Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 26.03.2003, Az.: 6 A 1305/01

amtsinterne Beurteilungsvorbesprechung; anderer Sachgebietsleiter; Anhörung; Berichte von dritter Seite; Beurteiler; Beurteilung; Beurteilungsermächtigung; Beurteilungsgruppe; Beurteilungskriterien; Beurteilungsrichtlinien; Dienstherr; dienstliche Beurteilung; Eignung und Leistung des Beamten; Erkrankung des fachlichen Vorgesetzten; fachlicher Vorgesetzter; Gesamtnote; Gesamturteil; persönlichkeitsbedingtes Werturteil; Stellungnahme; Verfahren; Vorgesetzter; Werturteil

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
26.03.2003
Aktenzeichen
6 A 1305/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48067
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Es begegnet keinen Bedenken, wenn der Vorsteher eines Finanzamtes als Grundlage für seinen Beurteilungsvorschlag statt des erkrankten fachlichen Vorgesetzten andere mit der Arbeit des Beamten vertraute Sachgebietsleiter anhört.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dienstliche Regelbeurteilung, die ihm zum 1. Oktober 1999 erteilt wurde.

2

Der im ... geborene Kläger ist verheiratet. Nach dem Schulbesuch trat er zum 3. August 1987 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Finanzanwärter in den Dienst der niedersächsischen Steuerverwaltung ein. Nachdem er am 26. Juli 1990 die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst mit der Prüfungsgesamtnote „befriedigend“ bestanden hatte, wurde er zum 3. August 1990 zum Steuerinspektor zur Anstellung unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe ernannt. In der Folgezeit erfolgte seine Verwendung beim Finanzamt Vechta. Vom 27. Mai bis zum 26. August 1991 war er an das Finanzamt Merseburg in Sachsen-Anhalt abgeordnet. Seine Ernennung zum Steuerinspektor erfolgte am 3. Februar 1993. In der Zeit vom 1. April 1993 bis zum 31. März 1994 leistete der Kläger Wehrdienst. In seiner dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 1. Oktober 1993 wurde er mit dem Gesamturteil „vollbefriedigend“ benotet. Am 29. April 1995 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Mit Wirkung vom 1. Juli 1996 erfolgte seine Beförderung zum Steueroberinspektor. Bis zum 31. Oktober 1996 war der Kläger als Bearbeiter im Veranlagungsbereich und ab November 1996 als gewerblicher Amtsbetriebsprüfer tätig. Unter Berücksichtigung einer entsprechenden Regelung in den Beurteilungsrichtlinien der Beklagten erfolgte für ihn eine dienstliche Nachbeurteilung zum 1. April 1997. Dort wurden seine Fachkenntnisse mit „mittleren Umfangs und besser“ und seine Leistung mit „voll zufriedenstellender Arbeitserfolg“ bewertet und ihm das Gesamturteil „befriedigend“ zuerkannt.

3

Im Hinblick auf die Tätigkeit als Betriebsprüfer wurde der Kläger in der Zeit vom 1. bis zum 5. September 1997 an das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen in Oldenburg abgeordnet. In der Zeit vom 9. September bis zum 5. Oktober 1997 erfolgte seine Abordnung an das Finanzamt Cloppenburg und wiederum in der Zeit vom 19. bis zum 30. Januar 1998 an das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen in Oldenburg.

