Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.02.1994, Az.: 12 L 7201/91
Letzentscheidungskompetenz; Umstufung einer Straße; Funktionsbestimmender Wille; Gemeinde
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 14.02.1994
- Aktenzeichen
- 12 L 7201/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1994, 13961
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1994:0214.12L7201.91.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover 23.01.1991 - 1 Hi VGA 261/88
- VG Hannover 23.01.1991 - 1 Hi A 261/88
- nachfolgend
- BVerwG - 22.12.1994 - AZ: BVerwG 4 B 114/94
Rechtsgrundlagen
- § 3 StrG ND
- § 7 StrG ND
- § 37 StrG ND
- Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG
Fundstellen
- DVBl 1994, 1203-1204 (Volltext mit amtl. LS)
- DVBl 1994, 1203
- ND MBl 1995, 872
- NdsVBl 1994, 18
Amtlicher Leitsatz
Hinsichtlich der Festlegung, welchem Verkehr eine Straße zu dienen bestimmt ist, kommt der zuständigen Behörde die Letztentscheidung zu, der "funktionsbestimmende Wille" einer Gemeinde (Senat, Urt v 15.10.1980 - 12 A 181/80 -, OVGE MüLü 36, 320) ist nach dem System des Niedersächsischen Straßengesetzes nicht maßgebend.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 1. Kammer Hildesheim - vom 23. Januar 1991 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Abstufung von in ihrem Stadtgebiet verlaufenden Teilstrecken der Landesstraße 485 (L 485) und der Landesstraße 486 (L 486) zu Gemeindestraßen.
Die L 485 beginnt in Hildesheim und endet in Alfeld (Leine). Sie führte bis zu der mit Verfügung des Beklagten vom 6. November 1987 angeordneten Umstufung vom Ortsteil Langenholzen durch den Innenstadtbereich über die Leine und die Bundesbahnstrecke Hannover-Göttingen zur Bundesstraße 3 (Anschlußstelle Gerzer Schlag). Die L 486, die in Alfeld (Leine) beginnt und über Freden in Richtung Bad Gandersheim führt, ist mit der L 485 im Stadtgebiet verknüpft. Sie mündet vor der Überquerung der Leine in die L 485 ein und führt hinter der Überquerung der Bahnstrecke Hannover-Göttingen in nordöstlicher Richtung als Anschlußzweig zur Bundesstraße 3 (Anschlußstelle Limmerburg).
Aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses der Bezirksregierung Hannover vom 22. Februar 1983 wurde die "Nordtangente Alfeld" errichtet, womit die Innenstadt Alfelds vom Verkehr entlastet werden sollte. Mit Verfügung vom 6. November 1987 widmete der Beklagte die "Nordtangente" als Bestandteil der L 485, stufte die Gemeindestraße "Walter-Gropius-Ring" zur L 486 auf und stufte die durch den Stadtkern Alfelds verlaufenden Teilstrecken der L 485 zu Gemeindestraßen (Leinstraße, Sedanstraße, Ravenstraße, Marktstraße, Marktplatz, Holzer Straße) der Stadt ab, nachdem die Beteiligten sich über diese Maßnahme geeinigt hatten. Über das rechtliche Schicksal der über die Leine und über die Bundesbahnstrecke Hannover-Göttingen führenden Teilstrecken mit den Anschlußzweigen der L 485 und der L 486 an die Bundesstraße 3 konnten sich die Beteiligten insbesondere wegen des mit einer Umstufung verbundenen Übergangs der Unterhaltungslast an drei Brückenbauwerken (Leinebrücke, Leineflutmuldenbrücke, Brücke über die Bahnlinie und Kreisstraße 402) nicht einigen.
Der Beklagte kündigte mit Schreiben vom 3. August 1988 der Klägerin die Abstufung dieser Teilstrecken der L 485 und der L 486 zu Gemeindestraßen an, nachdem das Straßenbauamt Hildesheim im Auftrag des Beklagten am 31. Mai 1988 den Verkehr gezählt hatte (u.a. mit einer Woher-Wohin-Befragung). Nach Anhörung des Beigeladenen und der Klägerin stufte der Beklagte mit Verfügung vom 5. Dezember 1988 - öffentlich bekanntgegeben am 19. Dezember 1988 - die Teilstrecken der L 485 von Kilometer 61,583 bis Kilometer 62,437 und von Kilometer 26,521 bis Kilometer 25,658 sowie der L 486 von Kilometer 62,437 bis Kilometer 64,045 einschließlich der 159 m langen Anschlußäste an die L 485 mit Ablauf des 31. Dezember 1988 zu Gemeindestraßen der Beklagten ab. Zur Begründung gab er an, diese Teilstrecken seien durch den Bau der "Nordtangente Alfeld" für den Landesstraßenverkehr entbehrlich geworden. Die Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. Januar 1991 abgewiesen, nachdem es mit Beschluß vom 23. April 1990 eine Verkehrszählung, die am 17. Mai 1990 vorgenommen wurde, angeordnet hatte. