Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 09.09.1997, Az.: 9 U 36/97
Schadensersatzansprüche gegen einen Tiearzt aus einer so genannten Verkaufsuntersuchung ; Berufen des Schuldners gegenüber einem Anspruch des Dritten auf eine diesem unbekannte unter den Vertragspartein wirksam vereinbarte Verjährungsfrist bei einem Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter ; Abkürzung der Verjährungsfrist von grundsätzlich 30 Jahren für eine eventuell fehlerhafte tierärztliche Untersuchung auf sechs Monate
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 09.09.1997
- Aktenzeichen
- 9 U 36/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 21696
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1997:0909.9U36.97.0A
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 2 AGBG
- § 9 AGBG
- § 11 AGBG
- § 225 S. 2 BGB
- § 138 BGB
- § 242 BGB
Fundstellen
- AgrarR 1998, 324-325
- BauR 1999, 281 (amtl. Leitsatz)
- MDR 1997, 1106-1107 (Volltext mit red. LS)
- NJW-RR 1998, 1746 (Volltext mit amtl. LS)
- VersR 1998, 1563 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Auch bei einem Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter kann sich d. Schuldner gegenüber einem Anspruch d. Dritten auf eine diesem unbekannte unter den Vertragspart. wirksam vereinbarte Verjährungsfrist berufen.
Gründe
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche gegen den beklagten Tierarzt aus einer so genannten Verkaufsuntersuchung geltend.
Der Kläger hatte vom Verkäufer K. ein Reitpferd erworben, das er beim Verkäufer in der Folgezeit mehrfach gegen andere Pferde umtauschte. Beim Tausch des letzten Pferdes legte der Verkäufer K. eine tierärztliche Bescheinigung des Beklagten vor, wonach des Pferd gesund, insbesondere lahmheitsfrei und ohne Hufrolle sei.
Der Kläger behauptet, dass Pferd lahme infolge einer fortgeschrittenen Podotrochlose, die auch schon bei der Untersuchung vorgelegen habe. Dies habe der Beklagte übersehen.
Der Beklagte bestreitet die Erkrankung des Pferdes und macht vorsorglich geltend, er habe sich mit dem Verkäufer K. mündlich und schriftlich - worüber er eine entsprechende Urkunde vorlegt darauf geeinigt, dass er für eventuell fehlerhafte Untersuchungen nur sechs Monate hafte.
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung.
Der Käufer hat keinen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Rechtsinstitut des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte anwendbar ist. Denn der Beklagte beruft sich für den Fall, dass dieses Rechtinstitut zugunsten des Klägers eingreift (wofür aus Sicht des Senates einiges spricht, vgl. OLG Köln, VersR 92, 978, OLG München, VersR 96, 731), mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung.
Der Verkäufer K. und der Beklagte haben die Verjährungsfrist von grundsätzlich 30 Jahren für eine eventuell fehlerhafte tierärztliche Untersuchung (BGH NJW 83, 2079 [BGH 05.05.1983 - VII ZR 174/81]) wirksam auf sechs Monate abgekürzt. Dies ergibt sich zunächst aus dem vom Beklagten vorgelegten schriftlichen Vertrag mit dem Verkäufer. Die Bedenken des Klägers aus dem AGBG greifen nicht durch. Letztlich kann dies auch dahingestellt bleiben. Denn nach der insoweit glaubhaften Aussage des vom Landgericht als Zeuge vernommenen Verkäufers K. hatte er die Verjährungsbeschränkung bereits früher auch mündlich, d. h. individualvertraglich vereinbart, § 1 Abs. 2 AGBG.
Diese nach § 225 Satz 2 BGB zulässige Abkürzung der Verjährungsfrist muss sich der Kläger entgegenhalten lassen. Grundsätzlich gilt auch für die Ansprüche aus dem Schutzverhältnis die für das Hauptschuldverhältnis maßgebliche Verjährungsfrist (Sörgel-Hadding, Anhang zu § 328 BGB Rn. 26; Staudinger-Jagmann, Vorbemerkung zu § 328 BGB Rn. 115; MK-Gottwald, § 328 BGB Rn. 106).
Eine Haftungsbeschränkung zu Lasten des Dritten (wie z.B. durch eine Abkürzung der Verjährungsfrist) findet allerdings ihre Schranke in den §§ 138, 242 BGB und §§ 9, 11 AGBG (Staudinger-Jagmann a.a.O. Rn. 112). Diese Normen sind hier jedoch nicht verletzt.
Die Wirksamkeit der Verjährungsbeschränkung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger sie möglicherweise nicht kannte. Der Kläger als Käufer des Pferdes steht gegenüber dem Beklagten (als vom Verkäufer beauftragtem Tierarzt) mangels vertraglicher Beziehung an sich zunächst schutzlos da. Seinen möglichen Schutzanspruch erwirbt der Kläger erst durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen Verkäufer und Beklagtem. Wenn die Haftung ohne Zutun und Kenntnis des Käufers allein durch einen Willensakt von Verkäufer und Beklagtem begründet wird, haben diese es auch in der Hand, den Anspruch zu begrenzen.
Vertrauensgrundlage für den Dritten ist nicht seine Vorstellung von der Haftung des Schuldners, sondern nur das Hauptschuldverhältnis mit seinem konkreten Inhalt. Mangelnde Kenntnis oder eventuelle Fehlbeurteilungen gehen zu Lasten des Dritten. Die Rechtfertigung hierfür folgt (neben der dargelegten Art der Haftungsbegründung) daraus, dass sich der Dritte (der Kläger) auf Grund seines Verhältnisses zum Gläubiger, hier dem Verkäufer, Kenntnis vom Inhalt des Vertrages verschaffen kann und ggf. muss (so zutreffend Sörgel-Hadding a.a.O. Rn. 22, einschränkend MK-Gottwald a.a.O. Rn. 99).
Auch deliktische Ansprüche, namentlich solche aus § 826 BGB, stehen dem Kläger nicht zu. Es ist weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen worden, dass der Beklagte eine Schädigung des Klägers gewollt oder billigend in Kauf genommen hat. Allenfalls hat er eine Erkrankung des Tieres fahrlässig übersehen.