, da Weglauftendenz bestehe. Die Antragstellerin benötige auch bei Toilettengängen und während des Unterrichts verlässliche Begleitung. In den Arbeitsphasen im Unterricht benötige die Antragstellerin stetige Unterstützung. Auch brauche sie wegen kurzer Konzentrationsphasen Pausen, in denen sie sich in Begleitung der Integrationskraft zurückziehen könne. Zum neuen Schuljahr werde die Hälfte der Klasse die Gruppe verlassen und 12 neue Kinder kämen als Erstklässler hinzu, was für die Antragstellerin eine besondere Umstellung darstelle, in der sie nochmals sehr intensiv unterstützt werden müsse. Die Antragstellerin solle am Chor der Schule teilnehmen, um ihr eine erweiterte Teilnahme am Schulleben zu ermöglichen.

Am 14.10.2015 fand ein weiteres Hilfeplangespräch unter Beteiligung der Eltern der Antragstellerin, der Klassenlehrerin, der Förderschullehrerin, der Integrationshelferin und von Mitarbeiterinnen des Antragsgegners statt. Darin teilte die Mitarbeiterin der Förderschule mit, dass sie dienstags und donnerstags in der Regelgrundschule der Antragstellerin sei und dort zwei Kinder betreue. Es ständen neun sonderpädagogische Förderstunden zur Verfügung, welche auf die Antragstellerin und das zweite Kind aufgeteilt würden. Es erfolge ein Wechsel zwischen den Schülern während des Tages. Es sei beabsichtigt, dass die nunmehr zuständige Förderschullehrerin der Antragstellerin in den nächsten Jahren begleite. Die Mutter der Antragstellerin stellte dar, dass die Antragstellerin nach wie vor an den Nägeln kaue, eine Entwicklung nicht sicher abgeschätzt werden könne. Die Förderschulleiterin der J. Förderschule in G., die die Förderschulkräfte zur Verfügung stelle, bescheinigte, dass zur Unterstützung der sonderpädagogischen Förderung im Rahmen der Förderschullehrerstunden für die Antragstellerin eine Integrationshilfe nicht förderlich sei. Weiter stellte eine Vertreterin der Landesschuldbehörde in einem Gespräch vom 29.10.2015 dar, dass die Anwesenheit einer Integrationskraft während der sonderpädagogischen Förderstunden erforderlich sei. Empfehlenswert sei eine Übergangszeit, damit die Antragstellerin sich an die neue Situation anpassen könne. Dies evtl. bis zu den Winterferien.

Mit Schreiben vom 03.11.2015 lud der Antragsgegner wiederum zu einem Hilfeplangespräch am 17.12.2015 zu sich ein, woran die Eltern der Antragstellerin, die "I. GmbH", die Regelgrundschule, die Förderschule und die Landesschulbehörde beteiligt sein sollen.

Mit Bescheid vom 03.11.2015 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin Eingliederungshilfe zur angemessenen Schulbildung in Form einer Integrationshilfe für den Zeitraum vom 03.09. bis zum 30.11.2015 mit einem wöchentlichen Betreuungsumfang von 22 Stunden und 5 Minuten und für den Zeitraum vom 01.12.2015 bis zum 22.06.2016 mit einem wöchentlichen Betreuungsumfang von 19 Stunden und 5 Minuten. Der Betreuungsumfang ergäbe sich nach Abzug der sonderpädagogischen Förderstunden der Antragstellerin. Ausweislich der Akten ist bislang gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel eingelegt worden.

Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 11.11.2015 vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass die Reduzierung des Stundenumfanges der Integrationshilfe mit Hinweis auf eine Förderschullehrerin nicht nachvollziehbar sei. Sie könne Eingliederungshilfe in Form der Integrationshilfe auch für die weiteren drei Stunden in der Schule beanspruchen.

Die Antragstellerin beantragt schriftlich,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr eine Kostenübernahmeerklärung für eine bedarfsgerechte Integrationshelferin in gesetzlicher Höhe zu erteilen.

Der Antragsgegner beantragt schriftlich,

den Antrag abzulehnen.