4

In seiner dienstlichen Beurteilung zum 1. Oktober 1999 wurden die Fachkenntnisse des Klägers mit „mittleren Umfangs und besser“ sowie seine Leistungen mit „voll zufriedenstellender Arbeitserfolg“ bewertet und ihm das Gesamturteil „befriedigend“ zuerkannt. Dabei wurde berücksichtigt, dass der Kläger seit dem 1. August 1997 einen höherwertigen Dienstposten inne hatte und bei der Eignung wurde er bezeichnet mit „Bearbeiter (A 11-Dp-)“. Die Beurteilung erfolgte ausweislich der Unterlagen im Beurteilungsbeiheft nach Anhörung des Steueramtsrates B.... auf Vorschlag des Vorstehers des Finanzamtes Vechta, dem Leitenden Regierungsdirektor B..., durch die Beurteilergruppe bestehend aus dem Leitenden Regierungsdirektor B..., dem Regierungsdirektor Z... und Leitenden Regierungsdirektor K.... Dieser Beurteilung vom 5. Oktober 1999 trat der Oberfinanzpräsident unter dem 30. November 1999 bei. Sie wurde dem Kläger am 17. Januar 2000 eröffnet.

5

Gegen diese Beurteilung erhob der Kläger mit Schreiben vom 23. März 2000 Gegenvorstellungen. Zur Begründung führte er aus, er habe von dem Oberregierungsrat B... erfahren, dass er in einer Vorbesprechung der Sachgebietsleiter mit dem Vorsteher des Finanzamtes mit der Note „vollbefriedigend“ vorgesehen und in einer hausinternen Rangfolgeliste der Oberinspektoren auf den 13. Platz gesetzt worden sei. Später sei aber bei der Beurteilungsbesprechung durch den Leitenden Regierungsdirektor K... festgelegt worden, dass nicht mehr bis zum 13. Platz die Note „vollbefriedigend“ vergeben werden könne. Diese hausinterne Reihenfolge sei ihm aber nicht nachvollziehbar und er sei auch nicht damit einverstanden, dass er in der Note herabgesetzt werde. In Anbetracht der von ihm geprüften Betriebe und Firmengruppen sowie der dabei erzielten Ergebnisse könne er nicht verstehen, warum seine Leistung lediglich mit „voll zufriedenstellender Arbeitserfolg“ eingestuft worden sei. Jedenfalls sei er im zu beurteilenden Zeitraum von seinen unmittelbaren Vorgesetzten nicht auf Fehlleistungen hingewiesen worden. Das gebiete aber die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ihm gegenüber. Insbesondere sei es aber nicht zutreffend, dass die Beurteilung nach Anhörung des Steueramtsrates B... erfolgt sei. Dieser sei vielmehr im betreffenden Zeitraum lange erkrankt gewesen und hätte nicht an den Vorbesprechungen teilnehmen können. Dabei erscheine es zweifelhaft, ob die in seinem Sachgebiet tätigen Bediensteten angemessen berücksichtigt worden seien. Dass die ihm erteilte Beurteilung in der Sache nicht richtig sei, ergebe sich auch daraus, dass die jetzt erhaltene Beurteilung als Betriebsprüfer wörtlich derjenigen entspreche, die er zum 1. April 1997 als Amtsprüfer in der Veranlagung erhalten habe.

6

Dazu nahm der Vorsteher des Finanzamtes unter dem 14. April 2000 Stellung und führte aus, dass bei den vorbereitenden Besprechungen der erkrankte Sachgebietsleiter des Klägers nicht habe teilnehmen können, so dass die anderen Sachgebietsleiter aus dem Bereich der Betriebsprüfung daran teilgenommen hätten. Dies sei auch durchaus gerechtfertigt, da die Sachgebietsleiter der Betriebsprüfung beim Finanzamt Vechta eng miteinander zusammenarbeiten würden und ihre Erkenntnisse über den Leistungsstand der einzelnen Betriebsprüfer austauschten. Bei der Durchsicht verschiedener Prüfungsfälle, die der Kläger bearbeitet habe, habe Oberregierungsrat B... festgestellt, dass aus den Arbeitsakten teilweise nicht erkennbar gewesen sei, ob bestimmte wichtige Prüffelder mitgeprüft worden seien. Es sei daher zu befürchten, dass wichtige zu bearbeitende Prüfungsfelder nicht erkannt und nicht geprüft worden seien. Diese Erkenntnisse rechtfertigten die befriedigende Beurteilung. Hinzu käme, dass seine Bedenken, den Kläger mit „vollbefriedigend“ in der Beurteilerbesprechung vorzuschlagen, eingetreten seien. Allerdings sei es zutreffend, dass der fertig formulierte Beurteilungsbogen vom unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, Herrn Steueramtsrat B..., abgezeichnet worden sei, obwohl er bei einer Beurteilungsvorbesprechung nicht anwesend gewesen sei. Aber dieser habe durch die Abzeichnung und sein späteres Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass er mit der Beurteilung des Klägers einverstanden sei.

