Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 19.11.2002, Az.: 5 A 187/01
Begleithundeprüfung; Bestimmtheit; Bullterrier; Gefährlichkeit; Gemeinde; Hundesteuer; Hundesteuerermäßigung; Kampfhund; Kampfhundeeigenschaft; Kampfhundesteuer; Nachweis; Rasse; Rasseliste; Rechtsstaatsprinzip; Teamtest; Ungefährlichkeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 19.11.2002
- Aktenzeichen
- 5 A 187/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43910
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 105 Abs 2a GG
- Art 20 Abs 3 GG
- Art 3 Abs 1 GG
- § 3 KAG ND
- § 12 KAG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1.) Die Erhebung einer 1998 eingeführten "Kampfhunde"Steuer für Hunde der Rasse "Bullterrier" auf Grund der widerlegbaren Annahme ihrer rassebedingten Gefährlichkeit war jedenfalls im Jahr 2001 noch gerechtfertigt.
2.) Eine Gemeinde kann für den Nachweis der Ungefährlichkeit eines Hundes als Voraussetzung für eine Hundesteuerermäßigung jedenfalls dann nicht auf das Bestehen eines "Teamtests" oder einer "Begleithundeprüfung" abstellen, wenn die Gemeinde auf diese Prüfungen keinen Einfluss nimmt.
Tenor:
Der Bescheid der Stadt Salzgitter vom 12. Januar 2001 i.d.F. ihres Widerspruchsbescheides vom 30. April 2001 wird aufgehoben, soweit darin ein Betrag von mehr als 168,00 DM festgesetzt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Jeder Beteiligte trägt die Hälfte der Kosten des Verfahrens;
insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die vorläufige Vollstreckung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in jeweils derselben Höhe leistet.
Soweit der Klage stattgegeben wird, wird die Berufung zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich als Halter eines Bullterriers dagegen, für den Zeitraum von Juli 1999 bis Juni 2000 sowie das Jahr 2001 eine erhöhte Hundesteuer für einen „Kampfhund“ zu zahlen.
Die Beklagte erhob in dem hier streitigen Zeitraum ab 1999 Hundesteuern auf der Grundlage ihrer Hundesteuersatzung vom 7.12.1995 (Amtsblatt für die Stadt Salzgitter S. 163) i.d.F. der 2. Änderungssatzung v. 24. Juni 1998 (Amtsblatt S. 123) und der 3. Änderungssatzung v. 14. Juli 2000 (Amtsblatt S. 72). § 3 der Hundesteuersatzung in der nunmehr geltenden, am 8. August 2000 (Amtsblatt S. 83) neu bekannt gemachten Fassung (nachfolgend = HStS) sieht in Absatz 1 und 2 gestaffelte Hundesteuersätze vor, wobei Absatz 1 den „Grund“-Steuersatz (für den ersten Hund) in Höhe von 168,00 DM regelt, während in Absatz 2 ein erhöhter Steuersatz für sogenannte „Kampfhunde“ in Höhe von 1.200,00 DM vorgesehen ist. Absatz 3 Satz 1 bestimmt: „Kampfhunde sind solche Hunde, bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht.“ In Satz 2 dieser Bestimmung werden Hunderassen genannt, die („insbesondere“) als „Kampfhunde“ im Sinne dieser Vorschrift gelten. Hierzu gehört der Bullterrier.
§ 3 Abs. 4 HStS sieht eine Ermäßigung des erhöhten „Kampfhundesteuersatzes“ auf den „Grund“-Steuersatz vor, wenn nachgewiesen ist, dass von dem jeweiligen Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren ausgeht. Der Nachweis gilt gemäß Satz 2 dieser Bestimmung als erbracht „durch
die Vorlage eines amtstierärztlichen Gutachtens und eine Bescheinigung über das Ablegen des Teamtests oder der Begleithundeprüfung bei einem eingetragenen und einem Dachverband angehörenden Hundeverein und dessen Ortsgruppe, wobei der Teamtest oder die Begleithundeprüfung alle 3 Jahre zu wiederholen sind, der Teamtest darüber hinaus auch bei Halterwechsel
o d e r
die Vorlage eines amtstierärztlichen Attestes, aus welchem sich ergibt, dass der Hund als Alters- oder Gesundheitsgründen den Teamtest und die Begleithundeprüfung nicht mehr ablegen kann und dass von dem Hund keine gesteigerte Gefährlichkeit ausgeht.“
Einen solchen erhöhten Kampfhundesteuersatz u.a. für Bullterrier mit der o.a. Ermäßigungsmöglichkeit nach einer Begleithundeprüfung enthält die Satzung der Beklagten seit der ersten Änderung vom Januar 1998. Mit Wirkung ab dem 1.8.2000 kann an die Stelle der Begleithundeprüfung auch ein Teamtest treten bzw. dieser Nachweis unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 HStS entfallen.
