Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 11.12.2002, Az.: 6 A 2368/02

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
11.12.2002
Aktenzeichen
6 A 2368/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 35978
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2002:1211.6A2368.02.0A

In der Verwaltungsrechtssache

des ...

Kläger,

Proz.-Bev.: ...

gegen

die ...

Beklagte,

Streitgegenstand: Wiederverwendung aus dem Ruhestand

hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 6. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2002 durch ... für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die vorläufige Vollstreckung durch die Beklagte in Höhe des Vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1

I.

Der Kläger wendet sich gegen seine Wiederverwendung aus dem Ruhestand.

2

Der ... geborene Kläger war im Dienst des Landes Niedersachsen stehender Lehrer und wurde auf der Grundlage des Gutachtens des Amtsarztes des Landkreises ... vom 19. März 1998 wegen Dienstunfähigkeit zum Dezember 1998 in den Ruhestand versetzt. Dazu hatten geführt vor allem eine diabetische Polyneuropathie, Schwerhörigkeit, Bluthochdruck, Schwachsichtigkeit und eine degenerative Wirbelsäulenerkrankung. Die am 29. April 1999 durchgeführte amtsärztliche Nachuntersuchung führte zu dem Ergebnis, dass zwar weiterhin Dienstunfähigkeit vorlag, aber eine erneute Wiederverwendung geprüft werden solle. Eine Nachuntersuchung im Dezember 2000 durch denselben Amtsarzt ergab, dass eine Besserung nicht eingetreten sei, der Gesundheitszustand sich verschlechtert habe und von einer Nachuntersuchung bzw. Wiederverwendung nicht mehr ausgegangen werden könne.

3

Nachdem die Behauptung eines Dritten im Raum stand, der Kläger übe eine Tennislehrertätigkeit aus, beauftragte die Beklagte erneut den Amtsarzt des Landkreises ... mit einer Untersuchung des Klägers, die am 22. Januar 2002 erfolgte. Der Amtsarzt führte in seinem Bericht vom 22. Februar 2002 aus, der Kläger habe über zur Zeit laufende augen-, hals-, nasen- und ohrenärztliche Behandlungen im Zusammenhang mit den zur Dienstunfähigkeit führenden Beschwerden berichtet. Seine - des Amtsarztes - angestellten Recherchen hätten jedoch ergeben, dass sich der Kläger seit 1999 weder bei dem von ihm bezeichneten Augen- noch dem bezeichneten Hals-Nasen-Ohrenarzt in Behandlung befunden habe. Der Kläger habe auf Nachfrage sportliche Tätigkeiten verneint, er sei lediglich in seinem Fitnesskeller tätig. Eine Sichtung der Untersuchungsergebnisse, die zur Versetzung des Klägers in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen sowie zur Verneinung der Wiederverwendbarkeit geführt hätten, habe ergeben, dass sich der seinerzeit mit der Sache befasste Amtsarzt bei den gutachterlichen Feststellungen im Wesentlichen auf die Angaben des Klägers gestützt habe. Solle die Information, dass der Kläger in nicht unerheblichem Maße seit 1999 Tennisunterricht erteile, zutreffen, wären damit dessen Angaben im Wesentlichen widerlegt. Es bestünde kein Zweifel an der vollständigen Dienstfähigkeit des Klägers; sie sei auch nach dem heutigen Erkenntnisstand während der gesamten Zeit der Zurruhesetzung gegeben gewesen. Im Gesundheitsamt des Landkreises ... hatte es einen personellen Wechsel gegeben. Der bisherige Amtsarzt, der den Kläger seit 1998 untersucht hatte, schied aus und der neue Leiter fertigte den Bericht im Februar 2002.

4

Im Februar 2002 erlitt der Kläger im Rahmen der "Nachbarschaftshilfe" einen Unfall, der zu einem stationären Aufenthalt bis zum 20. März 2002 führte.