7

Mit Bescheid vom 8. August 2000 lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger eine bessere Gesamtnote zuzuerkennen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass seinem fachlichen Vorgesetzten mit der Vorlage des Beurteilungsbogens Gelegenheit gegeben worden sei, sich zu den Beurteilungsgrundlagen zu äußern oder gegebenenfalls eine abweichende Stellungnahme abzugeben. Damit sei den Regelungen der Beurteilungsrichtlinien Genüge getan worden. Dass der betreffende unmittelbare Vorgesetzte nicht bei den Vorbesprechungen im Amt zugegen gewesen sei, ändere daran nichts. Denn bei diesen Vorbesprechungen hätte er durchaus von den anderen Sachgebietsleitern vertreten werden können. Außerdem habe sich Oberregierungsrat B... im Rahmen seiner Vertretungstätigkeit selbst ein Bild über den Leistungsstand des Klägers machen können. Dabei habe er feststellen können, dass es dem Kläger zum Teil noch an der erforderlich Sorgfalt und Sicherheit fehle.

8

Gegen diesen ihm am 28. August 2000 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 26. September 2000 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass aus dem Bescheid nicht deutlich geworden sei, ob tatsächlich durch entsprechende Äußerungen die Interessen der dem Steueramtsrat B... unterstellten Bediensteten in den Vorbesprechungen durch die anderen Sachgebietsleiter wahrgenommen wurden. Auch hätte der Oberregierungsrat B... von ihm bearbeitete Akten nicht gekannt und somit nicht feststellen können, dass es ihm an der erforderlichen Sicherheit und Sorgfalt zum Teil mangele. Auch habe dieser Sachgebietsleiter zu erkennen gegeben, dass nach seinem Dafürhalten sich die genannte Rangfolge nach der Prüfungsnote der Laufbahnprüfung auszurichten habe.

9

Unter dem 7. November 2000 nahm zu diesem Widerspruch der Vorsteher des Finanzamtes Stellung. Er führte aus, dass im Rahmen der Berichtskritik durch den Oberregierungsrat B... bei Prüfvorgängen, die der Kläger bearbeitet habe, Kritikpunkte entdeckt und sofort nach Bekanntwerden dem Kläger mitgeteilt worden seien. Er sei darauf hingewiesen worden, dass die Betriebsprüfungsarbeitsakten so führen seien, dass auch sachkundige Dritte mühelos den Prüfungsablauf nachverfolgen könnten.

10

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2001 – zugestellt am 3. April 2001 – wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte dabei aus, dass die Beurteilung keinen Verfahrensfehler aufweise. Denn jedenfalls sei eine ordnungsgemäße Anhörung des fachlichen Vorgesetzten erfolgt. Soweit eine Erörterung zwischen dem Vorsteher und den Vorgesetzten notwendig gewesen sei, sei dies bei den amtsinternen Beurteilungsvorbesprechungen mit den dazu berufenen Vertretern des fachlichen Vorgesetzten des Klägers geschehen. Auch seien bei der Findung der Note keine sachfremden Erwägungen eingeflossen, da die Prüfungsnote der Laufbahnprüfung keineswegs Gegenstand der Notenfindung gewesen sei. Eine eventuelle gegenteilige Äußerung des Oberregierungsrates B... entbehre jeder Grundlage. Auch sei in der Sache zutreffend eine Einschätzung des Leistungsvermögens und der Arbeitsweise des Klägers erfolgt, da im Rahmen der Berichtskritik deutlich geworden sei, dass der Kläger einige Prüfungspunkte sorgfältiger hätte bearbeiten müssen. Auch sei der Kläger darauf hingewiesen worden, die Arbeitsakten so zu führen, dass auch ein sachkundiger Dritter wie z.B. ein Sachgebietsleiter mühelos den Prüfungsablauf nachvollziehen könne.

