Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.09.2015, Az.: 1 K 147/12
Beschränkung der gerichtlichen Überprüfung vom Mitteilungen der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte auf offensichtliche Unrichtigkeiten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 17.09.2015
- Aktenzeichen
- 1 K 147/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 32932
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2015:0917.1K147.12.0A
Rechtsgrundlagen
- § 183 Abs. 1 BewG
- § 183 Abs. 2 BewG
- § 198 BewG
Fundstellen
- EFG 2016, 185-187
- ErbStB 2016, 76
- ZEV 2016, 115
Amtlicher Leitsatz
Die gerichtliche Überprüfung vom Mitteilungen der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte ist auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte den Grundstückswert zutreffend angesetzt hat.
Der Grundbesitz ... in Z ging am ... Juli 2010 im Wege der Erbfolge auf die Erbengemeinschaft Y bestehend aus der Klägerin und der Beigeladenen zu je 1/2 über.
Ausweislich der Einheitswertakte ist das Grundstück mit einem ... errichteten Zweifamilienhaus ... bebaut. ...
Sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene reichten je eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts ein. Die Beigeladene erklärte, es sei fraglich, ob auf dem freien Immobilienmarkt ein Preis von 180 €/qm laut Bodenrichtwertkatalog für das Objekt erzielt werden könne, auch weil die Gesamtgröße des Grundstücks XXX qm betrage. Die Schäden an dem Objekt seien erheblich, so dass ein Verkauf oder eine Vermietung nicht realisierbar sei. In einigen Bereichen herrsche dringend erforderlicher und umfangreicher Sanierungsbedarf ... . Sie schätze die Aufwendungen zur Beseitigung von Baumängeln auf XX.XXX €.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2011 über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts (Grundstückswertbescheid) zum Besteuerungszeitpunkt ... Juli 2010 für die Erbengemeinschaft Y stellte der Beklagte den Grundstückswert auf XXX.XXX € fest.
Zur Ermittlung dieses Werts hatte sich der Beklagte des Immobilienpreiskalkulators (IPK) bedient. Beim IPK handelt es sich um einen Internetservice der Gutachterausschüsse in Niedersachsen (zu den Einzelheiten siehe Urteil des Senats vom 11. April 2014 1 K 107/11, EFG 2014, 1364). Aus dem Ausdruck der IPK-Ermittlung ... ergibt sich, dass als Bodenrichtwert für das gesamte Grundstück 260 €/qm zugrunde gelegt wurden. Ausweislich der beigefügten Bodenrichtwertkarte zum 1. Januar 2011 verläuft etwa in der Mitte des Grundstücks die Grenze zwischen Zonen mit einem Bodenrichtwert von 200 €/qm und einem Bodenrichtwert von 260 €/qm. Das Zweifamilienhaus ist auf dem Teil mit einem Bodenrichtwert von 260 €/qm belegen.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin für die Erbengemeinschaft Einspruch ein. Das Grundstück liege in zwei Wertzonen, dies müsse Berücksichtigung finden. Die Trennlinie verlaufe annähernd in der Mitte des Grundstücks. Hieraus ergebe sich ein Preisniveau der Immobilie von gerundet XXX.XXX €.
Mit Bescheid vom 10. April 2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er verwies auf die Berechnungen des IPK. Ein teilweise abweichender Bodenrichtwert könne, sofern er nicht bereits in die Berechnung eingeflossen sei, nicht berücksichtigt werden.
Hiergegen erhob die Klägerin die vorliegende Klage.
