Sozialgericht Aurich
Urt. v. 06.10.2015, Az.: S 55 AS 544/11
Bedarfsmindernde Anrechnung eines Guthabens aus einer Jahresabrechnung eines Energieversorgers im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende
Bibliographie
- Gericht
- SG Aurich
- Datum
- 06.10.2015
- Aktenzeichen
- S 55 AS 544/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 39112
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGAURIC:2015:1006.S55AS544.11.0A
Rechtsgrundlagen
- § 22 Abs. 3 SGB II
- § 31a Abs.2 S. 1 SGB II
Tenor:
- 1.
Der Bescheid vom 15.06.2011, geändert mit Bescheiden vom 12.07. und 21.07.2011, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2011, wiederum geändert mit Bescheiden vom 18.08. sowie 22.08.2011, wird für die Zeit Juli bis September 2011 insoweit abgeändert, als dass kein Guthaben aus einer Energiekostenabrechnung vom 01.06.2011 angerechnet wird.
- 2.
Der Beklagte trägt die notwendigen Kosten der Kläger.
- 3.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten nach Durchführung eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes zum Aktenzeichen S 55 AS 247/11 ER im hiesigen Verfahren noch um die Frage, ob der Beklagte ein Guthaben aus einer Jahresabrechnung des Energieversorgers bedarfsmindernd anrechnen kann.
Die Kläger lebten zumindest in den Jahren 2010 bis 2011 im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten in der Gemeinde I. in J ... Der Kläger zu 1) geboren 30.03.1967 ist der Vater der Kläger zu 2) bis 4) (geboren 1992, 1996 und 2006). Sie bezogen als Bedarfsgemeinschaft in der Zeit von 2010 zumindest bis 2012 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) von der für den Beklagten handelnden Gemeinde.
Zunächst mit einem Leistungsbescheid vom 28. März 2011 bewilligte der Beklagte den Klägern zu 1., zu 2. und zu 4. laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Zeitraum April bis September 2011.
Der örtlichen Energieversorger erstellte unter dem 01. Juni 2011 eine Jahresabrechnung für die Zeit vom 26. Juni 2010 bis zum 20. Mai 2011 für den Kläger zu 1) als Vertragspartner. Aus dieser Jahresabrechnung ist ein Guthaben von insgesamt 389,90 EUR erkennbar, wovon ein Betrag von 318,03 EUR aus der Versorgung mit Gas resultiert. Nach der Abrechnung des Energieversorgers waren an Kosten für die Belieferung mit Gas insgesamt 2.261,61 EUR brutto entstanden. Im Abrechnungszeitraum waren an Abschlägen 2.579,64 EUR gezahlt worden. Ausweislich der letzten in den Akten befindlichen vorherigen Abrechnung vom 25. Juli 2010 waren monatlich 210,- EUR an Abschlägen für die Belieferung mit Gas vom Energieversorger angefordert worden. Die Kläger erhielten in der Zeit von Juni 2010 bis Mai 2011 nie den vollen Betrag an angeforderten Abschlägen vom Beklagten bewilligt. Vielmehr wurden zunächst 120,70 EUR, dann 84,09 EUR und nach Durchführung eines Erörterungstermins im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Aurich zum Aktenzeichen S 55 AS 247/11 ER der Betrag von 114,75 EUR ab April 2010 der Leistungsbewilligung zugrunde gelegt. Dieser Erörterungstermin fand am 08. September 2011 statt, so dass eine Rückwirkung vereinbart worden ist.
Mit streitigem Bescheid vom 15. Juni 2011 für den Zeitraum Juli bis September 2011 rechnete der Beklagte ein Guthaben aus der oben genannten Jahresabrechnung in Höhe von insgesamt 318,03 EUR bedarfsmindernd auf den Unterkunftskostenbedarf an.
Diese Anrechnung erfolgte in der Gestalt, dass für Juli bis September monatlich 84,09 EUR als den Bedarf für die Kosten der Heizung bzw. Unterkunft mindernd angesetzt wurden. Mit Änderungsbescheid vom 12. Juli 2011 berücksichtigte der Beklagte den Einzug der Klägerin zu 3) in die Bedarfsgemeinschaft der Kläger. Bezüglich der streitgegenständlichen Anrechnung eines Energiekostenguthabens erfolgte mit diesem Bescheid keine Änderung. Gleichermaßen erging ein Änderungsbescheid vom 21. Juli 2011 für den Monat Juli 2011, der ebenfalls eine Kürzung der monatlichen Aufwendungen in Höhe von 84,09 EUR aufgrund des Erdgasguthabens regelte.
