Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 14.04.2005, Az.: 9 W 14/05

Voraussetzungen für die Eintragung der Befreiung einer englischen Limited von den Beschränkungen des § 181 BGB

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.04.2005
Aktenzeichen
9 W 14/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 27577
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2005:0414.9W14.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 06.01.2005 - AZ: 25 T 6/04

Fundstellen

  • DStR 2006, 199 (Volltext mit amtl. LS)
  • GmbHR 2005, 1303-1304 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 2006, 324-325 (Volltext mit amtl. LS)
  • NZG 2006, 273 (Volltext mit amtl. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 2005, 572-573
  • WPg 2005, 1303

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die organschaftliche Vertretungsmacht der Geschäftsführer einer Zweigniederlassung einer englischen Limited richtet sich nach englischem Recht, da für diese Frage das Gesellschaftsstatut maßgeblich ist. Als Vorschrift des deutschen Rechts ist auch § 181 BGB daher nicht anwendbar, sodass das Organ einer englischen Gesellschaft von diesen Beschränkungen auch nicht befreit werden kann.

  2. 2.

    Die Eintragung der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB kann lediglich insofern erwogen werden, als das englische Gesellschaftsrecht vergleichbare Einschränkungen der Vertretungskompetenz enthält. Das ist jedenfalls nicht der Fall, wenn das besondere Informationsverfahren einzuhalten ist, das in Klausel 85 der Standardsatzung in Table A zum companies act 1985 fixiert ist.

In der Handelsregistersache
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 14. April 2005 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Antragstellerin vom 25. Januar 2005 gegen den Beschluss der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover vom 6. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Gesellschaft hat die Errichtung einer Zweigniederlassung zum Handelsregister angemeldet. Die abstrakte Vertretungsberechtigung der Gesellschaft sollte den Voraussetzungen des englischen Gesellschaftsrechts folgen. Die Gesellschaft sollte durch eine Geschäftsführerin (managing director) vertreten werden, wobei die Geschäftsführung berechtigt sein sollte, die Gesellschaft für die Tätigkeit der Zweigniederlassung sowie die Zweigniederlassung gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten und insoweit als Vertreterin der Niederlassung fungieren sollte. Des Weiteren war in der Anmeldung hinsichtlich der Geschäftsführerin angegeben: "Sie ist einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit." Das Amtsgericht hat die Eintragung der Einzelvertretungsbefugnis und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB abgelehnt, da es an einer entsprechenden Regelung der abstrakten Vertretungsbefugnis in der Satzung der englischen Hauptniederlassung fehle. Die gegen die Ablehnung der Eintragung gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Die weitere Beschwerde der Gesellschaft blieb ohne Erfolg.

Gründe

2

Zu Recht hat das Amtsgericht die von der Antragstellerin beantragte Eintragung der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB abgelehnt. Zwar ist im Rahmen der Anmeldung auch die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer der ausländischen Gesellschaft anzugeben (vgl. § 13 g Abs. 2 Satz 2 HGB i. V. m. § 8 Abs. 4 GmbHG). § 181 BGB - und demzufolge eine auf diese Vorschrift bezogene Regelung, insbesondere eine Befreiung von den Beschränkungen - ist aber auf die Geschäftsführer der Antragstellerin nicht anzuwenden. Regelungsgegenstand ist nämlich die organschaftliche Vertretungsmacht der Geschäftsführer. Im Gegensatz zur Auffassung der Antragstellerin richtet sich diese allerdings nach dem Gesellschaftsstatut (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, Anhang Art. 32 EGBGB Rdnr. 2; vgl. auch Wachter, GmbHR 2005, 170 l. Sp.). § 181 BGB kann also den Umfang der Vertretungsmacht der Geschäftsführer der Antragstellerin nicht regeln, sodass das Organ der englischen Gesellschaft von diesen Beschränkungen auch nicht befreit werden kann (Wachter, GmbHR 2005, 170 r. Sp.).

3

Die Eintragung der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB könnte demnach allenfalls insofern erwogen werden, als das englische Gesellschaftsrecht vergleichbare Einschränkungen der Vertretungskompetenz enthielte und eine dem deutschen Recht entsprechende Befreiung vorläge. Dies ist aber nicht zu erkennen: Für die Kompetenzen des Geschäftsführers (director) im englischen Recht gilt die sog. "noconflictrule", nach der sich der director in keine Position begeben darf, in der seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft mit seinem persönlichen Interesse kollidieren könnten (Schall, EWir 2004, 1226). Solche Geschäfte bedürften also der Zustimmung bzw. Genehmigung der Gesellschafterversammlung, sofern diese die Geschäfte nicht selbst abschließt (Schall, a. a. O.). Nichts anderes ergibt sich daraus, dass - wie die Antragstellerin mit der weiteren Beschwerde geltend gemacht hat - diese Regelung - da dispositiv - durch Art. 85 Table A abbedungen worden ist. Zwar mag sich dies den eingereichten Unterlagen entnehmen lassen. Indes verbleibt es dabei, dass die Vertretungsmacht des directors nicht uneingeschränkt ist, sondern es bei der Notwendigkeit einer "disclosure procedure" verbleibt (Schall, a. a. O.; Wachter, GmbHR 2005, 171). Unabhängig von der Frage, ob danach weiterhin wenigstens eine Zustimmung der übrigen Direktoren der Gesellschaft - anstelle der eigentlich zuständigen Gesellschafterversammlung - erforderlich ist, ist also ein besonderes Informationsverfahren einzuhalten, das in Klausel 85 der Standardsatzung in Table A zum companies act 1985 fixiert ist, nachdem nämlich den übrigen Direktoren die Art und der Umfang jeder wesentlichen Beteiligung offen gelegt werden muss. Im Übrigen bedürfen unabhängig davon bestimmte Rechtsgeschäfte in jedem Fall der Zustimmung der Gesellschafterversammlung (Wachter, a. a. O., S. 171 r. Sp.), was sich ebenfalls mit einer globalen Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht vereinbaren lässt, sodass im Ergebnis jedenfalls eine Vergleichbarkeit der Regelungen ausscheidet, die es rechtfertigen könnte, die von der Antragstellerin beantragte Eintragung "von den Beschränkungen des § 181 BGB" vorzunehmen.