Nachdem der Beklagte während des Klageverfahrens erst eine schriftliche "Auskunft aus der Kaufpreissammlung" von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte Z (GAG) und dann Mitteilungen des stellvertretender Vorsitzenden des GAG, dass keine geeigneten Vergleichspreise vorlägen und sich ein Vergleichsfaktor von X.XXX €/qm ergebe, übersandt hatte, legte er eine Mitteilung des GAG vom 17. November 2014 vor:.. . In dieser teilt der GAG mit, nach Beratung in der Sitzung vom 14. Oktober 2014 in der Besetzung:
Vorsitzender: | A | Vermessungsrat |
---|---|---|
Gutachter: | B | Sparkassenkaufmann |
Gutachter: | C | Bausachverständiger |
habe er entschieden, es lägen keine geeigneten Vergleichspreise vor: Mit Schreiben vom 14. Januar 2015 erläuterte Herr A das Zustandekommen dieser Entscheidung, ... .
Mit Verfügung vom 4. März 2015 forderte die Berichterstatterin die Klägerin auf, das von ihr angekündigte Gutachten vorzulegen.
Mit Schreiben vom 12. März 2015 legte der Beklagte eine Wertermittlung nach dem Sachwertverfahren vor, in der ein Grundbesitzwert in Höhe von XXX.XXX € errechnet ist.
Am 3. August 2015 übersandte der Beklagte die Mitteilung eines Vergleichsfaktors vom GAG, der auf ein Amtshilfeersuchen des Finanzamts tätig geworden war ... . Darin erklärt der GAG, nach Beratung in der Sitzung vom 23. Juli 2015 in der Besetzung:
Vorsitzender: | A | Vermessungsrat |
---|---|---|
Gutachter: | B | Sparkassenkaufmann |
Gutachter: | C | Bausachverständiger |
lasse sich für das streitige Objekt ein Vergleichsfaktor in Höhe von X.XXX €/qm Wohnfläche ableiten. Nach entsprechender Anforderung durch den Beklagten ... ergänzte Herr A mit Schreiben vom 24. August 2015, dass sich der beratene und mitgeteilte Vergleichsfaktor auf den vom Finanzamt genannten Besteuerungszeitpunkt ... Juli 2010 beziehe.
Die Klägerin begehrt eine Herabsetzung des Grundstückswerts auf XXX.XXX €.
Sie trägt vor, der mittels IPK berechnete Wert müsse korrigiert werden. Wie aus der Bodenrichtwertkarte auf den 1. Januar 2011 ersichtlich, werde die Grundstücksfläche nahezu halbiert in XXX qm Grundstücksfläche mit 260 €/qm und XXX qm Grundstücksfläche mit 200 €/qm. ... Gerundet ergebe sich als Grundlage für die Berechnung der Erbschaftsteuer ein Wert von XXX.XXX €.
Die Klägerin reichte weitere Berechnungen unter Zugrundelegung von Zahlen aus den Grundstücksmarktberichten 2010 und 2011 ein, die zu "abschließenden Mittelwerten" von XXX.XXX € bzw. XXX.XXX € kommen... .
Betrachte man in einer Gesamtschau auch den im Grundstückmarktbericht 2011 für das Jahr 2010 ausgewiesene Mittelwert - erzielter Kaufpreis für in der Stadt Z in der Kategorie freistehende Ein-/Zweifamilienhäuser - in Höhe von XXX.XXX € bei einem durchschnittlichen Bodenrichtwert von 192 €/qm sei der Wert von XXX.XXX € angemessen.
Der vom GAG in der Sitzung vom 23. Juli 2015 ermittelte Vergleichsfaktor könne nicht angesetzt werden. Der GAG habe den Vergleichsfaktor von X.XXX €/qm nicht plausibilisiert. Er sei nicht nachvollziehbar. Nach ihrer Berechnung ergäbe sich unter Zugrundelegung des Grundstücksmarktberichtes 2010 ein Vergleichsfaktor von X.XXX €/qm, ...
Der vom GAG angegebene Bodenrichtwert von 250 €/qm sei nicht zutreffend. Das Objekt sei mittig auf zwei Bodenrichtwertzonen belegen, einmal 200 €/qm, einmal 260 €/qm, daraus ergebe sich ein Wert von 230 €/qm.
