Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.11.2015, Az.: 5 LB 21/15

Alarmrottendienst; Freistellung vom Dienst; Freizeitausgleich; FvD; mehrgeleisteter Dienst; Ruhezeit; Soldat; Zeitausgleich

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.11.2015
Aktenzeichen
5 LB 21/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45180
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 19.12.2012 - AZ: 6 A 2661/12

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 6. Kammer - vom 19. Dezember 2012, soweit es nicht bereits in Rechtskraft erwachsen ist, geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 29. Juni 2011 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 4. Januar 2012 verpflichtet, dem Kläger für die im Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009 erfolgte parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst einen weiteren Ausgleich für besondere zeitliche Belastungen im Umfang von 17 Tagen, 43 Stunden und 45 Minuten (38 Tage, 43 Stunden und 45 Minuten abzüglich des bereits rechtskräftig zuerkannten Klageanspruchs im Umfang von 21 Tagen) zu gewähren. Im Übrigen - das heißt soweit der Kläger für die im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 erfolgte zeitgleiche Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst einen Zeitausgleich im Umfang von 14 Tagen (Klageverfahren), 10 Stunden sowie 30 Minuten (Anschlussberufung) gefordert hat - wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des gesamten Verfahrens tragen der Kläger 27 Prozent und die Beklagte 73 Prozent.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich dagegen, dass ihm Freizeitausgleich für Mehrarbeit (mehrgeleisteten Dienst) teilweise parallel zu der vorgeschriebenen Ruhezeit für Besatzungsangehörige von Luftfahrzeugen der Bundeswehr gewährt worden ist. Im Berufungsverfahren streiten die Beteiligten noch um die Frage, ob dem Kläger für die im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 erfolgte zeitgleiche Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst ein Zeitausgleichsanspruch im Umfang von insgesamt 14 Tagen, 10 Stunden und 30 Minuten zusteht; außerdem möchte der Kläger für die im Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009 erfolgte parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst einen weiteren Zeitausgleich im Umfang von 17 Tagen, 43 Stunden und 45 Minuten erhalten.

Der Kläger steht als Offizier der Bundesluftwaffe im Range eines Majors und ist bei der fliegenden Gruppe des Jagdgeschwaders …. „G.“ in H. eingesetzt.

Unter dem 31. März 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gutschrift bzw. Auszahlung seiner seit dem 1. November 2005 erworbenen „Freistellung-vom-Dienst-Tage und -Stunden“ und verwies zur Begründung auf eine „Vereinbarung mit der Geschwaderführung im November 2005“ sowie auf das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 27. August 2008 zum Aktenzeichen 6 A 4334/06.

In jener Entscheidung hatte das Verwaltungsgericht der Klage eines ebenfalls bei der fliegenden Gruppe des Jagdgeschwaders ….. „G.“ tätigen Soldaten, dem Ruhezeit und Freistellung vom Dienst in einem Umfang von einem Tag, einer Stunde sowie 30 Minuten parallel gewährt worden war, stattgegeben und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der zugrunde liegenden Bescheide zur Gewährung einer entsprechenden weiteren freien Zeit (Ruhezeit oder Freistellung vom Dienst) verpflichtet. Zur Begründung hatte das Verwaltungsgericht ausgeführt, dem dortigen Kläger stehe aufgrund seines Einsatzes bei einem sog. langen Alarmrottendienst („long turn“) - seinerzeit von Montag, dem 7. November 2005, um 7:15 Uhr, bis Montag, den 14. November 2005, um 7:30 Uhr - gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) in Verbindung mit § 55 der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät (LuftBO) sowie § 9 Abs. 3 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät in der maßgeblichen Fassung (2. DV LuftBO) eine zusammenhängende Ruhezeit von 36 Stunden zu. Diese müsse so gewährt werden, dass sie mindestens einmal innerhalb von 7 Tagen beginne; in begründeten Einzelfällen könne zugelassen werden, dass diese zusammenhängende Ruhezeit innerhalb von jeweils 8 aufeinanderfolgenden Tagen beginne. Zwar beanspruchten diese Regelungen nur für die Besatzungen von Zivilluftfahrzeugen Geltung, seien jedoch durch das Flugbetriebshandbuch (FBH) III/1 in der maßgeblichen Fassung - Kapitel 25, Nr. 25000 - auf alle militärischen Flüge grundsätzlich sinngemäß anwendbar. Das Flugbetriebshandbuch III/1 lege für Alarmrottendienste in Nr. 25420 fest, dass die 36-stündige Ruhezeit einmal innerhalb jeweils 8 aufeinander folgender Tage beginne. Da der Alarmrottendienst mindestens 7 Tage gedauert habe, habe die Ruhezeit von 36 Stunden am achten Tag, also am Montag, dem 14. November 2005, bis 24.00 Uhr beginnen müssen. Unabhängig von dieser Sicherheitsvorschrift habe dem dortigen Kläger nach dem Erlass über den Ausgleich besonderer zeitlicher Belastungen der Soldaten vom 20. Oktober 1998 in der maßgeblichen Fassung (Erlass Fü S I 11998) wegen des Alarmrottendienstes als Ausgleich für die geleistete Mehrarbeit eine Freistellung vom Dienst in Höhe von 4 Tagen, 7 Stunden und 15 Minuten zugestanden. Die Freistellung vom Dienst sei ab dem auf den Alarmrottendienst folgenden Tag, also ab Dienstag, dem 15. November 2005, angeordnet worden. Dementsprechend sei Ruhezeit und Freistellung vom Dienst teilweise zeitgleich gewährt worden.

Gegen diese zeitgleiche Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst bestünden jedoch durchgreifende Bedenken. Freistellung vom Dienst könne einem Soldaten nur gewährt werden, wenn er ansonsten zur Dienstleistung verpflichtet wäre. Dies sei nach Nr. II. 4 des Erlasses Fü S I 11998 der Fall, wenn er gemäß Dienstplan oder aufgrund anderer Befehle zur Dienstleistung eingeteilt sei. Da der Soldat jedoch während der vorgeschriebenen Ruhezeiten gemäß Nr. 25400 FBH III/1 von Dienstlei-stungen jeglicher Art befreit sei, könne er auch nicht vom Dienst freigestellt werden. Eine parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst sei daher ausgeschlossen.

Den gegen jene Entscheidung gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung hatte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit der Begründung abgelehnt, das Zulassungsvorbringen der Beklagten genüge nicht den gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - bzw. sei nicht innerhalb der zweimonatigen Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden (Nds. OVG, Beschluss vom 22.4.2010 - 5 LA 408/08 -).

Den (Zeitausgleichs-)Antrag des Klägers vom 31. März 2011 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juni 2011 ab. Das Urteil des Verwaltungsgerichts zum Aktenzeichen 6 A 4334/06 könne die klägerische Rechtsauffassung schon deshalb nicht stützen, weil es sich hierbei um eine Einzelfallentscheidung handle. Die gleichzeitige Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst sei bereits in der Vergangenheit zulässig gewesen und entspreche auch der gegenwärtigen Rechtslage. Dementsprechend könne der Kläger seit dem 1. November 2005 keinen weiteren Zeitausgleich beanspruchen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 22. August 2011 Beschwerde, zu deren Begründung er geltend machte, der Kommandeur der fliegenden Gruppe Jagdgeschwader …. „G.“ habe am 30. November 2005 die Neuregelung zur Handhabung von Freistellung vom Dienst infolge von Alarmrottendiensten vorgestellt und den fliegenden Besatzungen im Rahmen dieser Veranstaltung zugesichert, dass der Ausgang des bereits angelaufenen Beschwerde- und späteren Klageverfahrens 6 A 4334/06 für die anderen Besatzungsmitglieder Mustergültigkeit haben solle; dies sei den Vertrauenspersonen auch durch den damaligen Kommodore zugesagt worden. Nur aufgrund dieser Zusagen sei es zu keinen weiteren Beschwerden der fliegenden Besatzung des Jagdgeschwaders ……. „G.“ gegen die parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst gekommen. Soweit das Flugbetriebshandbuch III/1 zum 1. April 2009 geändert worden sei, sei diese Änderung schon deshalb rechtlich zweifelhaft, weil sie sich in Widerspruch zu den rechtskräftigen Feststellungen des verwaltungsgerichtlichen Urteils zum Aktenzeichen 6 A 4334/06 setze. Außerdem sei keine Änderung der - höherrangigen - „Besonderen Anweisung des Luftwaffenbundesamtes, Abteilung Flugbetrieb in der Bundeswehr 505/5101“ erfolgt.

Mit Beschwerdebescheid vom 4. Januar 2012 - dem Kläger zugegangen am 16. Januar 2012 - wurde seine Beschwerde zurückgewiesen. Die Zusammenlegung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst habe der seinerzeit geltenden Rechtslage entsprochen und entspreche dieser auch weiterhin; die vom Kläger in Bezug genommene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Oldenburg binde die Beklagte nur im entsprechenden Einzelfall. Die Änderung des Flugbetriebshandbuches III/1 mit Wirkung vom 1. April 2009 in Gestalt der Streichung des Verweises auf die 2. DV LuftBO stelle lediglich eine juristische Klarstellung der bereits zuvor bestehenden, rechtmäßigen Verwaltungspraxis dar. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil ihm aufgrund der damals und heute herrschenden Rechtslage kein Nachteil entstanden sei. Auch damals hätte er keinen anders lautenden Bescheid erhalten können.