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die angefochtene Verfügung greife nicht in den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich des Selbstverwaltungsrechtes der Klägerin ein, denn sie entspräche den Vorschriften des Niedersächsischen Straßengesetzes - NStrG -, das seinerseits mit Verfassungsrecht zu vereinbaren sei. Die Beklagte sei für die angefochtene Entscheidung zuständig gewesen und habe sich auch ausreichend um eine Einigung zwischen den beteiligten Trägern der Straßenbaulast bemüht. Die zu betrachtenden Teilstrecken der L 485 und der L 486 entsprächen ihrer Verkehrsbedeutung nach nicht mehr einer Landesstraße im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 NStrG, sie seien zu Recht als Gemeindestraßen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 NStrG) eingeordnet worden. Nach der Umstufung sei in dem Bereich Alfelds der innere Zusammenhang der Landesstraßen noch gewahrt. Auch habe sich die Verkehrsbedeutung der abgestuften Teilstrecken geändert, eine solche Änderung könne sich aus rechtlichen oder tatsächlichen Entwicklungen ergeben. Eine Landesstraße könne ihre rechtliche Qualität dadurch verlieren, daß die zuständige Behörde ihre Zweckbestimmung ändere, wie aus der Einfügung des subjektiven Merkmals "zu dienen bestimmt" in das Niedersächsische Straßengesetz durch die Gesetzesnovelle 1980 ersichtlich sei. Der Beklagte habe den Zweck dieser Teilstrecken nach funktional orientierten Zielen ausreichend bestimmt. Bereits mit dem Erlaß vom 1. Juni 1977 habe er das Ausbaukonzept für die "Nordtangente Alfeld" grundsätzlich gebilligt und einem von mehreren Vorschlägen zur künftigen Netzgestaltung der Straßen der überörtlichen Verkehrs im Raum von Alfeld zugestimmt. Dieser Vorschlag (Planskizze 3) habe die Verlegung der L 485 auf die "Nordtangente", die Verbindung der L 486 über den Perkwall mit der verlegten L 485 und die Abstufung der streitbefangenen Teilstrecken der L 485 und der L 486 zu Kreisstraßen vorgesehen. An diesem Konzept habe der Beklagte in der folgenden Zeit im wesentlichen festgehalten. Die späteren Änderungen des Konzeptes seien nicht so erheblich, daß sie den Schluß zuließen, das Konzept sei aufgegeben worden. Der erste Schritt, um dieses Konzept zu realisieren, sei die Feststellung des Planes für die Verlegung der L 485 durch den Beschluß der Bezirksregierung Hannover vom 22. Februar 1983 gewesen. Zur Notwendigkeit der Verlegung der L 485 werde in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses auf die "Engpaßsituation" der vorhandenen L 485 im Kern der Stadt Alfeld aufgrund des eng bebauten Stadtkerns und der überlasteten und bisher nur unzureichend bestehenden Leineüberquerung sowie auf das Planungsziel der Entlastung des Innenstadtbereichs hingewiesen, das auch Bestandteil des Ausführungsvorschlags des "Generalverkehrsplanes für den Landkreis Hildesheim, Teilbereich II" vom Oktober 1981 gewesen sei. Änderungen dieses Konzeptes seien von der Klägerin selbst angeregt worden. Es komme auch nicht darauf an, ob die Benutzer der Straßen sich nach diesem Konzept orientierten, maßgebend sei nur, ob eine geschlossene, nicht nur "aus vagen Einzelvorstellungen bestehende Konzeption" vorliege. Das Konzept stehe darüber hinaus mit dem Landesraumordnungsprogramm Niedersachsen in Einklang. Zutreffend habe der Beklagte sich auch dahin entschieden, die streitigen Teilstrecken als Gemeindestraßen einzuordnen, da auf den abgestuften Teilstrecken der Verkehr innerhalb der Stadt Alfeld und mit den Nachbargemeinden weit überwiege, wie die Zählungen ergeben hätten.
Mit der Berufung macht die Klägerin geltend: Der Beklagte, der an der streitigen Entscheidung ein eigenes Interesse habe, sei schon deshalb nicht befugt gewesen sie zu treffen; darüber hinaus hätte er - zumindest - gemäß § 37 NStrG das Niedersächsische Innenministerium beteiligen müssen. Das abgestufte Teilstück der L 485 (Göttinger Straße, Dohnser Weg, Schlehbergring, Bahnhofstraße) habe den großräumigen Verkehr gedient und diene ihm noch, welcher - aus Richtung Süden kommend - über die Bundesstraße 3 in den Raum des Altkreises Alfeld gelange und von dort in den Hildesheimer Raum abfließe. Dieser Verkehr habe die abgestufte Teilstrecke benutzt und benutze sie unverändert, um über den Ortsteil Langenholzen nach Hildesheim zu fahren. Das abgestufte Teilstück der L 486 diene der Verbindung der Räume Freden, Lamspringe und Bad Gandersheim mit dem Großraum Hannover. Der hier aus Richtung Süden kommende Verkehr und der von Norden zufließende Verkehr suche sich unverändert seinen Weg über die abgestuften Teilstücke der L 486 (Bahnhofstraße, Schlehbergring, Hannoversche Straße). Der überwiegende Teil des Landes- und Fernstraßenverkehr suche über dieser Strecke den Weg nach Norden, nicht aber über den Walter-Gropius-Ring, Hildesheimer Straße, Gudewillstraße sowie über die "Nordtangente". Der von Norden kommende und in die Räume Freden, Lamspringe und Bad Gandersheim orientierte Verkehr fahre ganz überwiegend nicht über die "Nordtangente", Gudewillstraße, Hildesheimer Straße und Walter-Gropius-Ring, er suche seinen Weg in der Praxis vielmehr über die abgestufte Teilstrecke der L 486 auf die nicht herabgestufte Teilstrecke der L 486 (Ziegelmasch, Am Thie). Das sei die seit langem unveränderte Situation, wobei sich bei den Verkehrsbefragungen sogar ergeben hätte, daß sich der Anteil des Landes und Fernstraßenverkehrs auf den abgestuften Teilstrecken erhöht habe. Das habe die vom Verwaltungsgericht veranlaßte Verkehrszählung vom 17. Mai 1990 gegenüber der Verkehrsbefragung vom 31. Mai 1988 ergeben. Dem relativen Anstieg des Landes und Fernstraßenverkehrs entspreche die gestiegene