Er ist der Auffassung, dass im Rahmen der Hilfe zur angemessenen Schulbildung eine Betreuung durch die Integrationshilfe während der sonderpädagogischen Förderstunden nicht mehr erforderlich sei. Durch die Sonderpädagogin, die in der Regelschule der Antragstellerin in diesen Zeiten anwesend ist, sei der sozialhilferechtliche Bedarf gedeckt. Insbesondere bestehe eine 1 zu 1 Betreuung. Darüber hinaus habe die Förderschullehrerin erklärt, mit der Antragstellerin zur Toilette zu gehen, wofür auch keine Integrationshilfe anwesend zu sein habe. Mehr als eine 1 zu 1 Betreuung könne die Antragstellerin nicht beanspruchen.

Das Gericht hat in Anbetracht des zum 17.12.2015 anstehenden Hilfeplangespräches und der demgegenüber bereits zum 01.12.2015 erfolgenden Kürzung einen Vergleich vorgeschlagen, der eine Bewilligung des vollen Zeitrahmens für die Integrationshilfe bis zum Ende des Schuljahres beinhaltete, diesem Vergleich konnte der Antragsgegner nicht näher treten.

Gegenstand der Entscheidungsfindung waren die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie die Gerichtsakten der beigezogenen Verfahren der Antragstellerin mit den Aktenzeichen S 13 SO 32/15 ER sowie S 13 SO 41/15 und sämtliche vom Antragsgegner zu diesen Verfahren überreichten Verwaltungsvorgänge.

II.

Der statthafte und im Übrigen zulässige Antrag gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der Antragstellerin ist in dem aus den Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Erfolgsaussichten eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz beurteilen sich nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (S. 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung nötig erscheint (S. 2). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und die Antragstellerin ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Sowohl die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile müssen glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Dabei darf die einstweilige Anordnung jedoch wegen des summarischen Charakters des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen.

Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sachlage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dies jedenfalls dann, wenn die grundrechtlichen Belange der Antragsteller betroffen sind, weil die Gerichte sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen müssen. Bei offensichtlicher Betroffenheit der Grundrechte ist die Sachlage in der Regel nicht summarisch, sondern abschließend aufgrund der glaubhaft gemachten Tatsachen zu prüfen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005, - 1 BvR 569/05 - und vom 25. Februar 2009 - 1 BvR 120/09 -. sowie vom 6. Februar 2013 - 1 BvR 2366/12 -).

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG stellt im Falle der Antragstellerin die statthafte Antragsart dar. Ein vorrangig zu bewertender Antrag gem. § 86b Abs. 1 SGG ist nicht statthaft, da das Begehren der Antragstellerin nicht mit einer Anfechtungsklage alleine erfolgreich durchgesetzt werden könnte. Es handelt sich nicht um eine Kürzung bereits bewilligter Leistungen. Insbesondere ist festzustellen, dass einer einstweiligen Anordnung dieser Art kein bestandskräftiger Bescheid des Antragsgegners entgegensteht. Zwar ist nach Aktenlage ersichtlich, dass kein den Bescheid vom 03.11.2015 angreifendes Rechtsmittel vorliegt, aber die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels des Widerspruches ist noch nicht abgelaufen. Sofern kein Rechtsmittel eingelegt werden sollte, weist das Gericht darauf hin, dass die Gültigkeit dieser Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Zeitraum bis zur abschließenden bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache begrenzt ist.

Die Antragstellerin hat für die Zeit ab dem 01.12.2015 bis zum Ende des laufenden Schulhalbjahres am 27.01.2016 einen Anordnungsanspruch im obigen Sinne ebenso glaubhaft gemacht wie einen Anordnungsgrund.

Die Rechtsgrundlage für den Anspruch der Antragstellerin auf Zurverfügungstellung von Eingliederungshilfeleistungen in Form von Integrationshilfe in der Schule durch den Antragsgegner ist in § 19 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII und i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung (EingIHV) i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 sowie § 92 Abs. 2 SGB XII zu finden.

Die Beteiligten sind übereinstimmend der Auffassung, dass die personenbezogene Voraussetzung des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII bei der Antragstellerin erfüllt ist.

Das Gericht gelangt nach eigener Überprüfung vor dem Hintergrund der Aktenlage zu der Bewertung, dass diese Einschätzung der Beteiligten zutrifft. Insbesondere bestehen in Anbetracht der Trisomie 21 der Antragstellerin keine Veranlassungen, an der medizinischen Stellungnahme des Amtsärztlichen Dienstes des Antragsgegners vom 06.06.2014 zu zweifeln.