Mit seiner am 3. Februar 2012 erhobenen Klage hat der Kläger sein Ausgleichsbegehren weiterverfolgt. Aus Ziffern II. 4 und III. 9 des Erlasses FüS I 11998 ergebe sich, dass dienstfreie Zeiten nicht anrechenbar seien. Die Zusammenlegung von Ruhezeit und Zeiten der Freistellung vom Dienst entspreche auch nach der Änderung des Flugbetriebshandbuches III/1 nicht der geltenden Rechtslage. Daran habe sich auch nichts dadurch geändert, dass nunmehr der Verweis auf die Zweite Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät unterblieben sei. Die Ruhezeit nach § 9 Abs. 3 2. DV LuftBO (a. F.) diene der Flugsicherheit und sei eine allgemein in der Europäischen Union zu beachtende Schutzvorschrift, die nicht zur Disposition der Geschwaderführung bzw. des Bundesministeriums der Verteidigung stehe. Dementsprechend müsse die Beklagte die erfolgte Anrechnung rückgängig machen und dem Kläger für die besonderen zeitlichen Belastungen infolge seiner Teilnahme an Alarmrottendiensten im Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. Dezember 2010 einen weiteren Freizeitausgleich zuerkennen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2011 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 4. Januar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Ausgleich für besondere zeitliche Belastungen im Umfang von 35 Tagen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Ausführungen aus den angegriffenen Bescheiden wiederholt und ergänzend ausgeführt, dass die vom Kläger benannte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Oldenburg zum Anlass genommen worden sei, die „Besondere Anweisung des Luftwaffenbundesamtes, Abteilung Flugbetrieb in der Bundeswehr 505/5101“ - Kapitel 3, Nr. 301- sowie das Flugbetriebshandbuch III/1 - Kapitel 25, Nr. 25000 - dahingehend zu ändern, den Verweis auf die Zweite Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät zu streichen; die Bundeswehr habe nunmehr ihre eigenen Regelungen erlassen, wozu sie gemäß § 30 Abs. 1 LuftVG ermächtigt sei. Außerdem hat die Beklagte auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Juli 2010 (- 6 AZR 78/09 -, juris) verwiesen, welches die Frage, ob gesetzliche Ruhezeiten und Freizeitausgleich für Mehrarbeit zusammenfallen dürften, eindeutig bejaht habe. Ungeachtet dessen seien etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers jedenfalls teilweise - nämlich in Bezug auf die „Freistellung-vom-Dienst-Zeiten“ bis einschließlich 2008 - verjährt.

Mit Urteil vom 19. Dezember 2012 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Juni 2011 in der Gestalt des Beschwerdebescheides vom 4. Februar 2012 verpflichtet, dem Kläger Ausgleich für besondere zeitliche Belastungen in einem Umfang von 35 Tagen zu gewähren. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht auf die Gründe seines Urteils vom 27. August 2008 (- 6 A 4334/06 -) sowie auf die Ausführungen des erkennenden Senats im entsprechenden Berufungszulassungsverfahren zum Aktenzeichen 5 LA 408/08 verwiesen und ergänzend Folgendes ausgeführt:

Allein der Umstand, dass die Beklagte das Flugbetriebshandbuch III/1 - Kapitel 25, Nr. 25000 - dahingehend geändert habe, dass nunmehr ein Verweis auf die Zweite Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät unterbleibe, rechtfertige keine andere Entscheidung. Ruhezeit werde in Nr. 25130 FBH III/1 als eine zusammenhängende Zeit definiert, während der ein Besatzungsmitglied von Dienstleistungen jeglicher Art befreit sei (Freizeit, Freistellung vom Dienst, Urlaub etc.) und in der eigenen Wohnung oder einer geeigneten Unterkunft Gelegenheit zur Bettruhe habe. Die Beklagte verweise auch zutreffend darauf, dass die Ruhezeit allein der Sicherheit und Ordnung des Luftverkehrs diene und dieser Zielsetzung ohne weiteres dadurch entsprochen werden könne, dass die Ruhezeiten eingehalten würden, wenn das Besatzungsmitglied Urlaub oder eine Freistellung vom Dienst erhalten habe. Davon zu unterscheiden sei jedoch die hier maßgebliche Frage, ob die Freistellung vom Dienst zum Zwecke des Ausgleichs geleisteter Mehrarbeit während der Ruhezeit angeordnet werden dürfe. Dies sei - wie in dem Verfahren 6 A 4334/06 ausgeführt - nicht der Fall, weil eine Freistellung vom Dienst einem Soldaten nur befohlen werden könne, wenn er ansonsten zur Dienstleistung verpflichtet wäre. Ebenso wie es sich verbiete, Freistellung vom Dienst an dienstfreien Wochenenden, Feiertagen oder Erholungsurlaub zu befehlen, könne Freistellung vom Dienst auch nicht während der vorgeschriebenen Ruhezeiten angeordnet werden.

Der Hinweis der Beklagten auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Juli 2010 (a. a. O.) greife schon deshalb nicht durch, weil dieser Entscheidung ein Tarifvertrag zugrunde gelegen habe, dessen Regelungen mit denen des Streitfalles nicht vergleichbar seien.

Die Beklagte könne sich schließlich aus Gründen der unzulässigen Rechtsausübung auch nicht auf die Einrede der Verjährung berufen. Denn der Kläger habe unwidersprochen geltend gemacht, dass den Besatzungsmitgliedern im November 2005 zugesagt worden sei, den Ausgang des Verfahrens 6 A 4334/06 abwarten zu wollen, weil dieses für alle anderen Besatzungsmitglieder Mustergültigkeit besitzen solle. Lediglich wegen dieses Verhaltens der Beklagten sei der Kläger von einer - verjährungsunterbrechenden - Beschwerde abgehalten worden.

Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 26. Januar 2015 (- 5 LA 32/13 -) wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) die Berufung zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht der Klage im Hinblick auf das Zeitausgleichsbegehren des Klägers für die im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 erfolgte parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst (= 14 Tage) stattgegeben hat. Denn aufgrund der mit Wirkung vom 1. April 2009 erfolgten Änderungen des Flugbetriebshandbuches III/1 - insbesondere im Hinblick auf die Bestimmung der Nr. 25130, welche eine ausdrückliche Regelung dahingehend enthalte, dass Ruhezeit und Freistellung vom Dienst gleichzeitig gewährt bzw. angeordnet werden könne -, sei der Verfahrensausgang insoweit als offen anzusehen.

Den weitergehenden Zulassungsantrag der Beklagten - also soweit dieser gegen die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten gerichtet gewesen ist, dem Kläger auch für die parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst im Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009 (= 21 Tage) einen Zeitausgleich zu gewähren - hat der Senat abgelehnt. Zur Begründung hat er darauf abgestellt, zwischen den Beteiligten sei sowohl während des gesamten Verwaltungsverfahrens als auch während des erstinstanzlichen Verfahrens unstreitig gewesen, dass seinerzeit sowohl der Kommandeur des Jagdgeschwaders ….. „G.“ als auch der Kommodore dem Kläger rückwirkend ab dem 1. November 2005 die gleiche Behandlung seiner Ansprüche versprochen hätten, wie sie der Kläger des Verfahrens 6 A 4334/06 erstreiten würde - dass also das Verfahren 6 A 4334/06 als Musterverfahren fungieren solle -, und dass es aufgrund dieser beiden Zusagen zu keinen weiteren Beschwerden der fliegenden Besatzungen des Jagdgeschwaders …..     “ G.“ gegen die parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst gekommen sei. Auch im Rahmen der maßgeblichen Zulassungsbegründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sei die Beklagte diesem Sachverhalt nicht entgegengetreten; er ergebe sich zudem auch aus der Vorlage des Kommandeurs der Fliegenden Gruppe des Jagdgeschwaders ….. „G.“ an das Bundesministerium der Verteidigung vom 1. Dezember 2010, in dem von einer „damals zugesagten Präzedenzfallregelung“ die Rede sei. In diesen - unstreitigen bzw. nicht substantiiert angegriffenen - Erklärungen der Vorgesetzten des Klägers sei eine Zusicherung des Inhalts zu erblicken, im Falle der rechtskräftigen Zuerkennung des Klagebegehrens im Verfahren 6 A 4334/06 auch im Falle eines Ausgleichsbegehrens des Klägers entsprechend zu verfahren. Dass diese Zusicherungen nur mündlich ergangen seien, hindere ihre Wirksamkeit nicht, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - 1. Wehrdienstsenat - für den Bereich des militärischen Über- und Unterordnungsverhältnisses abweichend von der Regelung des § 38 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) eine Schriftlichkeit nicht zwingend erforderlich sei. Die Zusicherung beziehe sich auf den Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009, weil während dieser Zeitspanne dieselben rechtlichen Verhältnisse maßgeblich gewesen seien, die auch dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts zum Aktenzeichen 6 A 4334/06 zugrunde gelegen hätten. Denn es entspreche ebenfalls der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - 1. Wehrdienstsenat -, dass Zusagen dann unverbindlich würden, wenn sich die der Zusage zugrunde liegenden Verhältnisse nachträglich wesentlich änderten. Und eine solche wesentliche Änderung sei - ungeachtet ihrer inhaltlichen Statthaftigkeit - durch die mit Wirkung vom 1. April 2009 erfolgte Änderung des Flugbetriebshandbuches III/1 erfolgt.