5

Unter dem 8. April 2002 bestätigte der Amtsarzt, der Kläger sei mit Ausnahme des Sportunterrichts uneingeschränkt dienstfähig. Er warte noch den Operationsbericht und den Entlassungsbericht des Krankenhauses ab. Wenn diese Berichte bis Ende der Woche nicht vorlägen, würde er zunächst eine vorläufige Stellungnahme übermitteln, was unter dem 10. April 2002 erfolgte. In ihr erklärte er, die am 5. April 2002 vorgenommene amtsärztliche Untersuchung bestätige die bereits im Februar 2002 getroffene Feststellung, dass von einer Dienstunfähigkeit des Klägers weder in der Vergangenheit noch gegenwärtig die Rede sein könne. Der Kläger habe allerdings nach eigenen Angaben im Februar 2002 aufgrund eines Unfalls mehrere Knochenverletzungen erlitten, wegen derer er sich in stationärer Behandlung befunden habe. Diese Knochenverletzungen, einschließlich der Fraktur eines Wirbelkörpers, hätten behandelt werden können. Nach eigenen Angaben befände sich der Kläger für den Zeitraum von etwa 3 Wochen nach der Entlassung auf hausärztliche Verordnung noch in intensiverer krankengymnastischer Behandlung. Nach Abschluss dieser Phase sei davon auszugehen, dass möglicherweise weitere krankengymnastische Übungsbehandlungen ohne weiteres nachmittags erfolgen könnten und mit einer Wiederaufnahme der Unterrichtstätigkeit somit vereinbar seien. Auch wenn die Unfallfolgen voraussichtlich ohne belangvolles dauerhaftes funktionelles Defizit ausheilen würden, seien gelegentliche Beschwerden wie auch gewisse Einbußen in Geschwindigkeit und Routine von Bewegungsabläufen vorstellbar. Ebenso sollten schwere körperliche Belastungen vermieden werden. Der Kläger sei dauerhaft vom Sportunterricht freizustellen, in sämtlichen anderen Fächern sei er hingegen uneingeschränkt dienstfähig. Rein vorsorglich werde mitgeteilt, dass der Gesamteindruck der Beweglichkeit sowohl unter Berücksichtigung der subjektiven Angaben in der Untersuchungssituation wie auch der Bewegungsabläufe nach Abschluss der Untersuchung für den Schulalltag belangvolle Einschränkungen ausschlössen. Dem Kläger sei im Interesse einer reibungslosen beruflichen Reintegration die Möglichkeit einzuräumen, ein Stehpult oder ein seinen Bedürfnissen entsprechendes Mobiliar zu nutzen. Diese amtsärztliche Stellungnahme stütze sich im Hinblick auf die Bewertung der Unfallfolgen auf eigene Angaben des Klägers und sei Ergebnis des aktuellen Untersuchungsbefunds. Bedauerlicherweise hätten die Krankenhausbehandlungs- und -entlassungsberichte nicht zur Verfügung gestanden. Diese Unterlagen seien angefordert worden und er - der Amtsarzt - werde gegebenenfalls ergänzend Stellung nehmen, falls sich hieraus wegweisende neue Aspekte ergäben.

6

Während des gerichtlichen Verfahrens hat der Amtsarzt mit Bericht vom 7. Oktober 2002 unter anderem erklärt, ihm seien nach der amtsärztlichen Begutachtung am 10. April 2002 die Operationsberichte der neurochirurgischen Abteilung des Krankenhauses ... vom 22. Februar und 4. März 2002, ein Bericht des St.-Franziskus-Hospitals ... vom 26. Februar 2002 sowie ein Bericht des Chirurgischen Zentrums des Krankenhauses ... vom 15. April 2002 zugegangen. Aus diesen Unterlagen hätten sich jedoch keine neuen Aspekte ergeben. Die Mitteilung, der Kläger solle Tennisunterricht erteilt haben, habe zwar dazu geführt, dass seitens der Beklagten eine erneute amtsärztliche Untersuchung angeordnet worden sei; das Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung sei davon aber nicht beeinflusst worden. Seine Aussage zur Dienstfähigkeit sei Resultat der kombinierten Bewertung der geschilderten Vorgeschichte, des aktuellen gesundheitlichen Zustands am Untersuchungstag und der ergänzend eingeholten medizinischen Unterlagen.

7

Mit Bescheid vom 8. März 2002 stellte die Beklagte die Dienstfähigkeit des Klägers fest. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, durch amtsärztliches Gutachten sei seine volle Dienstfähigkeit festgestellt worden. Die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 NBG lägen somit vor. Mit Bescheid vom 20. März 2002 wies die Beklagte den Kläger der Haupt- und Realschule mit Orientierungsstufe in ... zur Dienstleistung zu.