Ebenso ist davon auszugehen, dass die begehrte Schulbegleitung durch Integrationshelferin oder -helfer als sonstige Maßnahme zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder im Sinne von § 12 Nr. 1 EingIHV in Betracht kommt. Sowohl die Eignung als auch die Erforderlichkeit der Begleitung durch eine Integrationshilfekraft während des Besuches der Regelgrundschule ist im Akteninhalt nachvollziehbar erkennbar. Die Antragstellerin bedarf dabei nicht nur einer laufenden Aufsicht während der Schulzeit, um eventuelle problematische Verhaltensweisen zu verhindern, sondern ausweislich aller, auch der aktuellen, Entwicklungsberichte einer durchgängigen Unterstützung zur Erhaltung der Konzentrationsfähigkeit bzw. zur Entspannung bei Überschreiten der Konzentrationsfähigkeit. Sowohl aus den Berichten der Klassenlehrerin der Antragstellerin als auch aus dem Bericht der Integrationshelferin von Juli 2015 ist erkennbar, dass die Antragstellerin außerdem der Beaufsichtigung zur Verhinderung des Weglaufens bedarf, ebenso wie der Beaufsichtigung beim Toilettengang. Hinzu kommt ein Erfordernis umfänglicher Ermutigungen im Unterricht zur Überwindung der kurzen Konzentrationsphasen. Ebenso erläutern die Klassenlehrerin wie auch die zunächst für die Antragstellerin zuständige Förderschullehrerin im Termin zur Erörterung und Beweisaufnahme zum 01.07.2015 zum Aktenzeichen S 13 SO 31/15 ER, dass die Antragstellerin in der Lage ist, mit integrationshelferischer Unterstützung am Regelunterricht teilzunehmen. Von daher bedarf es keiner Erörterung zu der Frage, ob im Falle der Antragstellerin eine Eignung zur Teilnahme am Regelunterricht vorliegt und zu der damit zusammenhängenden Frage, ob es auf eine solche Eignung für die Geltendmachung eines Anspruches auf Integrationshilfe überhaupt ankommt.

Bei den Kosten für die Integrationshilfe für die Teilnahme am Regelunterricht der Regelgrundschule handelt es sich um eine gem. § 92 Abs. 2 SGB XII privilegierte Hilfe. Es handelt sich um eine einkommens- und vermögensunabhängig zu gewährende Hilfe für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 53 SGB XII. (vgl. Sozialgericht -SG- Gießen, Beschluss vom 02.09.2015 - S 18 SO 131/15 ER; vgl. Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, zit. nach ). Wenn eine Behinderung Leistungen für Maßnahmen erfordert sind die Leistungen hierfür gem. § 92 Abs. 1 SGB XII auch dann in vollen Umfang zu erbringen, wenn den in § 19 Abs. 3 SGB XII genannten Personen die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumuten ist. Nach § 92 Abs. 2 SGB XII ist den in § 19 Abs. 3 SGB XII genannten Personen bei der Hilfe zu einer angemessen Schulbildung die Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten. (Nr. 2).

Die Antragstellerin kann vom Antragsgegner im Rahmen der Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Gerichts in diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowie des zuvor durchgeführten Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes zum Aktenzeichen S 13 SO 32/15 ER und der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung des Sachverhaltes Leistungen für die Bewilligung von Integrationshilfe während der gesamten Zeit des Besuches der Regelgrundschule beanspruchen.

Zwischen den Beteiligten ist nach Aktenlage unstreitig, dass die Antragstellerin für die gesamte Zeit des Schulbesuches wegen ihrer bestehenden Behinderung einer 1 zu 1 Betreuung im Sinne einer individuellen Unterstützung bedarf. Diese Einschätzung teilt das erkennende Gericht. Sie kann mit den in den Akten vorhandenen Entwicklungsberichten sowie Einschätzungen der mit der Situation der Antragstellerin befassten Pädagogen sowie Integrationshelferinnen nachvollzogen werden. Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass die Einschätzung der Beteiligten insoweit auch aktuell zutrifft.

