Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 10.12.2002, Az.: 4 A 2904/01
Abstimmung; Außenanlage; Baudenkmal; Baumaßnahme; Bescheinigungsfähigkeit: Aufwendungen; denkmalgeschütztes Gebäude; Denkmalschutz; Herstellungskosten; Sanierungsmaßnahme; Steuervergünstigung
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 10.12.2002
- Aktenzeichen
- 4 A 2904/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 41912
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 7i EStG
- § 10f EStG
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Erteilung einer Bescheinigung nach §§ 10 f, 7 i EStG, um Steuervergünstigungen für Baumaßnahmen an einem denkmalgeschützten Gebäude in Anspruch nehmen zu können.
Sie sind Eigentümer des mit einem unter Denkmalschutz stehenden Wohnhaus bebauten Grundstücks ... straße .. in ... . Für die Durchführung von Erneuerungs- bzw. Sanierungsmaßnahmen an dem Gebäude legten sie unter dem 28. September 1997 einen Genehmigungsantrag vor, der durch das Niedersächsische Landesverwaltungsamt - Institut für Denkmalpflege - unter dem 9. Oktober 1997 positiv beschieden wurde. Nach Durchführung der Arbeiten beantragten die Kläger Bescheinigungen bei dem Beklagten nach §§ 10 f, 7 i EStG.
Mit Bescheid vom 8. Januar 2001 lehnte der Beklagte die Anerkennung einer Rechnung über 19.000 DM vom 16. November 1999 für die Instandsetzung der zu dem Wohnhaus führenden Natursteinpflasterauffahrt als nicht bescheinigungsfähig ab. Die Aufwendungen für die Pflasterarbeiten an Außenanlagen würden nicht unter die Herstellungskosten des Baudenkmales fallen.
Zur Begründung des Widerspruchs vom 29. Januar 2001 führten die Kläger im Wesentlichen aus, die Instandsetzung der Auffahrt sei insbesondere aufgrund der tiefen Spurrillen erforderlich gewesen, die möglicherweise durch schwere Baufahrzeuge im Zuge der Sanierungsarbeiten verursacht worden seien. Soweit darauf verwiesen werde, dass Aufwendungen für Außenanlagen nicht begünstigt seien, treffe dieses nur zu, wenn Aufwendungen steuerrechtlich den nachträglichen Herstellungskosten eines selbständigen, vom Baudenkmal getrennten Wirtschaftsgutes (z. B. einer getrennt vom Baudenkmal errichteten Tiefgarage) zuzurechnen seien. Unzweifelhaft handele es sich bei der Zuwegung zu dem denkmalgeschützten Gebäude nicht um ein selbständiges vom Baudenkmal getrenntes Wirtschaftsgut. Die Zuwegung sei nicht selbständig nutzbar, auch vom Baudenkmal zwingend nicht trennbar und ihm zuzurechnen. Ein Gebäudeteil sei unselbständig, wenn es dem Gebäude ein besonderes Gepräge gebe, oder wenn sein Fehlen ein negatives Gepräge bewirke und wenn es in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude stehe. Unselbständige Gebäudeteile seien steuerrechtlich einheitlich mit dem Gebäude, zu dem sie gehörten, zu behandeln. Nach § 7 i EStG seien Aufwendungen zu bescheinigen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich seien. Die Zuwegung zum Haus sei Voraussetzung für eine sinnvolle Nutzung des Gebäudes. Insofern gehörten auch die Aufwendungen zur Beseitigung schwerwiegender Mängel der Auffahrt zu den gesetzlich zu bescheinigenden Kosten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2001 wies die Bezirksregierung Weser-Ems den Widerspruch als unbegründet zurück. Steuerlich begünstigt seien insbesondere Bauarbeiten am Baudenkmal selbst. Richtig sei zwar, dass es sich bei der Natursteinpflasterauffahrt nicht um ein selbständiges Wirtschaftsgut oder selbständiges Gebäudeteil handele. Ein Ausschluss der Förderung ergebe sich aber dennoch aus dem Charakter der gepflasterten Auffahrt als Außenanlage. Die Aufwendungen dafür seien nach der Durchführungsverordnung selbst dann nicht bescheinigungsfähig, wenn den Außenanlagen Denkmalqualität zukomme.