Zur Begründung ihrer - das Ausgleichsbegehren des Klägers für den Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 im Umfang von 14 Tagen betreffenden - Berufung trägt die Beklagte Folgendes vor: Das in Nr. 25130 FBH III/1 (n. F.) vorgesehene Zusammenfallen von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst sei statthaft. Ermächtigungsgrundlage für diese mit Wirkung vom 1. April 2009 in Kraft gesetzte Regelung sei § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG, wonach die Bundeswehr von den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Luftverkehrsgesetzes und den zu seiner Durchführung erlassenen Vorschriften abweichen könne, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich sei. Die Bundeswehr dürfe damit abweichend von § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 LuftVG in Verbindung mit § 3 Abs. 4 und Abs. 5 2. DV LuftBO nach eigenem Ermessen Regeln erlassen, mit denen sie sicherstelle, dass und wie die Ruhezeiten den Besatzungsmitgliedern ausreichend Zeit gäben, sich von den Auswirkungen des vorangegangenen Dienstes zu erholen, um zu Beginn der darauf folgenden Flugdienstzeit gut ausgeruht zu sein. Die Bundeswehr dürfe ebenfalls nach eigenem Ermessen vorgeben, dass die Flugdienstzeiten so zu planen seien, dass die Besatzungsmitglieder ausreichend ermüdungsfrei blieben, um ihren Dienst unter allen Umständen mit befriedigendem Sicherheitsniveau ausüben zu können. Mit der Regelung in Nr. 25130 FBH III/1, wonach Ruhezeiten und Freistellung vom Dienst gleichzeitig gewährt bzw. angeordnet werden können, habe sich die Bundeswehr im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG gehalten. Der Verteidigungsauftrag der Bundeswehr nach Art. 87a des Grundgesetzes (GG), die Inübunghaltung ihrer Piloten für den Einsatzfall sowie die Tatsache, dass Kampfflugzeuge im zivilen Luftraum - verbunden mit dem entsprechenden Gefahren- und Schadenspotential - geführt würden, erforderten gesonderte Regelungen für Flug-, Flugdienst- und Ruhezeiten der Besatzungsmitglieder, um zu gewährleisten, dass diese ausreichend ermüdungsfrei blieben.

Indem die Beklagte definiert habe, dass Ruhezeit eine zusammenhängende Zeit sei, während der ein Besatzungsmitglied von Dienstleistungen jeglicher Art befreit sei (Freizeit, Freistellung vom Dienst, Urlaub, Wochenende, Krank zu Hause etc.) und in der eigenen Wohnung oder einer geeigneten Unterkunft Gelegenheit zur Bettruhe habe, habe sie der Zielsetzung in Nr. 25000 FBH III/1 Rechnung getragen, nämlich der Vermeidung von Situationen, in denen Kampfflugzeuge der Bundeswehr von übermüdeten Besatzungsmitgliedern bedient würden. Die Möglichkeit der gleichzeitigen Gewährung bzw. Anordnung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst widerspreche auch nicht Sinn und Zweck der Gewährung von Freistellung vom Dienst. Denn dieser bestehe nach dem Erlass Fü S I 11998 darin, den Soldaten nach Zeiten besonderer zeitlicher Belastungen ausreichend Zeit zu geben, sich von den Auswirkungen des vorangegangenen Dienstes zu erholen, um zu Beginn der darauf folgenden Dienstzeit gut ausgeruht zu sein. Die Ruhezeit diene demselben Zweck.

Dieses Ergebnis werde auch durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Juli 2010 (a. a. O.) bestätigt. In jener Entscheidung habe das Bundesarbeitsgericht für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern dahin erkannt, dass Freizeitausgleich in die gesetzliche Ruhezeit gelegt werden könne; die Ruhezeit gewähre den Betreffenden kein „Mehr an Freizeit“. Vielmehr sei Sinn und Zweck der Ruhezeit Genüge getan, wenn den Betreffenden Zeit zum Ausruhen und zur Erholung von der Arbeit verschafft werde. So liege es auch hier. Ein selbständiger, zusätzlicher Anspruch auf Dienstbefreiung werde durch den Anspruch auf Ruhezeit nicht begründet. Der Arbeitgeber müsse die Arbeitszeit so regeln, dass die erforderliche Ruhezeit gesichert sei. Er müsse gewährleisten, dass vor einem nächsten Flugdienst eine Ruhezeit von 36 Stunden eingehalten werde; wie er dies regle, unterliege seiner Organisationsentscheidung.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 2. April 2015 Anschlussberufung eingelegt und mit dieser die Zuerkennung weiteren - nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesenen - Zeitausgleichs begehrt. Dieses Begehren umfasst sowohl die parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst im Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009 (= 17 Tage, 43 Stunden und 45 Minuten) als auch die zeitgleiche Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 (= 10 Stunden und 30 Minuten).

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern, soweit dieses die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 29. Juni 2011 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 4. Januar 2012 verpflichtet hat, dem Kläger für die im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 erfolgte parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst einen Ausgleich für besondere zeitliche Belastungen im Umfang von 14 Tagen zu gewähren, und die Klage insoweit abzuweisen,

2. die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

2. das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 29. Juni 2011 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 4. Januar 2012

a) für die im Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009 erfolgte parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst einen weiteren Ausgleich für besondere zeitliche Belastungen im Umfang von 17 Tagen, 43 Stunden und 45 Minuten

sowie

b) für die vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 erfolgte parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst einen weiteren Ausgleich für besondere zeitliche Belastungen im Umfang von 10 Stunden und 45 Minuten

zu gewähren.

Die Berufung der Beklagten sei unbegründet. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, welches an der Begründung seines Urteils vom 27. August 2008 festgehalten habe, sei vollumfänglich beizutreten. Soweit die Beklagte auf Nr. 25130 FBH III/1 n. F. verweise, entbehre ihr Vortrag, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des § 30 Abs. 1 LuftVG seien eingehalten, der Substanz. Sie habe lediglich pauschal behauptet, die Inübunghaltung ihrer Piloten für den militärischen Einsatzfall unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung mache ein Abweichen von den Normen des Luftverkehrsgesetzes erforderlich, ohne diese Behauptung durch konkreten Sachvortrag zu belegen. Dementsprechend sei Nr. 25130 FBH III/1 n. F. nicht von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt.

Die in Nr. 25130 FBH III/1 zum Ausdruck kommende Auffassung der Beklagten, dass Ruhezeit und Freistellung vom Dienst parallel gewährt bzw. angeordnet werden könnten, überzeuge zudem deshalb nicht, weil Nr. 25130 FBH III/1 auch ein Zusammenfallen von Ruhezeit und Krankheitszeiten (KzH) vorsehe. Bei einer Erkrankung könne im Regelfall jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass während dieser Zeit eine Erholungsphase gegeben sei, die es dem Besatzungsmitglied ermögliche, eine Übermüdung zu vermeiden. Gerade Erkrankungen könnten sehr belastend sein und dazu führen, dass die Fähigkeit zur sicheren Führung von Kampfflugzeugen der Luftwaffe nicht gegeben sei.

Die Anschlussberufung hingegen sei begründet. Im Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009 sei eine parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst in einem Gesamtumfang von 38 Tagen, 43 Stunden und 45 Minuten erfolgt, so dass sich abzüglich der bereits rechtskräftig zuerkannten 21 Tage ein weiterer Ausgleichsanspruch im Umfang von 17 Tagen, 43 Stunden und 45 Minuten ergebe. In der Zeit vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 habe die Beklagte in einem Gesamtumfang von 14 Tagen, 10 Stunden und 30 Minuten ein Zusammenfallen von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst angeordnet, so dass ihm - zusätzlich zu den von der Beklagten mit ihrer Berufung zu Unrecht angegriffenen 14 Tagen - ein weiterer Zeitausgleich im Umfang von 10 Stunden und 30 Minuten zustehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg (dazu unter A); hinsichtlich der Anschlussberufung des Klägers ist dies in ganz überwiegendem Umfang der Fall (dazu unter B).

A. Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich.

I. Insoweit ist klarstellend vorauszuschicken, dass sich die Beklagte nicht mehr gegen das ursprünglich streitige Begehren des Klägers wendet, ihm für die parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst im Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009 einen Zeitausgleich im Umfang von 21 Tagen zu gewähren. Denn soweit das Verwaltungsgericht die Beklagte mit Urteil vom 19. Dezember 2012 zu einer entsprechenden Zeitausgleichsgewährung verpflichtet hat, ist die Beklagte mit ihrem hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung nicht durchgedrungen (Nds. OVG, Beschluss vom 26.1.2015 - 5 LA 32/13 -), so dass das vorinstanzliche Urteil insoweit in Rechtskraft erwachsen ist. Gegenstand der Berufung der Beklagten ist daher allein die Frage, ob der Kläger für die parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 Zeitausgleich in einem Umfang 14 Tagen beanspruchen kann. Nur insoweit hat der Senat mit seinem Beschluss vom 26. Januar 2015 (a. a. O.) die Berufung der Beklagten gegen das klagstattgebende erstinstanzliche Urteil zugelassen.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat sie zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger für die parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 einen Zeitausgleich im Umfang von 14 Tagen zu gewähren. Dem Kläger steht ein entsprechender Anspruch nicht zu, so dass seine diesbezügliche Verpflichtungsklage erfolglos bleibt.