Die Antragstellerin kann auch für die Zeit der Anwesenheit einer Förderschullehrerin Leistungen vom Antragsgegner für die Bereitstellung eines Integrationshelfers bzw. einer Integrationshelferin beanspruchen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners liegt aus rechtlichen Gründen in diesen Zeiten keine Bedarfsüberdeckung oder gar doppelte Deckung des Bedarfes im Sinne einer 1 zu 2 Betreuung der Antragstellerin beim Besuch der Regelgrundschule vor. Die Anwesenheit einer Förderschulkraft kann dem Anspruch auf Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Zurverfügungstellung von Integrationshilfe zum Schulbesuch nicht entgegen gehalten werden. Eine 1 zu 1 Betreuung der Antragstellerin im Unterricht im Sinne einer Unterstützung bei der Teilnahme am Schulunterricht durch Integrationshilfe kann von der Antragstellerin im Rahmen der inklusiv Beschulung ergänzend zu einem Anspruch auf einen sonderpädagogisches Bildungsangebot beansprucht werden. Es handelt sich um zwei verschiedene staatliche Leistungen an das behinderte Kind, die parallel erbracht werden müssen.

Durch die Anwesenheit einer Förderschulkraft an der Regelschule stellt der Schulträger die Erfüllung seiner Pflichten im Rahmen der inklusiven Schule im Sinne des § 4 des NSchG sicher. Hierdurch erfüllt der Schulträger die Pflichten des Kernbereiches der pädagogischen Arbeit. Dieser Kernbereich wiederum ist nach bundesgesetzlichen Regelungen einheitlich zu bestimmen. Die Schulbildung selbst ist als pädagogischer Kernbereich den Schulträgern überlassen. (Landessozialgericht - LSG - NRW, Beschluss vom 20.12.2013 - L 9 SO 429/13 B ER - ; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R - ; Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R jeweils zitiert nach ). Der Kernbereich der pädagogischen Tätigkeit und damit der Schule ist demgegenüber nicht umfasst, wenn es sich im Wesentlichen um Hilfe zur Konzentration oder Selbstorganisation handelt. (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.02.2015 - L 2 SO 3641/13 - zitiert nach ). Die von den sonderpädagogischen Kräften erbrachte Leistung muss im Wesentlichen darin bestehen, dass eine differenzierte, für die Antragstellerin geeignete Unterrichtsgestaltung, also Vermittlung der Lerninhalte im engeren Sinne gewährleistet ist. Ebenso muss diese pädagogische Leistung dazu führen, dass die Inklusion in dem Klassenverband dauerhaft gelingt. (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.02.2015 - L 2 SO 3641/13 -; vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 17.06.2013 - L 4 SO 60/13 B ER - zitiert nach ). Im Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Lehrer einer Schule werden die Leistungen der Eingliederungshilfe wegen der Spezialität der schulischen Förderleistungen verdrängt. Die schulrechtlichen Verpflichtungen bestehen damit neben den sich aus den Regelungen der Eingliederungshilfe ergebenden Verpflichtungen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen. (Stichwort: Inklusive Schule, § 4 NSchG)

Den Regelungen der Eingliederungshilfe liegt demgegenüber ein individuelles Förderverständnis bezüglich der behinderten Schüler zugrunde. Theoretisch kommen mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung sämtliche Maßnahmen in Betracht, die diesem Ziel dienen. Aber von den Eingliederungshilfeleistungen sind die Maßnahmen nicht umfasst, die den Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule darstellen. Diese Bewertung findet ihre Bestätigung im Wortlaut des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII. Hiernach sollen die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben. Damit normiert die Eingliederungshilfe die Hilfen zum Schulbesuch in Form von unterstützenden und begleitenden Leistungen.

Die Integrationshilfe erbringt im Fall der Antragstellerin zumindest nach dem vorläufigen Ergebnis der Ermittlungen des Sachverhalts im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unterstützende und aufsichtsführende Leistungen. Erst die Integrationshilfe ermöglicht der Antragstellerin die Teilnahme am Schulunterricht in der Regelschule. Um Schulunterricht im eigentlichen Sinn handelt es sich dabei nicht. Zum Kernbereich der Schule gehören wie bereits dargelegt alle schulischen Maßnahmen, die dazu dienen, die staatlichen Lehrziele zu erreichen. In erster Linie handelt es sich also um den Unterricht, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R - zitiert nach ). Um Leistungen dieses Kernbereiches der pädagogischen Arbeit handelt es sich demgegenüber nicht, wenn die Eingliederungshilfe dazu dienen soll, die eigentliche Arbeit der (Regelschul)Lehrer abzusichern und somit Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, den erfolgreichen Schulbesuch zu ermöglichen (LSG NRW a.a.O.; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.10.2012 - 5 C 21.11 - zitiert nach ).

