Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 10.03.2003, Az.: 12 B 722/03
Anforderungen; Behandlung; Behandlungsmöglihckeiten; Belastungsreaktion; Belastungsstörung; Glaubhaftigkeit; Gutachten; Montenegro; posttraumatisch; Serbien
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 10.03.2003
- Aktenzeichen
- 12 B 722/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 47932
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 123 Abs 1 S 2 VwGO
- § 56 Abs 6 S 1 AuslG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zu den Anforderungen ärztlicher Atteste/Bescheinigungen zur Glaubhaftmachung einer posttraumatischen Belastungsreaktion
Gründe
Das sinngemäße Begehren der Antragsteller, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO aufzugeben, dem Landkreis Oldenburg als zuständige Ausländerbehörde mitzuteilen, dass aufgrund der mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 16. April 2002 ergangenen Abschiebungsandrohung keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ergriffen werden dürfen, ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn sowohl ein Anordnungsgrund (die Eilbedürftigkeit der begehrten Regelung) als auch ein Anordnungsanspruch (der materiell-rechtliche Anspruch auf die begehrte Regelung) hinreichend glaubhaft gemacht worden sind (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist hinsichtlich der Frage des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 Abs. 6 AuslG statthaft (§ 123 Abs. 5 VwGO), weil nach Auffassung der Kammer diese im Rahmen eines Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO betreffend die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung nicht zu prüfen sind; insoweit wird entsprechend § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die Gründe in den Beschlüssen des Gerichts vom 6. Juni 2002 (Az. 12 B 1811/02) und vom 19. Juli 2002 (Az. 12 B 2975/02) verwiesen. Der erforderliche Anordnungsgrund liegt angesichts der demnächst vorgesehenen Abschiebung der Antragsteller vor. Sie haben jedoch den erforderlichen Anordnungsanspruch auf die begehrte Regelung nicht glaubhaft machen können.
Ein Anordnungsanspruch wäre im Hinblick auf die am 29. April 2002 fristgerecht erhobene Klage (Az. 12 A 1808/02) nur dann gegeben, wenn die Antragsteller ein Abschiebungshindernis gemäß § 53 Abs. 6 AuslG hinreichend glaubhaft gemacht haben. Dies ist vorliegend zu verneinen.
Dem liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Nach eigenen Angaben reisten die Antragsteller mit Ausnahme der in Remscheid geborenen Antragsteller zu 5. und 6. von Radetina bei Rozaje (Montenegro - Sandzak) kommend im März 1993 (Antragsteller zu 1.) bzw. April 1994 (Antragsteller zu 2. bis 4.) in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie sind muslimischer Glaubenszugehörigkeit und gehören der Gruppe der sog. Sandzak-Muslime an. Die Antragstellerin zu 2. ist in Titov Veles (Mazedonien) geboren, siedelte aber mit ihren Eltern bereits 1971 nach Rozaje (Montenegro) über und heiratete dort 1988 den Antragsteller zu 1. Die Antragstellerin zu 2. erklärt selbst, dass sie Staatsangehörige der bisherigen Bundesrepublik Jugoslawien sei (vgl. S. 3 der Niederschrift über die Anhörung vom 6. Februar 2002). Demgemäß hat die Bundesrepublik Jugoslawien entsprechende Rückreisedokumente ausgestellt. Der Antragsteller zu 1. trägt vor, er sei einfaches Mitglied der SDA und sei wegen der drohenden Einberufung zum Wehrdienst (drohender Einsatz in Bosnien-Herzegowina) geflohen und befürchte im Falle einer Rückkehr bestraft zu werden. Die Antragstellerin zu 2. macht im Wesentlichen geltend, dass sie nicht nach Serbien und Montenegro zurückkehren könne, weil sich ihre Gesundheit infolge unzureichender Behandlungsmöglichkeiten wesentlich verschlechtern würde. Hierzu legt sie Bescheinigungen des Hausarztes P. vom 18. Januar 2002, von Dr. (YU) P... (Facharzt für Neurologie/Psychiatrie und Psychotherapie) vom 28. Januar 2002, 13. Mai 2002 und 19. November 2002 sowie des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Hö... vom 17. Mai 2002 und 22. Juli 2002 vor. Am 7. Januar 2003 wurde die Antragstellerin zu 2. amtsärztlich untersucht; hierüber liegt ein amtsärztliches Gutachten vom 27. Januar 2003 vor. Hinsichtlich der jeweiligen ärztlichen Feststellungen im Einzelnen wird auf die vorgenannten Bescheinigungen Bezug genommen.