Mit Bescheid vom 7.11.2000 setzte die Beklagte für den Zeitraum Juli 1999 bis Juni 2000 einen Hundesteuerbetrag in Höhe von 1.200,00 DM fest. Am 7.12.2000 erschien der Kläger in der Kämmerei der Beklagten. Die Einzelheiten des dabei geführten Gespräches sind streitig. Jedenfalls legte er zu diesem Zeitpunkt nicht schriftlich Widerspruch ein; ebenso wenig wurde eine Niederschrift über einen Widerspruch aufgenommen. Dem Kläger wurde jedoch Ratenzahlung ab dem nächsten Monatsersten in Höhe von 200,00 DM monatlich gewährt. Mit Schreiben vom 12.1 2001, bei der Beklagten eingegangen am 16.1. 2001, „bestätigte“ der Kläger „noch einmal schriftlich“ seinen „Einspruch“ vom 7.12.2000 gegen diesen Hundesteuerbescheid (vgl. Bl. 14 Beiakte). Diese Bestätigung wurde von seinen jetzigen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 12.2.2001 wiederholt und ergänzend mit Schreiben vom 20. 2. 2001 Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand mit der Begründung beantragt, dass der Kläger bei seinem Besuch am 7.12.2000 ausdrücklich habe Widerspruch einlegen wollen, dabei aber nicht auf die dazu erforderliche Schriftform hingewiesen worden sei.
Mit Bescheid vom 12.1.2001, nach Aktenlage bereits am 10.1.2001 abgesandt, setzte die Beklagte den Hundesteuerbetrag für das Jahr 2001 auf 1.200,00 DM fest. Die Bevollmächtigten des Klägers legten für ihn dagegen mit Schreiben vom 12.2.2001, bei der Beklagten eingegangen am 15.2.2001, Widerspruch ein. Der Kläger dürfe nur zu dem Hundesteuer“grund“betrag herangezogen werden. Die dazu erforderliche, vorliegend am 4.1.2001 ausgestellte amtstierärztliche Bescheinigung im Sinne von § 3 Abs. 4 HStS habe der Kläger vorgelegt. Zwar sei nach der Satzung zusätzlich erforderlich, dass der Hund erfolgreich an einer Begleithundeprüfung oder einem Teamtest teilgenommen habe. Diese Prüfung müsse dem Kläger jedoch erlassen werden, da er dazu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei. Er sei zu 50 % schwerbehindert mit dem Merkzeichen „G“. Nach ärztlichem Attest leide er an einem chronischen Lymphödem des gesamten linken Beines.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.4.2001, zugestellt am 7. 5. 2001, wurden die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 7.11.2000 und 12.1.2001 zurückgewiesen, und zwar hinsichtlich des Bescheides vom 7.11.2000 als unzulässig und hinsichtlich des Bescheides vom 12.1.2001 als unbegründet.
Der Widerspruch gegen den Abgabebescheid vom 7.11.2000 sei unzulässig, da innerhalb der Monatsfrist ab Bekanntgabe weder schriftlich noch zur Niederschrift dagegen Widerspruch eingelegt worden sei und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gegeben seien. Der Kläger sei auf der Rückseite des Abgabenbescheides hinreichend über die Form- und Fristvoraussetzungen für die Einlegung des Widerspruches informiert worden. Dennoch habe er bei seinem Besuch in der Stadtkämmerei am 7.12.2000 weder schriftlich noch zur Niederschrift Widerspruch eingelegt, sondern lediglich die Stundung der Hundesteuer beantragt. Er sei durch Mitarbeiter der Beklagten auch nicht falsch beraten worden, sondern für das Versäumen der Widerspruchsfrist selbst verantwortlich.