absolute Zahl. Diesen Sachverhalt habe das Verwaltungsgericht nicht hinreichend erörtert, soweit es sich mit dem Netzzusammenhang (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 NStrG) befaßt habe, Eine Umstufung, die sich nach § 7 Abs. 1 NStrG beurteile, komme nur in Betracht, wenn die Einstufung einer Straße nicht mehr ihre Verkehrsbedeutung entspreche. Das Verwaltungsgericht gehe offenbar davon aus, daß sich unter dem Gesichtspunkt des "Dienens" keine der Umstufung rechtfertigende Änderung der Verkehrsbedeutung ergeben habe, obwohl das Urteil insoweit nicht deutlich sei. Das Gericht stelle im Ergebnis allein darauf ab, daß sich die Verkehrsbedeutung der abgestuften Straßenteilstücke in dem Sinne geändert habe, daß sie nun nicht mehr dem Landesstraßenverkehr "zu dienen bestimmt" seien. Das Tatbestandsmerkmal "zu dienen bestimmt" sei mit dem Zweiten Änderungsgesetz zum Niedersächsischen Straßengesetz eingeführt worden, um auch solche Straßen als Landesstraßen einordnen zu können, auf denen tatsächlich kein Landesstraßenverkehr überwiege, die aber ungeachtet dessen für diesen Landesstraßenverkehr bestimmt seien. Mit dieser Vorschrift sei nicht beabsichtigt gewesen, Abstufungen zu rechtfertigen. Das ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Wollte man entgegen dem Gesagten aber gleichwohl annehmen, eine Abstufung, sei gerechtfertigt, wenn eine Straße einem anderen Verkehr dienen solle, so sei den Überlegungen des Verwaltungsgerichtes entgegenzuhalten: Das Niedersächsische Straßengesetz bestimme nicht einmal im Ansatz, wie das Tatbestandsmerkmal "zu dienen bestimmt" einzugrenzen sei. Einigkeit bestehe nur darüber, daß es diese Vorschrift ermöglichen solle, funktional orientierte Zielsetzungen zu berücksichtigen. Die Abstufung sei ein belastender Verwaltungsakt, sie, die Klägerin, dürfe mit Recht verlangen, daß ihr nicht Lasten aufgebürdet würden, wenn ein Gesetz dies nicht ausdrücklich vorsehe. Da der Weg, der Behörde einen für die richterliche Nachprüfung entzogenen Spielraum einzuräumen, nicht gangbar sei, bleibe nur die Konkretisierung der Bestimmung unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten. Dabei sei die Rechtsprechung des Senates (Urteil vom 15. Oktober 1980 - 12 OVG A 181/80 -) zu berücksichtigen wonach der "funktionsbestimmende Wille" der Gemeinde maßgebend sei. Mithin sei das Tatbestandsmerkmal "zu dienen bestimmt" nur dann als erfüllt anzusehen, wenn ein eindeutiges und objektiviertes Gliederungskonzept die Bestimmung rechtfertige. Dies könnte nur durch solche Raumordnungs- und Generalverkehrspläne geschehen, die dadurch gekennzeichnet seien, daß sie in einem geordneten Verfahren entwickelt und aufgestellt worden seien, an dem alle Parteien beteiligt worden seien. Konkludente Handlungen, wie etwa der Bau einer Ortsumgehung, würde nur ausnahmsweise diesen Anforderungen genügen, wenn sich aus der "Natur der Sache" das Konzept der "Natur der Sache" das Konzept ergebe. Eine solche Handlung genüge aber dann nicht, wenn es sich um ein kompliziertes Geflecht verschiedener Bundes-, Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen handele, in das eingegriffen werde. Auch der Beklagte habe in seinen "Richtlinien für das Verfahren bei der Widmung, Umstufung und Einziehung von öffentlichen Straßen" dargelegt, es müsse ein Gesamtkonzept zur Verkehrsplanung bestehen, um festzulegen, wann eine Straße einen bestimmten Verkehr "zu dienen bestimmt sei". Ein solches Konzept des Beklagten oder gar ein Gesamtkonzept sei hier nicht vorhanden. Die "Nordtangente" sei zur Entlastung des Verkehrs, insbesondere auf der innerstädtischen Leinebrücke konzipiert und erbaut worden, für diesen Verkehr sei aber weder eine quantitative noch eine qualitative Veränderung festzustellen. Der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt eine bestimmte und verbindliche Konzeption entwickelt. Das Landesraumordnungsprogramm enthalte weder eine zeichnerische noch eine textliche Aussage zur Nordtangente. Das gleiche gelte für das Raumordnungsprogramm des beigeladenen Landkreises.
Schließlich verkenne das Verwaltungsgericht bei der Erörterung des "Netzzusammenhanges" die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 NStrG. Die Kreisstraßen 402 und 406, welche zu den Ortsteilen Warzen (Kreisstraße 406) und Föhrste (Kreisstraße 402) führten, verlören infolge der Abstufung nämlich den Anschluß an das sonstige überörtliche Straßennetz. Deshalb habe selbst die Landesstraßenverwaltung in der Vergangenheit vorgesehen, daß die Teilstrecke der L 486 zur Kreisstraße abzustufen sei.
Sie beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Verfügung des Beklagten vom 5. Dezember 1988 betreffend die Abstufung von Teilstücken der Landesstraße 485 und 486 im Gebiet der Stadt Alfeld (L.) aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts.
Der Beigeladene stellt einen Antrag nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Verfügung des Beklagten vom 5. Dezember 1988 ist rechtmäßig.