11

Am 24. April 2001 hat der Kläger Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft seine bisherigen Überlegungen und macht geltend: Die Beurteilung leide an einem Verfahrensfehler, weil es an einer ausführlichen Erörterung seiner Leistungen zwischen dem Vorsteher des Finanzamtes und seinem fachlichen Vorgesetzten fehle. Denn im betreffenden Zeitpunkt sei dieser erkrankt gewesen. Zu meinen, diesem Erfordernis sei durch die Abzeichnung der ausgefüllten Beurteilungsbögen auf dem Krankenbett durch seinen Sachgebietsleiter Genüge getan worden, gehe fehl. Soweit eine Vertretung seines erkrankten unmittelbaren Vorgesetzten erfolgt sei, sei die Beteiligung der Vertreter nicht hinreichend dokumentiert worden. Auch habe sich die Beurteilungsvorbereitungsgruppe von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Denn bei der hausinternen Rangfolge hätten sich die Sachgebietsleiter innerhalb der Gruppe der Oberinspektoren maßgeblich von den Prüfungsnoten der Laufbahnprüfung leiten lassen. Schließlich gehe die Beklagte von einem unrichtigen Sachverhalt aus. Lediglich in nur einem Fall sei er von Oberregierungsrat B... auf seine Prüfungsfeststellungen angesprochen worden. Bei diesem Fall sei Kritik nicht berechtigt gewesen, denn nur kurz vor Abschluss der Bearbeitung des Prüfungsfalls sei eine Mitteilung des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen über anonym in Luxemburg angelegte Gelder der Ehefrau des Steuerpflichtigen eingegangen. Diese Umstände hätte er daher vorher nicht bei der Betriebsprüfung feststellen können.

12

Der Kläger beantragt,

13

die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Beurteilungsstichtag zum 1. Oktober 1999 eine erneute Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen, und

14

den Bescheid der Beklagten vom 8. August 2000 und deren Widerspruchsbescheid vom 22. März 2001 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

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Die Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Sie wiederholt und vertieft die Begründung der angefochtenen Bescheide und macht geltend, dass kein Verfahrensfehler bei der Beurteilung vorgekommen sei. Denn tatsächlich habe der fachliche Vorgesetzte des Klägers die von der Beurteilungsgruppe gefundene Bewertung gebilligt. Auch nachdem der Kläger Widerspruch und Beschwerde eingelegt habe, habe er dies nicht zum Anlass genommen, eine andere Bewertung vorzuschlagen. Ohne Bedeutung sei es auch, dass in dem Beurteilungsbogen nicht dokumentiert worden sei, dass die fachlichen Vertreter des Vorgesetzten an den Vorbesprechungen teilgenommen hätten. Diese seien auch in der Lage gewesen, die Leistungen des Klägers einzuschätzen. Insbesondere habe der Oberregierungsrat B... sich bei der Prüfungsberichtskritik einen Eindruck über die Arbeitsweise des Klägers machen können. Entgegen seinem Vorbringen habe die Berichtskritik sich nicht nur auf einen Fall, sondern auf verschiedene Fälle bezogen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II.

