Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 19.01.2023, Az.: 5 A 5254/19

Flüchtlingseigenschaft; innerstaatliche Fluchtaltermative; Nuer; Südsudan; Asyl (Südsudan): Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
19.01.2023
Aktenzeichen
5 A 5254/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 10226
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2023:0119.5A5254.19.00

Amtlicher Leitsatz

Der Kläger muss bei einer Rückkehr nach Juba mit einer Verfolgung durch den Staat aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Nuer rechnen.

Tenor:

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom F.. Oktober 2019 wird aufgehoben, soweit er der vorstehenden Verpflichtung entgegensteht.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der 1986 geborene Kläger ist südsudanesischer Staatsangehöriger vom Volk der Nuer und christlicher Religionszugehörigkeit. Am 29. November 2017 stellte er in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag.

Im Rahmen seiner Anhörung nach § 25 AsylG am 14. Dezember 2017 gab er an, bis 2002 mit seinen Eltern, fünf Schwestern und einem Bruder im Haus seines Vaters in G. (Unity) gelebt zu haben. Bis 2010 sei er in H. zur Schule gegangen und regelmäßig zwischen seiner Heimatstadt und H. gependelt. Danach sei er ein Jahr in G. zur Schule gegangen und habe dann 2011 in I. ein Jahr lang im Bereich Handel studiert. Danach habe er in I. als Händler gearbeitet. Von 2013 bis 2016 sei er beim Militär im Bereich der Logistik tätig gewesen. Seine Eltern lebten jetzt in einem UN Camp. Zu seinem Verfolgungsschicksal befragt, gab er an, nach Kriegsbeginn am 15. Dezember 2013 geflohen zu sein. Sein Elternhaus sei beschossen, seine Tante und deren Sohn seien getötet worden. Im Wald sei er auf viele andere Flüchtlinge gestoßen. Unter anderem sei der Vizepräsident des Landes mit ihnen geflohen. Sie hätten letztlich den Nile überquert und seien nach Jonglei gelangt. Dort habe sein Stamm sie in Schutz genommen, konkret die militärische Einheit "Division E" unter Peter Gadet. Sie seien drei Tage dort gewesen und hätten Dinka vertrieben, bei denen es sich um die Aggressoren gehandelt habe. Die Armee habe sich geteilt und er habe gegen die "Aggressor-Armee" gekämpft. Er sei für mehr als vier Monate in J. stationiert gewesen. Im Mai 2014 seien sie unterlegen. Es habe viele Todesopfer gegeben, unter anderem seinen Neffen. Er selbst sei angeschossen worden. Sie seien in die Wüste getrieben worden. Er sei von dort nach K. gelangt, wo seine Wunden in einem Krankenhaus versorgt worden seien. Schließlich sei er bei verschiedenen anderen Militäreinheiten seines Stammes im Einsatz gewesen. Von Juni 2015 bis September 2015 sei er in der Gegend von L. im Fronteinsatz gewesen. Bei diesen Kämpfen sei sein bester Freund, der für ihn wie ein Bruder gewesen sei, ums Leben gekommen. Seitdem habe er sich verändert, ärgere sich leicht über Nichtigkeiten, weine, wenn er die Bilder seiner gefallenen Kameraden sehe. Bis 2016 sei er in M. im Einsatz gewesen. Dort habe er seine Zähne verloren, weil er sich hauptsächlich von Mais habe ernähren müssen. Er habe aufhören wollen, Soldat zu sein. Er habe die Frau seines getöteten besten Freundes, die in Uganda lebe, vom Sudan aus über dessen Tod informieren wollen. Dies habe er von M. aus nicht gekonnt. Sein Kommandant habe ihn nicht gehen lassen wollen. Also sei er zu Fuß in den Sudan gegangen und habe von Khartoum aus die Frau seines getöteten besten Freundes über den örtlichen Priester informieren lassen. In Khartoum habe er Leute aus seiner Heimatstadt G. getroffen, die ihm berichtetet hätten, dass sein Elternhaus zerstört und sein Onkel getötet worden sei. Er habe auch seine Eltern angerufen, die in G. in einem Flüchtlingscamp gewesen seien. Schließlich sei er nach Ägypten gegangen, um dort zu studieren. Er habe mit dem Studium begonnen. Allerdings habe die südsudanesische Botschaft in Ägypten der ägyptischen Regierung mitgeteilt, dass er und andere Männer, die bei den Rebellen gekämpft hätten, gesucht würden. Diese Information habe er im Juni 2017 von einem Mitstudenten erhalten, der in der südsudanesischen Botschaft gearbeitet habe. Er habe ihm ein Foto von den Männern gegeben, die gesucht würden. Auf diesem Foto sei auch er abgebildet gewesen. Die Regierung suche gezielt diejenigen, die mit Riek Machar gekämpft hätten. In seinem Haus in I. lebe ein Offizier, der nur darauf warte, dass er nach Hause komme, um ihn zu töten. Freunde hätten ihm außerdem berichtet, dass sein Bild im südsudanesischen Fernsehen gezeigt worden sei.

