Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 16.09.1997, Az.: 5 U 43/97

Rückzahlung des Kaufpreises; Mehrbedarf wegen besonderer Pflegeleistungen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
16.09.1997
Aktenzeichen
5 U 43/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 22257
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1997:0916.5U43.97.0A

Fundstellen

  • MDR 1998, 375 (red. Leitsatz)
  • MDR 1998, 187-188 (Volltext mit red. LS)
  • NJW-RR 1998, 786 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Überlassung der Ausführung von Parteirechten auf einen nicht postulationsfähigen Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Rückzahlung eines Kaufpreisanteils in Anspruch, der aus dem Verkauf eines Hausgrundstücks stammt, an dem er beteiligt war.

2

Am 19.8.1992 errichtete der Kläger mit seinem Sohn, dem Beklagten zu 1), und seiner Schwiegertochter, der Beklagten zu 2), einen notariellen Erbvertrag, in dem in einer Vorbemerkung darauf hingewiesen wird, dass die Beklagten für die Gewährung von Kost und Logie eine Entschädigung in Geld erhalten sollten. In § 1 des Vertrages setzte der Kläger sie zu seinen Alleinerben ein und bestimmte in § 2 des Vertrages für den Fall, dass das Hausgrundstück vor seinem Tode veräußert werden sollte, dass der auf seinen Anteil von 75 % am Wert des Hausgrundstücks entfallende Kaufpreis seinem Sohn und seiner Schwiegertochter schon zu Lebzeiten zukommen sollte. Weiter heißt es:

"Beide sollen bei einer vorzeitigen Veräußerung des Grundstücks den auf mich entfallenden Kaufpreisanteil auf einem Sonderkonto anlegen, über das sie verfügen sollen, falls ich im Hause der ... (Beklagten) ein Mehrbedarf wegen besonderer Pflegeleistungen haben sollte. Für den Fall, dass ich ein Pflegefall sein sollte, der nicht mehr im Hause der ... (Beklagten) von diesen persönlich gepflegt werden könnte bzw. ich wegen übermäßigen Alkoholgenusses nicht mehr im Hause der ... (Beklagten) haltbar sein sollte, soll der bis dahin angewachsene Geldbetrag zu deren freier Verfügung stehen.

Wir, die ... (Beklagten) verpflichten uns als Gegenleistung hierfür weiter, den ... (Kläger) wie bisher in unserem Hause wohnen zu lassen und ihm wie bisher Hege und Pflege in dem uns zumutbaren Rahmen zu gewähren."

3

Das Hausgrundstück wurde Ende 1992 verkauft und den Beklagten ein Betrag von insgesamt 69.055,79 DM überwiesen. Im September 1995 zog der Kläger aus dem Hause der Beklagten aus.

4

Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagten seien zur Rückerstattung eines Teils des ihnen überwiesenen Kaufpreises verpflichtet. Ihnen habe das Geld zustehen sollen, wenn er in ihrem Hause einen Mehrbedarf wegen besonderer Pflegeleistungen haben sollte. Dieser Fall könne jedoch nicht mehr eintreten, da er nicht wieder in das Haus der Beklagten einziehen werde.

5

Der Kläger hat den auf seine Beteiligung an dem verkauften Haus entfallenden Kaufpreisanteil auf 40.282,55 DM beziffert und beantragt,

die Beklagten zur Zahlung dieses Betrages zu verurteilen .

6

Die Beklagten haben Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, durch den Erbvertrag hätten die erheblichen Leistungen vergütet werden sollen, die sie seit Aufnahme des Klägers in ihrem Hause 1984/1985 erbracht hätten. Zum Ausgleich dafür habe der Kläger ihnen das Hausgrundstück bzw. den Kaufpreis überlassen wollen, wobei aus dem Erlös pflegebedingte Mehrkosten bezahlt werden sollten. Eine Rückzahlung habe in keinem Fall stattfinden sollen.

7

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag enthalte weder eine ausdrückliche Klausel, wonach die Beklagten unter bestimmten Voraussetzungen zur Rückzahlung verpflichtet sein sollten noch könne dem Vertrag eine solche Verpflichtung im Wege der Auslegung entnommen werden. Die Zahlung sei auch nicht ohne Rechtsgrund erfolgt; vielmehr habe sichergestellt werden sollen, dass die Beklagten für die Versorgung des Klägers als Gegenleistung dessen Vermögen erhalten sollten.

8

Gegen dieses Urteil, auf dessen Begründung im Einzelnen verwiesen wird, wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er macht geltend, zwar hätten die Beklagten für seine Versorgung eine Entschädigung erhalten sollen, diese sei aber in § 5 des Vertrages ausdrücklich auf 15.000,- DM festgelegt worden. Der darüber hinausgehende Betrag habe auf einem Sonderkonto verwahrt werden und für einen Mehrbedarf wegen besonderer Pflegeleistungen zur Verfügung stehen sollen. Der Betrag sei den Beklagten nicht geschenkt worden. Einer der beiden Fälle, in denen sie dieses Geld vereinbarungsgemäß für sich verbrauchen durften, sei nicht eingetreten.