So führt die Unterstützung behinderter Schüler durch Integrationshilfe nicht zu einem Eingriff in den pädagogischen Kernbereich. Dies selbst dann nicht, wenn die Integrationshilfe auch eigentliche pädagogische Aufgaben übernimmt, wie z. B. Anleitung zur Konzentration auf den Unterricht. Entscheidend ist alleine, ob die Vorgabe der Lerninhalte in der Hand des Lehrers bleibt und sich die Betreuungsleistungen der Integrationshilfe auf unterstützende Tätigkeiten bei der Umsetzung dieser Arbeitsaufträge des Lehrers beschränkt. (LSG NRW a.a.O. m.w.N.). Im Ergebnis werden im Kernbereich der pädagogischen Arbeit die Lerninhalte und die Art des Lernens durch die für den Schulträger handelnden Lehrkräfte vorgegeben. Diese Vorgabe der Lerninhalte und damit Tätigkeit im pädagogischen Kernbereich erfolgt im Fall der Antragstellerin zum einen durch die Lehrkräfte der Regelgrundschule, die die Antragstellerin als inklusive Schule im Sinne des § 4 NSchG besucht, und zum anderen durch die zeitweise Betreuung durch eine Förderschulkraft. Eine Förderschulkraft als Lehrkraft soll wegen der sonderpädagogischen Anforderungen, die einzelfallabhängig in mehr oder minder großem Maße bestehen können, nach der oben aufgeführten gesetzlichen Konzeption keine Eingliederungshilfeleistungen bzw. Integrationshilfeleistungen im eigentlichen Sinne erbringen. Vielmehr handelt es sich bei der Tätigkeit der Förderschulkräfte um Unterstützung der Regelschulkräfte im Rahmen der erforderlichen Inklusion im Schulbereich. Die Leistungen der Integrationshilfe sollen überhaupt den Besuch einer Schule ermöglichen. (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25.11.2010 - L 8 SO 193/08 - zitiert nach ).

Im skizierten rechtlichen Rahmen handelt es sich also bei der Betreuung der Antragstellerin durch eine Förderschulkraft um die Wahrnehmung des Kernbereiches der pädagogischen Aufgaben der Schuldbehörde. Dem gegenüber steht die begehrte Integrationshilfe als unterstützende Maßnahme, die nach obiger Konzeption der Zuständigkeit der Eingliederungshilfe zugewiesen ist. Im Ergebnis liegt also nach der gesetzlichen Konzeption keine 1 zu 2 Betreuung im Sinne der Integrationshilfe vor, wenn die Anwesenheit einer Integrationshilfekraft zeitgleich zur Anwesenheit einer Förderschulkraft erfolgt. Es werden zwei verschiedene Leistungen zugunsten der Klägerin erbracht. Bei einer anderen Bewertung stünde nach Auffassung des Gerichts auch die Idee der inklusiven Beschulung in Frage, denn im Rahmen dieser Form der Beschulung soll nicht nur eine Integration (durch Integrationshilfe) erfolgen, sondern eine Inklusion, die weitergehende schulische Aspekte bedingt.

Dieser rechtlichen Bewertung kann auch nicht - wie der Beklagte es vorträgt - entgegen gehalten werden, dass die aktuell mit der Antragstellerin betraute Förderschulkraft nach ihrem schriftlichen Bekunden in den Akten und Bekunden der Schulleitung der für diese Förderschulkraft zuständigen Förderschule tatsächlich in der Lage ist und auch bereit ist, Integrationshilfeleistungen gegenüber der Antragstellerin zu erbringen.

Bezüglich dieses Ergebnisses stützt sich das Gericht dabei nicht leitend darauf, dass nach Aktenlage die Förderschulkraft im zeitlichen Rahmen von 9 Schulstunden von der Förderschule zur Regelgrundschule der Antragstellerin abgeordnet ist, diesen zeitlichen Rahmen aber für zwei in der Inklusion befindliche Kinder nutzt. Es gibt jedenfalls aus dem Akteninhalt keine Erkenntnis dazu, dass die Förderschulkraft nicht mindestens vier Schulstunden pro Woche sich mit der Antragstellerin befasst. Sofern es sich bei den zugewiesenen Zeitbedarf von 9 Stunden pro Woche für zwei Kinder jedoch um ein flexibles Budget der Förderschulkraft je nach Bedarf der betreffenden Kinder handelt, weist das Gericht darauf hin, dass dann unter Umständen ohnehin nicht einmal eine Anwesenheit für drei Zeitstunden bei der Antragstellerin in jeder Woche nachgewiesen wäre.