Zudem sei für den Bewertungsstichtag ... Juli 2010 nicht der Grundstücksmarktbericht 2010, sondern der Grundstücksmarktbericht 2011 aussagekräftig, denn der Grundstücksmarktbericht 2010 enthalte Datenmaterial aus dem Zeitraum 1. November 2008 bis 31. Oktober 2009, während der Grundstücksmarktbericht 2011 Datenmaterial aus dem Zeitraum 1. November 2009 bis 31. Oktober 2010 enthalte.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts zum Besteuerungszeitpunkt ... Juli 2010 vom 13. Juli 2011 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 10. April 2012 dahingehend zu ändern, dass der Grundstückswert um XX.XXX Euro auf XXX.XXX Euro herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, ein geringerer Wert als XXX.XXX € könne nicht angesetzt werden.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei nicht der Grundstücksmarktbericht 2011, sondern der Grundstücksmarktbericht 2010 einschlägig. Bei entsprechender Anwendung des § 179 Satz 3 Bewertungsgesetz (BewG) sei der Grundstücksmarktbericht zu verwenden, welcher vom Gutachterausschuss zuletzt herausgegeben worden sei. Bezogen auf den Bewertungsstichtag ... Juli 2010 hieße dies, dass der Grundstücksmarktbericht 2010 zu verwenden sei, da dessen turnusmäßige Ermittlung dem Bewertungsstichtag vorausgegangen sei. Die von der Klägerin bei ihrer Alternativberechnung verwendeten Werte seien deshalb nicht einschlägig.
Falls man - wie von der Klägerin beantragt - die Randzonenlage innerhalb der Bodenrichtwertzone berücksichtigen könne, ergebe sich ein korrigierter Vergleichswertfaktor von X.XXX € und damit ein Vergleichswert in Höhe von XXX.XXX €. Dieser Wert läge ebenfalls über dem bisher festgestellten Grundbesitzwert in Höhe von XXX.XXX €.
Gleiches gelte für den im Sachwertverfahren ermittelten Wert in Höhe von XXX.XXX €. Bei dessen Ermittlung sei zudem zu Gunsten der Klägerin lediglich von einer einfachen Ausstattungsart ausgegangen worden, obwohl nach den eigenen Ausführungen der Klägerin in ihrer Feststellungserklärung mittlerer Ausstattungsstandard vorliege.
Frau ... ist durch Beschluss vom 8. September 2014 zum Verfahren beigeladen worden.
...
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Es ist jedenfalls kein geringerer als der vom Beklagte festgesetzte Wert von XXX.XXX € anzusetzen.
Nach § 182 Abs. 2 Nr. 3 BewG sind Ein- und Zweifamilienhäuser - und damit auch der hier streitige Grundbesitz - für Zwecke der Erbschaftssteuer grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu bewerten.
§ 183 Abs. 1 BewG gibt insoweit vor: "Bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens sind Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (Vergleichsgrundstücke). Grundlage sind vorrangig die von den Gutachterausschüssen im Sinne der §§ 192 ff. des Baugesetzbuchs mitgeteilten Vergleichspreise."
Nach § 183 Abs. 2 BewG können anstelle von Preisen für Vergleichsgrundstücke von den Gutachterausschüssen für geeignete Bezugseinheiten, insbesondere Flächeneinheiten des Gebäudes, ermittelte und mitgeteilte Vergleichsfaktoren herangezogen werden. Bei Verwendung von Vergleichsfaktoren, die sich nur auf das Gebäude beziehen, ist der Bodenwert nach § 179 gesondert zu berücksichtigen.
Liegt kein Vergleichswert vor, ist das Grundstück nach § 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG im Sachwertverfahren zu bewerten.
