Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.11.2022, Az.: 1 K 136/18
Zutreffende Feststellung des anteiligen Grundstückswerts für Wohnungseigentum im Wohnungsgrundbuch
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 17.11.2022
- Aktenzeichen
- 1 K 136/18
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 55422
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE::2022:1117.1K136.18.00
Rechtsgrundlage
- § 182 Abs. 2 Nr. 1 BewG
Fundstellen
- DStRE 2023, 1114-1120
- ErbStB 2023, 134-136
- GuG 2023, 308-310
- ZEV 2023, 265
Amtlicher Leitsatz
Gemäß § 182 Abs. 2 Nr. 1 BewG ist Wohnungseigentum grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu bewerten. Für eine solche Bewertung gibt § 183 Abs. 1 BewG einen gesetzlich angeordneten Vorrang der vom Gutachterausschuss mitgeteilten Vergleichspreise vor, eine gerichtliche Überprüfung der mitgeteilten Vergleichspreise ist auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte den anteiligen Grundstückswert für das beim Amtsgericht A im Wohnungsgrundbuch von W, Blatt XXXX, eingetragene Wohnungseigentum mit der Aufteilungsplannummer (ATP-Nr.) 2, zutreffend gesondert und einheitlich festgestellt hat.
Mit notariellem Übergabevertrag vom 26. Februar 2009 hatte die Tochter der Klägerin T (die Beigeladene), einen hälftigen Miteigentumsanteil an dem oben näher bezeichneten Wohnungseigentum im Rahmen einer Erbauseinandersetzung auf ihre Mutter (die Klägerin) übertragen. Übergang von Nutzen und Lasten war ebenfalls am 26. Februar 2009.
Die Schenkungssteuerstelle des Finanzamtes F bat die einheitliche Grundbesitzstelle des Beklagten zunächst, den Grundbesitzwert auf den 27. Februar 2009 zu ermitteln. Nach Aufforderung der Grundbesitzstelle reichte die Klägerin 2010 eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts des anteiligen Wohneigentums ein.
Der Beklagte ermittelte zunächst einen Grundbesitzwert unter Zuhilfenahme des Immobilienpreiskalkulators in Höhe von 190.000 €. Er war der Auffassung, dass der hälftige Anteil dieses Betrages, also 95.000 €, der festzustellende Bedarfswert sei. Entsprechend setzte er diesen mit Bescheid vom 2. August 2010 gesondert gegenüber der Klägerin fest. Nach erfolglosem Einspruch hob das Niedersächsische Finanzgericht den Bescheid und die Einspruchsentscheidung mit Urteil vom 11. April 2014 (1 K 107/11) mit der Begründung auf, dass der Beklagte die gesetzlichen Vorgaben der §§ 182,183 Bewertungsgesetz in der im Streitjahr gültigen Fassung (BewG) nicht beachtet habe, die im Streitfall grundsätzlich die vorrangige Anwendung des Vergleichswertverfahrens vorsähen. Die Vorgehensweise des Beklagten, den Wert anhand des auf der Webseite der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte angebotenen Immobilienpreiskalkulation zu ermitteln, habe keine gesetzliche Grundlage.
In der Folgezeit forderte der Beklagte den zuständigen Gutachterausschuss für Grundstückswerte (GAG) auf, für den Besteuerungszeitpunkt 27. Februar 2009 Vergleichspreise für das zu bewertende Grundstück mitzuteilen.
Aufgrund der nachfolgenden Mitteilung des GAG stellte der Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 2015 für die Klägerin den Grundbesitzwert des genannten Wohnungseigentums gesondert auf den 26. Februar 2009 in Höhe von 214.692 € und den Wert des übertragenen Anteils am Grundbesitzwert (50%) in Höhe von 107.346 € fest.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hob das Niedersächsische Finanzgericht aufgrund der anschließenden Klage der Klägerin diesen Bescheid und die Einspruchsentscheidung mit Urteil vom 7. Dezember 2017 (1 K 219/15) auf. Zur Begründung führte es aus, der Beklagte habe die gesetzlichen Vorgaben des Vergleichswertverfahrens nicht beachtet. So habe der GAG die Vergleichspreise auf den 27. Februar 2009 ermittelt, obwohl der Bewertungsstichtag bereits der 26. Februar 2009, der Tag des Übergangs von Nutzen und Lasten, gewesen sei. Die erforderliche Mitteilung des GAG auf den 26. Februar 2009 fehle.
Nachfolgend forderte der Beklagte nun den GAG auf, zum Besteuerungszeitpunkt 26. Februar 2009 Vergleichspreise solcher Grundstücke mitzuteilen, die mit dem zu bewertenden Grundstück xy hinreichend übereinstimmende Grundstücksmerkmale aufwiesen (Vergleichsgrundstücke im Sinne des § 183 Abs. 1 BewG). Hierfür teilte er dem GAG die folgenden Grundstücksmerkmale mit:
- Objektart (Gebäudeart) | Wohnungseigentum |
---|---|
- Lage (...), | ATP-Nr. 2 |
- Grundstücksgröße | 60/100 von 1.251 qm |
- Wohnfläche | 135 qm |
- Baujahr (Alter des Gebäudes) | 1991 |
- Anzahl der Geschosse | 2 |
- Ausstattung | mittel |
- Garagen | ja, Anzahl 1 |
- Weitere Merkmale | das Objekt ist durch Teilungserklärung aus einem durch Erweiterung im Jahr 1991 entstandenen Zweifamilienhaus hervorgegangen |
Der GAG ermittelte daraufhin in einer Beratung am 7. Februar 2018 für den Wertermittlungs- und Qualitätsstichtag 26. Februar 2009 für das Objekt (...), Gesamtfläche 1.251 qm, Miteigentumsanteil 6.000/10.000 Vergleichspreise im Vergleichswertverfahren und teilte dies im Anschluss dem Beklagten mit. In seiner Mitteilung wies er zunächst darauf hin, dass er die Vergleichswerte gemäß § 183 BewG in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1991 zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 18. Juli 2014 ermittelt habe. Er legte seiner Entscheidung die folgenden Grundstücksmerkmale zugrunde:
- Gebäudeart | Zweifamilienhaus im Wohnungsteileigentum |
---|---|
- Besteuerungszeitpunkt | 26.02.2009 |
- Baujahr | 1991 |
- Wohnfläche | 135 qm |
- Miteigentumsanteil | 6.000/10.000 |
- Lagewert | 170 €/qm |
- Garage | 1 |
- Keller | ja |
Zur Ermittlungsmethode führte er aus, dass er aus der Automatisierten Kaufpreissammlung (AKS) geeignete Kaufpreise selektiert habe, die er - soweit erforderlich - an die wertbestimmenden Grundstücksmerkmale der zu bewertenden Liegenschaft sowie an die allgemeinen Wertverhältnisse des Stichtages angepasst habe. Die Anpassung sei mit Hilfe des indirekten Vergleichswertverfahrens mit Regressionsanalyse erfolgt. Mit diesem Verfahren sei es möglich gewesen, mit einer geeigneten Auswahl vergleichbarer Objekte eine funktionale Beziehung zwischen den wertbeeinflussenden Umständen (Einflussgrößen) und dem Kaufpreis (Zielgröße) der Vergleichsobjekte abzuleiten und diese auf das Wertermittlungsobjekt zu übertragen. Für die Ermittlung der Vergleichspreise habe man vergleichbare Ein- und Zweifamilienhäuser im Teileigentum aus der Kaufpreissammlung herangezogen. Sonderfälle, wie Verwandtschaftskäufe oder Liebhabereipreise habe man ausgeschlossen. Es seien dann Einflussgrößen, wie Kaufzeitpunkt, Baujahr, Lagewert, Miteigentumsanteil und Wohnflächen sowie der Vergleichspreis als Zielgröße bestimmt worden. Aus dieser Analyse habe sich ein rechnerisches Modell ergeben, dass die Beziehung zwischen den tatsächlich relevanten Einflussgrößen und der Zielgröße in einer Formel mit mehreren Koeffizienten und Exponenten beschreibe. Man habe insgesamt 13 vom Wert und der Lage her am besten mit dem zu bewertenden Grundstück übereinstimmende Vergleichsgrundstücke ausgewählt. Der Kaufpreis dieser Vergleichsobjekte sei dann mit der zuvor ermittelten Formel auf die wertbeeinflussenden Umstände des Bewertungsobjekts umgerechnet und mit dem Bewertungsobjekt vergleichbar gemacht worden.