Zuständig für die Umstufung ist gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 NStrG das für den Straßenbau zuständige Ministerium. Diese Zuständigkeit ist nicht zu beschneiden, wenn es um die Abstufung einer Landesstraße geht. Im Verwaltungsrecht gibt es nicht einen allgemein geltenden Grundsatz, daß bei einer möglichen Interessenkollision die bestehende Zuständigkeit entfällt (vgl. BVerwG, Urt. v. 27. Juli 1990 - BVerwG 4 C 26.87 -, NVwZ 1991, 781; Urt. v. 5. Dezember 1986 - BVerwG 4 C 13.85 -, BVerwGE 75, 214, Flughafen München II).
§ 37 NStrG führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 NStrG bestimmt der für den Straßenbau zuständige Minister im Einvernehmen mit dem für die Raumordnung zuständigen Minister die Planung und Linienführung der Landesstraßen. Diese Vorschrift dient nach ihrer Begründung (Landtagsdrucks. 9/892) dazu, die Beachtung "aller verkehrlichen und raumordnerisch relevanten Belange rechtzeitig sicherzustellen" und ist "in Angleichung an § 16 Abs. 1 FStrG" in das Niedersächsische Straßengesetz eingefügt worden. Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (Urt. v. 26. Juni 1981 - BVerwG 4 C 5.78 -, DVBl. 1981, 936; vgl. auch Marschall/Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 4. Aufl., RdNr. 5.1 zu § 16) ist geklärt, daß die Planung und Linienführung nicht durch Verwaltungsakt und auch nicht durch Rechtssatz bestimmt wird, sondern daß die Bestimmung der Planung und Linienführung vielmehr nur behördeninterne Wirkung hat; deshalb wird in Anwendung dieser Vorschrift nicht unmittelbar in Rechte Dritter eingegriffen. Auch im Verhältnis zu den von der Planung berührten Gemeinden ist die Bestimmung der Planung und Linienführung nicht Verwaltungsakt (OVG in Lüneburg, Beschl. v. 13. Juli 1972 - VI OVG B 37/92 -, DVBl., 1972, 795 [OVG Niedersachsen 13.06.1972 - VI OVG B 37/72] zu § 6 LuftVG; BVerwG, Beschl. v. 21. Februar 1973 - BVerwG IV C B 69.72 -, DVBl. 1973, 448). Die Bestimmung der Linienführung ist mithin eine vorbereitende Verwaltungsentscheidung, die im Rahmen der Anfechtung des Aktes, der Verwaltungsakt ist, überprüft werden kann.
Geht man hiervon aus, so beurteilt sich die Zuständigkeit nur nach § 7 NStrG, ohne daß § 37 NStrG auf diese Vorschrift ausstrahlt. Auch das Verfahren zur Festlegung der Bestimmung des "Dienens" erfordert nicht die Beteiligung des für die Raumordnung zuständigen Ministeriums. § 37 NStrG ist Instrument der Planung, § 3 NStrG zieht die Schlußfolgerung aus einer - abgeschlossenen - Planung. § 37 Abs. 1 Satz 1 NStrG befaßt sich schon seinem Wortlaut nach nur mit der Planung und der Linienführung der Landesstraßen, betrifft also vornehmlich die Einrichtung neuer Landesstraßen. Soweit die wesentliche Änderung angesprochen ist, so liegt sie nur vor, wenn der grundsätzliche Verlauf, die Streckencharakteristik oder die Netzverknüpfung geändert werden sollen (Walprecht/Cosson, Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, 1984, RdNr. 328). Kern der Bestimmung der Linienführung aber ist es, die Anfahrts- und Endpunkte sowie den grundsätzlichen Verlauf der Trasse festzulegen, wobei der Gegenstand der Linienbestimmung stets ein bestimmter Straßenzug und nicht das Straßennetz insgesamt ist (vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 4. Aufl., S. 820, 821).
Zugleich läßt sich nicht sagen, daß in dem Verfahren zur Festlegung der Bestimmung des Dienens eine bestimmte Form einzuhalten sei. Diese Bestimmung kann vielmehr auf verschiedene Art wie durch Ausbaupläne, Generalverkehrspläne und vergleichbare Pläne geschehen (vgl. Sieder/Zeitler/Kreuzer/Zech, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Stand: Dezember 1993, RdNr. 17 zu Art. 3). Diese Vorstellung liegt auch dem 2. Änderungsgesetz zugrunde, weil in der Begründung (LT-Drucks. 8/3017) der Novelle angeführt ist, die mit der Planung verfolgte Absicht drücke sich in Raumordnungsplänen, Generalverkehrsplänen oder sonstigen Unterlagen zur Verkehrslenkung aus. Ein bestimmtes - förmliches - Verfahren zur Festlegung des "Dienens" ist mithin vom Gesetzgeber nicht vorgesehen und auch nicht erforderlich. Eines solchen Verfahrens bedarf es auch deshalb nicht, weil in § 7 Abs. 2 NStrG Regelungen über den Übergang der Straßenbaulast getroffen sind, die ausreichen, um die Interessen der beteiligten Träger der Straßenbaulast zu wahren. Ist nämlich Einigung nicht zu erzielen, so entscheidet über die Umstufung der für den Straßenbau zuständige Ministerium. Und dieser hat vorher die Träger der Straßenbaulast und ggf. die für den neuen Träger der Straßenbaulast zuständige Kommunalaufsichtsbehörde zu hören. Damit ist dem Gesamtkomplex der Regelung nicht zu entnehmen, daß eine förmliche Planung erforderlich ist. Es gibt keinen Grundsatz des Inhaltes, daß planerische Entscheidungen jeweils nur in einem förmlichen Verfahren getroffen werden dürften. Vielmehr ist jeweils den gesetzlichen Vorschriften zu entnehmen, in welchem Umfang und wie die zuständige Behörde Vorhaben ohne förmliche Planung realisieren darf (vgl. Senat, Urt. v. 2. Juni 1993 - 12 L 6/90 - bestätigt durch Beschl. des Bundesverwaltungsgerichts v. 9. November 1993 - BVerwG 4 B 184.93).