1. Dass dem Kläger als Besatzungsmitglied eines strahlgetriebenen Kampfflugzeuges infolge seiner Teilnahme an Alarmrottendiensten, die in der Zeit vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 stattgefunden haben, jeweils Ruhezeiten zustanden, ist zwischen den Beteiligten unstreitig, ebenso wie der Umfang dieser Ruhezeiten.

2. Ferner steht zwischen den Beteiligten nicht in Streit, dass der Kläger wegen seiner im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 erfolgten Teilnahme an Alarmrottendiensten dem Grunde nach einen Anspruch auf Ausgleich besonderer zeitlicher Belastungen erworben hat. Dieser findet seine Rechtsgrundlage im Erlass Fü S I 11998 in der ab dem 1. Februar 2003 geltenden Fassung, der einen „Ausgleich für mehrgeleisteten Dienst“ regelt und für besondere zeitliche Belastungen, die durch anrechenbaren Dienst entstehen, „Freistellung vom Dienst“ bzw. „Vergütung/erhöhten Wehrsold“ vorsieht.

3. Uneinigkeit besteht zwischen den Beteiligten allein darüber, ob beide Ansprüche (teilweise) parallel gewährt bzw. angeordnet werden können, das heißt ob insoweit eine (teilweise) Anrechnung bzw. Verrechnung zulässig ist. Diese Frage ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu bejahen, so dass dem Kläger der geltend gemachte (weitere) Zeitausgleichsanspruch nicht zusteht.

a) Als Verrechnungs- bzw. Anrechnungsvorschrift ist hier Nr. 25130 FBH III/1 in der seit dem 1. April 2009 geltenden Fassung heranzuziehen. Nach dessen Absatz 1 wird „Ruhezeit“ definiert als eine

„zusammenhängende Zeit, während der ein Besatzungsmitglied von Dienstleistungen jeglicher Art befreit ist (Freizeit, FvD [= Freistellung vom Dienst], Urlaub, Wochenende, KzH [krank zu Hause], etc.) und in der eigenen Wohnung oder einer geeigneten Unterkunft Gelegenheit zur Bettruhe hat“.

Gemäß Absatz 2 der Vorschrift ist der Flugbetrieb so zu organisieren, dass Luftfahrzeugbesatzungen eine Einhaltung der vorgeschriebenen Ruhezeiten ermöglicht wird; Luftfahrtbesatzungen hätten Urlaubszeiten und Zeiträume, in denen Freistellung vom Dienst gewährt werde, sowie sonstige dienstfreie Zeiten als Ruhezeiten zu nutzen (Absatz 4 der Vorschrift). Damit hat die Beklagte ausdrücklich geregelt, dass Ruhezeiten und Freistellung vom Dienst gleichzeitig gewährt bzw. angeordnet werden können (ebenso bereits der Zulassungsbeschluss des erkennenden Senats vom 26.1.2015 - 5 LA 32/13 -, Beschlussabdruck - BA -, S. 8).

b) Soweit Nr. 25130 FBH III/1 die parallele Gewährung bzw. Anordnung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst regelt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorschrift ist von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG gedeckt (dazu unter aa) sowie mit Sinn und Zweck von Ruhezeit (dazu unter bb) und Freistellung vom Dienst (dazu unter cc) vereinbar. Die übrigen Einwände des Klägers schließen ein Zusammenfallen von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst ebenfalls nicht aus (dazu unter dd).

aa) Rechtsgrundlage für die Gewährung bzw. Sicherstellung dieser Ruhezeit für den Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 ist § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG in der jeweils maßgeblichen Fassung in Verbindung mit Kapitel 1 (Allgemeine Bestimmungen), II. (Luftfahrzeugbesatzungen) der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 19/2 „Flugbetriebsordnung für bemannte Luftfahrzeuge der Bundeswehr“ vom 9. März 2007 in Verbindung mit Kapitel 3 (Richtwerte für Flug-, Flugdienst- und Ruhezeiten) der „Besonderen Anweisung Luftwaffenbundesamt, Abteilung Flugbetrieb in der Bundeswehr 505/5101“ vom 23. Oktober 2007, geändert am 20. Mai 2010, in Verbindung mit Kapitel 25 des Flugbetriebshandbuches III/1 in der seit dem 1. April 2009 geltenden Fassung.

(1) Das Luftverkehrsgesetz, das die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge regelt (§ 1 Abs. 1 LuftVG), gilt grundsätzlich auch für die militärische Luftfahrt (Kämper, in: Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, Stand: Juli 2013, § 30 Rn. 1).

Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftVG erlässt das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit Zustimmung des Bundesrates die zur Durchführung des Luftverkehrsgesetzes und von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft notwendigen Rechtsverordnungen über das Verhalten im Luftraum und am Boden, insbesondere Flugvorbereitungen, Verhalten bei Start und Landung und die Benutzung von Flughäfen. Zum „Verhalten am Boden“ in diesem Sinne gehört auch die Sicherstellung der Dienst- und Einsatzfähigkeit des Flugpersonals durch Ruhezeiten, um Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs und die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu verhindern. Soweit Rechtsverordnungen die zur Gewährleistung der Sicherheit des Luftverkehrs und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendigen Einzelheiten über die Durchführung von Verhaltensvorschriften nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftVG regeln, ist gemäß § 32 Abs. 3 Satz 2 LuftVG eine Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich; außerdem kann das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nach § 32 Abs. 3 Satz 2 LuftVG durch Rechtsverordnung auf das Luftfahrt-Bundesamt übertragen (§ 32 Abs. 3 Satz 3 LuftVG).

Beruhend auf der Verordnungsermächtigung des § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 LuftVG regelt § 55 Abs. 1 Satz 1 LuftBO, dass der Luftfahrtunternehmer für die Mitglieder der Besatzungen von Luftfahrzeugen die höchstzulässigen Flugzeiten und Flugdienstzeiten sowie angemessene Ruhezeiten festzulegen hat. Die Regelung muss den hierzu erlassenen Vorschriften des Luftfahrt-Bundesamtes entsprechen und gewährleisten, dass die sichere Flugdurchführung nicht gefährdet wird (§ 55 Abs. 1 Satz 2 LuftBO); sie bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde (§ 55 Abs. 1 Satz 3 LuftBO). Der Luftfahrtunternehmer hat für die Einhaltung der höchstzulässigen Flugzeiten und Flugdienstzeiten sowie Ruhezeiten zu sorgen (§ 55 Abs. 1 Satz 4 LuftBO) und über die von den Besatzungen geleisteten Flug-, Flugdienst- und Ruhezeiten fortlaufend Aufzeichnungen zu führen (§ 55 Abs. 1 Satz 5 LuftBO). „Luftfahrtunternehmen“ in diesem Sinne sind zwar nur die in §§ 20ff. LuftVG aufgeführten juristischen oder natürlichen Personen sowie Personenhandelsgesellschaften, zu denen mangels Gewerblichkeit bzw. Entgeltnahme für Beförderungsleistungen die Beklagte mit ihrer Bundeswehrverwaltung nicht gehört. § 55 Abs. 2 Satz 1 LuftBO regelt jedoch, dass, wer als Halter von Luftfahrzeugen außerhalb von Luftfahrtunternehmen berufsmäßig tätige Luftfahrzeugführer beschäftigt, für die Mitglieder der Flugbesatzung die höchstzulässigen Flugzeiten und Flugdienstzeiten sowie angemessene Ruhezeiten festzulegen hat; die Vorschriften des § 55 Abs. 1 Satz 2 bis 5 LuftBO gelten entsprechend (§ 55 Abs. 2 Satz 2 LuftBO), wobei an die Stelle der Aufsichtsbehörde nach § 55 Abs. 1 Satz 3 LuftBO andere, im Einzelnen benannte Behörden treten. Dementsprechend ist die Beklagte, welche als Halterin von Luftfahrzeugen außerhalb von Luftfahrtunternehmen berufsmäßig tätige Luftfahrzeugführer beschäftigt, gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 LuftVG in Verbindung mit § 55 Abs. 2 LuftBO verpflichtet, für diese Luftfahrzeugführer die höchstzulässigen Flugzeiten und Flugdienstzeiten sowie angemessene Ruhezeiten festzulegen.

