Sozialgericht Osnabrück
Beschl. v. 20.08.2009, Az.: S 1 SF 22/09 E
Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss über Rechtsanwaltsgebühren unter Hinweis auf einen besonderen Umfang und eine besondere Schwierigkeit der Angelegenheit
Bibliographie
- Gericht
- SG Osnabrück
- Datum
- 20.08.2009
- Aktenzeichen
- S 1 SF 22/09 E
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 21342
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGOSNAB:2009:0820.S1SF22.09E.0A
Rechtsgrundlagen
- Nr. 1000 VV RVG
- Nr. 1006 VV RVG
- Nr. 3106 VV RVG
Tenor:
Die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 13.01.2009 wird aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen.
Gründe
Die vom Kläger gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren erhobenen Einwände greifen nicht durch. Der von der Urkundsbeamtin gewählte Ansatz des Mittelwertes für die Geschäftsgebühr sowie die Verfahrensgebühr und die Einigungs-/Erledigungsgebühr ist angemessen. Soweit der Kläger höhere Gebühren verlangt, ist deren Bestimmung unbillig. Das ergibt sich mit Blick auf die Geschäftsgebühr und die Verfahrensgebühr aus folgenden Aspekten:
Mit der detaillierten Auflistung von Selbstverständlichkeiten des im Durchschnittsfall üblicherweise erforderlichen anwaltlichen Tätigkeitsaufwandes kann weder ein besonderer Umfang noch eine besondere Schwierigkeit der Angelegenheit begründet werden, Beschluss der erkennenden Kostenkammer vom 23.06.2009 zum Az. S 1 SF 12/09 E, zumal im vorliegenden Ausgangsverfahren wie in einer Vielzahl vergleichbarer Fälle, vgl. dazu nur die Kammerbeschlüsse vom 28.08.2008 zum Az. S 1 SF 89/06, vom 03.09.2008 zum Az. S 1 SF 15/08, vom 31.03.2009 zum Az. S 1 SF 64/08, vom 02.04.2009 zum Az. S 1 SF 46/08, vom 03.04.2009 zum Az. S 1 SF 53/08, vom 08.06.2009 zum Az. S 1 SF 16/08, vom 15.07.2009 zum Az. S 1 SF 31/08, vom 24.07.2009 zum Az. S 1 SF 71/08, nicht zu übersehen ist, dass eine in den Vordergrund gestellte schriftliche Anwaltsleistung - hier sowohl die Widerspruchs- als auch die Klageschrift - die mehr oder minder inhaltlich gleichlautende Abschrift eines früheren Schriftsatzes in einer im Sinne von § 17 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) verschiedenen und damit gesondert abrechenbaren Angelegenheit darstellt, hier der Antragsschrift vom 20.04.2005 einschließlich der darin enthaltenen Schreibfehler. Dass gleichlautender Inhalt auch in den Verfahren Verwendung gefunden hat, die nach Schwerbehindertenrecht zum Rechtsstreit S 18 SB 398/05 geführt haben, rundet das Bild ab.
Aber auch das Anbieten von Beweismitteln oder die Mitwirkung bei der Beschaffung von Beweismitteln kann nicht regelhaft als über die allgemeine Verfahrensförderung hinausgehendes anwaltliches Handeln qualifiziert werden, vgl. zuletzt Kammerbeschluss vom 22.07.2009 zum Az. S 1 SF 66/08. Allerdings kann danach im Einzelfall das ganz konkret auf Einigung und Erledigung gerichtete Anwaltshandeln bei der Bemessung der Gebühr nach Nr. 1006 VV RVG erhöhend berücksichtigt werden. Von einer besonderen, auf die Beilegung der Sache ohne Entscheidung des Gerichts abzielenden Tätigkeit kann aber nicht die Rede sein, wenn wie hier schon in der Klageschrift sozusagen "ins Blaue hinein" nach § 109 SGG der Antrag gestellt wird, drei bestimmte Ärzte und nach deren Gusto auch noch weitere Ärzte zu hören. Hierin mag das Bemühen zu erkennen sein, den streitigen Anspruch um jeden Preis durchzudrücken, nicht aber das Bemühen um eine möglichst weitgehende Herstellung des Rechtsfriedens ohne gerichtliche Sachentscheidung. Mithin ist hier auch die Kürzung der Gebühr nach Nr. 1006 VV RVG auf den Mittelwert nicht zu beanstanden.
Schließlich ist die zusätzlich begehrte Terminsgebühr nicht entstanden. Zwar kann der im zugrunde liegenden Verfahren gefundene Abschluss in prozessualer Hinsicht als angenommenes Teilanerkenntnis und Rücknahme der weitergehenden Klage gewertet werden. Diese Form der Erledigung kann der Erledigung nach Anerkenntnis gebührenrechtlich indessen nicht gleichgestellt werden, vgl. Beschluss des LSG NSB vom 27.11.2006 zum Az.: L 10 B 8/06 R SF, Zitat:
Eine andere Auslegung der Nr. 3106 der Anlage 1 zum RVG ist nicht zur Vermeidung verfassungsrechtlich bedenklicher Ungleichbehandlungen von Erledigungen durch Vergleich einerseits und aufgrund Anerkenntnisses andererseits erforderlich. Denn es ist nicht so, dass der Anwalt in den von § 3 RVG erfassten Verfahren bei außerterminlicher Erledigung aufgrund Anerkenntnisses drei, bei außerterminlicher Erledigung durch Vergleich aber nur zwei Gebühren erhielte. Neben der in beiden Fällen entstehenden Verfahrensgebühr (Nr. 3100 i.V.m. Nr. 3002 der Anlage 1 zum RVG) steht dem Anwalt bei vergleichsweiser Verfahrensbeendigung die Einigungsgebühr (Nr. 1000 i.V.m. Nrn. 1005, 1006 der Anlage 1 zum RVG) zu. Diese Gebühr ist jedoch wegen Anmerkung 1 Satz 1, 2. Halbsatz zu Nr. 1000 der Anlage 1 zum RVG bei einer Erledigung des Rechtsstreites aufgrund eines Anerkenntnisses ausgeschlossen.
Hiervon abweichende Sichtweise einzelner Sozialgerichte berücksichtigt nicht den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.12.2006 zum Az. 1 BvR 2091/06, wonach es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, dass im sozialgerichtlichen Verfahren eine Terminsgebühr bei Abschluss eines "schriftlichen Vergleichs" nicht in Ansatz gebracht werden kann (s. dazu im Übrigen auch die Anm. Schafhausen in ASR 1/2008, S. 51).
Diese Entscheidung ist endgültig, § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).