8

Mit Schreiben vom 26. März 2002 erhob der Kläger gegen seine Wiederverwendung aus dem Ruhestand Widerspruch, den er im weiteren Verlauf dahingehend begründete, dass psychische und physische Beschwerden in gravierender Art und Weise aufgrund einer bereits vorhandenen Polinenopatie im unteren Körperbereich und als Folge des Unfalls vorlägen. Eine Wiederverwendung aus dem Ruhestand sei nach Auskunft der Ärzte und nach seiner Auffassung nicht sinnvoll. Durch den Unfall träten im HWS-Bereich starke Schmerzen auf, Seh- und Hörstörungen, dazu Schwindelanfälle bei körperlicher Schwerpunktverlagerung seien Folge davon. Taubheitsgefühl im rechten Arm und im linken Oberschenkel kämen hinzu. Aufsteh-, Sitz- und Drehbewegungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, zudem leichte und belastende Bewegungen, führten zu überaus starken Schmerzen, die durch einen verstärkten Tablettenkonsum beseitigt werden sollten. Ärztliche Auskunft erteile Dr. P. und die Amtsärzte des Gesundheitsamtes ....

9

Dr. P. bestätigt mit ärztlichem Attest vom 22. April 2002, dass der Kläger aufgrund der Rückenverletzung mit nachfolgender Operation bis zum Nachschautermin durch den behandelnden Neurochirurgen Dr. M. am 17. Juni 2002 dienstunfähig sei.

10

Mit Bescheid vom 8. Mai 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, das amtsärztliche Gutachten vom 22. Februar 2002 habe ergeben, dass der Kläger wieder in der Lage sei, seinen Dienst aufzunehmen. Auch die vom Amtsarzt am 5. April 2002 erneut vorgenommene Untersuchung komme zu dem Ergebnis, dass Dienstfähigkeit vorläge. Die im Februar 2002 aufgrund eines Unfalls erlittenen Knochenverletzungen seien erfolgreich behandelt worden. Dabei seien die in der Widerspruchsbegründung aufgeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen in die Würdigung einbezogen worden.

11

Mit der fristgerecht erhobenen Klage, die im September 2002 zur Durchführung eines Erörterungstermins führte, in dem sich der Kläger in der in der Niederschrift vom 27. September 2002 beschriebenen Weise geäußert hat, trägt er im Wesentlichen vor: Die Beklagte habe die Anzeige des Dritten über angeblichen Tennisunterricht zum Anlass genommen, ein Verfahren zur Wiederverwendung aus dem Ruhestand einzuleiten. Die Beklagte habe die Behauptungen in der Anzeige ungeprüft übernommen. Sie habe weder Nachforschungen angestellt, ob der Inhalt zutreffend sei, noch ihn dazu befragt. Erst nach der Klageerhebung habe sie sich bei den bezeichneten Vereinen und Einrichtungen danach erkundigt, ob der in der Anzeige geschilderte Sachverhalt zutreffe. Dies sei nicht der Fall. Er sei in keinem Fall als Tennislehrer tätig gewesen. Das unverantwortliche Verhalten der Beklagten habe die weitere unverantwortliche Aussage des Amtsarztes vom 22. Februar 2002 ausgelöst. Der Amtsarzt habe seine Aussagen im Wesentlichen darauf gestützt, dass er - der Kläger - in nicht unerheblichem Maße seit 1999 Tennisunterricht erteile und damit die früheren amtsärztlichen Stellungnahmen gegenstandslos seien. Der Amtsarzt beschuldige auch seinen früheren Kollegen der unqualifizierten Bearbeitung. Alle früheren von Ärzten festgestellten Fakten hätten den Amtsarzt offensichtlich nicht interessiert. Die Voreingenommenheit des Amtsarztes sei nur damit zu erklären, dass er von der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten ausgegangen sei, er sei als Tennislehrer tätig. Allein die Feststellung des Amtsarztes, seine Stellungnahme sei abschließend, weitere Erkenntnisse benötige er nicht, zeige, dass dies die angefochtene Verfügung nicht stützen könne. Seit dem Zeitpunkt der Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit habe sich sein Gesundheitszustand verschlechtert. Er sei passives Mitglied im Tennisverein ... und habe dort bis 1987 gespielt, seitdem spiele er krankheitsbedingt kein Tennis mehr. Bei Dr. J. sei er nach seiner Erinnerung nach 1999 gewesen, bei Dr. N. könne er das nicht genau sagen. Aus dem Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes Oldenburg vom 30. September 2002 ergebe sich, dass sich der Grad seiner Behinderung seit dem 1. Februar 2002 von 40 auf 50 vom Hundert erhöht habe. Dies stehe im Widerspruch zu den Aussagen des Amtsarztes, der seine Beschwerden für belanglos halte. Er lege Nachweise über ärztliche Behandlungstermine sowie weitere ärztliche Bescheinigungen über Krankheiten vor. Der ergänzenden Stellungnahme des Amtsarztes vom 7. Oktober 2002 werde entgegengetreten. Ihr liege die unrichtige Feststellung zugrunde, dass er seit dem Jahre 1999 weder bei dem angegebenen Augen- noch bei dem angegebenen Hals-Nasen-Ohrenarzt in Behandlung gewesen sei. Dem Gericht sei indes die fachärztliche Verordnung einer Hörhilfe wegen beidseitiger Schwerhörigkeit sowie der Nachweis von drei Besuchen beim Augenarzt vorgelegt worden. Bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit von Lehrern habe die Hörfähigkeit besondere Bedeutung. Dies sei weniger eine medizinische als vielmehr eine schulfachliche Beurteilung. Aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bescheinigungen folge ebenfalls, dass die amtsärztliche Feststellung keinen Bestand haben könne.