Im Hinblick auf die nähere Ausgestaltung der gemäß § 55 Abs. 1 und Abs. 2 LuftBO zu treffenden Festlegungen hat der Verordnungsgeber von der in § 32 Abs. 3 Satz 3 LuftVG enthaltenen Subdelegationsbefugnis Gebrauch gemacht und in § 56 Satz 1 Nr. 1 LuftBO das Luftfahrt-Bundesamt ermächtigt, soweit dies zur Gewährleistung der Sicherheit des Luftverkehrs und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist, durch Rechtsverordnung die Einzelheiten zu regeln, welche zur Durchführung der in der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät enthaltenen Verhaltensvorschriften nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftVG erforderlich sind. Aufgrund dieser Ermächtigung hat das Luftfahrt-Bundesamt die Zweite Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät erlassen, welche in den - für den Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 - maßgeblichen Fassungen die Begriffe „Flugdienstzeit“ (§ 3 2. DV LuftBO a. F./§ 2 Abs. 3 2. DV LuftBO n. F.) und „Ruhezeit“ (§ 6 2. DV LuftBO a. F./ § 2 Abs. 8 2. DV LuftBO n. F.) definiert und den Luftfahrtunternehmer verpflichtet, für alle Besatzungsmitglieder höchstzulässige Dienstzeiten, Flugdienstzeiten und Blockzeiten sowie angemessene Ruhezeiten festzulegen, die den Vorschriften der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät entsprechen (§ 1 Abs. 2 2. DV LuftBO a. F./ § 3 Abs. 1 Satz 1 2. DV LuftBO n F.). Zur Ruhezeit ist weiter geregelt, das der Luftfahrtunternehmer sicherzustellen hat, dass diese den Besatzungsmitgliedern ausreichend Zeit geben, sich von den Auswirkungen des vorangegangenen Dienstes zu erholen und zu Beginn der darauf folgenden Flugdienstzeit gut ausgeruht zu sein (§ 3 Abs. 4 2. DV LuftBO n. F.); der Luftfahrtunternehmer hat sicherzustellen, dass die Flugdienstzeiten so geplant werden, dass die Besatzungsmitglieder ausreichend ermüdungsfrei bleiben können, um ihren Dienst unter allen Umständen mit befriedigendem Sicherheitsniveau ausüben zu können (§ 3 Abs. 5 2. DV LuftBO n F.). Die Vorschrift des § 9 2. DV LuftBO a. F./ § 15 2. DV LuftBO n. F. legt sodann Ruhezeiten für verschiedene Flugdienstkonstellationen fest, während sich in § 10 2. DV LuftBO/ §§ 16 bis 20 2. DV LuftBO n. F. Sonderregelungen bzw. Ausnahmetatbestände finden. Außerdem enthält die Zweite Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät in den hier maßgeblichen Fassungen „Anrechnungstatbestände“ dergestalt, dass Ortstage die vorgeschriebenen Ruhezeiten beinhalten (§ 3a Abs. 1 Satz 2 2. DV LuftBO a. F./§ 6 Satz 2 2. DV LuftBO n. F.) und dass Bereitschaftszeiten als Ruhezeit angerechnet werden können (§ 6 Satz 2 2. DV LuftBO a. F./ § 14 Abs. 3 2. DV LuftBO n. F.). Alle Regelungen der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät gelten zwar nur für Mitglieder der Besatzung an Bord von Zivilluftfahrzeugen, die für die Zivilluftfahrt eingesetzt werden (§ 1 Abs. 1 2. DV a. F./§ 1 Abs. 1 Satz 1 2. DV LuftBO n. F.); für Halter von Luftfahrzeugen, die berufsmäßig tätige Besatzungsmitglieder beschäftigen, gelten die Vorschriften der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät jedoch entsprechend (§ 1 Abs. 3 Satz 1 2. DV LuftBO a. F./ § 1 Abs. 1 Satz 2 2. DV LuftBO n. F.). Damit war bzw. ist also grundsätzlich auch die Beklagte gehalten, die Vorschriften der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät, insbesondere die dort enthaltenen Vorschriften über die Gewährung bzw. Sicherstellung von Ruhezeiten, zu beachten.

(2) Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG ist allerdings (unter anderem) die Bundeswehr berechtigt, von den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Luftverkehrsgesetzes (= §§ 1 bis 32d LuftVG) - ausgenommen der §§ 12, 13 und 15 bis 19 - und den zu seiner Durchführung erlassenen Vorschriften abzuweichen, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist. Von den Vorschriften über das Verhalten im Luftraum darf gemäß § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG nur abgewichen werden, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zwingend notwendig ist. § 30 Abs. 2 Satz 1 LuftVG bestimmt, dass die Verwaltungszuständigkeiten aufgrund des Luftverkehrsgesetzes für den Dienstbereich der Bundeswehr durch die Dienststellen der Bundeswehr nach den Bestimmungen des Bundesministeriums der Verteidigung wahrgenommen werden. Hieraus folgt, dass die Bundeswehr in Abweichung von den Vorschriften über die Gewährung bzw. Sicherstellung von Ruhezeiten nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 und 3 LuftVG, § 55 Abs. 1 und Abs. 2 LuftBO und den Vorschriften der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät eigene Regelungen über die Gewährung bzw. Sicherstellung von Ruhezeiten für die von ihr eingesetzten Flugbesatzungen erlassen kann, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung „erforderlich“ ist. Die - höheren - Anforderungen des § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG („zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zwingend notwendig“) sind hier nicht einschlägig, weil die Gewährung bzw. Sicherstellung von Ruhezeiten kein Verhalten im Luftraum, sondern - wie dargelegt - ein Verhalten am Boden betrifft.

Eine Abweichung ist im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG „erforderlich“, wenn die Aufgabenerfüllung der jeweiligen Behörde sie „erfordert“ (Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, Stand: August 2015, Bd. 1.1, § 30 Rn. 7). Dabei ist indes zu berücksichtigen, dass den entsprechenden Behörden bei der Einschätzung der „Erforderlichkeit“ ein - verwaltungsgerichtlich nur begrenzt überprüfbarer - Beurteilungsspielraum zukommt. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG ist geklärt, dass der Bundeswehr bei der Entscheidung, was zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Verteidigungsaufgaben zwingend notwendig ist, ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum zusteht (BVerwG, Beschluss vom 25.5.1987 - BVerwG 4 B 79.87 -, juris Rn. 4; Beschluss vom 6.8.1993 - BVerwG 11 B 36.93 -, juris Rn. 5; Urteil vom 14.12.1994 - BVerwG 11 C 18.93 -, juris Rn. 24; Beschluss vom 5.9.2006 - BVerwG 4 B 58.06 -, juris Rn. 7; Urteil vom 10.4.2013 - BVerwG 4 C 3.12 -, juris Rn. 15), dem eine eingeschränkte gerichtliche Kontrollbefugnis korrespondiert. Die Verwaltungsgerichte können die luftverkehrsrechtliche Abweichungsentscheidung nur daraufhin überprüfen, ob die Bundeswehrverwaltung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, den durch § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG bestimmten Rahmen erkannt hat, sich von sachgerechten Erwägungen hat leiten lassen und die betroffenen Interessen in die gebotene Abwägung eingestellt und nicht unverhältnismäßig zurückgesetzt hat (BVerwG, Beschluss vom 6.8.1993, a. a. O., Rn. 5; Urteil vom 14.12.1994, a. a. O., Rn. 24; Urteil vom 10.4.2013, a. a. O., Rn. 15). Diese Rechtsprechung ist für Abweichungsentscheidungen nach § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG entsprechend heranzuziehen (ebenso Giemulla, a. a. O., § 30 Rn. 24).

Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass § 30 Abs. 1 LuftVG die Frage der Häufigkeit der Ausnahmen ausdrücklich offen lässt, so dass von der Abweichungsbefugnis im Einzelfall, bei entsprechendem Regelungsbedürfnis aber auch generell, Gebrauch gemacht werden kann (Giemulla, a. a. O., § 30 Rn. 25).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze vermag der Senat ein Nichtvorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG nicht festzustellen. Die Beklagte hat mit den - im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden - Bestimmungen in Kapitel 1, Nr. 116 der ZDv 19/2 „Flugbetriebsordnung für bemannte Luftfahrzeuge der Bundeswehr“ vom 9. März 2007, Kapitel 3, I. der „Besonderen Anweisung des Luftwaffenbundesamtes, Abteilung Flugbetrieb in der Bundeswehr 505/5101“ vom 23. Oktober 2007, geändert am 20. Mai 2010, sowie mit den Regelungen in Kapitel 25 des Flugbetriebshandbuchs III/1 in der ab dem 1. April 2009 geltenden Fassung generelle Abweichungsregelungen getroffen. Zur Begründung dieser Regelungen hat sie vorgebracht, der Verteidigungsauftrag der Bundeswehr nach Art. 87a GG, die Inübunghaltung ihrer Piloten für den Einsatzfall sowie die Tatsache, dass Kampfflugzeuge im zivilen Luftraum - verbunden mit dem entsprechenden Gefahren- und Schadenspotential - geführt würden, erforderten gesonderte Regelungen für Flug-, Flugdienst- und Ruhezeiten der Besatzungsmitglieder, um zu gewährleisten, dass diese ausreichend ermüdungsfrei blieben, um ihren Dienst unter allen Umständen mit befriedigendem Sicherheitsniveau ausüben zu können; hierzu dienten insbesondere die in Kapitel 25 des Flugbetriebshandbuchs III/1 niedergelegten Bestimmungen. Damit hält die Abweichungsentscheidung der eingeschränkten (siehe oben) gerichtlichen Kontrolle stand. Dass die Beklagte den ihr durch § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG gesetzten Rahmen nicht erkannt hätte oder die zur Ausfüllung dieses Rahmens angestellten Erwägungen sachfremd wären, ist angesichts der dargelegten Begründung nicht ersichtlich.

Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt Nr. 25130 FBH III/1 auch nicht gegen andere (höherrangige) Verwaltungsvorschriften der Beklagten. In Anlage 1/3 der ZDv 19/2 „Flugbetriebsordnung für bemannte Luftfahrzeuge der Bundeswehr“ vom 9. März 2007 wird „Ruhezeit“ definiert als eine „zusammenhängende Zeit zwischen zwei Flugdienstzeiten, während der ein Besatzungsmitglied von Dienstleistungen jeglicher Art befreit ist und in der eigenen Wohnung oder einer geeigneten Unterkunft Gelegenheit zur Bettruhe hat (Bl. 310/GA). Nr. 316 der „Besonderen Anweisung des Luftwaffenbundesamtes, Abteilung Flugbetrieb in der Bundeswehr 505/5101“ vom 23. Oktober 2007, geändert am 20. Mai 2010, bestimmt, dass Ruhezeit eine zusammenhängende Zeit von mindestens 10 Stunden sei, während der ein Besatzungsmitglied von Dienstleistungen jeglicher Art befreit sei; darüber hinaus ist Nr. 316 der genannten Vorschrift zu entnehmen, dass dem Besatzungsmitglied in der eigenen Wohnung oder einer geeigneten Unterkunft Gelegenheit zur Bettruhe gegeben werden muss (Bl. 353/GA). Zur Möglichkeit der parallelen Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst enthalten also weder die ZDv 19/2 noch die „Besonderen Anweisung des Luftwaffenbundesamtes, Abteilung Flugbetrieb in der Bundeswehr 505/5101“ eine Regelung.

bb) Die Anrechnungsvorschrift der Nr. 25130 FBH III/1 ist zudem mit Sinn und Zweck der Ruhezeitregelung vereinbar.

Hintergrund der Verpflichtung gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 und 3 LuftVG in Verbindung mit § 55 Abs. 1 und Abs. 2 LuftBO, für Mitglieder der Besatzung von Luftfahrzeugen angemessene Ruhezeiten festzulegen, ist die Absicht, Situationen zu vermeiden, in denen Luftfahrzeuge von übermüdeten Besatzungsmitgliedern bedient werden und hieraus Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere für die Flugsicherheit - und hieraus resultierend - für die körperliche Unversehrtheit bzw. für Leib und Leben der Besatzungsmitglieder sowie Dritter - entstehen; für den Bereich der Bundeswehr tritt noch die Sicherstellung des Verteidigungsauftrages hinzu. Dementsprechend weist Nr. 25000 FBH III/1 n.F. als Zielsetzung unter anderem der Regelung über die Ruhezeiten die Vermeidung von Situationen aus, in denen Kampfflugzeuge der Luftwaffe von übermüdeten Besatzungsmitgliedern bedient werden. Diesem Zweck ist auch dann vollumfänglich gedient, wenn Ruhezeit und Freistellung vom Dienst zeitgleich gewährt werden. Denn während Zeiten der „Freistellung vom Dienst“ leistet der Soldat tatsächlich keinen Dienst. Wird also für eine zusammenhängende Zeit Freistellung vom Dienst gewährt bzw. angeordnet und besteht in dieser Zeit für das betreffende Besatzungsmitglied in der eigenen Wohnung oder einer geeigneten Unterkunft Gelegenheit zur Bettruhe, so wird damit Sinn und Zweck der Ruhezeit entsprochen.

cc) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass eine parallele Gewährung bzw. Anordnung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst Sinn und Zweck der Freistellung vom Dienst zuwiderliefe.

Der Erlass über den Ausgleich besonderer zeitlicher Belastungen für Soldaten regelt den „Ausgleich für mehrgeleisteten Dienst“ (vgl. Vorbemerkung Fü S I 11998). „Freistellung vom Dienst“ (bzw. „Vergütung/erhöhter Wehrsold“) ist der Ausgleich für besondere zeitliche Belastungen, welche durch anrechenbaren Dienst entstehen (Nr. III. A. 7 Fü S I 11998); dabei ist „Dienstzeit“ die Zeit, in der ein Soldat gemäß Dienstplan oder aufgrund anderer Befehle zur Dienstleistung eingeteilt ist (Nr. II. 4 Fü S I 11998), „anrechenbar“ ist jede angeordnete oder genehmigte Inanspruchnahme des Soldaten durch die in Nr. III. A. 8 Fü S I 11998 aufgezählten oder vergleichbaren Dienste, also etwa durch Ausbildungsdienst und Übungen, Flugdienst, Seedienst oder dienstlich angeordnete Einsätze Hilfeleistung in Katastrophenfällen etc.. „Freistellung vom Dienst“ nach dem Erlass Fü S I 11998 ist also Freizeitausgleich für dienstlich angeordneten mehrgeleisteten Dienst und damit strukturell mit beamtenrechtlichen Mehrarbeitsausgleichsregelungen vergleichbar, wie sie etwa in § 88 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) enthalten sind. Nach § 88 Satz 2 BBG ist einem Beamten, wenn er durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als 5 Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht wurde, innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, welche über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet wurde, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren; ist die Dienstbefreiung aus zwingenden Gründen nicht möglich, können Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten (§ 88 Satz 3 BBG). Was Zeitpunkt und Umfang derartiger, auf die Gewährung von Freizeit gerichteter Ausgleichsansprüche betrifft, gilt im Beamtenrecht der Grundsatz, dass insoweit ein weites Organisationsermessen des Dienstherrn besteht, welches neben den dienstlichen Belangen allerdings auch das Interesse des Beamten berücksichtigen muss (vgl. Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: September 2015, Bd. 1, § 88 BBG R. 26). So kann der Dienstherr grundsätzlich die Freizeitgewährung für einen Zeitraum personeller Unterbesetzung oder hohen Arbeitsanfalls ablehnen, ebenso wie er Zeitausgleich auf Zeiträume geringerer Arbeitsbelastung beschränken kann.

Bei Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt sich, dass die Beklagte - wenn sie über die Art des Ausgleichs und den Zeitpunkt der Freistellung vom Dienst von Amts wegen entscheidet (vgl. Nr. III. C. 14 Erlass Fü S I 11998) - in Ausübung ihres weiten Organisationsermessens nicht daran gehindert war, eine (generelle) Regelung zu treffen, wonach Zeitausgleich in Form der Freistellung vom Dienst für einen Zeitraum gewährt bzw. angeordnet wird, in welchem dem Betreffenden Gelegenheit zur Ruhe gegeben werden muss.

Dass die Interessen der Betreffenden einer solchen Regelung entgegenstünden, ist nicht ersichtlich. Der Grundsatz, dass Freistellung vom Dienst möglichst im Anschluss an die besonderen zeitlichen Belastungen gewährt werden solle (vgl. Nr. III. C. 16 Fü S I 11998), dient erkennbar gerade dem Interesse der Soldaten, sich nach Mehrbelastungen umgehend durch entsprechende Entlastungen erholen zu können. Die Auffassung des Klägers, ihm stehe neben der gemäß § 55 Abs. 1, Abs. 2 LuftBO sicherzustellenden angemessenen Ruhezeit ein nicht anrechenbarer Anspruch auf Freistellung vom Dienst zu, wäre nur dann überzeugend, wenn dem Anspruch auf Freistellung vom Dienst infolge der Teilnahme an Alarmrottendiensten mit Flugdienst ein besonderer, über den Zeitausgleich für Mehrarbeit hinausgehender Zweck innewohnte, der es verböte, Freistellung vom Dienst zeitgleich mit Ruhezeit zu gewähren bzw. die Ruhezeit durch die Gewährung von Freistellung vom Dienst sicherzustellen. Dies ist aber nicht der Fall. Denn Freistellung vom Dienst nach dem Erlass Fü S I 11998 gilt für alle Soldaten mit Dienstbezügen aus den Besoldungsordnungen A und Wehrsoldempfänger und damit nicht nur für Luftfahrzeugführer der Bundesluftwaffe. Außerdem entstehen die „Freistellung-vom-Dienst-Zeiten“ - wie die Kläger in den Parallelverfahren 5 LB 166/14 und 5 LB 167/14 nachvollziehbar geltend gemacht haben - nicht durch den Flugdienst, sondern durch die langen Bereitschaftsdienstzeiten während der Alarmrottendienste. Dementsprechend sind die „Freistellung-vom-Dienst-Zeiten“, welche Luftfahrzeugführern infolge der Teilnahme an Alarmrottendiensten erworben haben, gerade nicht dem Umstand geschuldet, dass der Flugdienst während dieser Schichten so belastend ist, dass die luftverkehrsrechtliche Ruhezeit zur Regeneration nicht genügen würde. Da-rüber hinaus wird den besonderen, aus der fliegerischen Verwendung resultierenden Belastungen durch die Zulage nach der Anlage I zu § 20 Abs. 2 Satz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG), Vorbemerkungen II. Nr. 6, Rechnung getragen.

dd) Die übrigen Einwände des Klägers vermögen sein Begehren auf Gewährung weiterer „Freistellung-vom-Dienst-Zeiten“ für die im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 geleistete Mehrarbeit ebenfalls nicht zu stützen.

(1) Die Frage, ob Nr. 25130 FBH III/1 n. F. rechtmäßig ist, soweit sie auch eine parallele Gewährung bzw. Anordnung von Ruhezeit und Krankheitszeiten vorsieht, betrifft eine vollständig andere, hier nicht entscheidungserhebliche Sachverhaltskonstellation und ist schon deshalb nicht geeignet, das Klagebegehren zu rechtfertigen. Da Nr. 25130 FBH III/1 insoweit abgrenzbare Regelungen enthält, kann die streitgegenständliche Verrechnung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst isoliert betrachtet werden.

(2) Soweit der Kläger der Begründung des Verwaltungsgerichts - Freistellung vom Dienst könne nur gewährt bzw. angeordnet werden, wenn der Soldat ansonsten zur Dienstleistung verpflichtet sei; zur Dienstleistung verpflichtet sei der Soldat gemäß Nr. II. 4 Fü S I 11998 nur, wenn er gemäß Dienstplan oder anderer Befehle zur Dienstleistung eingeteilt sei; in der luftverkehrsrechtlich vorgeschriebenen Ruhezeit dürfe der Soldat jedoch zu keinem Dienst eingeteilt werden, so dass er auch nicht vom Dienst freigestellt werden könne - beitritt, dringt er hiermit ebenfalls nicht durch.