Der GAG beschloss im Ergebnis in seiner Beratung die folgenden Vergleichspreise:
Nr. | Vergleichspreis |
---|---|
1 | 247.000 € |
2 | 236.000 € |
3 | 179.000 € |
4 | 213.000 € |
5 | 198.000 € |
6 | 223.000 € |
7 | 213.000 € |
8 | 182.000 € |
9 | 218.000 € |
10 | 223.000 € |
11 | 209.000 € |
12 | 223.000 € |
13 | 227.000 € |
Wegen der Einzelheiten, insbesondere auch der ermittelten Exponenten und Koeffizienten sowie der ausgewählten Vergleichsobjekte wird auf die Mitteilung des GAG vom 7. Februar 2018 verwiesen.
Der Beklagte ermittelte auf Basis dieser Vergleichspreise einen durchschnittlichen Vergleichspreis in Höhe von 214.692 €. Mit Bescheid vom 26. April 2018 stellte er gesondert und einheitlich für die Beigeladene und die Klägerin den Grundbesitzwert des genannten Wohnungseigentums auf den 26. Februar 2009 in Höhe von 214.692 € und den Wert des übertragenen Anteils am Grundbesitzwert in Höhe von 107.346 € fest. Den Bescheid gab der Beklagte lediglich der Klägerin bekannt.
Diese erhob gegen den Bescheid Einspruch. Zur Begründung führte sie aus, dass die vom GAG selektierten Grundstücke weder nach Art, Lage und Zeitpunkt der Veräußerung geeignet seien, einen Vergleichswert zu ermitteln. Der Zeitraum von +/- 4 Jahren zum Besteuerungszeitpunkt, in dem die Vergleichsimmobilien ausgewählt worden seien, sei viel zu lang. Auch seien die vom GAG ausgewählten Objektarten nicht hinreichend vergleichbar. Zudem könne der Mitteilung nicht entnommen werden, wie eine Anpassung der Vergleichsobjekte an die zu bewertende Immobilie erfolgt sei. Darüber hinaus seien auch die konkreten Gegebenheiten des Objekts nicht hinreichend berücksichtigt, so seien insbesondere die folgenden Faktoren wertmindernd zu berücksichtigen:
- Die Gesamtquadratmeterzahl des Grundstücks könne nicht mit einem einheitlichen Quadratmeterpreis angesetzt werden. Die Grundstücksfläche hinter der Baugrenze von 23 m sei niedriger zu bewerten. Es handele sich hierbei um 471,61 qm. Die besondere Tiefe des Grundstücks müsse zu einem Bewertungsabschlag führen.
- Der hintere Teil des Grundstücks sei außer über die Garage nur über das Nachbargrundstück erreichbar. Insoweit bestehe auch kein Wegerecht. Ein Zugang sei daher nur über das dem Vater der Klägerin gehörende Nachbargrundstück möglich.
- Im Keller habe es einen Wasserschaden gegeben.
- Die Heizungsanlage und Warmwasserversorgung sowie der entsprechende Zähler befänden sich in der Nachbarwohnung. Eine Verlegung der Heizung wäre mit ganz erheblichen Kosten verbunden, auch weil hierfür erst eine Brandschutzwand errichtet werden müsse.
In der streitgegenständlichen Wohnung befände sich hingegen der Stromzähler auch der Nachbarwohnung, sodass den Mietern dieser Wohnung entsprechend Zugang gewährt werden müsse.
- Es gebe einen Renovierungsstau, so seien zum Beispiel die Fenster 20 Jahre alt und müssten zumindest teilweise, wie auch eine Außentür, erneuert werden.
Aufgrund dieser Gegebenheiten sei das Objekt in Wirklichkeit unverkäuflich.
Eine pauschalierte Bewertung des Objektes, wie sie der Beklagte vorgenommen habe, verstoße gegen Art. 14 in Verbindung mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Auch das vom Gesetzgeber vorgesehene Vergleichswertverfahren verstoße gegen Art. 2 Abs. 2, Art. 3 und Art. 14 GG und sei damit verfassungswidrig. So habe das Bundesverfassungsgericht gefordert, dass die Abweichung der pauschalierten Werte zu dem tatsächlichen Wert nicht mehr als 20 % betragen dürfe.
Weiterhin liege eine unangemessene Verkürzung des Rechtsweges dadurch vor, dass die Klägerin lediglich die Möglichkeit habe, durch ein von ihr in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten den von der Beklagten berücksichtigen Vergleichswert zu widerlegen. Es gelte auch hier der Grundsatz der Amtsermittlung. Die Klägerin könne sich ein solches Gutachten nicht leisten. Zudem stelle dies einen unverhältnismäßigen Aufwand dar, die dargelegten Mängel könnten ohne jeden Sachverständigen nachgewiesen und bewertet werden.
Auch aus verfahrensrechtlichen Gründen sei der streitige Bescheid aufzuheben, zum einen handele es sich um eine verbösernde Entscheidung, zum anderen sei von Feststellungsverjährung auszugehen.
Der Beklagte wies den Einspruch am 21. Juni 2018 als unbegründet zurück. Er führte zur Begründung im Wesentlichen aus, Wohnungseigentum sei gemäß § 182 Abs. 2 Nr. 1 BewG nach dem Vergleichswertverfahren zu bewerten. Der Gesetzgeber habe die Ermittlung von Vergleichspreisen und -faktoren explizit den Gutachterausschüssen aufgegeben. Diese hätten aufgrund ihrer besonderen Sach- und Fachkenntnis und ihrer größeren Ortsnähe bei der in hohem Maße von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung eine vortreffliche Kompetenz zur Ermittlung von Vergleichspreisen und -faktoren. Im vorliegenden Fall habe der GAG geeignete Kaufpreise selektiert und - soweit erforderlich - an die wertbestimmenden Grundstücksmerkmale der zu bewertenden Liegenschaft sowie an die allgemeinen Wertverhältnisse des Stichtags angepasst. Die Anpassung sei zutreffend mithilfe der Regressionsanalyse erfolgt.
Die Klägerin habe die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren Wertes durch ein entsprechendes Gutachten nicht genutzt. Demnach sei die Bewertung entsprechend der gesetzlichen Vorgaben erfolgt. An diese Vorgaben sei der Beklagte gebunden. Ergänzend wies der Beklagte darauf hin, dass die Vorschriften der Verböserung im Streitfall keine Anwendung fänden, nachdem das Gericht die vorausgegangenen Bescheide und Einspruchsentscheidungen aufgehoben habe. Gemäß § 174 Abs. 4 Sätze 1 und 2 Abgabenordnung (AO) könnten aus einem bestimmten Sachverhalt nachträglich durch Erlass eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden, wenn aufgrund irriger Beurteilung des Sachverhalts ein Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben worden sei. So sei im Streitfall die höhere Feststellung des Grundbesitzwertes nicht im Rahmen des Einspruchs- bzw. Klageverfahrens, sondern durch eine neue Feststellung nach Abschluss des Klageverfahrens erfolgt. Somit finde das Verböserungsverbot des § 367 Abs. 2 AO keine Anwendung. Weiterhin ergebe sich aus § 174 Abs. 4 S. 3 AO, dass der Ablauf der Feststellungsfrist unerheblich sei, wenn innerhalb eines Jahres nach Aufhebung des Vorbescheides durch das Gericht ein neuer Bescheid ergehe. Im Streitfall habe das Gericht bereits am 7. Dezember 2017 den Vorbescheid durch Urteil aufgehoben, eine neue Feststellung durch den Beklagten sei am 26. April 2018 erfolgt, damit also zweifelsfrei innerhalb der Jahresfrist.