12

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 8. und 20. März 2002 und deren Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2002 aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Sie entgegnet im Wesentlichen, Grundlage für die Beurteilung der Dienstfähigkeit seien amtsärztliche Gutachten, die auf zwei Untersuchungen beruhten. Die Ausführungen des Amtsarztes belegten, dass sich dieser ausführlich und umfassend mit dem Gesundheitszustand des Klägers auseinandergesetzt habe. Der Amtsarzt sei auch nicht der Auffassung gewesen, die Krankenhausberichte über den Gesundheitszustand des Klägers nicht zu benötigen. Aus dem Bericht vom 10. April 2002 gehe eindeutig hervor, dass er diese Berichte angefordert, eingesehen und in seinem Untersuchungsergebnis verwertet habe. Er habe lediglich dargestellt, dass er eine erneute Untersuchung des Klägers nicht für notwendig halte, da diese bereits umfassend erfolgt sei. Die medizinische Untersuchung und Bewertung durch das Gesundheitsamt sei unabhängig von der Mitteilung über sportliche Aktivitäten des Klägers erfolgt. Sie weise insbesondere auf die Ausführungen in dem amtsärztlichen Gutachten vom 22. Februar 2002 hin, wonach der Kläger dem Amtsarzt gegenüber behauptet habe, in augen-, hals-, nasen- und ohrenärztlicher Behandlung im Zusammenhang mit den zur Dienstunfähigkeit führenden Beschwerden zu stehen. Die Recherchen des Amtsarztes hätten aber zutreffend ergeben, dass sich der Kläger seit 3 Jahren weder bei dem angegebenen Augen- noch bei dem angegebenen Hals-Nasen-Ohrenarzt in Behandlung befunden habe. Der Amtsarzt habe zwischenzeitlich ausdrücklich erklärt, auch nach Einsichtnahme in die Krankenbehandlungsunterlagen und die Entlassungsberichte an seiner Stellungnahme festzuhalten. Dass das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung aktuell von 50 vom Hundert festgestellt habe, ändere an der Feststellung der Dienstfähigkeit des Klägers nichts. Die Dienst- bzw. Arbeitsfähigkeit stehe nämlich nicht in direktem Zusammenhang mit der Schwerbehinderteneigenschaft nach dem Schwerbehindertengesetz. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass es eine Vielzahl von im Dienst befindlichen Lehrkräften gebe, die einen deutlich höheren GdB aufwiesen. Ein Nachteilsausgleich erfolge durch die in verschiedenen Rechtsvorschriften wie dem Schwerbehindertengesetz und der Arbeitszeitverordnung für Lehrer vorgesehenen Regelung. Hinsichtlich der als Folge des Unfalls möglicherweise verbleibenden Minderbelastung der Wirbelsäule werde sie im Rahmen der erhöhten Fürsorgepflicht die nach Art und Umfang der Behinderung erforderlichen Hilfsmittel bereitstellen. Die Behauptung des Klägers, die im Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes getroffenen medizinischen Ergebnisse stünden im Widerspruch zu den Aussagen des Amtsarztes, werde durch die Unterlagen widerlegt. Der Amtsarzt bestreite in seinem Gutachten keineswegs das Vorliegen von Diabetes mellitus und einer Minderbelastung der Wirbelsäule nach Bruch des zweiten Lendenwirbelkörpers. Die vom Kläger übersandten Nachweise über ärztliche Behandlungstermine belegten, dass weder vom Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. N. noch vom Augenarzt Dr. J. Belege ständig Behandlungen seit dem Jahre 1999 erfolgt seien.