1. Eine Bewertung nach § 183 Abs. 1 BewG ist hier nicht möglich.
a. Der GAG hat nach Beratung in seiner Sitzung vom 14. Oktober 2014 mitgeteilt, dass keine Vergleichspreise vorliegen. Bedenken gegen dieses Ergebnis hat die Klägerin nicht vorgetragen und sich auch sonst nicht ersichtlich, wobei nach Auffassung des Senats eine gerichtliche Überprüfung auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt ist. Der Gesetzgeber hat die Ermittlung von Vergleichspreisen und -faktoren explizit den Gutachterausschüssen aufgegeben, da diesen auf Grund ihrer besonderen Sach- und Fachkenntnis und ihrer größeren Ortsnähe sowie der in hohem Maße von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung eine vorgreifliche Kompetenz bei der Feststellung zukommt. Eine fachliche Überprüfung durch - mit geringerer Sachkunde ausgestattete - Gerichte würde dem widersprechen. Mit diesem Rechtsgedanken hat der BFH auch entschieden, dass die von den Gutachterausschüssen nach § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG ermittelten und den Finanzämtern mitgeteilten Bodenrichtwerte für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich sind (vgl. BFH-Urteile vom 11. Mai 2005 II R 21/02, BFHE 210, 48, BStBl II 2005, 686 [BFH 11.05.2005 - II R 21/02]; vom 26. April 2006 II R 58/04, BFHE 213, 207, BStBl II 2006, 793 [BFH 26.04.2006 - II R 58/04] und vom 16. Dezember 2009 II R 15/09, BFH/NV 2010, 1085).
Einer solchen "Offensichtlichkeitskontrolle" stehen in diesem Fall auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. Aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes folgt zwar grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das schließt eine Bindung der rechtsprechenden Gewalt an tatsächliche oder rechtliche Feststellungen und Wertungen seitens anderer Gewalten hinsichtlich dessen, was im Einzelfall rechtens ist, im Grundsatz aus (vgl. BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 2011 1 BvR 857/07, BVerfGE 129, 1). Das Gebot effektiven Rechtsschutzes lässt es aber zu, dass durch den Gesetzgeber eröffnete Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume sowie die Tatbestandswirkung von Exekutivakten die Durchführung der Rechtskontrolle durch die Gerichte einschränken (vgl. BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 2011 1 BvR 857/07, BVerfGE 129, 1). Ob dies der Fall ist, muss sich ausdrücklich aus dem Gesetz ergeben oder durch Auslegung hinreichend deutlich zu ermitteln sein (vgl. BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 2011 1 BvR 857/07, BVerfGE 129, 1 [BVerfG 31.05.2011 - 1 BvR 857/07]). § 183 Abs. 1 BewG gibt ausdrücklich vor: "Grundlage sind vorrangig die von den GAG im Sinne der §§ 192 ff des Baugesetzbuchs mitgeteilten Vergleichspreise". Damit ergibt sich die Bindung an eine vorangehende Entscheidung einer anderen Behörde hinreichend klar aus dem Gesetz.
Die Rechtsschutzmöglichkeit des Bürgers wird so auch nicht über Gebühr eingeschränkt. Zwar hat der Steuerpflichtige nicht die Möglichkeit, (isoliert) gegen eine Mitteilung des GAG vorzugehen, diese Mitteilung ist kein selbstständig angreifbarer Grundlagenbescheid. Die Beteiligten können aber, falls der GAG - wie vorliegend - keinen Vergleichspreis mitteilt, ihrerseits Vergleichsgrundstücke benennen. Für den Fall, dass der GAG einen konkreten Vergleichspreis mitteilt, hat der Gesetzgeber in § 198 BewG vorgesehen, dass ein geringerer Wert anzusetzen ist, wenn der Steuerpflichtige einen solchen nachweist. Damit hat er in ausreichendem Umfang die Möglichkeit eröffnet, (spätestens) im gerichtlichen Verfahren einen vom GAG gefundenen Wert zu prüfen und ggf. zu korrigieren.
