Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 30.04.2010, Az.: 13 B 1276/10
Aufgabenzuweisung; Direktionsrecht; Beschäftigung; amtsangemessene; Mediationsvereinbarung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 30.04.2010
- Aktenzeichen
- 13 B 1276/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 41108
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2010:0430.13B1276.10.0A
Rechtsgrundlagen
- VwGO 123 I
- VwGO 80 V
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 EURO festgesetzt ( §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG ).
Gründe
I.
Der Antragsteller, ein Realschulrektor mit dienstlichem Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des entscheidenden Verwaltungsgerichts, begehrt die Feststellung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen ein vom Antragsteller als Bescheid bezeichneten Schreiben der Antragsgegnerin vom 22.02.2010, hilfsweise den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Der Antragsteller wurde 2002 zuerst an die damalige Bezirksregierung und später - nach deren Auflösung - an die Antragsgegnerin abgeordnet. Diese Abordnungsverfügungen hat der Antragsteller angefochten. In der Folge kam es am 11.05.2005 zu einer Mediationsvereinbarung.
Unter anderem wurde vereinbart:
"Für die Dauer des Disziplinarverfahrens wird Herr C. mit seinem Einverständnis an die Landesschulbehörde (Dez. 01) als Dezernent zur Evaluation des Förderprogramms "Profilierung der Hauptschule ... abgeordnet. ... Es gibt eine verbindliche Aufgabenbeschreibung für den gesamten Abordnungszeitraum. ... Die Mediationsvereinbarung ist nur aus wichtigem Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB kündbar. Wird sie gekündigt, leiten die Beteiligten ein neues Mediationsverfahren ein, für das der Mediator zur Verfügung stände."
Das Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller ist noch nicht abgeschlossen und derzeit vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg anhängig. Die Antragsgegnerin hat zunächst mit Schreiben vom 04.06.2007 die Mediationsvereinbarung fristlos und nach nochmals mit Schreiben vom 16.03.2009 mit sofortiger Wirkung gekündigt. Aufgrund der letzteren Kündigung wurde - wie in der Mediationsvereinbarung vereinbart - ein neues Mediationsverfahren eingeleitet. Die Mediation ist zwischenzeitlich jedoch gescheitert.
Mit Schreiben vom 22.02.2010 wies die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Aufgabe "Erstellen und Auswerten statistischer Daten für das Projekt ‚Umweltschule in Europa (USE/Internationale Agenda 21 -Schulen (INA)" zu. Die bisherige Aufgabe "Evaluation des Förderprogramms "Profilierung der Hauptschule" sei beendet. Unabhängig von der Kündigung der Mediationsvereinbarung entfalte deshalb die Aufgabenzuweisung schon keine Wirkung mehr.
Der Personaldezernent der Antragsgegnerin rief am 05.03.2010 den Antragsteller an und teilte mit, dass erwartet werde, dass der Antragsteller der Weisung Folge leiste.
Der Antragsteller hat am 09.03.2010 Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid vom 22.02.2010 aufzuheben. Im Klageverfahren trägt der Antragsteller vor, das Schreiben vom 22.10.2010 stelle einen rechtswidrigen Verwaltungsakt dar. Eine Abänderung der Mediationsvereinbarung sei nicht zulässig. Im Übrigen sei er im Fall einer wirksamen Kündigung dann auch wieder als Realschulrektor einzusetzen. Die Aufgabe, so wie sie im Mediationsvertrag festgelegt worden sei, sei auch noch nicht erledigt. Er, der Antragsteller, habe lediglich bislang einen Zwischenbericht erstellt. Die neuen Aufgaben, die dem Antragsteller übertragen werden sollen, stellten keine amtsangemessene Beschäftigung dar. Die Klage ist vor dem Verwaltungsgericht unter dem Az. 13 A 1275/10anhängig.
Der Antragsteller hat bereits einen Tag zuvor, am 08.03.2010, um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht
Er trägt vor: Es gebe eine wirksame Mediationsvereinbarung. Diese könne die Antragsgegnerin nicht einseitig abändern, insbesondere nicht durch eine vermeintlich innerdienstliche Weisung. Im Übrigen sei ein Eingriff in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag, wie sie die Mediationsvereinbarung darstelle, immer ein Verwaltungsakt, so dass seine Klage hiergegen aufschiebende Wirkung entfalte. Der Hilfsantrag werde gestellt für den Fall, dass in der fernmündlichen Weisung des Personaldezernenten am 05.03.2010 eine Vollziehungsanordnung gesehen werde. In diesem Fall lägen bereits die formellen Voraussetzungen für eine wirksame Vollziehungsanordnung nicht vor.
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass seine Klage vom 05.03.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.02.2010 aufschiebende Wirkung hat,
hilfsweise
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 22.02.2010 wieder herzustellen.