15

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Personalakten des Klägers verwiesen; sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

16

II.

Die Klage ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide, sind rechtmäßig und somit nicht geeignet, den Kläger in seinen Rechten zu verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess - RmBereinVpG - vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987). Der Kläger ist gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes - NBG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2001 (Nds.GVBl. S. 33), geändert durch Haushaltsbegleitgesetz vom 18. Dezember 2001 (Nds.GVBl. S. 806), verpflichtet, der erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis Folge zu leisten, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest ( § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), dass die allein streitbefangene Frage, ob der Kläger den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes - hier des Lehrers an der Haupt- und Realschule mit Orientierungsstufe (in Holdorf) - genügt, zu bejahen ist. Dies steht aufgrund der amtsärztlichen Begutachtung fest.

17

Amtsärztlichen Gutachten kommt gegenüber privatärztlichen Attesten grundsätzlich Vorrang zu (vgl. BVerwG, NVwZ 2002, S. 99 (LS) = ZBR 2001, S. 297 (298); BayVGH, NVwZ-RR 2002, S. 764 f.). Für Gutachten, in denen die Dienstfähigkeit zu beurteilen ist, bedarf es eines speziellen zusätzlichen Sachverstandes, der einerseits auf der Kenntnis der Belange der öffentlichen Verwaltung, andererseits auf der Erfahrung aus einer Vielzahl von gleich- oder ähnlichliegenden Fällen beruht. Ob und wann einer Gesundheitsstörung Krankheitswert zukommt, mag unter Umständen ein Privatarzt besser beurteilen können als der Amtsarzt. Ob und wann aber eine Störung mit Krankheitswert die Dienstfähigkeit beeinträchtigt, ist eine Frage, deren Entscheidung mit Vorrang dem Amtsarzt zusteht. Für das amtsärztliche Gutachten spricht zudem, dass sich der Amtsarzt im Vergleich zu einem Privatarzt, der bestrebt sein wird, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, in einer unbefangenen und unabhängigen Stellung befindet. Diese Neutralität und Unabhängigkeit verleiht diesen Beurteilungen gegenüber den privatärztlichen Attesten ein höheres Gewicht (vgl. BVerwG, Beschluss v. 27. November 1997 - 1 DB 25/96 -).