Ob es angesichts der eingeschränkten Überprüfbarkeit der Mitteilungen des GAG, geeignete Vergleichspreise lägen nicht vor, überhaupt weiterer Erläuterungen bedurfte, kann dahinstehen. Falls ein solches Erfordernis bestehen sollte, wäre es vorliegend ausreichend erfüllt. Die Erläuterungen von Herrn A zu dieser Mitteilung sind nachvollziehbar und glaubhaft, offensichtliche Unrichtigkeiten nicht erkennbar. Zwar können Meinungsäußerungen der Geschäftsstelle des GAG oder auch des Vorsitzenden des GAG die Ermittlung durch den Gutachterausschuss selbst nicht ersetzen (so zum Bodenrichtwert BFH-Urteile vom 25. August 2010 II R 42/09, BFHE 230, 570, BStBl II 2011, 205 [BFH 25.08.2010 - II R 42/09] und vom 16. Dezember 2009 II R 15/09, BFH/NV 2010, 1085). Herr A hat im Schreiben vom 14. Januar 2015 jedoch keine eigenen Ermittlungen vorgenommen, sondern die Entscheidung des GAG nur erläutert.
b. Die Beteiligten haben ebenfalls keine Angaben zu Kaufpreisen möglicher Vergleichsgrundstücke gemacht.
2. Damit kommt eine Bewertung mit Vergleichsfaktoren nach § 183 Abs. 2 BewG zum Zuge.
Der anzusetzende Vergleichsfaktor für das Grundstück beträgt X.XXX €/qm Wohnfläche.
a. Bei diesem Wert handelt es sich um den vom gesamten GAG in der Sitzung vom 23. Juli 2015 beratenen Vergleichsfaktor. Dieser, dem Finanzamt mitgeteilte, Vergleichsfaktor bezieht sich nach der glaubwürdigen Erklärung von Herrn A auf den ... Juli 2010. Zwar können - wie oben ausgeführt - Meinungsäußerungen der Geschäftsstelle des GAG oder einzelner Mitglieder des GAG die Ermittlung durch den Gutachterausschuss selbst nicht ersetzen. Da aufgrund des Schriftwechsels zwischen Finanzamt und GAG keine Zweifel daran bestehen, dass der GAG Kenntnis vom maßgeblichen Datum hatte, er in seiner Mitteilung den Bodenrichtwert auf den 1. Januar 2010 angibt und seiner Bewertung die Daten des Grundstücksmarktberichts 2010 zu Grund gelegt hat, bestätigt Herr A nur, was sich aus der Mitteilung des GAG ableiten lässt.
b. Der Wertansatz ist nach Überzeugung des Gerichtes nicht zu beanstanden.
Offensichtliche Unrichtigkeiten enthält die Mitteilung des GAG über den Vergleichsfaktor nicht. Eine gerichtliche Überprüfung ist auch bei Mitteilungen von Vergleichsfaktoren durch den GAG auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt, auf die Ausführungen unter 1.a. wird Bezug genommen. Aus diesem Grund ist es vorliegend auch unschädlich, dass der GAG seine Wertfindung nicht detailliert begründet hat.
aa. Soweit die Klägerin sich gegen die Anwendung des Grundstücksmarktberichts 2010 wendet, greift ihr Vorbringen nicht durch. Der GAG hat zu Recht den letzten vor dem Bewertungsstichtag veröffentlichten Grundstücksmarktbericht zu Grunde gelegt. Bei der Ermittlung von Vergleichsfaktoren ist auf den jeweils zuletzt vor dem Bewertungsstichtag veröffentlichten Wert abzustellen. Nur bei einem solchen Vorgehen ist gewährleistet, dass der ermittelte Wert nicht danach variiert, wann die Berechnung durchgeführt wird (vor oder nach Veröffentlichung des nächsten Grundstücksmarktberichtes). Dementsprechend sieht auch § 179 Abs. 2 BewG vor, dass (für unbebaute Grundstücke) stets der Bodenrichtwert anzusetzen ist, der vom Gutachterausschuss zuletzt (vor dem Stichtag) zu ermitteln war.
