Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 23.04.1999, Az.: 18 UF 26/99
Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Beschwerde; Anforderungen an die Einbenennung eines Kindes in den neuen Ehenamen des sorgeberechtigten Elternteils ; Voraussetzungen für die Ersetzung der Zustimmung des Kindesvaters zu einer Einbenennung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 23.04.1999
- Aktenzeichen
- 18 UF 26/99
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1999, 30771
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1999:0423.18UF26.99.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Tostedt - 05.01.1999 - AZ: 15 F 1231/98
Rechtsgrundlagen
- § 1618 BGB
- § 1757 Abs. 4 BGB
- § 19 FGG
- § 3 Nr. 2a RPflG
Fundstelle
- FamRZ 1999, 1377-1378 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Namensänderung
Ersetzung der Einwilligung des Kindesvaters zur Einbenennung des Kindes gemäß § 1618 Satz 4 BGB
In der Familiensache
hat der 18. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...
den Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richterin am Oberlandesgericht ...
am 23. April 1999
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Tostedt vom 5. Januar 1999 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Tostedt zurückverwiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 1.500 DM
Gründe
Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich gegen die Entscheidung des Amtsgerichts, mit der seine Zustimmung zur Einbenennung seiner Tochter in den neuen Ehenamen der Mutter ersetzt wurde.
Die Beschwerde ist zulässig und führt zur Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
Die Einbenennung des Kindes in den neuen Ehenamen des sorgeberechtigten Elternteils richtet sich nach § 1618 BGB n.F.
Den Gesetzesmaterialien zu § 1618 BGB n.F. (Bundestagsdrucksachen Nr. 13/4899 und 13/8511) ist zu entnehmen, dass zunächst eine Gesetzesfassung vorgesehen war, wonach die Ersetzung der Einwilligung des anderen Elternteils zur Einbenennung des Kindes durch das Familiengericht vorgenommen werden kann, wenn die Erteilung des Namens dem Wohl des Kindes dient (Bundestagsdrucksache 13/4899 (vom 13. Juni 1996) S. 8, mit Einzelbegründung S. 92). Diese Formulierung ist nach Beratung später unter Einfügung der weiteren Möglichkeit der Bildung eines Doppelnamens des Kindes (jetzt § 1618 Satz 2 BGB), bewusst dahingehend verändert worden, dass die Ersetzung der Einwilligung vom Familiengericht nur noch vorgenommen werden kann, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
In den Gesetzesmaterialien (Bundestagsdrucksache vom 12. September 1997, 13/8511 S. 73 f) heißt es hierzu:
"- Absatz 1 in der Fassung des Regierungsentwurfs regelt die Einbenennung des Kindes im Falle der (Wieder-)Verheiratung des Elternteils, dem die Sorge für das Kind allein zusteht, und dient der namensrechtlichen Integration des Kindes in die neu gegründete "Stieffamilie". Der Änderungsvorschlag unterstreicht in diesem Zusammenhang die Bindungen des Kindes an den Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, in doppelter Hinsicht:
Zum einen schafft er die Möglichkeit, dem Kinde einen Doppelnamen zuzuweisen, der sich aus dem in der "Stieffamilie" geführten Ehenamen und aus dem bisherigen Familiennamen des Kindes, d.h. aus dem Familiennamen des anderen Elternteils, zusammensetzt. Der damit - ähnlich wie in § 1757 Abs. 4 für Adoptivkinder - eröffnete Mittelweg soll die Lebenssituation des Kindes namensrechtlich widerspiegeln und eine - dem Wohl des Kindes stets förderliche - gütliche Einigung der Eltern über dessen Namensführung erleichtern.
- Zum anderen werden die Voraussetzungen für eine gerichtliche Ersetzung der Einwilligung des nicht an der Sorge beteiligten Elternteils enger gefasst. Für sie genügt es nicht, dass die Neubestimmung des Kindesnamens dem Wohl des Kindes dient; vielmehr wird verlangt, dass sie zum Wohl des Kindes erforderlich ist."
Damit sind die Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung erheblich verschärft worden.
Ob vorliegend diese eng eingegrenzten Voraussetzungen an die Ersetzung der Einwilligung zur Einbenennung vorliegen, kann noch nicht entschieden werden, weil die Beurteilung von dem Ergebnis weiterer Ermittlungen und der weiteren Sachaufklärung des Amtsgerichts abhängt.
Die vom Antragsgegner eingelegte Beschwerde gegen die Ersetzung seiner Einwilligung zur Einbenennung seiner Tochter führt aus diesem Grunde zur Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
Zur Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung ist gemäß § 1618 S. 4 BGB das Amtsgericht - Familiengericht - berufen, das vorliegend zutreffend die Entscheidung erlassen hat. Zuständig ist beim Amtsgericht gemäß § 1618 BGB i.V.m. § 3 Nr. 2 a RPflG grundsätzlich der Rechtspfleger. Gegen die Entscheidung ist das - hier zutreffend gewählte - Rechtsmittel der einfachen und unbefristeten Beschwerde gemäß § 19 FGG gegeben.