Aber ein Abstellen auf eine tatsächliche Bereitschaft und Möglichkeit zur Integrationshilfeleistung durch die Förderschulkraft im zeitlichen Rahmen von drei Zeitstunden, wie es der letzten Bescheidung des Antragsgegners zugrunde liegt, ist nicht möglich.

Dies folgt daraus, dass die Antragstellerin keinen rechtlich gesicherten Anspruch auf Gewährleistung von Integrationshilfeleistungen durch Förderschullehrkräfte hat. Wie oben ausgeführt ist die Aufgabe der im Rahmen der Inklusion im Schulbereich erforderliche Integrationshilfe nach der gesetzlichen Konzeption dem Bereich der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zugewiesen. Von daher besteht auch bei tatsächlicher Vornahme der Integrationshilfe durch eine Lehrkraft kein rechtlich gesicherter Anspruch. Ergo kann die Schuldbehörde jederzeit die Betreuung zurückfahren bzw. einstellen oder auf ihren Kernbereich der pädagogischen Arbeit reduzieren. Im Übrigen könnte auch jederzeit beispielsweise durch Erkrankung eine andere Förderschulkraft zuständig werden, die nicht gesichert eine Integrationshilfeleistung erbringen würde oder auch nur kann. Ein Anspruch auf eine diesbezügliche Vertretung besteht im Gegensatz zum Anspruch auf Vertretung der Integrationshelfer nicht. Auch der Antragsgegner legt im Übrigen damit übereinstimmend dar, dass keine durchsetzbare Verpflichtung der Förderschullehrerin zur Vornahme dieser Integrationshilfeleistungen besteht. Damit wäre der Schulbesuch der Antragstellerin im Rahmen des Besuches einer Regelschule im Wege der Inklusion nicht dauerhaft sichergestellt. Ein Verweis auf die aktuelle nicht rechtlich abgesicherte Hilfe stellt sich nicht als zumutbar dar, die Verwaltung kann im Rahmen der Bindung an Recht und Gesetz (Artikel 20 Grundgesetz) nicht auf rechtswidrig hergestellte Bedarfsdeckung verweisen. Eine dauerhafte Sicherung des Schulbesuches ist aktuell jedenfalls aus behinderungsbedingten Gründen alleine durch eine gesicherte dauerhafte Zurverfügungstellung von Integrationshilfekräften möglich und hierauf muss ein Anspruch bestehen.

Im Übrigen stellt es sich für das Gericht als in Bezug auf den pädagogischen Kernbereich relativ fragwürdig dar, wenn die der Regelgrundschule der Antragstellerin zugewiesene Förderschulkraft in den ihr zur Verfügung stehenden Stunden nicht Tätigkeiten des pädagogischen Kernbereiches vornimmt, sondern Tätigkeiten der Integrationshilfe.