19

Die zulässige allgemeine Leistungsklage, für die das nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Beamtenrechtsrahmengesetz – BRRG – erforderliche Vorverfahren durchgeführt wurde, ist nicht begründet. Das Begehren des Klägers, die angefochtene Beurteilung zum Beurteilungsstichtag 1. Oktober 1999 dahingehend zu ändern, dass ihm im Ergebnis eine bessere Gesamtnote zuerkannt wird, ist nicht gerechtfertigt, denn die streitige Beurteilung begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

20

Gemäß § 101 c Satz 2 des Niedersächsischen Beamtengesetzes – NBG – (i. d. F. der Bekanntmachung vom 19. Februar 2001, Nds. GVBl. S. 33, geändert durch Haushaltsbegleitgesetz vom 18. Januar 2001, Nds. GVBl. S. 806) hat der Dienstvorgesetzte dem Beamten von jeder Beurteilung Kenntnis zu geben, die in die Personalakten aufgenommen wird. Derartige dienstliche Beurteilungen hinsichtlich der Eignung und Leistung des Beamten sind nach § 40 Abs. 1 und 3 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung – NLVO - (i. d. F. vom 25. Mai 2001, Nds. GVBl. S. 315, zuletzt geändert durch Verordnung vom 26. Juni 2002, Nds. GVBl. S. 200), die aufgrund der Ermächtigungsnorm in § 21 Abs. 1 NBG erlassen wurde, regelmäßig oder aus Anlass einer Beförderungsbewerbung zu erstellen. Die Beurteilung soll sich insbesondere auf die Merkmale geistige Veranlagung, Charakter, Bildungsstand, Arbeitsleistung, soziales Verhalten und Belastbarkeit erstrecken. Nach Absatz 4 der Norm ist die dienstliche Beurteilung mit einem Gesamturteil und einem Vorschlag für die weitere dienstliche Verwendung abzuschließen.

21

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg und der zur Entscheidung berufenen Kammer sind dienstliche Beurteilungen von den Verwaltungsgerichten jedoch nur beschränkt nachprüfbar (Lehre vom Beurteilungsspielraum: BVerfGE 39, 334; BVerwGE 61, 176, 185). Denn ausschließlich der Dienstherr oder der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den – ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden – zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht (vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl., München 2001, RdNr. 477 ff). Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich gegenüber dieser der gesetzlichen Regelung immanenten Beurteilungsermächtigung darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1980 – 2 C 8.78BVerwGE 60, 245 = RiA 1981, 59; Urteil vom 26. August 1993 – 2 C 37.91Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 15; Urteil vom 13. November 1997 – 2 A 1.97Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 17; OVG Lüneburg, Urteil vom 24. April 1997 – 5 L 5722/93 -; Urteil vom 13. April 1999 - 5 L 7023/96 -; Urteil vom 15. Dezember 1999 – 5 L 2270/99 -, V.n.b.; BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 2001 – 1 WB 17.01 – ZBR 2002, 133, 134).

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Wenn der Dienstherr – wie dies hier durch die Beurteilungsrichtlinien der Beklagten vom 30. Oktober 1989 (Teil B des Erlasses des MF vom 30. Oktober 1989 „Abgabe dienstlicher Beurteilungen über die Beamten/Beamtinnen der niedersächsischen Steuerverwaltung (Beurteilungsrichtlinien)“, abgedruckt in der Personalkartei der OFD Hannover vom 15. Dezember 1989 P 11-50 sowie in der Anlage hierzu; im Folgenden: Beurteilungsrichtlinien) geschehen ist – Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, kann das Gericht nur überprüfen, ob die Richtlinien eingehalten wurden und ob sie mit den Regelungen der NLVO und sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 2001, aaO). Diese Beschränkung begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Mai 2002 – 2 BvR 723/99 – PersVertr 2002, 470 = DVBl. 2002, 1203).

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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gebieten die vom Kläger gegen die dienstliche Beurteilung erhobenen Einwände und die übrigen zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalles rechtlich nicht, die Änderung der streitigen Beurteilung.