Zuständig zur Entscheidung über die Beschwerde ist gemäß § 19 Abs. 2 FGG, 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG der Familiensenat des Oberlandesgerichts.
Die Einbenennung des Kindes ist gemäß § 1618 BGB zunächst an verschiedene formelle Voraussetzungen gebunden, die sämtlichst erfüllt sein müssen, bevor die Ersetzung der Einwilligung, des nicht sorgeberechtigten Elternteils und damit die Prüfung, ob die Einbenennung zum Wohl des Kindes erforderlich ist, überhaupt in Betracht kommt.
Nachgewiesen wurde vorliegend, dass das Sorgerecht für ... allein auf die Mutter übertragen wurde (§ 1618 Satz 1 BGB) und dass die Mutter neu verheiratet ist und nunmehr den Nachnamen ihres neuen Ehemannes (§ 1618 Satz 1 BGB) ... trägt. Weiter sind die Erklärungen sowohl der Kindesmutter als auch ihres neuen Ehemannes zur Einbenennung ... die gemäß § 1618 Satz 1 BGB erforderlich sind, zur Akte gereicht worden. Allerdings liegt nur die Erklärung des neuen Ehemannes in öffentlich beglaubigter Form vor. Diese Form ist nach § 1618 Satz 5 BGB jedoch für alle der in § 1618 BGB genannten Erklärung erforderlich. Soweit insoweit Unterlagen fehlen, sind diese nachzureichen, worauf gerichtlich hinzuweisen ist.
Im Verfahren selbst hat das Amtsgericht die erforderliche Anhörung des Kindes durchgeführt und auch eine Stellungnahme des Jugendamtes zur Ersetzung der Zustimmung der Einbenennung, die bei streitigen Fällen - wie vorliegend - zur Klärung der Frage, ob die Namensänderung zum Wohl des Kindes erforderlich ist, stets sinnvoll sein dürfte, eingeholt.
Zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht führt jedoch der Umstand, dass das Amtsgericht weder die sorgeberechtigte Mutter noch den nicht sorgeberechtigen Vater im vorliegenden Verfahren persönlich angehört hat.
Auf eine persönliche Anhörung beider Elternteile kann nach Ansicht des Senats in Fällen der vorliegenden Art nicht verzichtet werden. Da es sich bei dem Verfahren über die Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung eines Kindes um eine Angelegenheit der Personensorge handelt, ergibt sich die Erforderlichkeit der persönlichen Anhörung der sorgeberechtigten Kindesmutter bereits aus § 50 a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 FGG. Diese ist trotz der Anwesenheit der Mutter im Termin zur Anhörung der Tochter am 27. Oktober 1998 nicht durchgeführt worden. Nach Ansicht des Senats kann aber auch auf die persönliche Anhörung des Kindesvaters nach § 50 a Abs. 2 BGB nicht verzichtet werden (vgl. Palandt, Diederichsen, BGB, 58. Aufl. § 1618 BGB Rdnr. 17). Die persönliche Anhörung beider Kindeseltern durch das Gericht erscheint im Hinblick auf die Bedeutung der Entscheidung sowohl für das Kind, aber auch für dessen Eltern, unverzichtbar. Die persönliche Anhörung ist immer dann unentbehrlich, wenn sie zur Sachaufklärung gemäß § 12 FGG erforderlich ist. Dabei steht nicht so sehr die Ermittlung äußerer, sondern vielmehr die Erforschung psychologisch bedeutsamer Umstände im Vordergrund, (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Aufl., § 50 a FGG Rdnr. 3), die gerade bei der Beurteilung der Frage, ob eine Namensrechtsänderung zum Wohl des Kindes erforderlich ist, von ausschlaggebender Bedeutung sind. Weder die schriftliche Darstellung der Mutter noch diejenige des Vaters beziehungsweise der Verfahrensbevollmächtigten im Verfahren ersetzen die persönliche Anhörung der Eltern, weil das Gericht sich einen eigenen Eindruck von der Situation verschaffen muss, um die Frage, ob die Einbenennung des Kindes zu seinem Wohl erforderlich ist, beurteilen zu können.
Der persönlichen Anhörung der Kindeseltern kommt im Übrigen auch im Hinblick auf die in §§ 52, 52 a FGG normierte Vermittlungspflicht des Gerichts eine besondere Bedeutung zu.
Das amtsgerichtliche Verfahren leidet damit an einem wesentlichen Verfahrensmangel, dessen Nachholung durch das Beschwerdegericht nicht sinnvoll erscheint. Die Sache wird deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht gemäß § 12 FGG zurückgegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO, 13 a Abs. 1 FGG.
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert: 1.500 DM