Es ist erkennbar, dass die Antragstellerin aktuell einer umfänglichen integrationshelferischen Betreuung während des Schulbesuches bedarf. Es handelt sich hierbei nicht alleine um aufsichtsführende Tätigkeiten, sondern um eine dauernde konzentrierte Betreuung der Antragstellerin. Die Integrationshilfe muss nach dem Akteninhalt laufend Obacht geben, wie es um die Konzentrationsfähigkeit der Antragstellerin bestellt ist. Von daher würde eine Förderschulkraft bei Erfüllung dieser Aufgaben ihren kernpädagogischen Aufgaben (Arbeit an einer Unterrichtskonzeption, Information und Fortbildung der Regelschulkräfte in Bezug auf das Konzept etc.) nicht mehr gerecht werden können. Dies wird besonders augenfällig vor dem Hintergrund, dass ausweislich der Bekundungen der Klassenlehrerin sowohl in den Akten als auch im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes und zur Beweiserhebung im Verfahren mit dem Aktenzeichne S 13 SO 32/15 ER erkennbar ist, dass ein Abstimmungs- und Besprechungsbedarf zwischen Regelschullehrerin und Förderschullehrerin besteht. Dieser Bedarf stellt sich für das Gericht auch als nachgewiesen und überzeugend dar in Anbetracht der Tatsache, dass die Antragstellerin die erste Schülerin an ihrer Regelschule ist, die im Wege der Inklusion beschult wird. Ebenso ist dieser Bedarf nachvollziehbar vor dem Hintergrund, dass zumindest nach Aktenlage die Grundschullehrerin als Klassenlehrerin ebenso wenig wie die anderen Grundschullehrer, die mit der Antragstellerin befasst sind, eine entsprechende sonderpädagogische Zusatz- oder Vollausbildung aufweist. Die Annahme einer umfänglichen Tätigkeit der Förderschulkraft auch nur im zeitlichen Rahmen von drei Stunden im Sinne einer integrationshelferischen Tätigkeit stände ihren kernpädagogischen Aufgaben der Wissensvermittlung bzw. Kompetenzvermittlung an die Lehrkräfte zur adäquaten Beschulung der Antragstellerin entgegen. Eine solche Tätigkeit würde zu Lasten der effektiven Beschulung der Antragstellerin gehen müssen. Dieser Einschätzung des Gerichts können auch nicht die Stellungnahmen der Landesschulbehörde entgegen gehalten werden, die anscheinend davon ausgehen, dass die Tätigkeit der Integrationshilfe zeitlich parallel zu der Tätigkeit im konzeptionellen Bereich erbracht werden kann ("am Kind"). Das Gericht sieht hier im Fall der Antragstellerin keine Möglichkeit einer solchen parallelen Arbeit mit der Antragstellerin. Eine andere Bewertung mag nur dann gerechtfertigt sein, wenn die Tätigkeit der Integrationshilfe eine reine "Bereitschaftstätigkeit" ist, die nur einen geringen zeitlichen Aufwand im Durchschnitt bedeutete.

Der Kammer ist wohl bewusst, dass bei Anwendung der hier aufgeführten und für den Fall der Antragstellerin zutreffenden Grundsätze eine Gefahr besteht, dass eine unzureichende Personalausstattung der mit der Inklusion im Einzelfall betrauten und belasteten Schulen zu einer größeren finanziellen Belastung der Sozialhilfeträger führt. Diese politische Problematik bzw. politische Dimension der Inklusion und ihrer Kosten kann jedoch nicht dazu führen, dass die oben dargestellten rechtlichen Maßstäbe außer Kraft gesetzt werden.

Insbesondere im Lichte der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen wäre eine andere Entscheidung nicht zu rechtfertigen.

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG glaubhaft gemacht. Ein Abwarten einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren unter Berücksichtigung der Dauer eines Hauptsacheverfahrens ist nicht zumutbar. Insbesondere im Lichte der Tatsache, dass eine umfängliche Privilegierung der Kosten der Integrationshilfe zum Schulbesuch im Sinne des § 92 SGB XII besteht, stellt auch eine Verweisung auf die Verwendung eventuell vorhandener eigener Mittel bzw. gar Mittel der Erziehungsberechtigten keine einer besonderen Eilbedürftigkeit der Sache entgegen stehende Erwägung dar. Ebenso wenig führt im Lichte der oben aufgeführten Anspruchssituation ein eventuelles faktisches zur Verfügung stellen von Integrationshilfe durch Förderschulkräfte zu einem Entfallen der Eilbedürftigkeit. Die Verkürzung der Leistungen der Integrationshilfe steht im Entscheidungszeitpunkt des Gerichts trotz Anberaumung eines Hilfegespräches zum 17.12.2015 so unmittelbar bevor, dass es einer gerichtlichen Eilentscheidung bedarf.

Eine Vorwegnahme der eventuellen Hauptsache erkennt das Gericht ebenfalls nicht, da es sich um Kosten handelt, die bei einer abweichenden Entscheidung der Hauptsache erstattet werden könnten.

Das Gericht beschränkt die Regelungswirkung der Entscheidung auf den Zeitraum bis zum Ende des laufenden Schulhalbjahres, da nach Aktenlage wohl ein neuer Stundenplan der Antragstellerin zum 01.02.2016 vorliegen wird. Da dieser aktuell noch nicht feststeht, konnte keine Entscheidung bezüglich des Umfangs der Eingliederungshilfeleistung getroffen werden. Das Gericht sieht sich jedoch veranlasst, darauf hinzuweisen, dass die obigen Erwägungen auch im nächsten Schulhalbjahr Geltung beanspruchen dürften.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung. Die Antragstellerin ist mit ihrem Begehren im Ergebnis durchgedrungen.