Das Verwaltungsgericht hat richtig ausgeführt, daß der angefochtene Bescheid nicht Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) verletzt. Die Gemeinden sind nicht davor geschützt, daß ihnen weitere Aufgaben auferlegt werden, die Kosten verursachen. Entspricht der Übergang der Straßenbaulast den Vorschriften des Niedersächsischen Straßengesetzes, so ist der verfassungsrechtlich geschützte Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts nicht berührt, weil die Vorschriften des Niedersächsischen Straßengesetzes mit Verfassungsrecht (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) zu vereinbaren sind. Das gilt auch für § 7 NStrG. Mit dieser Vorschrift erreicht das Niedersächsische Straßengesetz, daß diejenige Körperschaft die Straßenbaulast trägt, die dieser Pflicht am nächsten steht. Deshalb ist es gerechtfertigt, Straßen, die überwiegend dem Verkehr innerhalb einer Gemeinde oder zwischen benachbarten Gemeinden dienen oder zu dienen bestimmt sind, als Gemeindestraßen einzuordnen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 NStrG); für diese Straßen tragen die Gemeinden die Straßenbaulast. An den Nachweis der jeweiligen Funktionen sind im Hinblick auf Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG besondere Anforderungen nicht zu stellen; der Nachweis der jeweiligen Funktion ist nach den Vorschriften des Niedersächsischen Straßengesetzes unabhängig davon zu führen, ob es sich um eine Gemeindestraße, eine Kreisstraße, eine Landesstraße oder eine Bundesstraße handelt. Insofern hält der Senat an seinen Überlegungen zum "funktionsbestimmenden Willen" einer Gemeinde in dem Urteil vom 15. Oktober 1980 = OVGE 36, 320 = Nds. Rpfl. 1981, 121) nicht mehr fest (er hat dort entschieden, die Umstufung sei rechtmäßig gewesen und hat sich ohnehin nur im Rahmen eines obiter dictums mit der Frage "des funktionsbestimmenden Willens" einer Gemeinde befaßt). Dient aber eine Straße, die vorher Kreis-, Landes- oder Bundesstraße war, nunmehr überwiegend dem Verkehr innerhalb einer Gemeinde oder zwischen benachbarten Gemeinden, so ist sie in die entsprechende Straßengruppe umzustufen, regelmäßig unabhängig davon, welche finanziellen Folgen für die Gemeinde mit der Umstufung nach § 7 Abs. 1 NStrG verbunden sind. Solchen Auswirkungen ist - soweit erforderlich - nach dem Gesetz über den Finanzausgleich zu begegnen. Ob insoweit Grenzen zu ziehen sind, mag hier dahinstehen, weil die Klägerin mit der Übertragung der Straßenbaulast nicht unzumutbar in ihrer Finanzhoheit beeinträchtigt wird (angesichts des Verhältnisses zwischen Umfang ihres Haushalts und des Unterhaltungsaufwandes für die bezeichneten Teilstrecken).
Richtig hat das Verwaltungsgericht auch entschieden, daß die zu betrachtenden Teilstrecken der L 485 und der L 486 in ihrer Verkehrsbedeutung nicht mehr dem Maßstab des § 3 Abs. 1 Nr. 1 NStrG entsprechen und damit ihre Funktion als Landesstraßen verloren haben. Diese Strecken sind nicht mehr dazu bestimmt, überwiegend einem über das Gebiet benachbarter Landkreise und kreisfreier Städte hinausgehenden Verkehr, insbesondere dem Durchgangsverkehr, zu dienen.
Bei dem Begriff "zu dienen bestimmt" handelt es sich um ein Merkmal, das die Funktionszuordnung, die Planungskonzeption und die mit der Planung verbundene verkehrspolitische Absicht ausdrückt (Senat, Urt. v. 11. August 1988 - 12 OVG A 99/85 -, Urteilsumdruck S. 10). Der Gesetzgeber (LT-Drucks. 9/892) wollte mit der Anfügung der Worte in dem Gesetzestext "oder zu dienen bestimmt sind" erreichen, daß neben der mit einer Planung verfolgten Absicht, eine bestimmte Landes-, Kreis- oder Gemeindestraße zu bauen, auch die Zweckbestimmung nach funktional orientierten Zielsetzungen, die sich aus Raumordnungsplänen, Generalverkehrsplänen oder sonstigen Unterlagen zur Verkehrslenkung ergeben, für die Eingruppierung maßgeblich sein sollte.
