Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 28.04.2005, Az.: 14 U 243/04
Anspruch auf einen Ersatz von Mietwagenkosten nach einem Unfall; Wirkungen einer Verzögerung der Überprüfung von Unfallschäden auf den Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten; Pflicht zur Ausführung einer Notreparatur an einem Unfallwagen bei einer solchen Möglichkeit zwecks Schadensminderung; Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten bei Nachkommen einer Schadensminderungspflicht; Nutzbarkeit eines Kraftfahrzeugs bei Bestehen einer Möglichkeit einer Notreparatur
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 28.04.2005
- Aktenzeichen
- 14 U 243/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 15195
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2005:0428.14U243.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 02.11.2004 - AZ: 3 O 25/04
Fundstellen
- MDR 2005, 1226 (Volltext mit red. LS)
- OLGReport Gerichtsort 2005, 341-343
- VRR 2005, 185
- ZAP 2005, 760 (amtl. Leitsatz)
- ZAP EN-Nr. 499/2005
Amtlicher Leitsatz
Macht der Unfallgeschädigte zu Unrecht Unfallschäden geltend und führt die Überprüfung zu einer Verzögerung der Reparatur, kann für diesen Zeitraum kein Ersatz von Mietwagenkosten verlangt werden.
Kann durch eine Notreparatur (hier: Justierung des Kofferraumdeckels) der Unfallwagen fahrbereit gemacht werden, ohne dass dadurch die Schadensbegutachtung beeinträchtigt wird, muss sie zur Schadensminderung ausgeführt werden. Geschieht dies nicht, kann kein Ersatz von Mietwagenkosten verlangt werden.
In dem Rechtsstreit
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2005
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 2. November 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(abgekürzt gemäß §§ 540, 313 a Abs. 1 ZPO):
Die Berufung der Klägerin, mit der sie weitergehenden Schadensersatz in Höhe von 17.113,12 EUR aus einem Verkehrsunfall vom 18. Juni 2003 im Wege abgetretenen Rechts verfolgt, erweist sich als unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht der Klägerin lediglich den unmittelbaren Fahrzeugschaden in Höhe der Reparaturkosten von 657,19 EUR sowie Ansprüche in Höhe von 237 EUR wegen Nutzungsausfalls für die Dauer einer 3tägigen Reparatur und in Höhe von 25 EUR wegen der allgemeinen Unfallkostenpauschale zugebilligt. Soweit das Landgericht hingegen weitere Forderungen in Höhe von rd. 16.500 EUR (!) Nutzungsausfall und Mietwagenkosten sowie knapp 600 EUR für die Anfertigung eines eigenen Gutachtens nicht zuerkannt hat, ist dies entgegen der Auffassung der Berufung nicht zu beanstanden. Auf die entsprechenden Ausführungen des Einzelrichters wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sei angemerkt, dass der Klägerin bereits nach ihrem eigenen Vortrag kein Anspruch auf die weitergehenden Nutzungsausfall und Mietwagenkosten (deren Höhe in Relation zu dem ausgesprochen geringen Reparaturaufwand skurril erscheinen mag) sowie auf die Kosten des von ihrem Ehemann in Auftrag gegebenen DEKRA-Gutachtens zustehen kann.
Es kann dabei dahinstehen, auf wessen urlaubsbedingter Abwesenheit bzw. auf welchen sonstigen Unzulänglichkeiten die zeitliche Verzögerung des von der Beklagten zu 2 verlangten Gutachtens des Sachverständigenbüros S. beruht hat. Zum einen nämlich gehen diese Verzögerungen schon deswegen nicht zu Lasten der Beklagten, weil deren Einwendungen gegen die vom Ehemann der Klägerin geltend gemachten angeblichen weiteren Unfallschäden, wie sich durch dieses Gutachten herausgestellt hat, berechtigt gewesen sind. Der Ehemann der Klägerin hat nämlich u. a. als unfallbedingten Sachschaden geltend gemacht, dass die Endrohre des Auspuffs seines Fahrzeuges Honda Legend nach der Kollision gegen den Plastikstoßfänger hochgedrückt gewesen seien und an diesen angelegen hätten (vgl. Fotografie Bl. 71 unten d. A.). Allein wegen dieser Behauptung (und der darauf gestützten weiteren Schadensersatzforderung) haben die Beklagten die Begutachtung der Unfallschäden verlangt (die sich hier über einen längeren Zeitraum hingezogen hat, zumal der Ehemann der Klägerin die Erkenntnisse des Gutachters in Zweifel gezogen hat und durch ein eigenes Gutachten der DEKRA überprüfen lassen hat). Die Einwendungen der Beklagten waren aber, wie sich durch beide Gutachten erwiesen hat, berechtigt: Die Beschädigung des Auspuffendrohres ist nicht auf die Kollision mit dem vom Beklagten zu 1 geführten Pkw Smart zurückzuführen. Das Risiko, dass sich die wegen der unzutreffenden Behauptung des Ehemanns der Klägerin erforderliche Begutachtung zeitlich verzögern werde, haben nicht die Beklagten (die zu Recht bestritten haben), sondern der Ehemann der Klägerin (der wahrheitswidrig vorgetragen hat und unberechtigte Forderungen geltend gemacht hat) zu tragen.