Für den Fall, dass es sich bei dem Schreiben vom 22.02.2010 nicht um einen Verwaltungsakt handele, bittet er im am 16.03.2010 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz um Umdeutung in einen Antrag nach § 123 VwGO und beantragt dann,
zu erkennen, dass er, der Antragsteller, bis zu einer Entscheidung über die in der Hauptsache erhobene Klage nicht verpflichtet ist, der Weisung der Antragsgegnerin vom 22.02.2010 Folge zu leisten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen
Das Schreiben vom 22.02.2010 stelle eine rein innerorganisatorische Weisung dar. Zumindest der Teil der Mediationsvereinbarung, der die Aufgabenzuweisung betreffe, habe sich erledigt. Die neu zugewiesenen Tätigkeiten stellten eine amtsangemessene Tätigkeit dar. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung scheitere bereits daran, dass ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht sei.
Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 29.04.2010 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter.
Das Gericht versteht den Schriftsatz vom 12.03.2010 dahingehend, dass nur für den Fall, dass das Gericht einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO für unzulässig hält, dann hilfsweise ein Antrag nach § 123 VwGO gestellt werden soll. Aus dem Schriftsatz vom 12.03.2010 ergibt sich dagegen nicht, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zurückgenommen werden sollte.
Wörtlich beantragt der Antragsteller in seiner Antragsschrift vom 08.03.2010, die aufschiebende Wirkung einer Klage vom 05.03.2010 festzustellen. Eine derartige Klage gibt es nicht. Das Gericht versteht den Antrag dahingehend, dass die am 09.03.2010 vom Antragsteller erhobene Klage gemeint ist.
Die Anträge auf Feststellung bzw. - hilfsweise Wiederherstellung - der aufschiebenden Wirkung müssen ohne Erfolg bleiben.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage ( § 80 Abs. 1 VwGO ) ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. in Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO die aufschiebende Wirkung anordnen und im Fall, dass eine Behörde die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs bestreitet, entsprechende Feststellungen treffen.
Zwar hat im vorliegenden Fall der Antragsteller am 09.03.2010 eine Anfechtungsklage erhoben. Da sich diese Klage jedoch nicht gegen einen Verwaltungsakt iSd § 35 VwVfG richtet, ist sie unzulässig und kann von daher keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei der streitigen Aufforderung der Antragsgegnerin vom 22.02.2010 handelt es sich um eine innerdienstliche Weisung im Rahmen des Direktionsrechts des Dienstherrn. Der Antragsteller ist dadurch nicht in seiner Rechtsstellung als Beamter betroffen. Entsprechend kommt vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht in Betracht.
Vorläufiger Rechtsschutz kann nur über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erreicht werden. Einen solchen Rechtsbehelf hat der Antragsteller dann hilfsweise am 16.03.2010 gestellt, wobei nach dem Wortlaut es den Anschein hat, dass im Wege einer einstweiligen Anordnung eine Feststellung (nämlich, dass er nicht gezwungen ist, eine Weisung zu befolgen) begehrt wird. Dies würde bereits die Hauptsache vorwegnehmen und könnte schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben. Das Gericht versteht den Antrag jedoch dahingehend, dass die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet werden soll, dem Antragsteller vorläufig kein anderes als das bisherige Aufgabengebiet zu Erledigung zuzuweisen.
Eine derartige einstweilige Anordnung kann das Gericht gem. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur vorläufigen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses dann erlassen, wenn glaubhaft gemacht ist, dass der geltend gemachte Anspruch gegenüber der Antragsgegnerin besteht und ohne eine vorläufige Regelung wesentliche, in § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO näher beschriebene Nachteile zu entstehen drohen.
Im vorliegenden Fall ist es dem Antragsteller jedoch weder gelungen, einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO
Es ist nicht erkennbar, welche schwerwiegenden, wesentlichen Nachteile dem Antragsteller drohen, wenn er vorläufig statt am Förderprogramm "Profilierung der Hauptschule" am Projekt "Umweltschule in Europa" arbeitet. Es fehlt mithin bereits an einem Anordnungsgrund.
Darüber hinaus steht dem Antragsteller aber auch kein Anordnungsanspruch zur Seite.
Welche Aufgaben im Einzelnen einem Dienstposten übertragen werden, liegt grundsätzlich im Direktionsrecht des Dienstherrn. Ein Beamter hat keinen Anspruch darauf, nur eine ganz bestimmte Tätigkeit zu einem ganz bestimmten Thema bearbeiten zu müssen.
Ein derartiger Anspruch ergibt sich im vorliegenden Falle auch nicht ausnahmsweise aus der Mediationsvereinbarung von Mai 2005.
Das Gericht lässt offen, ob die Mediationsvereinbarung wirksam gekündigt wurde oder nicht. Für eine wirksame Kündigung jedenfalls durch das Schreiben vom 16.03.2009 spricht, dass die Beteiligten entsprechend Ziff. III der ursprünglichen Mediationsvereinbarung ein neues Mediationsverfahren eingeleitet haben (Az. O Mediation 18/07). Ein derartiges Verfahren sollte nur durchgeführt werden, wenn tatsächlich die alte Mediationsvereinbarung entfallen ist (denn nur dann ist ja wieder alles offen). Letztendlich kommt es aber darauf nicht entscheiden an.