Dabei kann offen bleiben, ob sich die Beklagte auf die - eine vergleichbare Argumentation ablehnende - Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts berufen kann, welches die Gewährung von Freizeitausgleich für geleistete Bereitschaftszeiten nach § 12 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 des Tarifvertrages für die Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 (TV-Ärzte/VKA) während der gesetzlichen Ruhezeit gemäß § 5 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) für zulässig erachtet hat (BAG, Urteil vom 22.7.2010, a. a. O., Rn. 4, 10ff.; vgl. auch BAG, Urteil vom 13.2.1992 - 6 AZR 638/89 -, juris Rn. 8, 28ff. zur Zulässigkeit eines tarifvertraglichen Freizeitausgleichsanspruchs während der Ruhezeit nach § 12 Abs. 1 der Arbeitszeitordnung - ArbZO -), oder ob eine Übertragung jener Rechtsprechung auf den Streitfall ausscheidet, weil im Arbeitsrecht das Synallagma zwischen Dienstleistung und Bezahlung beherrschend im Vordergrund steht, während die Besoldung im Soldatenrecht - ebenso wie im Beamtenrecht - keine Gegenleistung für den Dienst des Betreffenden darstellt, sondern Teil der komplexen Rechts- und Pflichtenstellung ist, in der der Beamte oder Soldat und der Dienstherr einander gegenüberstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.9.2004 - BVerwG 2 C 61.03 -, juris Rn. 22 [für das Beamtenverhältnis]).

Denn die auf Nr. II. 4 des Erlasses Fü S I 11998 gestützte Argumentation des Verwaltungsgerichts lässt unberücksichtigt, dass jene Bestimmung lediglich regelt, für welche Zeiten mehrgeleisteten Dienstes ein Ausgleich in Betracht kommt, nämlich für „Dienstzeit“ - also Zeit, in der ein Soldat gemäß Dienstplan oder aufgrund anderer Befehle zur Dienstleistung eingeteilt ist (Nr. II. 4 Erlass Fü S I 11998) -, welche „anrechenbar“ ist (Nr. III. A. 7 bis 10 Fü S I 11998). Für die Frage, ob Freistellung vom Dienst aufgrund „anrechenbaren Dienstes“ in diesem Sinne parallel zur luftverkehrsrechtlichen Ruhezeit gewährt werden kann, gibt der Erlass Fü S I 11998 hingegen nichts her. Insoweit ist allein die Anrechnungsvorschrift der Nr. 25130 FBH III/1 einschlägig, die - soweit sie das Zusammenfallen von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst ermöglicht - aus den oben dargelegten Gründen keinen rechtlichen Bedenken begegnet; ergänzend verweist der Senat zudem auf seine Urteile vom heutigen Tage in den Parallelverfahren 5 LB 166/14 und 5 LB 167/14.

B. Mit seiner Anschlussberufung dringt der Kläger in ganz überwiegendem Umfang durch.

I. Die Anschlussberufung ist zulässig, insbesondere ist sie nicht unter Verstoß gegen die Frist des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO eingelegt worden, wonach die Anschließung innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründungsschrift erfolgen muss. Da hier eine förmliche Zustellung der Berufungsbegründungsschrift der Beklagten vom 23. Februar 2015 - eingegangen beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht am Folgetag (Bl. 169/GA) - nicht veranlasst worden ist, wurde gemäß § 57 Abs. 1 VwGO die Frist des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO nicht in Lauf gesetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.9.2010 - BVerwG 7 C 20.09 -, juris Rn. 18). Somit konnte sich der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 2. April 2015, dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht am selben Tage per Telefax übersandt (Bl. 180/GA), der Berufung der Beklagten anschließen. Ungeachtet des Umstandes, dass bei fehlendem Zustellungswillen die Zustellungsfiktion des § 56 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 189 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht eingreift (BVerwG, Urteil vom 23.9.2010, a. a. O., Rn. 18), hat der Kläger zudem nachgewiesen, die Berufungsbegründungsschrift der Beklagten am 2. März 2015 erhalten zu haben (vgl. Bl. 211/GA). Demensprechend hätte er auch bei Eingreifen der Frist des §§ 56 Abs. 2 VwGO, 189 ZPO mit seinem Schriftsatz vom 2. April 2015 rechtzeitig Anschlussberufung eingelegt.

II. Die Anschlussberufung des Klägers ist auch in der Sache weitgehend erfolgreich.

1. Indem der Kläger die Gewährung weiteren, über den Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens hinausgehenden Zeitausgleichs begehrt, hat er seine ursprüngliche Verpflichtungsklage erweitert und damit eine Klageänderung vorgenommen. Eine solche ist auch im Berufungsverfahren grundsätzlich zulässig (vgl. §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 91 VwGO); im Falle eines Klägers, der - wie hier - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vollständig obsiegt hat, jedoch nur im Wege der Anschlussberufung nach § 127 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.9.2010, a. a. O., Rn. 15). Die Klageerweiterung ist auch statthaft. Der Senat hält sie für sachdienlich (§ 91 Abs. 1, 2. Fall VwGO), weil für die geänderte Klage der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Klageänderung die endgültige Beilegung des Streites fördert.

2. Der Anschlussberufung bleibt allerdings der Erfolg versagt, soweit der Kläger für die parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 einen - über den vom Verwaltungsgericht zuerkannten und von der Beklagten mit Erfolg angegriffenen (siehe oben) Zeitausgleich im Umfang von 14 Tagen hinausgehenden - weiteren Ausgleich für besondere zeitliche Belastungen infolge seiner Teilnahme an Alarmrottendiensten im Umfang von 10 Stunden und 30 Minuten begehrt. Denn die Vorschrift der Nr. 25130 FBH III/1 n. F., welche Grundlage der entsprechenden Anrechnung gewesen ist, ist aus den oben angeführten Gründen rechtlich nicht zu beanstanden, so dass weitere Zeitausgleichsansprüche des Klägers für diesen Zeitraum ausscheiden.

3. Soweit der Kläger jedoch für die im Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009 erfolgte parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst einen - über den bereits rechtskräftig zuerkannten Ausgleichsanspruch im Umfang von 21 Tagen hinausgehenden - weiteren Zeitausgleich im Umfang von 17 Tagen, 43 Stunden und 45 Minuten beansprucht, war seinem (erweiterten) Verpflichtungsbegehren stattzugeben. Denn die parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst in diesem Zeitraum ist von der Zusicherung der seinerzeitigen Vorgesetzten des Klägers umfasst, im Falle der rechtskräftigen Zuerkennung des Klagebegehrens im „Musterverfahren“ 6 A 4334/06 entsprechend auch im Falle des Klägers zu verfahren; insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen in seinem Beschluss vom 26. Januar 2015 (- 5 LA 32/13 -, S. 9 bis 11) Bezug.

Die aus der mündlichen Zusicherung folgenden Ausgleichsansprüche sind - entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat geäußerten Rechtsauffassung - auch nicht verjährt. Einschlägig ist hier die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren (vgl. § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -), die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen ist frühestens mit Rechtskraft des von der Beklagten als Musterverfahren benannten Verfahrens - also des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 27. August 2008 (- 6 A 4334/06 -) - gegeben, welche mit Erlass des (Nichtzulassungs-)Beschlusses des erkennenden Senats vom 22. April 2010 (- 5 LA 408/08 -) eintrat. Dementsprechend begann die 3-jährige Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2010 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2013, so dass die Ausgleichsansprüche des Klägers für die im Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009 erfolgte parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst bei Klageerhebung am 3. Februar 2012 noch nicht verjährt waren. Soweit der Kläger die streitgegenständlichen Ausgleichsansprüche im Umfang von weiteren 17 Tagen, 43 Stunden und 45 Minuten erst im Wege der Anschlussberufung, eingegangen beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht am 2. April 2015 (Bl. 180ff./GA), geltend gemacht hat, war dies dem Umstand geschuldet, dass er nach den glaubhaften Bekundungen seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erst im Rahmen des Berufungszulassungsverfahrens davon Kenntnis erlangt hat, dass der Kläger des Parallelverfahrens 5 LB 167/14 noch über entsprechende Aufzeichnungen verfügte. Dementsprechend hatte der Kläger frühestens kurz nach Ergehen der entsprechenden Aufklärungsverfügung des Senats vom 30. Juli 2014 (Bl. 117/GA) Kenntnis darüber, dass über die von ihm bislang geltend gemachten Zeiten hinaus noch weitere Zeiten der parallelen Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst erfolgt waren, so dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB insoweit erst frühestens ab dem 30. Juli 2014 vorlagen. Somit waren die Ansprüche zum Zeitpunkt der Klageerweiterung am 2. April 2015 noch nicht verjährt. Selbst wenn man indes von einem früheren Verjährungsbeginn (mit Ablauf der Jahre 2005 bis 2009) ausgehen wollte, wären die im Rahmen der Anschlussberufung streitgegenständlichen Ansprüche gleichwohl nicht verjährt, weil die Erhebung der Verjährungseinrede aus den vom Verwaltungsgericht (UA, S. 8f.) zutreffend herausgestellten Gründen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt. Denn die Beklagte hat den Kläger aufgrund der mündlichen Zusicherung, die Ergebnisse des „Musterverfahrens“ auf alle anderen Besatzungsmitglieder übertragen zu wollen, davon abgehalten, verjährungshemmende Schritte einzuleiten, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte noch über entsprechende Dienstpläne verfügt hätte.