Die Kläger haben am 05. September 2001 Klage erhoben. Sie führen ergänzend aus, die Abgrenzung verschiedener Wirtschaftsgüter voneinander richte sich nach den Merkmalen des Steuerrechts und sei von der Finanzverwaltung eigenständig zu prüfen. Die Kosten der Instandsetzung der Auffahrt seien Teil der Herstellungskosten des Gebäudes, da sie mit dessen sachgemäßer Nutzung im Zusammenhang stünden. Die Aufwendungen für Gebäudeteile kraft einheitlichem Nutzungs- Funktionszusammenhang gehörten zu den Gebäudeherstellungskosten. Dementsprechend seien in der Rechtsprechung Herstellungskosten für Wege und Zufahrten zum Gebäude als Herstellungskosten des Gebäudes anerkannt worden. Es handele sich nicht um Aufwendungen, die steuerlich den (nachträglichen) Herstellungskosten eines selbständigen, vom Baudenkmal getrennten Wirtschaftsgutes zuzurechnen seien.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Beklagten zu verpflichten, ihnen einen Grundlagenbescheid im Sinne der §§ 10 f, 7 i EStG über einen weiteren Herstellungs- und Erhaltungsaufwand von 19.000 DM zu erteilen und den Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2001 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 21. August 2001 aufzuheben soweit sie dem entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach den Bescheinigungsrichtlinien des Bundesministers für Finanzen zur Anwendung der §§ 7 i, 10 f und g EStG vom Oktober 1990 seien die Aufwendungen für die Instandsetzung der Auffahrtpflasterung nicht anerkennungsfähig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Verpflichtungsklage, über die mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist nicht begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung über die steuerrechtliche Begünstigung für Reparaturaufwendungen in Höhe von 19.000 DM.
Nach § 10 f Abs. 1 EStG kann der Steuerpflichtige Aufwendungen an einem eigenen Gebäude im Kalenderjahr des Abschlusses der Baumaßnahme und in den 9 folgenden Kalenderjahren jeweils bis zu 10/100 wie Sonderausgaben abziehen, wenn die Voraussetzungen des § 7 h oder des § 7 i EStG vorliegen. Dies gilt nur, soweit er das Gebäude in dem jeweiligen Kalenderjahr zu eigenen Wohnzwecken nutzt und die Aufwendungen nicht als Bemessungsgrundlage nach § 10 e EStG oder nach dem Eigenheimzulagengesetz einbezogen hat. Nach § 7 i Abs. 1 EStG kann bei einem im Inland gelegenen Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, der Steuerpflichtige abweichend von § 7 Abs. 4 und 5 jeweils bis zu 10/100 der Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, im Jahr der Herstellung und in den folgenden 9 Jahren absetzen. Nach § 7 i Abs. 2 EStG kann der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen nur in Anspruch nehmen, wenn er durch eine Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen oder von der Landesregierung bestimmten Stelle die Voraussetzungen des Abs. 1 für das Gebäude oder Gebäudeteile und für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nachweist. Eine entsprechende Bescheinigung hat der Beklagte für die Rechnung vom 16. November 1999 der Firma ... über Instandsetzungsarbeiten an der Auffahrtpflasterung über 19.000 DM mit Bescheid vom 08. Januar 2001 zu Recht versagt.
