Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 13.01.2023, Az.: 3 A 2303/22

AFBG; Darlehensanteil; Gegenstandwert; Zum Gegenstandswert in AFBG-Streitigkeiten über die Bewilligung einer Maßnahme dem Grunde nach

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
13.01.2023
Aktenzeichen
3 A 2303/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 11975
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2023:0113.3A2303.22.00

Amtlicher Leitsatz

Es entspricht grundsätzlich billigem Ermessen, bei der Festsetzung des Gegenstandswerts in AFBG-Streitigkeiten den Darlehensanteil des Maßnahmebeitrags voll zu berücksichtigen, wenn die Bewilligung der Maßnahme dem Grunde nach streitgegenständlich ist.

Tenor:

Der Gegenstandswert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Zuständigkeit des Einzelrichters folgt aus § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 33 Abs. 1 RVG. Das vorliegende Verfahren betrifft eine Streitigkeit nach dem Aufstiegsausbildungsförderungsgesetz (AFBG), welches entsprechend § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.07.2014 - 5 B 17.14, juris Rn. 16, m.w.N.). Der erforderliche Festsetzungsantrag liegt mit dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom D. vor.

Die Höhe des festgesetzten Wertes folgt aus § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, wonach der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen ist. Billigem Ermessen entspricht es, den Gegenstandswert vorliegend auf 15.000,00 Euro festzusetzen, da dies dem Rechtsgedanken des § 52 Abs. 1 GKG entspricht. Hiernach ist der Wert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Der Antrag der Klägerin war nicht beziffert, sondern allgemein auf die Gewährung der beantragten Aufstiegsausbildungsförderung gerichtet. Ausweislich des abhelfenden Bescheids der Beklagten vom E. wurde der Klägerin die beantragte Aufstiegsausbildungsförderung in Höhe des gesetzlichen Maximalförderbetrags i.H.v. 15.000,00 Euro, bestehend je zur Hälfte aus einem Zuschussanteil und aus einem "Darlehensanspruch gegenüber der Kreditanstalt für Wiederaufbau", gewährt. Die Bedeutung der Sache für die Klägerin besteht folglich in der bewilligten Gesamtsumme. Insbesondere ist auch der Darlehensanteil (voll) zu berücksichtigen (so auch OVG NRW, Beschl. v. 24.02.2014 - 12 E 992/13, juris Rn. 3; Beschl. v. 30.10.2007 - 2 E 791/07, juris Rn. 2 ff., mit eingehender Begründung).

Die gegenläufige Rechtsauffassung der Beklagten, wonach der Darlehensanteil nicht im Klageantrag enthalten und daher schon dem Grunde nach, d.h. in Gänze wegen § 88 VwGO bei der Gegenstandswertfestsetzung nicht zu berücksichtigen sei, ist mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbar. Hiernach wird "in dem Bescheid über den ersten Förderantrag für eine Maßnahme [...] dem Grunde nach über die Förderung der Maßnahme [...] entschieden" (§ 23 Abs. 1 Satz 2 AFBG). Wird aber dem Grunde nach über die Förderung der Maßnahme entschieden, folgt aus § 23 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 AFBG, dass damit eine Entscheidung dem Grunde nach über den Maßnahmebeitrag gemeint ist, der sich wiederum gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 und 3 AFBG zu 50 Prozent aus einem Zuschuss und im Übrigen aus einem "Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrags mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau" zusammensetzt. Dementsprechend hat die Beklagte gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 2 und 4 AFBG in dem Bescheid auch ausdrücklich die "Höhe des Maßnahmedarlehens" sowie die "Frist nach § 12 Absatz 4, bis zu der der Abschluss eines Darlehensvertrags verlangt werden kann", anzugeben. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist diese folglich von Gesetzes wegen verpflichtet, in ihrem Förderbescheid i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 2 AFBG sowohl über den Zuschussanteil als auch über den "Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrags mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau" zu entscheiden. Ein allgemein auf Bewilligung der begehrten Aufstiegsausbildungsförderung gerichteter Klageantrag wie derjenige der Klägerin verfolgt mithin als Klagebegehren i.S.v. § 88 VwGO auch und gerade das Ziel des Erhalts bzw. der Konkretisierung eines Anspruchs auf Abschluss eines solchen Darlehensvertrags. Daher ist der Wert dieses Anspruchs auf Abschluss eines Darlehensvertrags im Rahmen der Gegenstandswertfestsetzung (voll) zu berücksichtigen.

An diesem Auslegungsergebnis vermag auch die an § 26 Halbsatz 2 AFBG anknüpfende Argumentation der Beklagten nichts zu verändern, wonach die Eröffnung des Zivilrechtswegs für darlehensbezogene Streitigkeiten zeige, dass ein darlehensbezogenes Interesse der Klägerin nicht Teil eines vor dem Verwaltungsgericht gestellten Klageantrags sein könne. Dass der öffentlich-rechtliche Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrags sehr wohl Teil des ersten Förderbescheids der Beklagten ist und ein hierauf bezogenes Interesse Teil des Klagebegehrens vor dem Verwaltungsgericht sein kann, ist oben bereits anhand des Gesetzeswortlauts (vgl. u.a. § 23 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 2, 4 AFBG) aufgezeigt worden. Unabhängig davon ist der Zivilrechtsweg gemäß § 26 Halbsatz 2 AFBG nur für Streitigkeiten "aus" dem Darlehensvertrag eröffnet. Die Eröffnung des Zivilrechtswegs gilt damit grundsätzlich nur für tatsächlich abgeschlossene Darlehensverträge und nur auf diese bezogen, während der Verwaltungsrechtsweg für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten betreffend den zeitlich vorgelagerten Förderbescheid und den darin geregelten öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrags eröffnet ist. Damit folgt auch und gerade aus § 26 Halbsatz 2 AFBG, dass entsprechende Klagebegehren in verwaltungsgerichtlichen Verfahren das Recht auf Abschluss eines Darlehensvertrags beinhalten können, wie es vorliegend auch der Fall ist.