Mit dem streitigen Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2011 beschied der Beklagte unter anderem den Widerspruch des Klägers zu 1. gegen den oben genannten Bescheid betreffend der Anrechnung des Gasguthabens. Die Entscheidung bestätigte im Ergebnis u.a. die Anrechnung des Gasguthabens in oben genannter Höhe. Mit einem weiteren Bescheid des Beklagten vom 18. August 2011 änderte der Beklagte nochmals der Bewilligung der laufenden Kosten für die Unterkunft, ohne aber eine Änderung bezüglich der Anrechnung des Gasguthabens zu regeln. Ein Bescheid vom 22. August 2011 verfügte eine Sanktion gemäß § 31 a Abs.2 Satz 1 SGB II gegenüber dem Kläger zu 1. für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2011, änderte aber die Leistungsbewilligung in Bezug auf das angerechnete Gasguthaben im Monat September 2011 nicht.
Im Oktober 2011 erfolgte mit Bescheid vom 26. September 2011 keine Anrechnung eines Guthabens aus der Energiekostenabrechnung, ebenso bestätigt wurde das Unterbleiben der Anrechnung mit weiterem Änderungsbescheid vom 30.09.2011 betreffend des Monats Oktober 2011.
Bezüglich des verbliebenen Streitpunktes der Anrechnung des Gasguthabens sind die Kläger er Auffassung, dass dieses Guthaben nicht durch den Beklagten angerechnet werden dürfe, da es aus eigenen Geldern, Regelsatzgeldern, in voller Höhe erwirtschaftet sei. Die Kläger haben - wie aus den Bescheiden und Auszahlungen ersichtlich - niemals die vollen Abschlagskosten bezüglich der Belieferung mit Gas vom Beklagten erhalten. Die Differenz beliefe sich monatlich auf mehr als 100,- EUR.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid vom 15. Juni 2011, geändert mit Bescheid vom 12. Juli und 21. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2011, wiederum geändert mit Bescheiden vom 18. August sowie 22. August 2011, insoweit abzuändern, als dass kein Guthaben aus einer Energiekostenabrechnung angerechnet wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die Herkunft des Gasguthabens aus Regelsatzleistungen des Klägers bzw. der Kläger für die Anwendung der Anrechnungsvorschrift des § 22 Abs. 3 SGB II unerheblich sei. Insbesondere ergebe sich die Anrechnungsmöglichkeit bereits aus der Tatsache, dass im Rahmen des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe (SGB XII) ausdrücklich vom Gesetzgeber in § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII eine Anrechnung ausgeschlossen sei, diese Regelung aber keinen Eingang - nach Auffassung des Beklagten - in das Zweite Buch des Sozialgesetzbuches gefunden habe.
Im bereits erwähnten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az.: S 55 AS 247/11 ER) ist am 12. September 2011 ein Beschluss ergangen, der die aufschiebende Wirkung der Klage im hiesigen Verfahren u.a. gegen den Bescheid vom 15. Juni 2011 in Gestalt des Bescheides vom 12. Juli 2011, 21. Juli 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2011 angeordnet hat, als die Heizkostenrückzahlung in Höhe von insgesamt 318,03 EUR angerechnet wird.
Die Kammer hat am 06. Oktober 2015 eine mündliche Verhandlung in der Angelegenheit durchgeführt. Bezüglich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das in den Gerichtsakten befindliche Protokoll Bezug genommen. Neben den Inhalt der mündlichen Verhandlung war Gegenstand der Entscheidungsfindung der Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie der Inhalt sämtlicher vom Beklagten in Angelegenheiten des Klägers überreichten Verwaltungsvorgänge und der Inhalt der weiteren Gerichtsverfahren insbesondere zum Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (S 55 AS 247/11 ER sowie die Klageakten zu den Aktenzeichen S 55 AS 776/11, S 55 AS 776/11, S 55 AS 524/12 sowie S 55 AS 92/13).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in Bezug auf den verbliebenen Streitgegenstand begründet. Der streitige Bescheid vom 15. Juni 2011, sowie die weiteren Änderungsbescheide für die Monate Juli bis September 2011 in Bezug auf die Kosten der Unterkunft und Heizung der Kläger in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2011 sind rechtswidrig ergangen und verletzen die Kläger in ihren Rechten.