Mit ihrer Klage wendet die Klägerin sich gegen diese Entscheidung. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass der ergangene Feststellungsbescheid rechtswidrig und damit aufzuheben sei. Zur Begründung verweist sie zunächst auf die bereits vorausgegangenen Rechtsstreitigkeiten, in denen das Niedersächsische Finanzgericht die Bescheide des Beklagten aufgehoben hatte.
Darüber hinaus weist sie darauf hin, dass der GAG in seiner Mitteilung dargelegt habe, dass er Vergleichspreise nach § 183 BewG ermittelt habe. Allerdings habe er ausgeführt, dass die Vorschrift erst durch Art. 6 des Gesetzes vom 18. Juli 2014 in Kraft getreten sei, also nach dem Bewertungsstichtag im Jahr 2009. Hiernach dürfte der GAG eine unzutreffende Norm angewandt haben.
Im Übrigen wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Die vom GAG ausgewählten Grundstücke seien weder nach Art und Lage noch nach Zeitpunkt der Veräußerung geeignet, um Vergleichswerte zu ermitteln. Der Zeitraum, in dem die Vergleichsgrundstücke verkauft worden seien, sei viel zu groß, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Die Lage der verschiedenen Objekte widerspreche einer Vergleichbarkeit der einzelnen Objekte. So habe der GAG neben Immobilien aus dem ländlichen Bereich auch andere aus dem eher städtischen Bereich mit vorwiegend geschlossener Bebauung im Raum B gewählt. Weiterhin seien auch die vom GAG gewählten Objekte nicht hinreichend vergleichbar mit dem zu bewertenden Wohnungseigentum, da es sich hier nicht nur um Wohnungseigentum gehandelt habe. Darüber hinaus sei nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Baujahre, der Bauzustand und die Wohnflächen der einzelnen Objekte erheblich voneinander abgewichen seien. Die konkreten, bereits im Einspruchsverfahren vorgetragenen wertmindernden Faktoren des zu bewertenden Wohnungseigentums hätte im Rahmen der Wertfindung mit einbezogenen werden müssen. Dem Gutachten lasse sich zudem nicht entnehmen, wie die Angleichung der Vergleichsobjekte an das zu bewertende Wohnungseigentum tatsächlich erfolgt sei.
Das Gericht sei an die Vorgaben des GAG nicht gebunden. Es sei hinreichend dargelegt, dass die Vergleichswerte des GAG unzureichend bestimmt seien. Mit der ungeprüften Übernahme der Werte des GAG werde der Steuerpflichtige über Gebühr finanziell in Anspruch genommen. Im Streitfall sei es der Klägerin zudem finanziell nicht möglich, ein entsprechendes Gutachten erstellen zu lassen. Zudem habe die Rechtsschutzversicherung der Klägerin eine Kostenübernahme des Gutachtens grundsätzlich abgelehnt. Nur für den Fall, dass dieses Gutachten vom Gericht eingeholt werde und die damit verbundenen Kosten von der Klägerin im Rahmen eines Auslagenvorschusses bzw. nach Abschluss der Begutachtung durch eine Schlussrechnung eingefordert würden, käme eine Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherung der Klägerin in Betracht. Es werde dem Gericht daher nahegelegt, dieses Gutachten einzuholen. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes gebiete es, dass die Einwendungen des Steuerpflichtigen auch dann hinreichend überprüft würden, wenn ein kostspieliges Gutachten nicht vorgelegt werde. Insoweit gelte der Amtsermittlungsgrundsatz.
Der Beklagte verstoße mit der bloßen Berufung auf die Mitteilung des GAG gegen die gesetzliche Vorgabe, einen Verwaltungsakt zu begründen. Eine pauschalierte Bewertung, wie sie §§ 182,183 BewG vorsehe, führe auch nicht zu einer Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens. Dies zeige sich schon darin, dass der Beklagte nunmehr in einem dritten Anlauf die Bewertung des Grundstücks der Klägerin im Wege des "vereinfachten" Verfahrens versuche durchzuführen.
Weiterhin seien die einschlägigen Vorschriften des Bewertungsgesetzes verfassungswidrig. Eine pauschalierte Bewertung, wie sie das Bewertungsgesetz nunmehr vorsehe, stelle einen Verstoß gegen Art. 14 in Verbindung mit Art. 3 GG dar. Es werde Gleiches mit Ungleichem verglichen, Grundstücke mit rechtlichen Belastungen oder hohem Renovierungsbedarf würden Grundstücken ohne jegliche Belastung und in ausgezeichnetem baulichen Zustand gleichgestellt. Dies sei ungerecht und auch nicht allein dadurch heilbar, dass der Steuerpflichtige die Möglichkeit habe, auf eigene Kosten ein Sachverständigengutachten mit einem anderen Wert als Nachweis vorzulegen. Darüber hinaus wären Eigentümer von Grundstücken mit unterdurchschnittlichem Wert gegenüber solchen von Grundstücken mit überdurchschnittlichem Wert doppelt belastet. Zum einen müssten sie höhere Steuern zahlen, wenn die Bausubstanz vollkommen unbeachtet bliebe. Zum anderen müssten sie zur Rechtsverteidigung ein zusätzliches Gutachten einholen und hierfür entsprechende Kosten aufwenden.
Das Bundesverfassungsgericht habe hinsichtlich der alten Rechtslage bereits dargelegt, dass die Bewertung von zu verschenkenden bzw. zu vererbenden Eigentumsgegenständen so genau sein müsse, dass es lediglich zu einer Abweichung von 20 % des tatsächlichen Wertes kommen könne. Diese Vorgaben erfüllten die Regelungen des neuen Bewertungsgesetzes nicht. In der Fallstudie von Kußmaul/Kloß/Eichenlaub (BB 2021, 2496 ff) sei nachgewiesen worden, dass ein solches Bewertungsverfahren zu einer durchschnittlich um 37 % erhöhten Bewertung führe. Dies bestätige auch ein Aufsatz von Hecht/von Kölln (BB 2009, 810 ff). Von Kölln und Behrend (BB 2010, 1444) stellten in ihrer Veröffentlichung zudem fest, dass zu Lasten der Einzelfallgerechtigkeit das Bewertungsgesetz nunmehr zu tendenziell höheren Werten führe. In einem vom Landesamt für Geoinformationen Landesentwicklung Niedersachsen, Regionaldirektion Braunschweig (LG NL) während eines vorangegangenen Klageverfahrens übersandten "Skript im Rahmen des Seminars - Grundbesitzwertung im Zusammenhang mit der Erbschaftssteuer -, Fortbildungsveranstaltung der Niedersächsischen Bemessungs- und Katasterverwaltung Nr. B 3/ 2009 - Wertermittlung Sept. 2009 von Architekten und Immobilienökonomen" werde unter Ziffer 1.2.4 ausgeführt, dass es durch die typisierende Betrachtungsweise zu einer gewissen Streuung über den Verkehrswert komme, so dass es im Einzelfall auch zu erheblichen Überbewertungen kommen werde.
Zudem stelle es einen unangemessenen Eingriff in die Eigentumsgarantie und Testierfähigkeit der Bürger dar, wenn Grundstücke mit besonderen privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Belastungen in guten Lagen grundsätzlich zu hoch bewertet würden. Die bloße Möglichkeit der Erstellung eines kostenintensiven Gegengutachtens sei keine Rechtfertigung für diesen Umstand. Es könne nicht sein, dass der Bürger zum Zwecke einer gerechten Behandlung ein Gutachten kaufen müsse, weil jeder andere Einwand nicht berücksichtigt werde.