Mit Bescheid vom N. Februar 2018 wurde sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt, weil Italien für die Behandlung seines Asylantrages zuständig sei. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage erhoben und Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, den das Verwaltungsgericht Oldenburg mit Beschluss vom 12. April 2018 abgelehnt hat. Die für den 17. September 2018 geplante Abschiebung des Klägers nach Italien scheiterte. Die Beklagte hob den Bescheid vom N. Februar 2018 am 16. Oktober 2018 auf. Die Klage wurde mit Urteil vom 13. November 2018 abgewiesen.

Mit Bescheid vom O. Oktober 2019 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und die Asylanerkennung (Nr. 2) ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Nr. 3). Zudem wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde mit diesem Bescheid aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Ihm wurde für den Fall, dass er die Ausreisefrist nicht einhalte, die Abschiebung in den Südsudan, oder in einen anderen Staat, in den er einreisen könne, oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht davon auszugehen sei, dass der Kläger aufgrund seiner früheren Teilnahme an bewaffneten Auseinandersetzungen auf der Seite Riek Machars bei einer Rückkehr in den Südsudan heute noch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Übergriffe zu befürchten habe. Dies ergebe sich insbesondere aus der Regierungsbeteiligung der früheren Rebellen. Zwar sei davon auszugehen, dass im Südsudan ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrsche oder zumindest nicht ausgeschlossen werden könne. Dem Kläger drohe bei Rückkehr, insbesondere nach Juba, aber keine erhebliche individuelle Gefahr aufgrund willkürlicher Gewalt. Auch könne er als gesunder erwerbsfähiger Mann in Juba seinen Lebensunterhalt erwirtschaften.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 4. November 2019 Klage erhoben. Die Beklagte gehe schon von einer falschen Tatsachengrundlage aus, weil die sogenannte Einheitsregierung bisher nicht gebildet worden sei. Unklar sei auch, ob die von Präsident Kiir im Jahr 2018 verkündete Generalamnestie auch tatsächlich Wirksamkeit entfalte. Das Auswärtige Amt befürchte in seinem Lagebericht (2019), dass u. a. Angehörige der Nuer mit Verfolgung und Gewalt in den von der Regierung gehaltenen Gebieten rechnen müssten. Die Todesstrafe werde im Südsudan laufend angewandt. Auch Mitglieder der Rebellengruppen seien in der Vergangenheit zum Tode verurteilt worden. Zu Hinrichtungen sei es in diesen Fällen allein aufgrund einer Begnadigung durch den Präsidenten nicht gekommen. Auch im Falle einer Inhaftierung sei wegen der Haftbedingungen im Südsudan mit einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung zu rechnen. Ihm sei jedenfalls subsidiärer Schutz zu gewähren. Der im Südsudan vorherrschende Konflikt zeichne sich durch eine endemische und teilweise systematische Verletzung grundlegender Menschenrechte, Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht bis hin zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus, gegen die von staatlicher Seite weiterhin kein Schutz gewährt werde. Höchst hilfsweise seien Abschiebungsverbote festzustellen, da dem Kläger aufgrund der im Südsudan vorherrschenden humanitären Bedingungen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK drohe.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom F.. Oktober 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,

ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen,

hilfsweise, ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zuzuerkennen,

weiter hilfsweise, zu seinen Gunsten ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 bzw. § 60 Abs. 7 AufenthG festzustellen

höchst hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (neu) zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Präsident Kiir und Oppositionsführer Machar hätten sich am 22. Februar 2020 auf eine gemeinsame Übergangsregierung geeinigt. Mehr als zwei Millionen Flüchtlinge seien aufgefordert worden, in das Land zurückzukehren. Die Regierung sei kurz vor Ablauf der von der UN, den USA und einer Reihe ostafrikanischer Staaten hierfür gesetzten Frist gebildet worden. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger aufgrund seiner persönlichen Situation im Vergleich zu anderen Rückkehrenden und auch Binnenvertriebenen in einer benachteiligten Position sein könnte.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung einer amtlichen Auskunft. Hinsichtlich des Beweisergebnisses wird auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 6. Oktober 2022 verwiesen.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Der Kläger hat Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG).

Rechtsgrundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG. Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Ausschlussvoraussetzungen des § 60 Abs. 8 S. 1 AufenthG. Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

Diese Voraussetzungen liegen vor. Denn der Kläger befindet sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse außerhalb des Staates Südsudan, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann.

Der Kläger muss bei einer Rückkehr nach Juba mit Verfolgung durch den Staat aufgrund seiner Volkszugehörigkeit rechnen. Denn im Zuge der bürgerkriegsähnlichen Zustände seit Mitte Dezember 2013 müssen Angehörige der Nuer, Schilluk und anderer Ethnien mit Verfolgung und Gewalt in den von der Regierung gehaltenen Gebieten rechnen. Einheiten der Rebellen, also der sog. "SPLM in Opposition" (oder auch "Anti-Government Forces"/ SPLM-IO) verüben ihrerseits Gewalttaten, auch gegen Zivilisten, dies vor allem in den Gliedstaaten Upper Nile, Unity, Jonglei und den Äquatorias. Die Mehrzahl von Verbrechen und schwersten Menschrechtsverletzungen wird aber den Regierungskräften zugeschrieben (B., Lagebericht vom 25.3.21, S. 7). Der Kläger ist Angehöriger des Stammes der Nuer und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt in Juba, der von der Regierung gehaltenen Hauptstadt.