24

Nach Maßgabe der dargestellten Grundsätze ist nicht ersichtlich, dass das in den Beurteilungsrichtlinien aufgezeigte Verfahren zur Erstellung der dienstlichen Beurteilung nicht eingehalten worden ist. Nach Teil B Abs. V Ziff. 2 der Beurteilungsrichtlinien muss der Vorsteher dem fachlichen Vorgesetzten des zu beurteilenden Beamten bezüglich der einzelnen Beurteilungskriterien Gelegenheit zu einer eingehenden Äußerung geben. Das kann mündlich oder schriftlich geschehen. Dabei soll der Vorsteher diese Äußerung mit dem fachlichen Vorgesetzten erörtern. Durch den Gesamtzusammenhang in den Beurteilungsrichtlinien wird deutlich, dass es nicht auf die Äußerung des fachlichen Vorgesetzten in dem Sinne ankommt, dass er als Beurteiler berufen wäre. Er soll sich lediglich zu den Grundlagen der Beurteilung äußern. Letztlich vorbehalten ist die Beurteilung aber der Beurteilungsgruppe, in der der Vorsteher des jeweiligen Amtes mitzuwirken hat. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass bei den amtsinternen Beurteilungsvorbesprechungen zunächst nicht der unmittelbare fachliche Vorgesetzte des Klägers mitgewirkt hat. Es liegt auf der Hand, dass bei einer länger andauernden Erkrankung eines unmittelbaren Vorgesetzten dieser bei Vorbereitungen von Beurteilungen vertreten werden muss. Bei einer Erkrankung kann das Beurteilungsverfahren seiner Untergebenen nicht aufgeschoben werden, so dass für ihn ein oder mehrere Vertreter tätig werden müssen. Hier hat der Vorsteher des Finanzamtes sich dahin entschieden, zu den Beurteilungsgrundlagen die anderen Sachgebietsleiter aus dem Bereich der Betriebsprüfung anzuhören, da diese mit den Leistungen des Klägers vertraut sind. Dazu hat der Vorsteher ausgeführt, die Sachgebietsleiter aus dem Bereich der Betriebsprüfung würden sich regelmäßig untereinander austauschen und auch den Leistungsstand der ihnen unterstellten Bediensteten erörtern. Es ist daher von Rechts wegen nichts dagegen zu erinnern, wenn sich der Vorsteher dahin entschieden hat, die beiden anderen Sachgebietsleiter – hier den Oberregierungsrat B... und den Steueroberamtsrat F... – zu den Grundlagen der Beurteilung zu hören. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die betreffenden Vertreter in jedweder Hinsicht als Vertreter des erkrankten Beamten eingesetzt waren. Vielmehr ist beim Beurteilungsverfahren von entscheidender Bedeutung, ob sie vom Fachgebiet und der Kenntnis der Beamten her in der Lage sind, zu den fachlichen Grundlagen der Beurteilung Äußerungen abzugeben. Im vorliegenden Falle mag es zwar sein, dass der betreffende unmittelbare fachliche Vorgesetzte, wäre er nicht erkrankt gewesen, sich sicherlich noch fundierter über die Arbeitsweise des Klägers hätte äußern können. War er aber nun einmal langfristig erkrankt, so begegnet es keinen Bedenken, wenn andere Sachgebietsleiter aus dem betreffenden Bereich, die mit dem Kläger fachlichen Kontakt hatten, für diesen Teil zur Gewinnung der Beurteilungsgrundlagen durch den Vorsteher herangezogen wurden.

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Gegen diese Vorgehensweise des Vorstehers ist hier um so weniger einzuwenden, als bei der späteren endgültigen Erstellung der Beurteilung dem unmittelbaren fachlichen Vorgesetzten des Klägers die Möglichkeit gegeben wurde, sich zu äußern. Davon hat hier der fachliche Vorgesetzte durch Mitzeichnung Gebrauch gemacht. Es sind keine Gesichtspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, der Steueramtsrat B... sei bei dieser Mitzeichnung nicht „urteilsfähig“ gewesen. Dass ihm die betreffenden Beurteilungsbögen ins Krankenhaus gebracht wurden, damit er sie abzeichnet, lässt nicht vermuten, er sei zu einer klaren Willensbildung nicht in der Lage gewesen.