Diese auch in § 1 Abs. 1 Satz 1 FStrG sowie in den Straßengesetzen anderer Bundesländer enthaltene Vorschrift wird allgemein dahin verstanden (vgl. bereits OVG in Lüneburg, Urt. v. 3. September 1969 - II OVG A 16/68 S. 10 u. 11 Urteilsumdruck), daß es auf die Zweckbestimmung einer Straße ankommt, wie sie sich aus ihrer Lage und Funktion ergibt, die sie im Verbund des Straßennetzes erfüllen soll. Damit wird erreicht, daß Baulastträger für eine Straße stets die Körperschaft ist, die entsprechend der der Straße zukommenden oder gedachten Verkehrsbedeutung hierzu berufen ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30. Januar 1989 - 23 A 2160/86 -, S. 7 Urteilsumdruck zu § 8 Abs. 1 Satz 1 StrWG NW). Auch das Bayerische Straßen- und Wegegesetz (Art. 3 BayStrWG) sieht diese Regelung vor und ist dahin zu verstehen, daß sie das Ziel hat, den Trägern der Straßenbaulast zu ermöglichen, ein Konzept über die Gestaltung des ihm anvertrauten Netzes auszuarbeiten, das in Ausbauplänen, Generalverkehrsplänen und vergleichbaren Plänen dokumentiert (vgl. Sieder/Zeitler/Kreuzer/Zech, aaO; vgl. auch Kodal/Krämer, aaO S. 238). Der zuständigen Behörde kommt für ihre Entscheidung eine planerische Gestaltungsfreiheit zu. Dabei ist vorab zu bemerken, daß sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 22. August 1979 (BVerwG 4 C 34.76, DÖV 1979, 307) nicht mit diesem Fragenkreis auseinandergesetzt hat. Gesagt ist dort nämlich nur, es komme der Behördenentscheidung über eine Umstufung kein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum mit "verminderter verwaltungsgerichtlicher Kontrolldichte" zu; fielen bei einer Straße die bisher gegebenen Qualifikationsmerkmale einer Bundesstraße weg, so ordne § 2 Abs. 4 FStrG vielmehr zwingend an, daß die Straße dann abzustufen sei; eine planerische oder anderweit gestaltende Aufgabe sei der obersten Landesstraßenbaubehörde nicht übertragen, sie habe im Rahmen dieser Vorschriften vielmehr in gebundener Rechtsanwendung lediglich die Folgerungen aus einer durch anderweitige rechtliche oder tatsächliche Entwicklung entstandenen Änderung der Verkehrsbedeutung einer Bundesstraße zu ziehen. Damit ist indessen nicht gesagt, der Behörde komme bei der Bestimmung des "Dienens" ein Spielraum nicht zu, sondern nur ausgeführt, die Entscheidung über die Umstufung selbst sei ein Akt zwingenden Rechtes. Offen bleibt aber die Antwort auf die Vorfrage, auf welche Weise eine Änderung herbeigeführt werden kann, wenn sich nicht nur die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, mithin die Straße eine andere Funktion erhalten soll.
Die Frage nach der sog. Kontrolldichte beurteilt sich nach der Struktur der anzuwendenden Vorschriften - hier § 3 Abs. 1 Nr. 1 NStrG. Diese Vorschrift räumt der zuständigen Behörde einen Spielraum ein und zu diesem Ergebnis gelangt der Senat, ohne sich darauf festlegen zu müssen, nach welchem Modell (nach welcher "Typologie") die Kontrolle zu gestalten ist (Beurteilungsermächtigung im engeren Sinne, Prognoseermächtigung). Dabei ist von folgendem Ansatzpunkt auszugehen (vgl. Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: 1993, RdNr. 180 ff; Hill, normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, NVwZ 1989, 401 jeweils mit w. Nachw.).
Die Verwaltungsgerichte haben alle Verwaltungsentscheidungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig zu überprüfen, ein Grundsatz, den auch Art. 19 Abs. 4 GG nahelegt, obwohl diese Vorschrift eine solche Regel nicht ohne Ausnahme vorsieht. Der Gesetzgeber ist aber befugt, beachtet er das Bestimmtheits- und das Wesentlichkeitsgebot, die letztverbindliche Entscheidung für eine gesetzlich nicht eindeutig fixierte Situation ausnahmsweise der Verwaltung zuzuweisen. Eine solche Zuweisung muß sich aus der Struktur der anzuwendenden Norm ergeben, die zu einer Letztentscheidungskompetenz der Verwaltung ermächtigen muß der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, Normen mit einer solchen Struktur zu schaffen. Aus Art. 80 GG ergibt sich nicht, daß der Gesetzgeber die Letztentscheidung nicht der Verwaltung überlassen dürfe. Ebensowenig zwingt Art. 19 Abs. 4 GG zu der Annahme, die Letztentscheidung müsse bei den (Verwaltungs-)Gerichten liegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 8. Juli 1982, - 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82 [BVerfG 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80]) ist "unbeschadet normativ eröffneter Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsräume" eine Bindung der rechtssprechenden Gewalt an tatsächliche und rechtliche Feststellungen anderer Gewalten hinsichtlich dessen, was im Einzelfall rechtens ist, ausgeschlossen. Mit jener Einschränkung ist zugleich ausgedrückt, daß ein Gesetzestatbestand eine Ermächtigung zu administrativer Letztentscheidung enthalten kann. Es ist dann eine Frage der Auslegung, ob dem Gesetz eine solche Ermächtigung zu entnehmen ist.
Inwieweit eine Vorschrift die Verwaltung zur Letztentscheidung ermächtigt, muß sich aus funktionell-rechtlichen Überlegungen ergeben. Welcher Typ einer Beurteilungsermächtigung zugrundeliegt, ist dann nicht von Belang, wenn unterschiedliche Typen von Ermächtigungen nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (OVG in Lüneburg, Urt. v. 29. November 1989 - 4 OVG A 143/87 -, NDV 1990, 116 = ZfF 1990, 62).
Hinsichtlich der Festlegung des Dienens ist der zuständigen Behörde die Letztentscheidung zugewiesen. Das ergibt sich aus der Funktion dieser Vorschrift, die ihr die Gestaltung des ihr anvertrauten Netzes überläßt und ihr einräumt, in Ausbauplänen, Generalverkehrsplänen und ähnlichen Plänen die Funktion einer Straße festzulegen oder zu ändern. Auch die mehrfach erwähnte Absicht des Gesetzgebers (Lt.-Drucks. 9/892) läßt nur diesen Schluß zu, weil die Zweckbestimmung der Straße mit der Planung anderer Straßen verknüpft ist und es nach der Normstruktur zu einem inneren Widerspruch der Norm führen würde, wenn für die Planung von Straßen - anerkanntermaßen - eine planerische Gestaltungsfreiheit besteht, diese aber verneint wird, wenn es darum geht, die Funktion einer Straße den nach Planung und Bau einer neuen Straße veränderten Verhältnissen anpassen zu können (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 21. Juni 1988 - 2 UE 2651/84 -, NVwZ - RR 1989, 338).