Die Kläger haben einen Anspruch gegen den Beklagten auf Bewilligung der Bedarfe für die Kosten der Unterkunft und Heizung ohne Absatz eines bedarfsreduzierenden Betrages aufgrund einer Energiekostenabrechnung des Energieversorgers. Die Kürzung der monatlichen Aufwendungen für die Bedarfe der Unterkunft und Heizung der Kläger aufgrund der Anrechnung des Guthabens aus der Jahresabrechnung des Energieversorgers verstößt gegen § 22 SGB II.
Bereits bei dem streitigen Bescheid vom 15. Juni 2011 handelt es sich um einen Änderungsbescheid betreffs der laufenden Leistungen nach dem SGB II der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Kläger. Dieser Änderungsbescheid ist im Ergebnis durch den Beklagen auf die Regelung des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches Verwaltungsverfahren (SGB X) gestützt worden. Der Beklagten geht von einer nachträglichen Einkommenserzielung und Änderung der tatsächlichen Lage aufgrund des ausgewiesenen Energiekostenguthabens in der Jahresabrechnung vom 01. Juni 2011 aus. Dies ist nach der ersten Bewilligung der Leistungen für den Monat Juli 2011 entstanden, so dass eine nachträgliche Änderung denkbar wäre.
Eine im Sinne des § 48 SGB X maßgebliche Änderung der Verhältnisse liegt jedoch entgegen der Ansicht d. Beklagten nicht vor. Das ausweislich des Rechnungsschreibens vom 01. Juni 2011 am 09. Juni 2011 überwiesene Guthaben kann nicht gemäß der Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II bedarfsmindernd angerechnet werden. Diese Bewertung ergibt sich daraus, dass der gesamte Betrag des Guthabens von den Klägern aus eigenen Mitteln bestritten worden ist und nicht aus Leistungen des Beklagten für die Bedarfe der Unterkunft und Heizung.
Die Kläger erfüllen die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dem Grunde nach. Der Kläger zu 1. ist Berechtigter i. S. des § 7 Abs. 1 SGB II. Er hat das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II) und den gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Er ist erwerbsfähig i. S. v. § 8 SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II), da dem Sachverhalt für das Jahr 2011 keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Krankheit oder Behinderung, die ihn an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens drei Stunden täglich hindern könnte, zu entnehmen sind. Zudem ist er gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit §§ 9, 11, 12 SGB II hilfebedürftig, weil er voraussichtlich für die Dauer von sechs Monaten weder über ein eigenes, den Hilfebedarf deckendes Einkommen (§ 11 SGB II) noch über für die sofortige Verwertung zu berücksichtigendes Vermögen im Sinne des § 12 SGB II verfügt.
Er lebte im streitigen Zeitraum in einer Bedarfsgemeinschaft mit den Klägern zu 2) bis 4), welche als ebenfalls erwerbsfähige Anspruchsberechtigte bzw. als Sozialgeldberechtigte in Bedarfsgemeinschaft zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II berechtigt waren.
Im streitigen Zeitraum war der Hilfebedarf der Kläger jedoch entgegen der Auffassung des Beklagten nicht durch Einkommen i.S.d. § 11 SGB II in Form eines Gasguthabens, das nach § 22 Abs. 3 SGB II anrechenbar sein könnte, gemindert
Die Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II lautet: Rückzahlungen und Guthaben, die den Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie beziehen bleiben außer Betracht.
Bei dem Guthaben ausweislich der Abrechnung des Energieversorgers vom 01.06.2011 ist kein Betrag durch den Beklagten zu Gunsten der Kläger als Leistung für die Bedarfe der Unterkunft erbracht gewesen. Der gesamte Betrag resultiert aus Eigenleistungen der Kläger. Die monatlich durch den Beklagen bewilligten Leistungen für die Belieferung mit Gas, ergo für die Heizkosten, belaufen sich auf einen Gesamtbetrag sowohl unterhalb der in der Abrechnung ausgewiesenen insgesamt 2.261,61 EUR als auch unterhalb der ausgewiesenen Abschlagszahlungen von 2.579,64 EUR. Das ausgewiesene Guthaben erreicht bezüglich der Belieferung mit Gas allein einen Betrag von 318,03 EUR.