Auf Grundlage dessen haben die Antragsteller einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, festzustellen, dass zugunsten der Antragsteller Abschiebungshindernisse gemäß § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen, nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Diese Vorschrift setzt eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit für den betreffenden Ausländer voraus. Allgemeine Gefahren, die nicht nur dem betreffenden Ausländer, sondern zugleich der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe drohen (§ 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG), begründen jedoch auch dann keine Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, wenn sie den Ausländer konkret und individualisierbar betreffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 6.95 -, BVerwGE 99, 324, 328).
Das Vorliegen einer individuellen erheblichen konkreten Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründet noch kein zwingendes Abschiebungshindernis. Diese Vorschrift ermächtigt die Ausländerbehörde lediglich, von der Abschiebung in den Staat, von dem die Gefahren drohen, nach pflichtgemäßem Ermessen abzusehen. Handelt es sich um allgemeine Gefahren im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG, so wird dieses Ermessen durch die obersten Landesbehörden gemäß § 54 AuslG mittels der Anordnung eines allgemeinen Abschiebestopps ausgeübt. Solche Abschiebestopp–Erlasse sind wegen ihrer weitreichenden Folgewirkungen als politische Grundsatzentscheidungen allein in das Ermessen der Innenministerien des Bundes und der Länder gestellt, so dass subjektive einklagbare Rechte einzelner Ausländer grundsätzlich ausgeschlossen sein sollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1995, a.a.O.).
Damit ist § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG in einem Verfahren eines einzelnen Ausländers dann nicht anzuwenden, wenn dieselbe Gefahr zugleich einer Vielzahl weiterer Personen im Abschiebezielstaat droht. Nur dann, wenn dem einzelnen Ausländer keine Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1, 2, 3, 4 oder Abs. 6 Satz 1 zustehen, er aber gleichwohl ohne Verletzung höherrangigen Verfassungsrechts nicht abgeschoben werden darf, ist bei verfassungskonformer Auslegung und Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG im Einzelfall Schutz vor der Durchführung der Abschiebung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren. Das ist der Fall, wenn die obersten Landesbehörden trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die jeden einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, von ihrer Ermessensermächtigung aus § 54 AuslG keinen Gebrauch gemacht haben, einen generellen Abschiebestopp zu verfügen. In einem solchen Fall gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dem Ausländer unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach § 53 Abs. 6 Satz 2, § 54 AuslG Abschiebungsschutz zu gewähren (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1995, a.a.O.; Urteil vom 19. November 1996 - BVerwG 1 C 6.91 -, BVerwGE 102, 249; Urteil vom 2. September 1997 - 9 C 14.96 -, BVerwGE 105, 187, 192).
Diese qualifizierten Anforderungen an die Rechtsgutbeeinträchtigung rechtfertigen sich aus der nur eingeschränkten verfassungsrechtlichen Verantwortung der deutschen öffentlichen Gewalt für Grundsrechtsgefährdungen, die sich für einen Ausländer als Folge einer Abschiebung im Zielstaat ergeben. Soweit sich aus den beschriebenen Anforderungen gegenüber dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, der auch dem Begriff der Gefahr im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG immanent ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 1996, a.a.O.), erhöhte Anforderungen an die Eintrittswahrscheinlichkeit erschließen, ergeben sie sich aus dem selben Gesichtspunkt (Nds. OVG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 12 L 748/99 -, V.n.b.).
Hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer derartigen extremen Gefahrenlage liegen nicht für Angehörige der Bevölkerungsgruppe der Sandzak-Muslime im Hinblick auf die Sicherheitslage und die allgemeine wirtschaftliche und soziale Situation nicht vor. Diesbezüglich wird zur Begründung im Einzelnen auf die Gründe in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG), der auch weiterhin gefolgt wird. Dem entgegenstehende Gesichtspunkte sind weder ersichtlich noch von den Antragstellern vorgetragen worden.