Auch aus rein formalen Gründen sei der Bescheid fehlerhaft. Zum einen müsse das Verböserungsverbot im Streitfall zumindest analog angewandt werden. Denn es gäbe keinen Grund, dass dies nur für Änderungsbescheide gelte und nicht - wie im Streitfall - für Erstbescheide, die nach Aufhebung der ursprünglichen Bescheide ergangen seien. Zum anderen sei der Bescheid in feststellungsverjährter Zeit erlassen worden. Es könne nicht sein, dass ein erstmaliger Bescheid, der das Besteuerungsjahr 2009 betreffe, in 2018 ergehe.
Im Übrigen werde auf den Vortrag in den bereits vorangegangenen Verfahren 1 K 107/11 sowie 1 K 219/15 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 26. Februar 2009 vom 26. April 2018 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2018 und der Änderung vom 4. August 2022 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bleibt bei seiner im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung. So sei er bei der Ermittlung des Vergleichspreises an die Mitteilung bzw. Entscheidung des Gutachterausschusses gebunden. Der Gesetzgeber habe die Ermittlung von Vergleichspreisen und -faktoren explizit den Gutachterausschüssen aufgegeben, da diese über eine besondere Sach- und Fachkenntnis verfügten und zudem auch ortsnäher entscheiden könnten. Eine fachliche Überprüfung durch - mit geringerer Sachkunde ausgestattete - Finanzämter widerspräche dem.
Bereits in seinem Urteil vom 14. Dezember 2017 habe das Niedersächsische Finanzgericht in dem Verfahren 1 K 210/14 ausgeführt, dass die von den Gutachterausschüssen ermittelten und den Finanzämtern gemäß § 183 Abs. 2 BewG mitgeteilten Vergleichsfaktoren sowie die von den Gutachterausschüssen nach § 145 Abs. 3 S. 2 BewG ermittelten und den Finanzämtern mitgeteilten Bodenrichtwerte für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich seien. Eine Überprüfung von Mitteilungen des GAG sei auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt, die im Streitfall nicht vorgelegen hätten.
Der GAG habe in seiner Beratung vom 7. Februar 2018 13 Vergleichspreise im Vergleichswertverfahren ermittelt und in seiner schriftlichen Mitteilung an den Beklagten substantiiert erläutert. Bei der Wertfindung seien weder ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse noch wertbeeinflussende Belastungen privat- und öffentlich-rechtlicher Art zu berücksichtigen. Die im Streitfall angeführten wertmindernden Faktoren, wie zum Beispiel Wasserschaden, Renovierungsstau, Zuwegung und Leitungsrechte seien im Vergleichswertverfahren nicht zu berücksichtigen. Hierfür sei es ggf. erforderlich, dass die Klägerin ein entsprechendes Gutachten vorlege.
Auch seien die Regelungen der §§ 182 ff BewG nicht verfassungswidrig. Typisierungen seien verfassungsrechtlich zulässig und bei der Vielzahl der Erbschafts- und Schenkungssteuerfälle auch erforderlich. Unter diesem Gesichtspunkt habe der Gesetzgeber bewusst die steuerlichen Bewertungsverfahren als typisierende Bewertungsmethoden mit Pauschalierungen konzipiert. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liege nur vor, wenn die Vermögensgegenstände nicht mit einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfasst würden. Beim Grundvermögen gebe es keinen absoluten und sicher realisierbaren Marktwert, sondern allenfalls ein Marktniveau, auf dem sich mit mehr oder weniger großen Abweichungen vertretbare Verkehrswerte bildeten. Hierbei werde von einer Streubreite von +/- 20 % der Verkaufspreise für ein und dasselbe Objekt ausgegangen, innerhalb derer ein festgestellter Verkehrswert als noch vertretbar angesehen werde. Werte außerhalb dieser Streubreite hätten aber, entgegen der Auffassung der Klägerin, nicht die unmittelbare Folge der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liege erst vor, wenn dieses Bewertungsziel in einer so großen Zahl der Fälle verfehlt werde, dass die Vorteile der Typisierung nicht mehr überwiegen würden. Selbst das von der Klägerin angeführte Seminarskript gehe davon aus, dass es nur "im Einzelfall zu erheblichen Überbewertungen" komme. Auch dem Gesetzgeber sei bewusst gewesen, dass es aufgrund des typisierenden Bewertungsverfahrens zu Werten über dem Verkehrswert kommen könne. Aus diesem Grund habe er die Möglichkeit geschaffen, den gemeinen Wert anhand eines Gutachtens nachzuweisen. Es sei auch gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber diese Nachweispflicht dem Steuerpflichtigen auferlegt habe. Dies entspreche der gesetzlich vorgegebenen Beweislastregel, nach der der Steuerpflichtige für steuermindernde Tatsachen die Beweislast trage.
Hinsichtlich des Verböserungsverbotes weist der Beklagte erneut darauf hin, dass der streitgegenständliche Bescheid nicht im Rahmen eines Einspruchsverfahrens ergangen sei, sondern es sich hier vielmehr um eine Neufeststellung gehandelt habe. Denn das Niedersächsische Finanzgericht habe zum zweiten Mal die Bescheide des Beklagten aufgehoben.
Weiterhin läge auch keine Feststellungsverjährung vor. So habe der Beklagte innerhalb eines Jahres nach Aufhebung des Vorbescheides durch das Gericht die neue Feststellung vorgenommen.
Nachdem die Beteiligten einem Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) in dem Verfahren II R 7/18 zugestimmt hatten, ordnete das Gericht mit Beschluss vom 18. Januar 2019 das Ruhen des Verfahrens an. Das Verfahren ist dann nach Ergehen des Urteils des BFH am 14. Oktober 2020 fortgesetzt worden.
Der Beklagte hat zwischenzeitlich am 4. August 2022 einen geänderten gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid gegenüber der Klägerin erlassen, in dem er die Klägerin als Beschenkte und die Beigeladene als Schenkerin erstmals ausdrücklich als Feststellungsbeteiligte bezeichnet hat. Des Weiteren hat der Beklagte erstmals diesen Feststellungsbescheid auch der Beigeladenen als weiterer Feststellungsbeteiligten bekannt gegeben. Nachdem die einmonatige Einspruchsfrist der Beigeladenen verstrichen war, ohne dass diese Einspruch gegen den ihr bekanntgegebenen Bescheid eingelegt hatte, hat das Gericht mit Beschluss vom 27. September 2022 die Feststellungsbeteiligte T beigeladen.
Der Beklagte hat ein Schreiben der Schenkungssteuerstelle des Beklagten vom 3. November 2022 übersandt, mit der diese die Grundbesitzstelle des Beklagten nunmehr zur Feststellung eines Grundbesitzwertes auf den 26. Februar 2009 (Besteuerungszeitpunkt) aufgefordert hat. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das in den Gerichtsakten befindliche Anschreiben der Schenkungssteuerstelle vom 3. November 2022 verwiesen.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung die Einholung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Tatsache, dass der Wert der übertragenen Immobilie zum 26. Februar 2009 geringer als 107.346,00 € war, beantragt.
In diesem Verfahren hat das Gericht neben der Bedarfswertakte, die beiden Einheitswertakten mit den Aktenzeichen (...) (Teileigentum) und (...) (Beiakte zum Teileigentum), sowie die Akten des Niedersächsischen Finanzgerichts der vorangegangenen Verfahren 1 K 107/11 und 1 K 219/15 beigezogen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 26. Februar 2009 vom 26. April 2018 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2018 und der Änderung vom 4. August 2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Der Beklagte hat den anteiligen Grundbesitzwert des Wohnungseigentums gemäß §§ 157 Abs. 3 S. 1, 177, 180 Abs. 1 S. 1, 181 Abs. 1 Nr. 3, 182 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 183 Abs. 1 BewG zutreffend nach dem typisierten Vergleichswertverfahren ermittelt und gemäß § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BewG, § 179 Abs. 2 S. 2 AO gesondert und einheitlich für das Wohneigentum in Höhe von 214.692 € und entsprechend für den hälftigen Miteigentumsanteil in Höhe von 107.346 € festgestellt.
a) Der Beklagte hat den Grundbesitzwert zutreffend gesondert festgestellt.
Nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BewG sind Grundbesitzwerte gesondert festzustellen, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Die Entscheidung über die Bedeutung für die Besteuerung trifft das für die Feststellung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach S. 1 Nr. 2 bis 4 zuständige Finanzamt (§ 151 Abs. 1 S. 2 BewG).
Im Streitfall hat die für die Erbschaftsteuer zuständige Schenkungssteuerstelle des Beklagten zutreffend mit Schreiben vom 3. November 2022 den Bedarfswert des von der Beigeladenen anteilig an die Klägerin übertragenen Grundbesitzes, dem oben näher bezeichneten Wohnungseigentum (§ 19 Abs. 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 Nr. 3 BewG) zum Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG), dem 26. Februar 2009, angefordert.
aa) Denn für Zwecke der Schenkungsteuer ist nach § 12 Abs. 3 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) der Grundbesitzwert gemäß § 19 Abs. 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 Nr. 3 BewG, auf den Bewertungsstichtag festzustellen, auch Bedarfswert genannt (vgl. § 12 Abs. 3 ErbStG i. V. m. § 138 Abs. 5 S. 1 BewG). Der Grundbesitzwert des zugewendeten ideellen Bruchteils am Grundstück - entsprechend auch am Wohnungseigentum - wird, der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend, ermittlungstechnisch über eine Bewertung des ganzen Grundstücks und eine Aufteilung des dabei ermittelten Werts nach den Eigentumsquoten festgestellt (vgl. BFH-Urteil vom 18. August 2004 II R 22/04, BStBl II 2005, 19 und BFH-Beschluss vom 22. Juli 2005 II B 58/05, BFH/NV 2005, 1980).
bb) Auch wenn die Schenkungssteuerstelle des Beklagten mit Schreiben vom 2. Februar 2010 gegenüber der einheitlichen Grundbesitzstelle des Beklagten den Bedarfswert zunächst für den unzutreffenden Bewertungsstichtag, den 27. Februar 2009 - also einen Tag nach Übergang von Nutzen und Lasten - angefordert hatte, ist der fehlerhafte Besteuerungszeitpunkt zwischenzeitlich mit Schreiben vom 3. November 2022 korrigiert worden. Nach Ansicht des erkennenden Senats ist diese korrigierte Fassung vom 3. November 2022 für eine ordnungsgemäße Anforderung ausreichend, denn der Bedarf für den Erlass eines Feststellungsbescheids muss bei Eintritt der Bestandskraft des Feststellungsbescheids gegeben sein (vgl. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 151 Rn. 28). Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Feststellungsverfahren über den Grundbesitzwert kann das für die Steuererhebung zuständige Finanzamt seine Entscheidung daher jederzeit ändern (vgl. Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg-Urteil vom 23. Oktober 2019 3 K 3179/19, EFG 2020, 431 sowie Senatsurteil vom 24. März 2022, 1 K 267/19, juris).
b) Der Beklagte hat die gesonderte Feststellung zutreffend gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen gemäß § 179 Abs. 2 S. 2 AO einheitlich vorgenommen.
Denn eine gesonderte Feststellung ist gemäß § 179 Abs. 2 S. 2 AO gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich vorzunehmen, wenn dies gesetzlich bestimmt ist oder der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen ist. Nach § 154 Abs. 1 S. 1 BewG sind am Feststellungsverfahren eines Bedarfswertes diejenigen beteiligt, denen der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist (Nr. 1) und diejenigen, die das Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat (Nr. 2). Darüber hinaus sind auch diejenigen beteiligt, für die aufgrund einer Gesamtschuldnerschaft (vgl. § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG) der Bescheid von Bedeutung ist (vgl. BFH-Urteil vom 6. Juli 2011 II R 44/10, BStBl II 2012, 5). Dem folgend waren die Beigeladene als Schenkerin und damit Gesamtschuldnerin der Erbschaftsteuer sowie die Klägerin als Beschenkte, ebenfalls Gesamtschuldnerin der Erbschaftsteuer, und diejenige, der der Grundbesitz zuzurechnen war, die am Feststellungsverfahren zu beteiligenden, so dass nur eine gesonderte und einheitliche Feststellung ergehen konnte.
c) Der Beklagte hat zu Recht das vorliegende Objekt als Wohnungseigentum nach § 182 Abs. 2 Nr. 1 BewG im Vergleichswertverfahren bewertet.
Gemäß § 182 Abs. 2 Nr. 1 BewG ist Wohnungseigentum grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu bewerten. Für eine Bewertung im Vergleichswertverfahren gibt § 183 Abs. 1 BewG einen gesetzlich angeordneten Vorrang der vom Gutachterausschuss mitgeteilten Vergleichspreise vor (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 2017 1 K 219/15, EFG 2018, 619).
Im Streitfall hat der GAG dem Beklagten 13 Vergleichspreise mitgeteilt, so dass der Beklagte hieraus einen Vergleichswert ermitteln konnte.
d) Die vom GAG mitgeteilten Vergleichspreise hat der Beklagte zutreffend seiner Ermittlung des Vergleichswerts gemäß § 183 Abs. 1 BewG zugrunde gelegt.
aa) Bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens sind nach § 183 Abs. 1 BewG Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmalen mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (Vergleichsgrundstücke). Grundlage sind vorrangig die von den Gutachterausschüssen im Sinne der §§ 192 ff. Baugesetzbuch (BauGB) mitgeteilten Vergleichspreise.
Der Gesetzgeber hat die Ermittlung von Vergleichspreisen und -faktoren explizit den Gutachterausschüssen aufgegeben, da diesen auf Grund ihrer besonderen Sach- und Fachkenntnis und ihrer größeren Ortsnähe sowie der in hohem Maße von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung eine vorgreifliche Kompetenz bei der Feststellung von Vergleichspreisen und -faktoren zukommt. Eine fachliche Überprüfung durch - mit geringerer Sachkunde ausgestattete - Gerichte würde dem widersprechen. Mit diesem Rechtsgedanken hat der BFH (vgl. Urteile vom 11. Mai 2005 II R 21/02, BStBl II 2005, 686; vom 26. April 2006 II R 58/04, BStBl II 2006, 793 und vom 16. Dezember 2009 II R 15/09, BFH/NV 2010, 1085 [BFH 16.12.2009 - II R 15/09]) auch entschieden, dass die von den Gutachterausschüssen nach § 145 Abs. 3 S. 2 BewG ermittelten und den Finanzämtern mitgeteilten Bodenrichtwerte für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich sind (vgl. Senatsurteile vom 17. September 2015 1 K 147/12, EFG 2016, 185 und vom 7. Dezember 2017 1 K 219/15, EFG 2018, 619). Die gerichtliche Überprüfung von Mitteilungen der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte ist auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt (vgl. Senatsurteil vom 17. September 2015 1 K 147/12, EFG 2016, 185; FG Köln - Beschluss vom 11. April 2019 4 V 405/19, juris; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 183 Rn. 6; Vorbeck in DStR 2020, 322).
bb) Danach sind die vom GAG mitgeteilten Vergleichspreise vom 7. Februar 2018 im Streitfall maßgebend. Denn diese mitgeteilten Vergleichspreise sind auch nicht offensichtlich unrichtig.
aaa) Das in der Mitteilung gem. § 183 Abs. 1 BewG bezeichnete Bewertungsobjekt, bei dem es sich um das streitgegenständliche Wohneigentum handelt, stimmt mit dem in dem Antragsschreiben des Beklagten an den Gutachterausschuss vom 16. Januar 2018 genannten Objekt überein. Die Mitteilung des GAG ist auch zu dem vom Beklagten und der Schenkungssteuerstelle des Beklagten angefragten Bewertungszeitpunkt, dem 26. Februar 2009, ergangen.