Guthaben aus Beträgen, die ein Leistungsempfänger im Abrechnungszeitraum aus seinem Regelsatz bzw. seinem anrechnungsfrei gestellten Einkommen getragen hat, können nicht nach § 22 Abs. 3 SGB II angerechnet werden. (Nippen in ZfSH 2014, Seiten 71 ff; Piepenstock in PK SGB II, 3. Auflage 2012, § 22 Rn 136; vgl. Berlit in LPK SGB II 5. Auflage 2013 § 22 Rn 121; vgl. SG Chemnitz vom 31.01.2013 Aktenzeichen S 40 AS 5401/11; SG Chemnitz vom 11.04.2013 Aktenzeichen S 14 AS 4157/12; a.A. LSG Baden Württemberg vom 20.01.2010 Aktenzeichen L 3 AS 3759/09; SG Dresden vom 16.01.2012 Aktenzeichen S 36 AS 7571/10; SG Potsdam vom 23.10.2012 Aktenzeichen S 19 AS 3121/09 jeweils zit. nach ). Die fehlende Annahme von anrechenbaren Einkommen im Sinne des § 22 SGB II resultiert aus dem Rechtsgedanken der Regelung des § 11a Abs. 1 Nr. 1 SGB II. Hiernach sind Leistungen nach dem SGB II nicht als Einkommen anrechenbar. Direkt ist die Regelung des § 11a Abs. 1 Nr. 1 SGB II jedoch nicht anwendbar, da die Guthaben aus den Abrechnungen des Energieversorgers keine unmittelbaren Leistungen nach dem SGB II darstellen, sondern es sich um Leistungen des Energieversorgers handelt, die aufgrund der privatrechtlichen Abreden mit den Leistungsempfängern erbracht werden.
So erfolgt die Rückzahlung bzw. Erstattung des Guthabens nicht aufgrund sozialrechtlicher Regelungen, sondern allein aufgrund privatrechtlicher Regelungen. Dennoch ist dem Rechtsgedanken des § 11a Abs. 1 Nr. 1 SGB II Rechnung zu tragen. (so ebenso BSG vom 22.03.2012 Aktenzeichen B 4 AS 139/11 R; vgl. BSG vom 23.08.2011 Aktenzeichen B 14 AS 185/10 R; BSG vom 23.08.2011 Aktenzeichen B 14 AS 186/10 R zit. nach ).
Tatsächlich handelt es sich bei den Zahlungen des Leistungsempfängers für Bedarfe an Heizkosten, die das angemessene überschreiten und nicht vom Leistungsträger übernommen werden, um die Verwendung des Regelsatzes im Sinne des § 20 SGB II. Diese Verwendung der Regelsatzleistungen für höhere Abschläge als vom Leistungsträger als angemessen anerkannt entspricht der Intention der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in pauschalierten Regelsätzen. Hinsichtlich dieses Regelbedarfs kann der Leistungsempfänger selbst bestimmen, wie er diesen verwendet (vgl. Bundesverfassungsgericht vom 09.02.2010 Aktenzeichen 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 zit. nach ). Auch schließt der Regelbedarf ausdrücklich einen Ansparbetrag ein, der seine Entsprechung in den Vermögensfreibetrag des § 12 Abs. 1 Nr. 4 SGB II findet. (Bundestagsdrucksache 15/1516 Seite 53) Dementsprechend. ist es auch geboten, Einnahmen, die aus Einsparungen bzw. Verwendungen der Regelbedarfe resultieren, von der Berücksichtigung als Einkommen freizustellen (BSG vom 23.08.2011 Aktenzeichen B 14 AS 185/10 R; vgl. BSG vom 22.03.2012 Aktenzeichen B 4 AS 139/11 R - zu den sogenannten früheren Warmwasserpauschalen - zitiert nach ).