Ergänzend ist anzuführen, dass die Grundversorgung mit existenziellen Lebensmitteln trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen Lage als gesichert anzusehen ist. Dabei ist die wirtschaftliche Lage in Montenegro etwas besser als die in Serbien. Die Rolle internationaler Organisationen bei der Versorgung hat zwar abgenommen, ist aber vor allem im ländlichen Raum weiterhin sehr wichtig (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16. Oktober 2002). Auch im Bereich der medizinischen Versorgung ist eine Extremgefahr im o.a. Sinne nach den vorliegenden Erkenntnismitteln nicht gegeben. Insbesondere sind Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Dies trifft auch auf Angehörige ethnischer Minderheiten zu (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16. Oktober 2002). Das Auswärtige Amt beurteilt die Sicherheitslage im montenegrinischen Teil des Sandzak als unproblematisch und ruhig (AA an VG Frankfurt a.M. vom 28. August 2002).
Es liegen auch keine konkret-individuelle Abschiebungshindernisse gemäß § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG zugunsten der Antragstellerin zu 2. im Hinblick auf die geltend gemachte psychische Erkrankung vor:
Ein individuelles Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kann sich aus der Gefahr ergeben, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind.
§ 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG setzt insoweit das Vorliegen einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben voraus. Der Gesundheitszustand müsste sich wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern. Der Ausländer müsste alsbald nach Rückkehr in den Zielstaat der Abschiebung in diese Lage geraten, weil er auf die dortigen unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seines Leidens angewiesen ist und auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 – BVerwG 9 C 58.96 -, BVerwGE 105, 383).
Diese Voraussetzungen hat die Antragstellerin hier nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Zum einen ist nach den bisherigen ärztlichen Stellungnahmen das Vorliegen der geltend gemachten posttraumatischen Belastungsstörung zweifelhaft. Zwar attestiert Dr. P... in den o.a. ärztlichen Stellungnahmen eine "protrahierte Belastungsreaktion" bzw. eine "protrahierte posttraumatische Belastungsstörung". Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine komplexe psychische Erkrankung. Anders als bei allein somatisch-medizinischen Erkrankungen, wo äußerlich feststellbare objektive Befundtatsachen im Mittelpunkt stehen, geht es bei einer posttraumatischen Belastungsstörung um ein inner-psychisches Erlebnis, dass sich einer bloßen Feststellung äußerlich-objektiver Befundtatsachen weitgehend entzieht. Der Arzt ist darauf angewiesen, die Glaubhaftigkeit des Vorbringens zu prüfen und dies nachvollziehbar darzulegen. Dementsprechend kommt es maßgeblich auf die Glaubhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit eines geschilderten inneren Erlebnisses und der zugrunde liegenden faktischen äußeren Erlebnistatsachen an. Hieraus ergeben sich entsprechende Anforderungen an das ärztliche Vorgehen, die ärztliche Diagnostik und die ärztliche Therapie. Regelmäßig erfordert dies zunächst einen längeren Zeitraum der Befassung des Arztes mit dem Patienten, um tragfähige Aussagen zur posttraumatischen Belastungsstörung (Ursachen, Auswirkungen und notwendige Behandlung) machen zu können (zu den Anforderungen vgl. die vom Bevollmächtigten der Antragsteller eingeführten Ausführungen von Prof. Dr. Friedrich Lösel und Doris Bender "Qualitätssicherung psychologisch-psychiatrischer Begutachtung im Asylverfahren", Asylpraxis Bd. 7 S. 175 ff. und BGH, Urteil vom 30. Juli 1999 - 1 StrR 618/98 - BGHSt 45, 164; vgl. auch VG München, Urteil vom 4. Dezember 2000 - M 30 K 00.51692 - NVwZ-RR 2002, 230). Derzeit spricht Überwiegendes dafür, dass die ärztlichen Stellungnahmen des Dr. P... den dort näher beschriebenen Anforderungen nicht genügen. Insbesondere bleibt in der Stellungnahme vom 28. Januar 2002 das einer posttraumatischen Belastungsstörung zugrunde liegende traumatische Ereignis vage. Ebenso finden sich keine Ausführungen zur Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Antragstellerin zu 2., obwohl hierfür Anlass besteht. In der amtsärztlichen Stellungnahme sind konkrete Widersprüche im Vorbringen der Antragstellerin zu 2. nachvollziehbar