9

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 25.282,55 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

10

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

11

Sie sind der Auffassung, dass sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Rückzahlung eines Betrages an den Kläger verpflichtet seien. Bei Abschluss des Erbvertrages habe zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestanden, dass die Beklagten das Geld endgültig behalten sollten. Im Übrigen sei seit September 1995 ein Zusammenleben mit dem Kläger auf Grund seiner Alkoholabhängigkeit nicht mehr möglich gewesen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

14

Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der notarielle Vertrag vom 19.8.1992 keine Verpflichtung der Beklagten enthält, den empfangenen Betrag zurückzuzahlen. Er sieht weder ausdrücklich unter bestimmten Voraussetzungen eine Rückzahlungsverpflichtung vor noch ergibt sich eine solche im Wege der Auslegung. Unstreitig - und davon geht auch der Kläger im Berufungsverfahren aus - sollten die Beklagten für die bislang geleistete Versorgung des Klägers in ihrem Hause eine Entschädigung erhalten. Deshalb sind sie in § 1 des Vertrages zu Alleinerben des Klägers eingesetzt worden. Diese Alleinerbenstellung sichert § 2 des Vertrages für den vorgesehenen Verkauf des Hausgrundstücks ab, indem den Beklagten in diesem Fall der auf den Kläger entfallende Kaufpreisanteil schon zu seinen Lebzeiten zukommen sollte. Als Gegenleistung dafür verpflichteten sich diese, den Kläger wie bisher in ihrem Hause im zumutbaren Rahmen zu versorgen.

15

Zwar sieht § 2 des Vertrages weiterhin die Verwendung des Geldes für eine mögliche Pflegebedürftigkeit des Klägers vor. Daraus ergibt sich aber - wie im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt - nicht, dass der von den Beklagten empfangene Geldbetrag bei Nichteintritt der Pflegebedürftigkeit zurückzuzahlen sein sollte. Vielmehr sollte lediglich die Finanzierung des Mehrbedarfs sichergestellt werden. Insoweit regelt § 2 des Vertrages im Folgenden ausdrücklich für die beiden Fälle klar, dass eine Pflege im Hause der Beklagten nicht möglich oder ein Verbleiben des Klägers dort nicht zumutbar sein sollte, dass dann das Geld zur freien Verfügung der Beklagten stehen sollte. Gleiches muss dann aber auch für den Fall gelten, dass der Kläger eine weitere Versorgung von sich aus ablehnen und das Haus der Beklagten verlassen sollte.

16

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der den Beklagten bei seinem Auszug verbleibende Betrag im notariellen Vertrag auch nicht auf 15.000,- DM begrenzt worden. Der Regelung in § 5 des Vertrages, wonach der Wert des reinen Vermögens des Klägers und der bisher erbrachten Gegenleistungen der Beklagten diesen Betrag ausmacht, kommt ersichtlich lediglich gebührenrechtliche Bedeutung zu. Denn sie bezieht sich nicht allein auf die bisherigen Versorgungsleistungen der Beklagten, sondern auch auf das Vermögen des Klägers, mithin auf den Wert der gesamten Regelungen. Die in der Vergangenheit erbrachten nicht vergüteten Versorgungsleistungen haben die Parteien vielmehr in der Vorbemerkung im Einzelnen auf ca. 43.000,- DM beziffert und damit auf einen Betrag, der den auf den Kläger entfallenden Kaufpreisanteil übersteigt.

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Dadurch, dass Rechtsanwalt Witt in der Verhandlung vor dem Senat nicht gestattet worden ist, mündlich vorzutragen, sind Rechte des Klägers in unzulässiger Weise beschnitten worden. Der Kläger war in der Verhandlung durch eine beim Oberlandesgericht zugelassene Rechtsanwältin vertreten, die hinreichend Gelegenheit zum mündlichen Vortrag hatte. Ein berechtigtes Interesse, die Ausführung der Parteirechte gem. § 52 Abs. 2 BRAGO einem nicht beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt zu überlassen, ist weder dargetan noch ersichtlich. Insbesondere war dieser Anwalt nicht als Korrespondenzanwalt oder als Fachanwalt tätig. Der Umstand, dass in dem im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätzen des Klägers stets als Sachbearbeiter angegeben ist, stellt keinen Grund dar, ihm auch den Vortrag in der mündlichen Verhandlung zu überlassen. Eine solche Handlung würde vielmehr zu einer Umgehung der bestehenden Zulassungsvorschriften führen.

18

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die sonstigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 und 546 Abs. 2 ZPO.