26

Hinzu kommt noch ein weiterer Gesichtspunkt: Die Stellungnahme des unmittelbaren fachlichen Vorgesetzten ist zwar von Bedeutung, jedoch wird die eigentliche Beurteilung nicht durch diesen, sondern durch die Beurteilungsgruppe, in der der Vorsteher des betreffenden Finanzamtes ein Mitglied ist, gefunden. Der Vorsteher des Finanzamtes, der hier auch die früheren Beurteilungen des Klägers gefertigt hat, kennt also durchaus auch die Leistungen des Klägers und die Art und Weise, wie die betreffenden Sachgebietsleiter ihre verschiedenen Mitarbeiter einordnen. Der Beurteiler darf sich aber auf Berichte von dritter Seite stützen, um zu dem von ihm zu findenden Werturteil zu kommen. Ein Verfahrensverstoß ist daher nicht erkennbar.

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Ebenso wenig stellt es einen Verfahrensverstoß dar, dass die beiden anderen Sachgebietsleiter aus dem Bereich der Betriebsprüfung bei den Vorbesprechungen zu den Beurteilungen ihre Mitwirkung nicht durch Paraphen oder sonstige schriftliche Beiträge dokumentiert haben. Vielmehr reicht es aus, wenn der Vorsteher des Finanzamtes – wie hier geschehen – sich auf die Gegenvorstellungen des Klägers hin schriftlich äußert und dabei seine Vorgehensweise zur Findung der Beurteilungsgrundlagen schildert.

28

Entgegen der Ansicht des Klägers kann auch nicht davon ausgegangen werden, bei der Beurteilung hätten sachfremde Erwägungen Eingang gefunden. Die Behauptung des Klägers, bei der Beurteilung, die er erhalten habe, sei die Prüfungsnote, die er in der Laufbahnprüfung erlangt habe, von ausschlaggebender Bedeutung gewesen, ist durch nichts belegt. Soweit sich in dieser Richtung möglicherweise der Oberregierungsrat B... nach der Beurteilung gegenüber dem Kläger geäußert haben sollte, kommt es darauf nicht an. Denn die Überlegungen, die sich die fachlichen Vorgesetzten zur Notenfindung und Reihung gemacht haben, müssen nicht notwendig diejenigen gewesen sein, die bei der Beurteilungsgruppe ausschlaggebend gewesen sind. Auf deren Einschätzung kommt es aber an. Demgegenüber ist es Aufgabe der fachlichen Vorgesetzten, sich zu den verschiedenen Teilaspekten der Grundlagen der Beurteilung zu äußern und dabei die konkret von den betreffenden Bediensteten geleistete Arbeit anzusprechen.

29

Schließlich kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht davon ausgegangen werden, die Beurteilungsgruppe sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Wie sich aus den schriftlichen Stellungnahmen des Vorstehers zu den Einwendungen des Klägers ergibt, hat im Rahmen der Prüfungskritik mehrfach mit dem Kläger eine Erörterung stattgefunden, er habe bestimmte Arbeitsschritte in den Arbeitsunterlagen nicht hinreichend dokumentiert. Dies war der Stand der eigenen Erkenntnisse des Vorstehers, wie sich aus seinen Stellungnahmen plausibel ergibt und wie es durch die ergänzenden Bemerkungen des Oberregierungsrats B... in der mündlichen Verhandlung überzeugend und schlüssig erläutert wurde. Denn für diesen hatte sich der Eindruck ergeben, der Kläger arbeite nicht immer sorgfältig genug, und diesen Eindruck hatte er dem Vorsteher – und auch dem Kläger – vermittelt. Bei dieser Sachlage war eine Beweisaufnahme von Amts wegen nicht weiter geboten und die Kammer konnte es als wahr unterstellen, dass Steueramtsrat B... die Leistungen des Klägers möglicherweise weniger streng als der Oberregierungsrat B... bewertete. Dabei ist es nicht Sache des Gerichts, die Prüfungsleistungen des Klägers zu bewerten.