Zum anderen steht den von der Klägerin geltend gemachten weiteren Mietwagen und Nutzungsausfallkosten auch entgegen, dass der von ihrem Ehemann selbst beauftragte Sachverständige der DEKRA in seinem Gutachten festgehalten hat, dass eine Notreparatur (Justierung des Kofferraumdeckels) innerhalb eines Tages das Fahrzeug wieder nutzbar gemacht hätte, ohne die Feststellbarkeit der Ursache des verbogenen Auspuffrohres zu beeinträchtigen. Angesichts dessen hätte es dem Ehemann der Klägerin aus Schadensminderungsgesichtspunkten oblegen, den Kofferraumdeckel im Wege einer solchen Notreparatur wieder schließbar zu machen, statt wegen Reparaturkosten von wenigen hundert EUR Folgekosten von mehr als 16.000 EUR auflaufen zu lassen.
Zum Dritten kann die Klägerin - auch das folgt aus ihrem eigenen Vortrag - Ansprüche wegen der angeblich fehlenden Nutzbarkeit des Fahrzeuges auch deswegen nicht geltend machen, weil ihren Ausführungen zufolge das Fahrzeug auch aus dem Grunde nicht nutzbar gewesen sei, dass wegen der an den Stoßfänger anliegenden Auspuffendrohre Brandgefahr und unzumutbare Geräuschbeeinträchtigung vorgelegen habe. Da aber nach den Feststellungen nicht nur des von der Beklagten beauftragten Sachverständigenbüros S., sondern auch des von dem Ehemann der Klägerin selber beauftragten Sachverständigen W. der DEKRA die Beschädigung der Abgasanlage mit der beschriebenen Folgeerscheinung gar nicht auf den Unfall zurückzuführen ist, ist konsequenterweise davon auszugehen, dass das Fahrzeug des Ehemanns der Klägerin ohnehin (unfallunabhängig) nicht fahrbereit gewesen ist.
Angesichts dessen kann es dahinstehen, dass die weiteren Ausführungen der Klägerin betreffend die angeblich nicht gegebene Nutzbarkeit des Fahrzeuges teilweise in technischer Hinsicht alles andere als überzeugend sind. So hätte beispielsweise der Befürchtung einer Tiefentladung der Autobatterie durch Dauerbetrieb der Kofferraumbeleuchtung auf das Leichteste entgegengewirkt werden können, indem man die Birne der entsprechenden Beleuchtungseinheit herausgeschraubt hätte. Auch ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, wie bei einem Fahrzeug in Limousinenbauform, bei dem üblicherweise der Kofferraum vom Innenraum abgetrennt ist, bei geöffnetem Kofferraumdeckel Abgase in den Innenraum gelangen sollen. Ohnehin wäre, worauf bereits hingewiesen worden ist, der Kofferraumdeckel durch eine kurze Notreparatur wieder arretierbar zu machen gewesen.
Ebenso wenig kann der Klägerin wegen der Kosten des von ihrem Ehemann in Auftrag gegebenen DEKRA-Gutachtens ein Anspruch zustehen. Dieses Gutachten war hinsichtlich der Schadensfeststellung nicht nur überflüssig, sondern hat im Gegenteil die bereits durch von den Beklagten in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten gezogenen Feststellungen (die der Ehemann der Klägerin offenbar nicht wahrhaben wollte) bestätigt. Wer einen Anspruch gegen einen anderen geltend zu machen beabsichtigt, der ihm nicht zusteht, kann die zur Ermittlung (hier sogar Verneinung) dieses Anspruches getätigten Ermittlungen ebenso wenig ersetzt verlangen, wie den Hauptanspruch selber.
Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO, wonach die Klägerin die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO; Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 ZPO.