bbb) Darüber hinaus hat der GAG die zutreffenden Vorschriften zur Ermittlung der Vergleichswerte angewandt, auch wenn er in seiner Entscheidung vom 7. Februar 2018 darauf hingewiesen hatte, dass er die Vergleichswerte gemäß "§ 183 BewG in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1991 zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 18. Juli 2014" ermittelt habe. Die Vermutung der Klägerin, dass der GAG ein Gesetz angewandt habe, dass zum Bewertungsstichtag noch keine Gültigkeit hatte, wird durch einen Vergleich der verschiedenen Fassungen des Gesetzes widerlegt. Das Bewertungsgesetz ist zwar durch Artikel 6 des Gesetzes vom 18. Juli 2014 geändert worden. Diese Änderungen betrafen aber nicht die hier entscheidungserhebliche Norm des § 183 BewG, auf die der GAG Bezug genommen hatte. Diese Vorschrift hatte bereits 2009 den Wortlaut, den sie auch nach Änderung des Bewertungsgesetzes durch Artikel 6 des Gesetzes vom 18. Juli 2014 hatte.
ccc) Eine offensichtliche Unrichtigkeit der vom GAG mitgeteilten Vergleichspreise ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil der GAG wertbeeinflussende Umstände, unbeachtet gelassen hat.
(1) Wertbeeinflussende Grundstücksmerkmale, wie Kaufzeitpunkt, Baujahr, Lagewert, Miteigentumsanteil am Grundstück und Wohnfläche hat der GAG bei der Auswahl der Vergleichsgrundstücke hinreichend berücksichtigt.
Zum einen hat der GAG die von ihm aufgeführten 13 Vergleichsobjekte mit dem zu vergleichenden Objekt als vergleichbar angesehen. Eine Übereinstimmung in jeglicher Hinsicht wird vom Gesetz nicht gefordert. Das Erfordernis hinreichender, nicht absoluter Übereinstimmung der Vergleichsgrundstücke mit dem zu bewertenden Grundstück in § 183 Abs. 1 S. 2 BewG dient nicht nur der Verwaltungsvereinfachung, sondern auch dazu, den Kreis der Vergleichsgrundstücke nicht über Gebühr einzuengen (vgl. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 183 Rn. 3).
Zum anderen hat der GAG die Abweichungen der Vergleichsgrundstücke hinsichtlich ihrer wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmale (Kaufzeitpunkt, Baujahr, Lagewert, Miteigentumsanteil am Grundstück und Wohnfläche) mit Hilfe einer vorher berechneten Formel auf die wertbeeinflussenden Umstände des Bewertungsobjekts umgerechnet. Entsprechend hat er in seiner Mitteilung von Vergleichspreisen gem. § 183 BewG vom 7. Februar 2018 die von ihm aufgeführten Kaufpreise ausdrücklich als Kaufpreis "originär" und die daraus abgeleiteten Werte als Kaufpreis "umgerechnet" bezeichnet.
(2) Es ist nicht zu beanstanden, dass der GAG weitere Besonderheiten, insbesondere die den Wert beeinflussende Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art nicht einbezogen hat.
Das Bewertungsgesetz lässt eine wertkorrigierende Berücksichtigung von Belastungen privat- und öffentlich-rechtlicher Art gemäß § 183 Abs. 3 BewG aus Vereinfachungsgründen nicht zu. Die Anwendung des Vergleichswertverfahrens soll einer typisierenden Wertermittlung Rechnung tragen. So werden bei Anwendung des gesetzlichen Vergleichswertverfahrens Besonderheiten, insbesondere die den Wert beeinflussenden Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art, nicht berücksichtigt (vgl. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 183 Rn. 13).
Der GAG hat demgemäß bei der Ermittlung seiner Vergleichspreise zutreffend zum einen die individuellen wertbeeinflussenden Umstände, die sich insbesondere aus dem Zuschnitt des Grundstücks, dem Zustand des Objektes und den besonderen Gegebenheiten hinsichtlich der Strom-, Gas- und Wasserversorgung ergeben und die ihm richtigerweise vom Beklagte bereits nicht mitgeteilt wurden, nicht einbezogen.
Zum anderen hat der GAG zu Recht auch den Umstand unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin lediglich einen hälftigen Miteigentumsanteil erwarb und hat Vergleichspreise für das gesamte Wohneigentum mitgeteilt. Denn der Grundbesitzwert eines zugewendeten ideellen Bruchteils am Grundstück - hier des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Wohnungseigentum - wird, der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend, ermittlungstechnisch über eine Bewertung des ganzen Grundstücks - hier Wohnungseigentum - und eine Aufteilung des dabei ermittelten Werts nach den Eigentumsquoten festgestellt (vgl. BFH-Urteil vom 18. August 2004 II R 22/04, BStBl II 2005, 19 und BFH-Beschluss vom 22. Juli 2005 II B 58/05, BFH/NV 2005, 1980).
cc) Der Beklagte hat zur Ermittlung des Vergleichswertes zutreffend zunächst den Durchschnittswert der vom GAG mitgeteilten 13 Vergleichspreise errechnet und entsprechend einen Betrag von 214.692 € ermittelt. Um den Wert des übertragenen Anteils zu erhalten, hat er den so ermittelten Wert lediglich anteilig mit 50% - dies entspricht dem übertragenen Miteigentumsanteil - berücksichtigt, also in Höhe von 107.346 €. Denn wie bereits oben ausgeführt, wird der Grundbesitzwert eines zugewendeten ideellen Bruchteils am Grundstück ermittlungstechnisch über eine Bewertung des ganzen Grundstücks und eine Aufteilung des dabei ermittelten Werts nach den Eigentumsquoten festgestellt.
dd) Nachdem die Klägerin trotz eines richterlichen Hinweises kein Gutachten zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes vorgelegt und auch ansonsten keinen niedrigeren gemeinen Wert nachgewiesen hat, kommt eine von diesem Vergleichswert abweichende Bewertung des übertragenen anteiligen Wohneigentums im Streitfall nicht in Betracht.
aaa) Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 BewG ermittelte Wert, so ist dieser Wert anzusetzen (§ 198 S. 1 BewG). Für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gelten grundsätzlich die auf Grund des § 199 Abs. 1 des Baugesetzbuchs erlassenen Vorschriften (§ 198 S. 2 BewG).
Die nach dieser Vorschrift dem Steuerpflichtigen zugewiesene Nachweislast geht über die reine Darlegungs- und Feststellungslast hinaus. Wie der Nachweis zu erbringen ist, regelt die Vorschrift nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, muss der Steuerpflichtige den Nachweis selbst erbringen, etwa durch Vorlage eines geeigneten Gutachtens. Ob das Gutachten den Nachweis erbringt, unterliegt insoweit der freien Beweiswürdigung durch das Finanzamt und ggf. des Finanzgerichts, als zu prüfen ist, ob der Nachweis gelungen ist. Dies setzt voraus, dass dem Gutachten ohne weitere Aufklärungs- und Ermittlungsmaßnahmen gefolgt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 5. Dezember 2019 II R 9/18, BStBl II 2021, 135).
bbb) Der Nachweis kann nicht dadurch geführt werden, dass der Steuerpflichtige - wie im Streitfall geschehen - die Beweiserhebung, etwa durch gerichtliche Einholung eines Sachverständigengutachtens, beantragt (vgl. BFH-Urteile vom 10. November 2004 II R 69/01, BStBl II 2005, 259 und vom 5. Dezember 2019 II R 9/18, BStBl II 2021, 135; BFH-Beschluss vom 25. März 2009 II B 62/08, BFH/NV 2009, 1091 [BFH 25.03.2009 - II B 62/08] m.w.N. - zu der Vorläufervorschrift des § 198 BewG, § 146 Abs. 7 BewG a.F.). Das vorzulegende Gutachten ist als Privatgutachten urkundlich belegtes Parteivorbringen. Der Nachweis verlangt, dass es der Bestellung weiterer Sachverständiger nicht mehr bedarf, da andernfalls die Nachweislast auf eine Darlegungs- und Feststellungslast reduziert würde (vgl. BFH-Urteile vom 10. November 2004 II R 69/01, BStBl II 2005, 259, vom 3. Dezember 2008 II R 19/08, BStBl II 2009, 403 und vom 5. Dezember 2019 II R 9/18, BStBl II 2021, 135).