dargelegt. Zu diesen Diskrepanzen hat sich die Antragstellerin in ihrer umfangreichen Antragsbegründung nicht geäußert. Ergänzend ist anzuführen, dass Dr. P... in seiner Stellungnahme vom 28. Januar 2002 unzutreffend darauf verweist, der vorbehandelnde Arzt P. habe die Diagnose einer "protrahierten Belastungsreaktion" ebenfalls bestätigt. Der behandelnde Hausarzt hat aber unter dem 18. Januar 2002 lediglich einen entsprechenden Verdacht ("V.a. posttraumatische Belastungsstörung") geäußert. Weiter dürfte Überwiegendes dafür sprechenden, dass Dr. P... unzutreffend davon ausgegangen ist, die Antragstellerin erhalte eine "supportive Gesprächstherapie" durch Dr. Hö.... Die Antragstellerin zu 2. führte gegenüber der Amtsärztin aus, dass eine verbale Verständigung mit Dr. Hö... nicht möglich sei und die Behandlung beschränke sich auf das Ausstellen von Rezepten; hierfür spricht auch der Umstand, dass Dr. Hö... eine Gesprächstherapie nicht abgerechnet hat. Diesen Feststellungen ist die Antragstellerin zu 2. nicht entgegen getreten. Zweifel begründet auch der Umstand, dass nach den amtsärztlichen Feststellungen aufgrund der labortechnischen Untersuchungen mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass die Antragstellerin zu 2. die verordneten Medikamente Maprotilin und Paroxetin nicht einnimmt. Hierzu erklärt sich die Antragstellerin zu 2. in keiner Weise. Auch der sie kontinuierlich behandelnde Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Hö... diagnostiziert in seinen Attesten vom 17. Mai 2002 und 22. Juli 2002 eine posttraumatische Belastungsstörung nicht, sondern spricht von "massiven Beeinträchtigungen" und "Dysthymie - Anhaltende aff. Störung" (Dysthymie ist laut Pschyrembel - 257. Auflage - eine veraltete Bezeichnung für Verstimmung, depressives Syndrom mit Denkstörung, Verstimmtheit, Angst und Hypochondrie).
Zum anderen ist nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln davon auszugehen, dass die geltend gemachte Erkrankung in Serbien und Montenegro jedenfalls soweit medizinisch behandelbar ist, um eine erhebliche, gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes abzuwenden.
Dabei ist nach den Erklärungen der Antragstellerin zu 2. gegenüber der Amtsärztin davon auszugehen, dass die geltend gemachte Erkrankung bisher im Wesentlichen allein medikamentös behandelt worden ist. Nach dem im amtsärztlichen Gutachten wiedergegebenen Mitteilung des Dr. P... vom 14. Januar 2003 hat sich die Antragstellerin lediglich am 21. Januar 2002 sowie am 28. Januar 2002, 13. Mai 2002 und am 18. November 2002 für jeweils ca. 20 bis 30 Minuten vorgestellt; hierbei erfolgten - abgesehen vom 21. Januar 2002 - jeweils die o.a. ärztlichen Stellungnahmen. Die unregelmäßigen Konsultationen bei Dr. P... lassen darauf schließen, dass eine kontinuierliche, einem bestimmten Behandlungskonzept folgende ambulante psychotherapeutische Behandlung dort nicht erfolgt; hierfür spricht auch die fehlende ärztliche Abrechnung einer Gesprächstherapie. Weiterhin ist davon auszugehen, dass bei Dr. Hö... die von Dr. P... angeführte "supportive Gesprächstherapie" tatsächlich nicht stattfindet. Dabei erscheint auch zweifelhaft - wie bereits dargelegt -, ob die Antragstellerin sämtliche verordnete Medikamente tatsächlich einnimmt. Aber selbst bei der Annahme, dass zur Behandlung sowohl eine medikamentöse und ambulante psychotherapeutische Behandlung erforderlich ist, geht das Gericht nach den vorliegenden Auskünften und Stellungnahmen davon aus, dass diese in Serbien und Montenegro hinreichend gewährleistet ist:
Zunächst ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung in Serbien und Montenegro grundsätzlich gewährleistet. Dort besteht eine gesetzliche Krankenversicherung, in der Arbeitnehmer und deren Familienangehörige pflichtversichert sind. Gemeldete anerkannte Arbeitslose und anerkannte Sozialhilfeempfänger und deren Familienangehörige sind beitragsfrei versichert und werden de facto kostenfrei behandelt. Dies trifft auch auf Angehörige ethnischer Minderheiten zu. In Serbien und Montenegro gibt es sehr wenige Erkrankungen, die aufgrund fehlender Ausrüstung nicht oder nicht ausreichend behandelt werden können; insbesondere ist ausgebildetes medizinisches Fachpersonal vorhanden. Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16. Oktober 2002 und Auskunft an VG Frankfurt a.M. vom 16. Oktober 2002; BAFL vom August 2002).