Dieser Einschätzung des erkennenden Gerichts kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Herkunft eines Guthabens an Energiekosten nicht entscheidungserheblich ist (a. A. SG Potsdam vom 23.10.2012 Aktenzeichen S 19 AS 3121/09 vor dem Hintergrund, dass Herkunft eines Einkommens unerheblich für die Frage der Anrechnung ist, im Ergebnis ebenso a.A. SG Aurich, Urteil vom 22.01.2015; Az.: S 45 AS 384/12) Wie oben ausgeführt resultiert die fehlende Anrechnungsmöglichkeit im Sinne des § 22 Abs. 3 SGB II aus dem Rechtsgedanken des § 11a Abs. 1 Nr. 1 SGB II. Bezüglich Guthaben aufgrund von Zahlungen aus Zeiten vor dem Leistungsbezug, worüber das BSG (vom 22.03.2012 Aktenzeichen B 4 AS 139/11 R zitiert nach ) entschieden hat, ist dieser Rechtsgedanke entsprechend den obigen Entscheidungen (SG Potsdam sowie SG Aurich a.a.O.) nicht anwendbar. Es handelt sich bei diesen Zahlungen nicht um Leistungen nach dem SGB II, die zur Entstehung des Guthabens geführt haben. Folglich kommt eine entsprechende Anwendung des Gedankens des § 11a Abs. 1 Nr. 1 SGB II für Abschlagszahlungen aus Einkünften vor dem Beginn eines Leistungsbezugs im Gegensatz zur hiesigen Fallkonstellation nicht in Betracht.
Des Weiteren ist festzustellen, dass die Regelungsintention des Gesetzgebers bei Einführung der vormaligen Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II, die dem hier entscheidungserheblichen § 22 Abs. 3 SGB II in der im streitigen Zeitraum gültigen Fassung entspricht, die Auffassung der Kammer stützt. Hiernach soll die Regelung u.a. bezwecken, dass Beträge, die der kommunale Träger übernommen hat, bei Erstattungen ihm zu Gute kommen (vgl. BT-Drucksache 16/1696, 26 ff; vgl. BSG vom 15.04.2008 Aktenzeichen B 14/7 B AS 58/06 R zitiert nach ). Die von der Kammer vorgenommene Einschätzung stellt die Übertragung dieser Intention auf einen umgekehrten Fall dar. Ein kommunaler Träger soll nicht von den Erstattungen profitieren, die er nicht selbst übernommen hat. (vgl. Berlit a.a.O. § 22 Rn 121 ff.; vgl. SG Chemnitz a.a.O.).
Die Bewertung der Kammer gilt im gleichen Maße für den Fall, dass die Leistungsempfänger die vom Beklagten nicht übernommenen Unterkunftskosten bzw. Energiekosten nicht aus den Regelsatzleistungen bezahlt hätten, sondern aus ihren nicht anrechenbaren Erwerbseinkommen. Es ist zunächst festzustellen, dass tatsächlich im Regelfall nicht zu ermitteln ist, mit welchen Geldbeträgen genau die übersteigenden Kosten bestritten wurden. Es kann sein, dass faktisch die Beträge nicht aus Erwerbseinkommen, sondern aus Regelsatzleistungen des Beklagten gezahlt wurden. Dies wäre dann erkennbar der Fall, wenn der Leistungsträger in Anwendung des § 22 Abs. 7 SGB II die Energiekosten unmittelbar aus den Leistungen an den Energieversorger gezahlt hätte. Aber auch ohne die Annahme dieser Konstellation kann bei angenommener Bestreitung der übersteigenden Kosten aus Einkommen (welches nicht angerechnet wurde), keine andere Bewertung vorgenommen werden. Es stellte sich als zufällig dar, wie die Zahlungsflüsse im Einzelfall gestaltet sind. Ein solcher Zufall kann nicht entscheidungserheblich für die Frage sein. Die Annahme, dass bei Bestreiten der höheren Abschläge aus dem anrechnungsfreien Einkommen eine Anrechnung möglich ist, würde dazu führen, dass die Vorschriften zur Nichtanrechenbarkeit von Einkommen im Sinne der §§ 11 ff. SGB II umgangen würden. Das Einkommen würde dann zwar nicht auf den Regelbedarf angerechnet, aber vermittelt durch Energiekostenerstattungen auf die Kosten der Unterkunft, also auch auf Leistungen nach dem SGB II, vgl. §§ 19 ff. SGB II. Auch würde bei diesem Vorgehen die Anreizfunktion der Einkommensfreibeträge missachtet. Die Einkommensfreibeträge sollen dazu motivieren, anstatt alleine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Anspruch zu nehmen, auch nicht bedarfsdeckende Erwerbstätigkeiten anzutreten und somit den Hilfebedarf zu senken und den Leistungsempfänger für den Arbeitsmarkt zu aktivieren. Diese Funktion würde nicht mehr erfüllt, wenn wie oben geschildert das übersteigende Einkommen dann wieder reduziert würde.