e) Die Vorschriften über die Bedarfsbewertung des Grundbesitzes nach dem Vergleichswertverfahren sind auch verfassungsgemäß.
aa) Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, die Bedarfsbewertung des Grundbesitzes grundsätzlich mit dem Vergleichswertverfahren durchzuführen. Der Gesetzgeber hat mit dem Vergleichswertverfahren zur Bewertung des Grundbesitzes eine Typisierung und Vereinfachung der Bedarfsbewertung für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis beabsichtigt. Dieser mittels der Typisierung vom Gesetzgeber angestrebte Vereinfachungseffekt erscheint bei der Menge der zu bewertenden Grundstücke eine vernünftige Regelung (vgl. BFH-Urteil vom 17. November 2021 II R 26/20, BFH/NV 2022, 822 [BFH 17.11.2021 - II R 26/20] m.w.N.). Zudem verbleibt dem Steuerpflichtigen für den Fall, dass mit dieser typisierenden Bewertung im Einzelfall ein zu hoher Wert festgesetzt würde, die Möglichkeit, gemäß § 198 BewG ggf. einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.
Der Vortrag der Klägerin, dass es mit dem Vergleichswertverfahren zu häufigen Abweichungen von mehr als 20% zum Marktwert der zu bewertenden Grundstücke komme, führt ebenfalls nicht zur Verfassungswidrigkeit der Regelungen der §§ 183 ff BewG. Es gibt für Grundvermögen keinen absoluten und sicher realisierbaren Marktwert, sondern allenfalls ein Marktwertniveau, auf dem sich mit mehr oder weniger großen Abweichungen vertretbare Verkehrswerte bilden. Dabei wird von einer Streubreite von +/- 20 % der Verkaufspreise für ein und dasselbe Objekt ausgegangen, innerhalb derer ein festgestellter Verkehrswert als noch vertretbar angesehen wird (vgl. Beschluss des BVerfG vom 7. November 2006 1 BvL 10/02, BStBl II 2007, 192 m.w.N.). Selbst wenn der im Vergleichswertverfahren ermittelte Wert in Einzelfällen um mehr als 20% vom gemeinen Wert abweichen sollte, führt dies nicht zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes läge also erst vor, wenn dieses Bewertungsziel in einer so großen Zahl der Fälle verfehlt wird, dass die Vorteile der Typisierung nicht mehr überwiegen. Im Streitfall ist schon nicht nachgewiesen, dass es zu einer solch erheblichen Abweichung gekommen ist. Darüber hinaus gibt es auch keinerlei Erkenntnis, dass es bereits in einer Vielzahl von Fällen zu einer solchen Abweichung gekommen ist. Selbst das von der Klägerin angeführte Seminarskript geht davon aus, dass es nur "im Einzelfall zu erheblichen Überbewertungen" gekommen ist.
bb) Ebenso ist die Regelung des § 198 S. 1 BewG, mit der dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit gegeben wird, ggf. einen niedrigeren gemeinen Wert des übertragenen Grundbesitzes nachzuweisen, hinsichtlich der dadurch dem Steuerpflichtigen auferlegten Nachweislast verfassungsgemäß (vgl. BFH-Urteil vom 17. November 2021 II R 26/20, BFH/NV 2022, 822 m.w.N.).
Denn der mittels der Typisierung vom Gesetzgeber angestrebte Vereinfachungseffekt würde verloren gehen, wenn bei der Rechtsüberprüfung einer solchermaßen vorgenommenen Bewertung über die richtige Höhe der Werte gestritten würde. Der Steuerpflichtige hat nur Anspruch auf eine Wertermittlung, die dem typisierenden Verfahren entspricht, nicht jedoch auf den Ansatz eines anderen, von ihm für richtiger gehaltenen Grundbesitzwertes. Ihm bleibt nur der Nachweis eines tatsächlich niedrigeren gemeinen Werts des Grundbesitzes nach § 198 BewG. Vor dem Hintergrund der jeder Grundstücksbewertung innewohnenden Unsicherheiten und der Tatsache, dass mit den vom GAG ermittelten Vergleichspreisen eine anerkannte objektive Bewertungsgrundlage vorgegeben wird, ist es im Rahmen eines typisierenden Bewertungsverfahrens nicht zu beanstanden, dass dem Steuerpflichtigen die Nachweislast für einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks insgesamt aufgebürdet wird (vgl. BFH-Urteil vom 11. Mai 2005 II R 21/02, BStBl II 2005, 686 - zu Bodenrichtwerten ergangen).
2. Der Beklagte war auch aus formellen Gründen nicht gehindert, die gesonderte und einheitliche Feststellung des streitigen Bedarfswertes vorzunehmen.
a) Die Feststellungsfrist für den Erlass des gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheides vom 26. April 2018 in der Fassung vom 4. August 2022 war gemäß §§ 181 Abs. 1, 169 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 170 Abs. 2 Nr. 1, 171 Abs. 3a S. 3 AO noch nicht abgelaufen.
aa) Die Feststellungsfrist beträgt vier Jahre (§§ 181 Abs. 1, 169 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO). Sie beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO), in Fällen, in denen eine Steuer- bzw. Feststellungserklärung einzureichen ist, jedoch erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer- bzw. Feststellungserklärung tatsächlich abgegeben wird (§§ 181 Abs. 1, 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO).
Wird ein Feststellungsbescheid mit dem Einspruch oder einer Klage angefochten, läuft die Feststellungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist (§§ 181 Abs. 1, 171 Abs. 3a S. 1 AO). Im Klageverfahren liegt eine unanfechtbare Entscheidung vor, wenn das Urteil des Finanzgerichts formell rechtskräftig geworden oder eine abschließende Entscheidung des BFH im Revisionsverfahren ergangen ist (vgl. BFH-Urteile vom 15. Dezember 1999 XI R 75/97, BFH/NV 2000, 1067 und vom 18. Juli 2013 II R 46/11, BStBl II 2016, 631). Diese Vorschrift soll es der Finanzbehörde ermöglichen, die noch ausstehende Entscheidung in der Sache im Anschluss an die gerichtliche Entscheidung nachzuholen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juli 2013 II R 46/11, BStBl II 2016, 631 [BFH 18.07.2013 - II R 46/11]). Hebt das Gericht den im Rechtsbehelfsverfahren angefochtenen Bescheid gemäß § 100 Abs. 1 S. 1 FGO ersatzlos auf (sog. echte Kassation), wird die Sache in den ungeregelten Zustand vor Erlass des Bescheides zurückversetzt und bedarf einer weiteren Maßnahme der Finanzbehörde (vgl. Stapperfend in Gräber, FGO, § 100 Rn. 18). Nachdem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Steuererhebung muss die Behörde erneut darüber entscheiden, ob es bei der durch (Teil-)Aufhebung geschaffenen Rechtslage bleiben soll und darf oder nicht (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, FGO, § 100 Rn. 13). Hat dagegen die Aufhebung des Bescheids durch das Gericht selbst regelnden Charakter (sog. unechte Kassation), ist ein weiteres Tätigwerden der Finanzbehörde nicht erforderlich (vgl. Stapperfend in Gräber, FGO, § 100 Rn. 19). Ob eine echte oder eine unechte Kassation vorliegt, ist anhand der Rechtskraftwirkung des Urteils festzustellen. Die verlängerte Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3a S. 3 AO gilt nach ihrem Zweck nur bei der echten Kassation, weil in diesem Fall das Verwaltungsverfahren nicht abgeschlossen und ein weiteres Tätigwerden der Finanzbehörde erforderlich ist (vgl. Gercke in Koenig, AO, § 171 Rn. 59).