Ist die Mediationsvereinbarung aus dem Jahr 2005 wirksam gekündigt worden, dann kann sich der Antragsteller jetzt nicht mehr darauf berufen. Er kann in einem solchen Fall allerdings entgegen seiner Ansicht aber auch nicht verlangen, sofort wieder als Rektor einer Realschule beschäftigt zu werden. Denn die Antragstellerin kann die Abordnung an ihre Behörde aus dienstlichen Gründen aufrechterhalten. Zwar könnte sich dagegen der Antragsteller mit Rechtsbehelfen wenden, solange die Abordnung aber besteht, hat er auch bei der Antragsgegnerin seinen Dienst zu verrichten.
Ist die Mediationsvereinbarung vom Mai 2005 selbst nicht wirksam gekündigt worden, so haben sich dann jedoch die Regelungen hinsichtlich der vom Antragsteller zu erledigenden Aufgaben erledigt. Denn ist das in der Vereinbarung genannte Projekt abgeschlossen, kann daran nicht weitergearbeitet werden, sondern dem Antragsteller müssen dann andere, neue Aufgaben übertragen werden.
Es obliegt nicht dem Bestimmungsrecht des Antragstellers zu entscheiden, ob seine Arbeitsleistung innerhalb der vergangenen fünf Jahre ausreichend für den Abschluss der Evaluation des Förderprogramms "Profilierung der Hauptschule" war (wie die Antragsgegnerin meint) oder (wie offenbar der Antragsteller selbst meint) nicht. Die Antragsgegnerin hält die bisherigen Arbeitsergebnisse des Antragstellers für ausreichend und das Projekt damit für abgeschlossen. Dies allein ist maßgebend. Die Entscheidung darüber, ob und wenn ja. welche Arbeiten an einem dienstlichen Projekt noch erforderlich sind, liegt allein im Ermessen des Dienstherrn. Es ist - nach Ablauf einer Zeitdauer von rund fünf Jahren, in der der Antragsteller bereits an diesem Projekt gearbeitet hat - auch nicht nach der summarischen Prüfung im Eilverfahren erkennbar, dass die Antragsgegnerin lediglich mit vorgeschobenen Argumenten die Mediationsvereinbarung unterlaufen will.
Zwar hat der Antragsteller selbstverständlich einen Anspruch darauf, jedenfalls auf Dauer amtsangemessen beschäftigt zu werden. Er kann diesen Anspruch auch ggf. mittels Rechtsbehelfen vor dem Verwaltungsgericht geltend machen. Dem Antragsteller ist es jedoch nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass er aufgrund der Weisung der Antragsgegnerin vom 22.02.2010 auf Dauer mit unterwertigen Tätigkeiten beschäftigt ist. Er hat seinen entsprechenden Vortrag nicht überzeugend belegen zu können. Es ist nicht erkennbar, dass das Erstellen und Auswerten statistischer Daten für das Projekt "Umweltschule in Europa" mit dem Ziel, Quantität und Qualität des Projekts abzubilden und weiter zu entwickeln, dem Statusamt eines Realschulrektors nicht angemessen ist. Sicherlich finden sich - wie in vielen Arbeitsbereichen - unter den zu erledigenden Aufgaben als solche, die problemlos von Mitarbeitern in einem geringeren Statusamt ebenfalls bewältigt werden können. Insgesamt gesehen, insbesondere im Hinblick auf die Auswertung der Daten und die weitere Entwicklung des Projekts, handelt es sich aber um ein durchaus anspruchsvolles Projekt.
Eine Weisung, wieder an fünf Werktagen pro Woche auf der Dienststelle zu entscheiden, enthält das Schreiben vom 22.02.2010 nicht. Es wurde darin lediglich angefragt, ob der Antragsteller meine, dass sein Gesundheitszustand ihm künftig ausgedehntere Anwesenheitszeiten am Arbeitsplatz ermöglichen könnten. Wenn der Antragsteller keine gesundheitlichen Einschränkungen sieht, mag er dann eben wieder an fünf Werktagen zum Dienst erscheinen. Richtig ist zwar, dass in der Mediationsvereinbarung von Mai 2005 nicht von Krankheitsgründen die Rede ist, sondern allein wegen der Besonderheit der in Ziff. I der Vereinbarung übertragenen Aufgaben es dem Antragsteller freigestellt wurde, an drei Werktagen auch zu Hause zu arbeiten. Mit dem Wegfall des bisherigen Aufgabengebietes entfällt damit dann zwar automatisch ebenfalls der damalige der Grund für eine häusliche Tätigkeit. Aber auch dieser Wegfall der an die ursprünglichen Aufgaben gekoppelten Vergünstigung, Heimarbeit leisten zu dürfen, führt nicht zu einem Anspruch des Antragstellers, ihm die bisherigen Aufgaben auf unabsehbare Zeit unverändert zu belassen. Im Übrigen zeigt das Schreiben der Antragsgegnerin vom 22.02.2010, dass die Antragsgegnerin durchaus auf etwaige gesundheitliche Gründe des Antragstellers Rücksicht nehmen will.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 52 Abs. 2 GKG n.F.