Soweit die Beklagte den Umfang des für den Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009 geltend gemachten weiteren Ausgleichsbegehrens für unschlüssig hält und zur Begründung dieser Auffassung auf Seite 14 des Beschlusses des erkennenden Senats vom 26. Januar 2015 - 5 LA 32/13 - verweist (Schriftsatz vom 19. Mai 2015, S. 1f. [Bl. 190f./GA]), kann dem nicht gefolgt werden. Dass der Senat im Zulassungsverfahren nur ganze Tage - nicht aber einzelne Mehrarbeitsstunden und -minuten - berücksichtigt hat, war allein dem Umstand geschuldet, dass das erstinstanzliche Klagebegehren lediglich ganze Tage umfasst hatte, der Streitgegenstand des Zulassungsverfahrens also insoweit begrenzt war. Der Kläger hat sein ursprüngliches Verpflichtungsbegehren jedoch gerade zulässigerweise (siehe oben) im Wege der Anschlussberufung auf weitere Tage, aber auch auf weitere Mehrarbeitsstunden und -minuten, erweitert. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat - wie dargelegt - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat glaubhaft bekundet, die entsprechenden Ansprüche erst zweitinstanzlich geltend gemacht zu haben, weil dem Kläger erst im Zulassungsverfahren bekannt geworden sei, dass der Kläger des Parallelverfahrens 5 LB 167/14 noch über Aufzeichnungen aus den entsprechenden Zeiträumen verfüge; auf diesen Aufzeichnungen basiere die mit Schriftsatz des Klägers vom 23. Januar 2015 übersandte tabellarische Aufstellung (Bl. 156/GA). Dieser schlüssigen Erklärung für die im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Ansprüche sowie der gut nachvollziehbaren tabellarischen Darstellung des Klägers ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Ihr pauschales Vorbringen, den vom Kläger im Rahmen der Anschlussberufung vorgetragenen Sachverhalt zu bestreiten, ist angesichts des Umstandes, dass sie als Dienstherr des Klägers über keinerlei Dienstpläne aus der entsprechenden Zeit mehr verfügt (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 4.9.2014, S. 1 [Bl. 126/GA]), ungeeignet, die vom Kläger substantiiert geltend gemachten weiteren Ausgleichsansprüche in Frage zu stellen.

C. Im Interesse der Klarheit ist es angezeigt, die Kostenentscheidung für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren einheitlich - das heißt unter Einbeziehung des im erstinstanzlichen und im Zulassungsverfahren streitigen sowie des im (Anschluss-)Berufungsverfahrens noch streitigen Begehrens - auszuwerfen.

In Anwendung von § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO entspricht es dem Gewicht des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, soweit der Kläger mit seinem Begehren auf Ausgleich für die im Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009 erfolgte parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst (rechtskräftig zuerkannte 21 Tage sowie im Wege der Anschlussberufung erfolgreich geltend gemachte weitere 17 Tage, 43 Stunden und 54 Minuten) durchgedrungen ist. Da das weitere, die parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 betreffende Ausgleichsbegehren des Klägers (= 14 Tage sowie im Wege der Anschlussberufung geltend gemachte weitere 10 Stunden und 30 Minuten) ohne Erfolg geblieben ist, waren die Verfahrenskosten insoweit dem Kläger aufzuerlegen. Hieraus ergibt sich, dass die Beklagte 73 Prozent und der Kläger 27 Prozent der gesamten Verfahrensko-sten zu tragen hat. Denn der Gesamtumfang des klägerischen Ausgleichsbegehrens beträgt 78.135 Minuten (Gesamtumfang des erstinstanzlichen Begehrens in Höhe von 35 Tagen [= 50.400 Minuten] + Gesamtumfang des Begehrens der Anschlussberufung in Höhe von 17 Tagen [= 24.480 Minuten] + 43 Stunden [= 2.580 Minuten] + 45 Minuten + 10 Stunden [= 600 Minuten] + 30 Minuten), wobei der Kläger in Höhe von 21 Tagen (= 30.240 Minuten) + 17 Tagen (= 24.480 Minuten) + 43 Stunden (= 2.580 Minuten) + 45 Minuten, das heißt in einem Gesamtumfang von 57.345 Minuten - also in Höhe von 73 Prozent des insgesamt mit der Verpflichtungsklage geltend gemachten Zeitausgleichs - obsiegt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für den ersten Rechtszug auf 1.861,08 EUR festgesetzt.

Für den zweiten Rechtszug bis zum 29. Januar 2015 wird der Streitwert ebenfalls auf 1.861,08 EUR, für die Zeit ab dem 30. Januar 2015 auf 501,06 EUR und für die Zeit ab dem 2. April 2015 auf 1.109,49 EUR festgesetzt.

Der Streitwert ist in Fällen wie dem vorliegenden nach Maßgabe des § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - zu bestimmen (vgl. etwa Nds. OVG, Beschluss vom 23.9.2008 - 5 LB 391/08 -; Beschluss vom 5.11.2013 - 5 LB 64/13 -; Beschluss vom 8.10.2015 - 5 LA 4/14 -). Er hat sich für den vom Kläger geltend gemachten Zeitausgleich - für den Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2009 im Umfang von insgesamt 38 Tagen, 43 Stunden und 45 Minuten sowie für den Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 im Umfang von insgesamt 14 Tagen, 10 Stunden und 30 Minuten - an dem - fiktiven - Betrag zu orientieren, der sich ergäbe, wenn die streitgegenständlichen Mehrarbeitsstunden finanziell zu vergüten wären (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 5.11.2013 - 5 LB 64/13 -; Beschluss vom 8.10.2015 - 5 LA 4/14 -). Einschlägig für diese Zeiträume ist gemäß § 50a des Bundesbesoldungsgesetzes - BBesG - (a. F.) die Verordnung über die Vergütung von Soldaten mit besonderer zeitlicher Belastung (SzBelVergV) in der jeweils maßgeblichen Fassung. Der Senat legt hier vereinfachend für das gesamte Zeitausgleichsbegehren die Sätze des so genannten großen Anrechnungsfalles (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 SzBelVergV) zugrunde, wonach Soldaten mit Dienstbezügen aus der Besoldungsordnung A, die mehr als 16 und höchstens 24 Stunden zusammenhängenden Dienst leisten, eine Vergütung erhalten, welche sich nach § 2 SzBelVergV bemisst; insoweit geht der Senat davon aus, dass § 2 Abs. 2, 2. Spiegelstrich SzBelVergV Anwendung findet. Dementsprechend ist für jeden zusammenhängenden Dienst von mehr als 16 und höchstens 24 Stunden eine Vergütung in Höhe von 35,79 EUR zu gewähren; eine Vergütung könnte der Kläger also nur für die von ihm geltend gemachten Mehrarbeitstage, nicht aber für die darüber hinaus geltend gemachten (einzelnen) Mehrarbeitsstunden und -minuten erhalten. Hiervon ausgehend war der erstinstanzliche Streitwert auf 1.861,08 EUR festzusetzen (38 Tage für den vor dem 1. April 2009 liegenden Zeitraum + 14 Tage für den Zeitraum danach = 52 Tage; 52 Tage x 35,79 EUR); die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts war von Amts wegen (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG a. F.) zu ändern.

Da der Zulassungsantrag der Beklagten den erstinstanzlichen Streitgegenstand voll umfasste, ist der Streitwert des zweiten Rechtszuges für die Zeit bis zur (ersten) Zustellung des Beschlusses des Senats vom 26. Januar 2015 (- 5 LA 32/13 -) am 29. Januar 2015 (Bl. 167, 168/Gerichtsakten - GA -) gemäß §§ 40, 47 Abs. 1, Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG ebenfalls auf 1.861,08 EUR festzusetzen.

Der Wert des Streitgegenstandes für die Folgezeit des Berufungsverfahrens - also für die Zeit ab dem 30. Januar 2015 - beträgt aufgrund des Umstandes, dass der Senat in seinem Beschluss vom 26. Januar 2015 (- 5 LA 32/13 -) die Berufung der Beklagten nur teilweise zugelassen hat, gemäß §§ 40, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG lediglich 501,06 EUR. Gegenstand des Berufungsverfahrens war zunächst nur die Frage, ob dem Kläger für die im Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 erfolgte parallele Gewährung von Ruhezeit und Freistellung vom Dienst im Umfang von 14 Tagen ein Ausgleichsanspruch zustand. Dementsprechend errechnet sich ein Streitwert in Höhe von 501,06 EUR (14 Tage x 35,79 EUR = 501,06 EUR).

Mit Eingang der Anschlussberufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht am 2. April 2015 war der Streitwert infolge der KIageerweiterung zu erhöhen. Nach den oben genannten Grundsätzen, wonach nur ganze Mehrarbeitstage (fiktiv) vergütet werden können, ergibt sich daher ein Streitwert in Höhe von 1.109,49 EUR (14 Tage für den Zeitraum ab dem 1. April 2009 und 17 Tage für den Zeitraum davor = 31 Tage; 31 Tage x 35,79 EUR = 1.109,49 EUR).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).