Auch psychische Erkrankungen (u.a. Depressionen, Traumata) sind behandelbar (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16. Oktober 2002). Nach Mitteilung des Vertrauensarztes der Deutschen Botschaft in Belgrad (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) sind im Rahmen der allgemeinen Polikliniken des öffentlichen Gesundheitswesens Beratungsstellen für Neurologie, Psychiatrie und mentale Gesundheit vorhanden. Ambulanzen für Psychiatrie und Schutz der mentalen Gesundheit bestehen in allen psychiatrischen Krankenhäusern und Instituten. Darüber hinaus bestehen private neuropsychiatrische Praxen. In den genannten Einrichtungen kann eine medikamentöse und psychotherapeutische Behandlung u.a. von posttraumatischen Belastungsstörungen und Depressionen einschließlich Gesprächstherapie durchgeführt werden. Insbesondere sind verschiedene Antidepressiva erhältlich. In der letzten Zeit haben diese Anstalten beträchtliche Hilfe von internationalen humanitären Organisationen und Ländern der Europäischen Union erhalten. Generell bestehen innerhalb des öffentlichen Gesundheitssystems Engpässe bei Behandlung psychisch Kranker. Notfälle werden aber sofort aufgenommen (vgl. AA an VG Frankfurt a.M. vom 28. August 2002 und vom 16. Oktober 2002). In der Stadt Rozaje befindet sich eine Polyklinik, die einen neuropsychiatrischen Dienst besitzt. Ebenso beurteilt das Auswärtige Amt die Sicherheitslage im montenegrinischen Teil des Sandzak als unproblematisch und ruhig (AA an VG Frankfurt a.M. vom 28. August 2002).
Auch ist eine erhebliche konkrete Gefährdung für Leib und Leben der Antragstellerin zu 2. infolge einer Retraumatisierung oder Dekompensation im Zusammenhang mit der posttraumatischen Belastungsstörung nicht zu besorgen. Dr. P... führt in seinem Attest vom 15. Mai 2002 aus, dass durch eine Rückkehr der Antragstellerin in ihr Heimatland "erfahrungsgemäß" eine hohe Wahrscheinlichkeit der psychischen Dekompensation bestehe. Zur näheren Begründung führt er an, dass die Antragstellerin aus dem Grenzgebiet zum Kosovo stamme, das weiterhin als unruhig gelte, und dass dort seines Wissens nach keine adäquaten Behandlungsmöglichkeiten bestünden. Da diese Annahmen (unruhige Sicherheitslage, fehlende Behandlungsmöglichkeiten) des attestierenden Arztes aber unzutreffend ist, spricht Überwiegendes dafür, dass die auf dieser Grundlage hergeleitete Gefährdung nicht besteht; dem entgegen stehende Gesichtspunkte sind weder ersichtlich noch von der Antragstellerin zu 2. vorgetragen worden. Wie zuvor dargelegt, stehen nämlich die medizinisch erforderlichen Behandlungsmöglichkeiten - insbesondere in Rozaje - zur Verfügung. Ebenso ist die Sicherheitslage im montenegrinischen Teil des Sandzak und damit in Rozaje unproblematisch und ruhig (AA an VG Frankfurt a.M. vom 28. August 2002).
Inlandsbezogene, insbesondere mit der bevorstehenden Abschiebung im unmittelbaren Zusammenhang stehende Vollstreckungshindernisse stehen der Feststellung, dass keine Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG bestehen, nicht entgegen.