Der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (Urt. v. 6. Juni 1989 - 8 B 89.2278, Urteilsumdruck S. 11 ff.) ist nicht beizutreten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt aus, mit der Formulierung "zu dienen bestimmt" sei der Behörde kein Beurteilungsspielraum eingeräumt, da mit dieser Wendung die objektive Zweckbestimmung einer Straße für einen bestimmten Verkehr angesprochen sei, der seinerseits durch tatsächliche Merkmale charakterisiert werde (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 11. November 1983 - BVerwG 40, 41.80 -, NVwZ 1985, 109 =DÖV 1984, 429 sowie OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 5. April 1984 - 1 A 46/83 -, AS 18, 438). Mit diesen Überlegungen werden nämlich die Tatbestandsmerkmale ("dienen" und "zu dienen bestimmt") gleichgesetzt und die Struktur der Vorschrift nicht beachtet (vgl. Kodal, in: Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtgesetzgebung, S. 507 ff.; Sieder/Zeitler/Kreuzer/Zech, aaO, Rdn. 8 zu Art. 3; Ritter, NVwZ 1993, 22 [VG Darmstadt 27.08.1993 - 5 G 10066/93.A]; Sauthoff, NVwZ 1994, 17 [BVerfG 19.01.1994 - 2 BvR 2003/93]; a.A. Neumeyer, Das Hessische Straßengesetz, 3. Auflage, Stand: August 1992, Anm. 1 d zur allerdings anderslautenden Formulierung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Hess. StrG, anders noch 2. Auflage).
Bei der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung einer solchen Entscheidung gelten - ohne daß eine abschließende Festlegung erforderlich wäre - die folgenden Maßstäbe: Die Verwaltung muß einen zutreffenden und sorgfältig ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt haben, sie muß bei ihrer Entscheidung alle gesetzlich vorgegebenen Zwecke, Maßstäbe und Schranken beachtet haben, sie muß die Entscheidung von sachfremden Erwägungen freigestellt haben, sie muß sachgerechte Methoden anwenden und das Verfahren richtig abwickeln. Die Sachgerechtigkeit des Verfahrens erfordert es, daß die zuständige Behörde die Entscheidung in einem geordneten - "Planungs"-Verfahren trifft, das indessen - wie bereits dargestellt - nicht eine förmliche Planung darstellen muß. Es reicht deshalb aus, daß sie für ihre Entscheidung auf andere Pläne, wie etwa Raumordnungspläne, Generalverkehrspläne sowie ähnliche Ausbaupläne zurückgreifen kann. Die Planung kann aber auch auf andere Weise dokumentiert werden. Sie darf sich nur nicht in der Entscheidung nach § 7 Abs. 1 NStrG erschöpfen.
Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte eine fehlerfreie planerische Entscheidung getroffen. Dazu hat das Verwaltungsgericht zutreffend gesagt: Bereits mit dem Erlaß vom 1. Juni 1977 an das Niedersächsische Landesverwaltungsamt - Straßenbau - hatte der Beklagte das Ausbaukonzept für die Nordtangente Alfeld grundsätzlich gebilligt und einem von mehreren Vorschlägen zur künftigen Ausgestaltung der Straßen des überörtlichen Verkehr zugestimmt. Dieser mit Bericht des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes - Straßenbau - vom 15. September 1976 dem Beklagten vorgelegte Vorschlag (Planskizze 3) sah die Verlegung der L 485 auf die sog. Nordtangente, die Verbindung der L 486 über den Perkwall (in der Planskizze 3 irrtümlich als "Alte Burg" bezeichnet) mit der verlegten L 485 und die Abstufung der streitbefangenen Teilstrecken der L 485 und 486 zu Kreisstraßen vor. An dieser Planungskonzeption für die Neugestaltung des Landesstraßennetzes im Gebiet der Stadt Alfeld hat der Beklagte festgehalten. Er hat das Planungskonzept durch die Feststellung des Planes für die Verlegung der L 485 bei Alfeld durch den Beschluß der Bezirksregierung Hannover vom 22. Februar 1983 realisiert (dieser Beschluß sah u.a. den Bau der Nordtangente Alfeld mit einem neuen Leineübergang vor). Zur Notwendigkeit der Verlegung der L 485 wird in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses auf die Engpaßsituation der vorhandenen L 485 im Kern der Stadt Alfeld aufgrund des engbebauten Stadtkerns und der überlasteten und unzureichenden bisherigen Leineüberquerung hingewiesen sowie auf das Planungsziel der Entlastung des Innenstadtbereichs, das auch Bestandteil des Ausführungsvorschlages des "Generalverkehrsplan(es) für den Landkreis Hildesheim im Teilbereich II -" vom Oktober 1981 gewesen sei. Dieses ursprüngliche Planungskonzept ist indessen nicht verwirklicht worden, weil die Klägerin selbst Bedenken erhoben hatte. Diese Bedenken hat der Beklagte berücksichtigt (Anbindung der L 486 über den Walter-Gropius-Ring an die L 485 und die Aufstufung dieser Gemeindestraße zur L 486).