Diese Kosten sind bereits deshalb nicht bescheinigungsfähig, da diese Maßnahmen nicht entsprechend § 7 i Abs. 1 Satz 6 EStG in Abstimmung mit der zuständigen Denkmalbehörde durchgeführt worden sind. In dem Genehmigungsantrag vom 28. September 1997 sind Instandsetzungsarbeiten der Auffahrt nicht bezeichnet worden. Eine sonstige Abstimmung von Maßnahmen mit der Denkmalschutzbehörde ist aus den Verwaltungsvorgängen nicht ersichtlich. Möglicherweise handelte es sich auch um eine Instandsetzung, die erst nach Beschädigung der Auffahrt durch Baufahrzeuge im Rahmen der übrigen Sanierungsarbeiten erforderlich wurde und deshalb nicht mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmt wurde. Begünstigt sind aber nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die mit der zuständigen Denkmalbehörde abgestimmt sind (OVG Lüneburg, Urteil vom 17. Februar 1987 - 6 A 31/87 - BRS 49 Nr. 148; Schmaltz / Wiechert, Nds. DSchG, Kommentar, § 33 RdZiff. 13 m.w.N.). Abstimmung bedeutet, dass die Maßnahme rechtzeitig vor Beginn mit der Denkmalbehörde erörtert wird und diese Gelegenheit erhält, den bisherigen Zustand des Baudenkmals festzustellen und auf die Ausführung der Maßnahme entweder durch Auflagen in der Baugenehmigung oder der Genehmigung nach § 10 NDSchG oder durch Ratschläge Einfluss zu nehmen. Eine unterbliebene Abstimmung kann nicht mehr nachgeholt werden (vgl. auch Ziff. 1.3 der Bescheinigungsrichtlinien zu §§ 10 f, 7 i EStG). Eine entsprechende Abstimmung mit der Unteren Denkmalbehörde vor Instandsetzung der Auffahrt lässt sich den vorliegenden Verwaltungsvorgängen nicht entnehmen, so dass bereits deshalb die Aufwendungen nicht bescheinigungsfähig sind und die Klage keinen Erfolg hat.
Selbst wenn eine vorherige Abstimmung hinsichtlich der Instandsetzungsarbeiten erfolgt wäre, wäre die Klage unbegründet, da Kosten für die Instandsetzung von Außenanlagen nicht nach § 7 i, 10 f EStG als für die Herstellung und den Erhalt des Denkmals anerkennungsfähig sind. Nach der für die Entscheidung des Beklagten über den Antrag der Kläger insoweit maßgeblichen Ziff. 2.9 der Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung der §§ 7 i, 10 f, 11 b, 52 Abs. 21 Satz 7 EStG, 82 i und k EStDV von Oktober 1990 sind Aufwendungen für Außenanlagen, wie z. B. Hofbefestigungen auch dann nicht bescheinigungsfähig, wenn diesen Außenanlagen Baudenkmalqualität zukommt (vgl. Schmidt, EStG, Kommentar, 19. Auflg. § 7 i Rz. 3 m.w.N). Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn die Aufwendungen für die Anlagen zu den Herstellungs- oder Anschaffungskosten oder zum Erhaltungsaufwand des Gebäudes gehören. Diese Prüfung unterliegt allerdings nicht dem Beklagten sondern den Finanzbehörden. Einen entsprechenden Antrag haben die Kläger nach eigenen Angaben bisher nicht gestellt. In diesem Verfahren kommt es allein auf die Frage an, ob die Instandsetzung der Auffahrt dem Denkmalschutz gedient hat und die entsprechenden Bescheinigungsrichtlinien, die für die Untere Denkmalschutzbehörde insoweit verbindlich sind, diese Kosten als bescheinigungsfähig ansehen, was nicht der Fall ist. Ob es sich um ein unselbständiges oder selbständiges Gebäudeteil nach sonstigen steuerrechtlichen Vorschriften oder gerichtlichen Entscheidungen handelt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Insoweit tritt die denkmalschutzrechtliche Bewertung an die Stelle der allgemeinen steuerrechtlichen Wertung einer Gebäudezuwegung als Bestandteil des Gebäudes.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 GKG. Mangels näherer Anhaltspunkte zu den Steuervergünstigungen für die Kläger durch eine mögliche Anerkennung des Betrages von 19.000 DM werden insoweit pauschal 2.000 DM als mögliche Steuerersparnis angenommen. Bei der Umrechnung von DM in EURO wurde abgerundet.