Das vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 06. Oktober 2015 vorgebrachte Argument bezüglich der ausdrücklichen Regelung im Rahmen des SGB XII vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Auf den ersten Zugriff könnte man die ausdrückliche Regelung im Gesetz, § 82 SGB XII, aufgrund von Änderungen des Gesetzes zum 01. Januar 2011 als Unterlassen einer Änderung im Rahmen des SGB II verstehen und damit als Abweichung der beiden Grundsicherungssysteme. Dieses Verständnis ist jedoch nicht naheliegend. Zunächst ist zu beachten, dass im Bereich des SGB II entgegen den Bereich des SGB XII im Rahmen des § 22 Abs. 3 SGB II eine ausdrückliche spezifische Anrechnungsnorm für die Guthaben aus Unterkunfts- und Heizkostenleistungen vorgesehen. Diese Regelung ist - wie bereits oben ausgeführt - eine spezifische Regelung der Einkommensanrechnung zu Gunsten des kommunalen Trägers. Die Änderung im Rahmen des SGB XII ist im Rahmen eines anderen Grundsicherungssystems geschehen. Im Rahmen des SGB XII besteht keine getrennte Kostenträgerschaft des kommunalen des überregionalen Trägers. Von daher bedurfte es auch keiner ausdrücklichen Regelung in der Form wie § 22 Abs. 3 SGB II. Vielmehr ist im Rahmen des SGB XII grundsätzlich jegliche Zahlung an die Leistungsempfänger als Einkommen im Sinne des § 82 SGB XII anzurechnen. Die Neuregelung bezüglich der Nichtanrechnung aus Rückerstattung von Regelsatzleistungen entstandenen Guthabens (§ 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) ist nach Auffassung der Kammer getroffen worden, um einen Gleichlauf zwischen den Regelungen im Rahmen des SGB II und des SGB XII herzustellen, damit keine nicht zu rechtfertige Ungleichbehandlung vorliegt. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte fehlende Anrechnungsmöglichkeit von Regelsatzguthaben musste im SGB XII klargestellt werden. Eine unterschiedliche Regelung im Rahmen des SGB II bezüglich der Guthaben aus Regelsatzleistungen stellte einen eventuell nicht zu rechtfertigenden Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG) dar. Hierüber bedarf es jedoch keiner Entscheidung, da nach Auffassung der Kammer aus obigen Erwägungen erkennbar, dass im Rahmen des § 22 Abs. 3 SGB II in Zusammenschau mit § 11a Abs. 1 SGB II ebenfalls keine Anrechnung von Regelsatzguthaben stattfinden kann. Vor dem Hintergrund der Bekanntheit dieser Auslegungsfrage im Rahmen des SGB II hätte es für den Gesetzgeber nahe gelegen zum Jahre 2011, eine Änderung nicht nur im SGB XII vorzunehmen, sondern auch im Rahmen des SGB II. Von daher vermag die Kammer zu erkennen, dass der Gesetzgeber keine Notwendigkeit einer solchen Änderung gesehen hat, sondern nur die Notwendigkeit einer Änderung im Rahmen des SGB XII. Da ein Gleichlauf der Grundsicherungsleistungen aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten erforderlich ist, kann die Änderung im Rahmen des SGB XII zum 01.01.2011 nur dahingehend verstanden werden, dass es nach Auffassung des Gesetzgebers keiner Änderung im Rahmen des SGB II bedurfte.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Kläger sind mit ihrem Begehren in vollem Umfange durchgedrungen. Im gerichtlichen Verfahren war nach Teileinigung durch Vergleich im Erörterungstermin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes alleine die Anrechnung des Heizkostenguthabens noch in Streit. Diesbezüglich sind die Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum von Juli bis Dezember 2011 in vollem Umfange durchgedrungen.
Die Berufung war nicht gemäß § 144 Abs. 1 SGG zulässig, da der maßgebliche Berufungswert nicht überschritten ist. Die Berufung ist jedoch nach Auffassung der Kammer gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Zumindest im Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer lag keine Entscheidung des zuständigen Obergerichtes zu der Frage vor, ob aus Regelsatz bzw. anrechnungsfreien Einkommen erwirtschaftete Nebenkosten bzw. Heizkostenguthaben der Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II unterfallen.