18

Die vom Kläger in tatsächlicher Hinsicht insoweit geltend gemachten Einwendungen gegen die amtsärztliche Feststellung überzeugen nicht. Allein der Umstand, dass der Amtsarzt im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger die Dienstfähigkeit des Klägers bejaht, nimmt der aktuellen amtsärztlichen Feststellung nicht ihren grundsätzlichen Vorrang. Zum einen sprechen medizinisch divergierende Begutachtungen nicht für die Befangenheit eines Gutachters; zum anderen konnten sich die Feststellungen des Amtsvorgängers zur Dienstfähigkeit des Klägers nur auf einen früheren (1998 bis 2000), nicht aber auf den gegenwärtigen, für die Beurteilung des Klagebegehrens maßgeblichen Gesundheitszustand des Klägers beziehen. Da der Gesundheitszustand eines Menschen unstreitig Schwankungen unterliegen kann, liegen insofern nicht zwingend sich sachlich widersprechende ärztliche Feststellungen vor. Der (gegenwärtige) Amtsarzt hat den im Jahr 2002 erhobenen Untersuchungsbefund seiner Beurteilung der Dienstfähigkeit des Klägers zugrunde gelegt und im Übrigen ausdrücklich erklärt, bei seiner Einschätzung die Auswirkungen des im Februar 2002 Unfall erlittenen Unfalls mit einbezogen zu haben, so dass auch kein Ermittlungsdefizit feststellbar ist. Ebenso wenig ist feststellbar, dass diese Einschätzung greifbar falsch wäre. Insbesondere die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen lassen dies nicht erkennen, zumal sie nicht die Operationsberichte enthalten, deren Würdigung der Amtsarzt ausdrücklich bestätigt hat. Auch der Umstand, dass der Kläger durch die ihn behandelnden Ärzte arbeitsunfähig geschrieben worden ist, veranlasst zu keiner anderen rechtlichen Würdigung, da allein die Feststellung der Dienstunfähigkeit als solche eine amtsärztliche Feststellung nicht erschüttern kann. Durch die privatärztlichen Atteste werden die amtsärztlichen Feststellungen nicht in substantiierter Form in Abrede gestellt. Die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten fünf Atteste des Dr. P. beschränken sich auf die Feststellung, der Kläger sei vom 22. April - 28. Juni sowie 9. August - 4. Oktober dienstunfähig gewesen, ohne eine Begründung dafür zu geben. Entsprechendes gilt für das Attest des Dr. V., welches (im Zusammenhang mit dem Unfall 2002) eine Arbeitsunfähigkeit nur für den Zeitraum 18. Juni - 28. Juni 2002 bescheinigt. Das Attest des Ohrenarztes Dr. N. datiert vom 17. Oktober 2002, mithin nach dem Erörterungstermin, und besagt lediglich, dass dem Kläger eine Hörhilfe verordnet worden ist, zu deren Anfertigung es - wie in der mündlichen Verhandlung festgestellt - noch nicht einmal zwei Monate nach der Verordnung und Jahre nach der Feststellung der Gehörschwäche gekommen ist. Auch der Augenarztbesuch liegt nach Durchführung des Erörterungstermins, womit sich die Behauptung des Amtsarztes im Februar 2002 zur Behandlungsintensität des Klägers als richtig und der Vortrag des Klägers als unwahr erweist. Ungeachtet der sich für den Kläger aus seiner festgestellten Dienstunfähigkeit für die Vergangenheit gegebenenfalls ergebenden Folgen (vgl. § 60 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 (BGBl. I S. 21), zuletzt geändert durch Gesetz zur Äderung des Bundesversorgungsgesetzes vom 11. April 2002 (BGBl. I S. 1302), sowie BVerwG, DVBl. 1991, S. 1206 f.) wird er insbesondere zu berücksichtigen haben, dass ein - weiteres - Fernbleiben vom Dienst selbst bei Vorlage (pauschaler) privatärztlicher Dienstunfähigkeitsbescheinigungen disziplinarische (§ 85 Abs. 2 Nr. 4 NBG) und besoldungsrechtliche Folgen (§ 9 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BGBl. I S. 3020), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. August 2002 (BGBl. I S. 3082)), zeitigen kann, wenn der Amtsarzt deren Feststellungen nicht bestätigen sollte.

19

Dass beim Kläger - nunmehr - ein Grad der Behinderung von 50 vom Hundert besteht, führt ebenfalls zu keiner anderen rechtlichen Würdigung. Dienstunfähigkeit liegt dann vor, wenn der Beamte für das konkrete Amt, in das er berufen ist, dienstunfähig ist, wobei der Begriff "Amt" in diesem Zusammenhang nicht mit dem innegehabten Dienstposten gleichzusetzen ist. Prüfungsmaßstab für die Fähigkeit oder dauernde Unfähigkeit des Beamten, seine Dienstpflichten zu erfüllen, ist das funktionelle Amt im abstrakten Sinne ohne Beschränkung auf einen bestimmten Dienstposten (vgl. BVerwGE 40, 104 (106) [BVerwG 04.05.1972 - BVerwG II C 13.71]; 65, 270 (272 f.)). Der Begriff der Dienstunfähigkeit unterscheidet sich damit schon im Ansatz von den auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bezogenen und dabei notwendig stärker typisierenden Begriff der Erwerbsminderung. Somit führt das Bestehen einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderung nicht zwingend zur Annahme einer Dienstunfähigkeit in identischem Umfang (vgl. Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, § 42Stand: Juli 2002, Rn. 1; vgl. auch BVerwG, Beschluss v. 6. März 1998 - 1 DB 33/97 -).

20

Keiner rechtlichen Würdigung bedarf daher, ob der Kläger in den vergangenen Jahren Tennisunterricht erteilt hat und sein Bestreiten angesichts dessen glaubhaft ist, dass er im Erörterungstermin ausführte, seit 1987 krankheitsbedingt kein Tennis mehr gespielt zu haben, während sich in seiner Personalakte unter dem 2. September 1993 seine eigene Erklärung findet, die Nebentätigkeit als Übungsleiter im Tennis (erst) seit Ende 1992 nicht mehr auszuüben.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

22

Gründe, die Berufung nach § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO zuzulassen, bestehen nicht.

23

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