30

Neben der Sache liegt schließlich der Einwand des Klägers, es sei nicht hinreichend dokumentiert worden, ob in den betreffenden Vorbesprechungen zur Beurteilung in ausreichendem Maße die Bediensteten, die im Sachgebiet des erkrankten Steueramtsrates B... tätig gewesen seien, hinreichend Berücksichtigung gefunden hätten. Es ist nicht Aufgabe der Rechtsprechung, die bereits vorliegenden Beurteilungsrichtlinien gleichsam dahin zu ergänzen, dass diese Vorbesprechungen in einer bestimmten Art und Weise dokumentiert werden müssten. Vielmehr ist es dem jeweiligen Vorsteher überlassen, wie er in sachgerechter Weise den angesprochenen Regelungen zur Beteiligung der fachlichen Vorgesetzten Rechnung trägt. Keinesfalls ist eine Dokumentation des Inhalts der Besprechung im Einzelnen geboten.

31

Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht der Einwand des Klägers, er sei später in der Beurteilungsbesprechung in der Note herabgesetzt worden, was nicht erlaubt sei. An die in einem Beurteilungsbeitrag enthaltenen Werturteile ist die Beurteilungsgruppe nicht in der Weise gebunden, dass sie in die Beurteilung fortschreibend – etwa aus dem Gesichtspunkt der Sachnähe – übernommen werden müssten (vgl BVerwG, ZBR 1999, 348, 349 [BVerwG 29.04.1999 - BVerwG 1 WB 55.98]). Der Kläger verkennt dabei, dass seine dienstliche Beurteilung das Ergebnis eines Erkenntnisprozesses ist, in dem die für die Beurteilung verantwortlichen Bediensteten mit bestimmten Vorstellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der zu Beurteilenden eintreten können, ohne dass die Tragfähigkeit dieser Vorstellungen davon abhängt, dass sie sich bereits zu einem Beurteilungsentwurf oder gar einer feststehenden Meinung gefestigt haben. Es entspricht daher in typischer Weise dem Wesen der Besprechungen in einer Beurteilungsgruppe, dass sich erst in einem notwendigen Quervergleich innerhalb der Behörde und schließlich eines Bezirks für die betreffende Gruppe der Beamten die endgültige Zuordnung der zu Beurteilenden zur jeweiligen Benotung herausbildet. Daher ist es für das Gericht nicht erheblich, ob zunächst in den Beurteilungsbesprechungen bei der betreffenden Beurteilergruppe damit begonnen wurde, den Kläger in den Bereich der mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ zu beurteilenden Beamten einzuordnen. Denn gerade der Vorgang, den der Kläger rügt, entspricht der typischen Problematik und Handhabung bei der Bewertungsfindung innerhalb einer Beurteilungsgruppe. Dabei ist es unerheblich, ob eine Richtwertvorgabe gemacht wurde. Entscheidend kommt es allein darauf an, ob die betreffende Beurteilergruppe und in Übereinstimmung mit ihr der Oberfinanzpräsident letztlich die Überzeugung gewonnen haben, der Kläger sei in dem Bereich derjenigen Steueroberinspektoren einzuordnen, die mit der Gesamtnote „befriedigend“ zu bewerten sind.

32

Nur ergänzend sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass in der Rechtsprechung durchaus die Bildung von Richtwerten für die Vergabe von Beurteilungsgesamtnoten gebilligt wurde (vgl. VGH Kassel DÖV 2000, 605; BVerwG ZBR 2002, 133 [BVerwG 03.07.2001 - BVerwG 1 WB 17.01]).

33

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

35

Die Berufung war nicht nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keinerlei Gründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO vorlagen.