Ein effektiver Schutz durch staatliche Organe besteht nicht (§ 3d AsylG). Vielfach sind neben der Armee auch Angehörige von Polizei sowie von Zoll und Wildschutz an Gewalttaten beteiligt (B., Lagebericht vom 25.3.21, S. 7).

Eine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 3e AsylG steht in diesem Einzelfall nicht zur Verfügung, weil die angestammten Siedlungsgebiete der Nuer für den Kläger nicht sicher zu erreichen sind (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Im Zuge der bürgerkriegsähnlichen Unruhen seit Ende Dezember 2013 waren Angehörige der Nuer und der Dinka in ihre angestammten Siedlungsgebiete zurückgekehrt bzw. geflohen, in denen sie jeweils die Mehrheit stellen und sich sicher fühlen. Die Nuer-Rebellen, auch "SPLM in Opposition (SPLM-IO)" oder "Anti-Government Forces" genannt, kontrollieren nur noch kleine Teile der vor allem von den Nuer besiedelten Gliedstaaten Jonglei, Upper Nile, Unity und Gebiete in den Equatoria-Bundesstaaten (B., Lagebericht vom 25.3.21, S. 13, 14). Das Auswärtige Amt hat in seiner Auskunft vom 6. Oktober 2022 mitgeteilt, dass eine Überlandreise im Südsudan mit Gefahren verbunden ist und im Übrigen auf seine Reise- und Sicherheitshinweise verwiesen. Dort heißt es, dass die Unfallgefahr bei Fahrten über Land wegen der schlechten Straßen nicht unterschätzt werden dürfe. Mit Überfällen durch kriminelle Banden, aber auch mit willkürlichen Maßnahmen der Polizei oder anderer Sicherheitsorgane, müsse jederzeit gerechnet werden. Nachtfahrten sollten ganz vermieden werden. Eine Durchquerung des Landes sei weder in Nord-Süd- noch in Ost-West-Richtung gefahrlos möglich. Verschiedene Luftfahrtgesellschaften würden Flugreisen innerhalb des Landes anbieten. Hinsichtlich des Wartungszustandes der Maschinen lägen keine sachkundigen Erkenntnisse vor. Einen Anhaltspunkt würde die "Schwarze Liste" der nicht für die Europäische Union zugelassenen Fluggesellschaften bieten (https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/suedsudan-node/suedsudansicherheit/244250; Zugriff am 9.1.23). Nach Auffassung von UNHCR, der sich die Einzelrichterin dem Grunde nach anschließt, ist die Situation im Südsudan im Hinblick auf Sicherheit, Recht und Ordnung sowie Menschenreche nicht vereinbar mit einer sicheren und würdevollen Rückkehr von Geflüchteten (UNHCR, Position on Returns to South Sudan - Update II, April 2019, S. 4, https://www.refworld.org/country""SSD"5cb4607c4,0.html; UNHCR, position on returns to South Sudan, Oktober 2021, file:///X:/Kammer05/03%20Material/06%20Asyl%20Erkenntnismittel/S%C3%BCdsudan/UNHCR%20position%20on%20returns%20to%20sout%20sudan%20oct%202021.pdf; Zugriff am 3.3.22, S. 11). Dem Auswärtigen Amt liegen entsprechend auch keine Erfahrungswerte über Abschiebewege nach Südsudan vor (Lagebericht vom 25.3.21, S.18), was das Auswärtige Amt mit seiner Auskunft vom 6. Oktober 2022 nochmals bestätigt hat. In der Gesamtschau ist eine Reise in die angestammten Siedlungsgebiete der Nuer für den Kläger nicht sicher möglich (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG).

Ein Ausschluss der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 2 AsylG ergibt sich nach dem maßgeblichen derzeitigen Sach- und Streitstand nicht. Gemäß § 3 Abs. 2 AslyG ist ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er (Nr. 1.) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, (Nr. 2.) vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder (Nr. 3) den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat. Dies gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AsylG). Zwar hat der Kläger angegeben, dass er in der Einheit von Peter Gadet, unter anderem auch an der "Front" gekämpft hat. Dass er dabei konkret vorgenannte Tatbestände verwirklicht hat, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

Schließlich erweist sich auch die Abschiebungsandrohung für den Kläger als rechtswidrig, da das Bundesamt in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft verpflichtet und daher nach § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AsylG nicht zum Erlass einer Abschiebungsandrohung ermächtigt ist.

Die in Nummer 6 des angefochtenen Bescheides enthaltene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes ist ebenfalls aufzuheben, weil Voraussetzung für die Befristung nach § 11 Abs. 6 AufenthG die Ausreisepflicht des Ausländers ist, die hier aufgrund der Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorliegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.