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen war im Zeitpunkt des Erlasses des gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheides am 26. April 2018 die Feststellungsverjährung noch nicht eingetreten.
Die Feststellungsfrist begann gemäß §§ 181 Abs. 1, 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Jahres 2010, nachdem die Klägerin die geforderte Feststellungserklärung im Laufe des Jahres 2010 abgegeben hatte.
aaa) Der Ablauf der Feststellungsfrist wurde gemäß §§ 181 Abs. 1, 171 Abs. 3a S. 1 AO zunächst durch den 2010 eingelegten Einspruch und das anschließende Klageverfahren (1 K 107/11), gegen den ursprünglichen gesonderten Feststellungsbescheid vom 2. August 2010 gehemmt.
bbb) Nach §§ 181 Abs. 1, 171 Abs. 3a S. 3 AO war der Ablauf der Feststellungsfrist über die Rechtskraft des Urteils des Senats vom 11. April 2014 (1 K 107/11) hinaus bis zum Erlass des nachfolgenden Bescheids vom 17. Februar 2015 gehemmt. Die Rechtskraftwirkung dieses Urteils steht dem nicht entgegen. Der Senat hat in diesem Urteil den Ursprungsbescheid vom 2. August 2010 unter Hinweis auf die unzutreffende Ermittlung des Vergleichswertes aufgehoben. Der Senat hatte den Bescheid somit aus Gründen aufgehoben, die dem Bescheid selbst anhafteten und nicht den Steuer- bzw. hier den Feststellungsanspruch betrafen. Somit lag eine echte Kassation vor.
ccc) Aber auch nach Ergehen des gesonderten Feststellungsbescheides vom 17. Februar 2015 war der Ablauf der Feststellungsfrist gemäß §§ 181 Abs. 1, 171 Abs. 3a S. 1 AO durch den 2015 gegen diesen Feststellungsbescheid eingelegten Einspruch und durch das sich anschließende Klageverfahren (1 K 219/15) gehemmt.
ddd) Nach §§ 181 Abs. 1, 173 Abs. 3 S. 3 AO war der Ablauf der Feststellungsfrist auch über die Rechtskraft des Urteils des Senats vom 7. Dezember 2017 (1 K 219/15) bis zum Erlass des nachfolgenden Bescheids vom 26. April 2018 gehemmt. Der Senat hat in diesem Urteil den gesonderten Feststellungsbescheid vom 17. Februar 2015 mit der Begründung aufgehoben, dass der Beklagte Vergleichspreise vom GAG für einen unzutreffenden Stichtag mitgeteilt bekommen habe. Der Senat hatte den Bescheid somit aus Gründen aufgehoben, die dem Bescheid selbst anhafteten und nicht den Steuer- bzw. hier den Feststellungsanspruch betrafen. Somit war erneut eine echte Kassation gegeben.
Die Ablaufhemmung der §§ 181 Abs. 1, 171 Abs. 3a S. 2 und 3 AO greift unabhängig davon, dass der Beklagte erstmals in dem im vorliegenden Verfahren streitigen Bescheid eine gesonderte und einheitliche Feststellung erließ, nachdem er zuvor lediglich gesonderte Feststellungen gegenüber der Klägerin vorgenommen hatte. Denn danach ist der Ablauf der Feststellungsfrist für den gesamten Steuer- bzw. Feststellungsanspruch gehemmt. Zudem soll die verlängerte Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a S. 3 AO die Durchführung des weiteren behördlichen Verfahrens sichern (vgl. BT-Drs. VI/1982, 151; BFH-Urteil vom 5. Oktober 2004 VII R 77/03, BStBl II 2005, 122). Der Beklagte wird in die Lage versetzt über den Steueranspruch - hier Feststellungsanspruch - neu zu entscheiden. Dies beinhaltet neben der Höhe der Feststellung auch die Art der Feststellung, nämlich ob eine gesonderte oder gesonderte und einheitliche Feststellung durchzuführen ist, so dass bis zum Ergehen des streitgegenständlichen Bescheides keine Feststellungsverjährung eingetreten ist.
eee) Der Erlass des weiteren Bescheides gegenüber der Klägerin am 4. August 2022 hat lediglich klarstellende Funktion, eine eigenständige Regelung enthält der an die Klägerin gerichtete Bescheid nicht. Der Beklagte hat lediglich klarstellend hervorgehoben, dass die Klägerin und die Beigeladene Feststellungsbeteiligte in diesem Verfahren sind.
b) Der Beklagte war berechtigt, den Grundbesitzwert in Höhe von 214.692 € und den Wert des hälftigen übertragenen Anteils in Höhe von 107.346 € festzustellen, auch wenn im ursprünglichen gesonderten Feststellungsbescheid lediglich ein Grundbesitzwert von 190.000 € und der übertragene hälftige Anteil in Höhe von 95.000 € festgesetzt waren.
aa) Das Verböserungsverbot des §§ 181 Abs. 1, 367 Abs. 2 S. 2 AO steht der Feststellung nicht entgegen. Danach kann ein Verwaltungsakt im Einspruchsverfahren nur zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern, um den Einspruch ggf. zurückzunehmen.
Im Streitfall handelt es sich aber um keine Entscheidung im Einspruchsverfahren, sondern um den erstmaligen Erlass des Bescheides. Mit der Aufhebung der vorangegangenen Bescheide ist das Verfahren jeweils in einen völlig ungeregelten Zustand vor Erlass des Bescheides zurückversetzt worden (vgl. Gercke in Koenig, AO, § 171 Rn. 59). Entsprechend handelt es sich bei dem Erlass der jeweiligen Bescheide um selbständige neue Verfahren.
bb) Auch eine analoge Anwendung dieses Verböserungsverbotes gemäß §§ 181 Abs. 1, 367 Abs. 2 S. 2 AO kommt nicht in Betracht.
Die für eine Analogie erforderliche "planwidrige Unvollständigkeit des positiven Rechts" ist (nur) dort gegeben, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und der ihm immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer gesetzlich gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (vgl. BFH-Urteil vom 14. September 1994 I R 136/93, BStBl II 1995, 382). Rechtspolitische Unvollständigkeiten, d.h. Lücken, die nicht dem Gesetzesplan widersprechen, sondern lediglich vom Rechtsanwender als rechtspolitisch unerwünscht empfunden werden, können entsprechend dem Prinzip der Gewaltenteilung hingegen nicht von den Gerichten geschlossen werden. Sie zu schließen, bleibt Aufgabe des Gesetzgebers (vgl. BFH-Urteil vom 22. Dezember 2011 III R 41/07, BStBl II 2012, 681).
Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall keine planwidrige Regelungslücke vor. Die gesetzlichen Regelungen insbesondere in § 171 Abs. 3a und § 174 Abs. 4 AO lassen vielmehr den gesetzgeberischen Willen erkennen, dass insbesondere in Fällen, in denen Steuer- bzw. Feststellungsbescheide aufgrund eines Einspruchs oder einer Klage aufgehoben oder geändert werden, also die Änderungen durch den Steuerpflichtigen veranlasst sind, der Finanzbehörde eine weitgehende Änderungsmöglichkeit eingeräumt wird, die fehlerhafte Beurteilung in einem neuen bzw. anderen Bescheid zu korrigieren, ggf. auch nach Ablauf der ursprünglichen Feststellungsfrist.
Aus den genannten Gründen hat die Klage keinen Erfolg.
II. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Eine Entscheidung des BFH über die Frage, ob die von den Gutachterausschüssen ermittelten und den Finanzämtern mitgeteilten Vergleichspreise nach § 183 Abs. 1 BewG für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich sind, ist aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2017 1 K 210/14, EFG 2018, 819).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, § 139 Abs. 4 FGO.