Das Konzept bedurfte auch deshalb keiner weiteren Festlegung, weil es das "Standardkonzept" darstellt: Bau einer Umgehungsstraße mit dem Ziel, den Durchgangsverkehr aus dem Stadtzentrum herauszunehmen und auf die Umgehungsstraßen zu lenken, mag das System der Umgehungsstraßen den Innenstadtbereich auch nur als "Halbkreis" und nicht als ein Ringstraßensystem umschließen. Der "Standard" dieses nicht weiter darlegungsbedürftigen Konzeptes wird in Alfeld nur deshalb "verdunkelt" weil ein Teil der umzustufenden Strecken über Brücken verläuft, handelte es sich um auf einer Ebene geführte Straßen würde unmittelbar deutlich werden, daß in Alfeld ein Standardkonzept verwirklicht worden ist, das von vorneherein vorsah, die in Rede stehenden Teilstrecken nicht mehr dem Landesstraßenverkehr dienen zu lassen. Mit den Worten der Klägerin ergibt sich also das von ihr vermißte Konzept aus "der Natur der Sache".
Die - planerische - Entscheidung des Beklagten beruht auf einer zutreffenden Tatsachenbasis (der Senat läßt offen, inwieweit es von Belang ist, daß eine solche Entscheidung wegen des anderweitigen Verhaltens der Verkehrsteilnehmer ihre Grundlage verlieren kann). Die Verkehrszählungen haben nämlich ergeben, daß der auf den Landesstraßenverkehr entfallende Anteil des Gesamtverkehrs auf den in Rede stehenden Teilstrecken deutlich niedriger ist als der Anteil des Gemeindestraßenverkehrs, der - mindestens - 60 v.H. beträgt. Bereits die Zählung durch das Straßenbauamt Hildesheim vom 31. März 1987 ergab, daß auf den hier zu betrachtenden Teilstrecken vorwiegend Kraftfahrzeuge mit dem Kennzeichen HI und ALF fuhren. Die Befragungszählung vom 31. März 1988 zeigte auf, daß der das Gebiet benachbarter Landkreis hinausgehende Verkehr weniger als 20 v.H. des Verkehrs ausmachte. Der Senat hält - ebenso wie das Verwaltungsgericht - diese Verkehrszählung für aussagekräftig, obwohl nicht der Führer jedes Kraftfahrzeuges befragt worden ist. Darüber hinaus hat die vom Verwaltungsgericht veranlaßte Verkehrszählung vom 17. Mai 1990 diese Ergebnisse bestätigt. Danach lag der Anteil des Landes- und Fernstraßenverkehrs an den drei Zählstellen unter 15 v.H. des Gesamtverkehrs. Diese Ergebnisse, die auch die Situation vor dem Zeitpunkt der Zählung kennzeichnen, können für die Bewertung herangezogen werden (vgl. Senat, Urt. v. 15. 10. 1980, aaO).
Die in § 7 Abs. 1 NStrG vorausgesetzte Änderung der Verkehrsbedeutung ist damit eingetreten. Mit dem Verwaltungsgericht ist allerdings davon auszugehen, daß diese Vorschrift eine Änderung der bisherigen Verkehrsbedeutung, die durch die Verkehrsbeziehungen und die Verkehrsdichte gekennzeichnet ist, voraussetzt. Diese Auslegung der Vorschrift ergibt sich bereits aus ihrem Wortlaut "entspricht die Änderung einer Straße nicht mehr ihrer Verkehrsbedeutung". Die Wendung "nicht mehr" muß dahin gedeutet werden, daß zwischen dem Vorher und dem Nachher ein Unterschied bestehen muß. Das ergibt sich auch aus der Begründung des Entwurfs eines Änderungsgesetzes, der (LT-Drucks. 9/892) die Wendung gebraucht hat, "wenn sich diese" (damit ist die Verkehrsbedeutung gemeint) "nach ihrer Widmung geändert hat". In eben dem Sinne hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 30. Januar 1989 (23 A 2120/86, Urteilsumdruck S. 6) die frühere Fassung des Straßengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen verstanden und das nunmehr geltende Recht (§ 8 Abs. 1 Satz 1 StrWG NW) dahin ausgelegt, wegen der Wendung "bei Änderung" ihrer Verkehrsbedeutung könne eine Straße auch dann umgestuft werden, wenn dadurch eine andere Verkehrsbedeutung für die Straße erst angestrebt werde.
Auch die Verkehrsbedeutung der abgestuften Teilstrecken hat sich geändert, weil andere rechtliche und tatsächliche Verhältnisse vorliegen. Auf die rechtlichen Verhältnisse kommt es an, weil § 7 Abs. 1 NStrG nicht zu entnehmen ist, nur eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse sei belangvoll. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht erwogen, die rechtlichen Verhältnisse hätten sich wegen der kommunalen Gebietsreform im Hinblick auf die Definitionsmerkmale des § 3 NStrG geändert. Werden nämlich früher selbständige Landkreise und Städte in andere Landkreise eingegliedert, so hat das Auswirkungen auf das Landesstraßennetz, da die Einordnung als Landesstraße einen über das Gebiet benachbarter Landkreise und kreisfreier Städte hinausgehenden Verkehr voraussetzt (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 2 NStrG). Auch in tatsächlicher Hinsicht haben sich die Verhältnisse geändert. Nachdem die "Nordtangente" vom Verkehr genutzt werden kann, haben die innerstädtischen Straßen an Bedeutung für den überörtlichen Verkehr verloren.
Richtig hat das Verwaltungsgericht auch ausgeführt, die in Rede stehenden Teilstrecken seien zu Recht nicht in Kreisstraßen (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 NStrG) umgestuft worden, auf dessen tragende Erwägungen verweist der Senat (§ 130 b VwGO), die er sich auch im übrigen zu eigen macht (auch zur Frage des Netzzusammenhangs).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3, 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO; es entspricht der Billigkeit, dem Beigeladenen seine eigenen Kosten aufzuerlegen, da er sich - er hat einen Antrag nicht gestellt - nicht einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), bestehen nicht.
Atzler
Radke
Dr. Petersen