bb. Der Ansatz eines Bodenrichtwerts von 250 €/qm ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Dieser Wert entspricht der Bodenrichtwertkarte zum Stichtag 1. Januar 2010. Wenn der GAG aufgrund seiner Sachkunde das in zwei Richtwertzonen belegene Grundstück einer der beiden Richtwertzonen zuordnet, ist dem zu folgen. Hier kommt hinzu, dass sich das Zweifamilienhaus auf der Bodenrichtwertzone 250 €/qm befindet.
cc. Die von der Klägerin vorgelegten abweichenden Ermittlungen begründen keine Zweifel an der Mitteilung des GAG über den Vergleichsfaktor. Mittels alternativen Berechnungen kann eine vom GAG vorgenommene Ermittlung nicht erschüttert werden, sofern keine offensichtlichen Unrichtigkeiten nachgewiesen werden.
dd. Weitere Bedenken hat die Klägerin nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
3. Einen niedrigeren gemeinen Wert hat die Klägerin nicht nachgewiesen.
Nach § 198 BewG ist ein geringerer Wert anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 BewG ermittelte Wert.
In der Wahl der Mittel zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ist der Steuerpflichtige grundsätzlich frei (vgl. BFH-Urteile vom 8. Oktober 2003 II R 27/02, BFHE 204, 306, BStBl II 2004, 179 [BFH 08.10.2003 - II R 27/02] und vom 2. Juli 2004 II R 55/01, BFHE 205, 492, BStBl II 2004, 703). Ein solcher Nachweis kann sowohl durch Vorlage eines Gutachtens des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken geführt werden als auch durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah zum maßgeblichen Besteuerungsstichtag erzielten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 2004 II R 55/01, BFHE 205, 492, BStBl II 2004, 703 [BFH 02.07.2004 - II R 55/01]). Das vom Steuerpflichtigen gewählte Mittel zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts muss allerdings von einer Aussagekraft sein, die der eines Gutachtens des Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen bzw. von Kaufpreisen für entsprechende Grundstücke vergleichbar ist. Für jedes der zum Nachweis gewählten Mittel gilt, dass es grundsätzlich der freien Beweiswürdigung des Gerichts unterliegt (BFH-Urteil vom 10. November 2004 II R 69/01, BFHE 207, 352, BStBl II 2005, 259 [BFH 10.11.2004 - II R 69/01] und BFH-Beschluss vom 31. August 2006 II B 115/05, BFH/NV 2007, 11).
Eine zeitnahe Veräußerung des Objektes hat nicht stattgefunden, vielmehr befindet es sich bis heute im Eigentum der Erbengemeinschaft. Ein Gutachten hat die Klägerin nicht eingereicht.
4. Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben und war abzuweisen.
Der sich danach ergebende Wert in Höhe von XXX.XXX € ist aufgrund des im Klageverfahren geltenden sog. Verböserungsverbots (vgl. BFH-Urteil vom 26. November 1997 X R 146/94, BFH/NV 1998, 961) nicht anzusetzen.
Es verbleibt damit bei dem vom Finanzamt festgestellten Grundstückswert in Höhe von XXX.XXX €.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Beigeladenen sind gemäß § 135 Abs. 3 FGO keine Kosten aufzuerlegen, weil sie keine Anträge gestellt hat, die zusätzliche Kosten ausgelöst haben. Sie hat das Verfahren weder durch Sachvortrag noch durch die Stellung eines eigenen Sachantrages wesentlich gefördert, daher entspricht es nicht der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach § 139 Abs. 4 FGO aufzuerlegen (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Mai 2009 IV B 143/08, BFH/NV 2009, 1452).