Zur Begründung des Widerspruchsbescheides hinsichtlich des Bescheides vom 12.1. 2001 wurde ausgeführt: Als Halter eines Hundes der Rasse Bullterrier habe der Kläger grundsätzlich den „Kampfhundesteuersatz“ zu zahlen. Die Ermäßigungsvoraussetzungen seien mangels erfolgreicher Ablegung der Begleithundeprüfung (oder des Teamtests) nicht gegeben. Die Ablegung einer entsprechenden Prüfung sei dem Kläger zuzumuten. Zumindest sei es ihm möglich und zuzumuten, die Prüfung durch einen Dritten ablegen zu lassen.
Der Kläger hat am 6.6.2001 den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Zu der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich des Widerspruches gegen den Bescheid vom 7.11.2000 hat er mit Schreiben vom 15.8.2001 ergänzend angegeben, dass ihm „Zweifel an der Wirksamkeit seiner Widerspruchseinlegung gekommen wären, da er von der Beklagten hierüber keine Eingangsbestätigung erhalten habe“; deshalb habe er im Januar 2001 schriftlich seinen Widerspruch bestätigt. In der Sache wiederholt und vertieft er nochmals sein Vorbringen, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Begleithundeausbildung und -prüfung teilnehmen könne. Er halte seit 1969 Hunde, seit acht Jahren Hunde der Rasse Bullterrier. Tierschutz- und ordnungsrechtlich sei er in diesem Zeitraum nicht in Erscheinung getreten. Im Übrigen verstoße die dem erhöhten Kampfhundesteuersatz zugrunde liegende Rasseliste jedenfalls nach dem heutigen wissenschaftlichen Kenntnisstand gegen Artikel 3 Abs. 1 GG.
In der mündlichen Verhandlung ist ergänzend darauf hingewiesen worden, dass der Hund des Klägers im Mai 2002 den Wesentests nach der Nds. GefTVO bestanden habe und für ihn seit dem Juni 2002 gestützt auf § 3 Abs. 4 Satz 1, 2 Nr. 2 HStS – amtstierärztliche Bestätigung, dass der Hund aus Alters- oder Gesundheitsgründen „prüfungsunfähig“ ist und von ihm keine gesteigerte Gefährlichkeit ausgeht - nur noch der „Grundbetrag“ der Hundesteuer erhoben werde.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 7.11.2000 und 12.1.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2001 aufzuheben, soweit darin jeweils ein Betrag von mehr als 168,00 DM festgesetzt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Über das bisherige Vorbringen hinaus wird vorgetragen: Hinsichtlich des Hundesteuerbescheides vom 7.11.2000 habe dem Kläger keine Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist gewährt werden können, weil er jedenfalls die zweiwöchige Frist nach § 70 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO versäumt habe. Sein Widerspruchsschreiben vom 12. 1.2001 deute nämlich darauf hin, dass ihm bereits zuvor Zweifel an der Wirksamkeit seiner mündlichen Widerspruchseinlegung gekommen seien. Spätestens mit der laut Vollmacht am 1.2.2001 erfolgten Beauftragung seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten hätte die Frage der wirksamen Widerspruchseinlegung jedoch geklärt und gegenüber der Beklagten begründet werden müssen.
Die höhere Besteuerung bestimmter Kampfhunderassen sei nach der Rechtsprechung zulässig. Zumindest sei die Einbeziehung des Bullterriers gerechtfertigt. Die Ermäßigungsvoraussetzungen erfülle der Kläger mangels erfolgreich nachgewiesener Begleithundeprüfung bzw. bestandenem Teamtest ebenso wenig wie die Voraussetzungen für einen Erlass oder eine Steuerminderung aus Billigkeitsgründen.
In der mündlichen Verhandlung ist ergänzend ausgeführt worden, dass man innerhalb der Verwaltung der Beklagten vor der Satzungsänderung im Jahr 1998 überlegt habe, einen erhöhten Steuersatz für die in der „Rasseliste“ erfassten „Kampfhunde“ ohne Ermäßigungsmöglichkeit bei Nachweis ihrer individuellen „Ungefährlichkeit“ einzuführen; dies sei jedoch politisch nicht gewollt gewesen. Soweit „Kampfhunde“ den Wesentests bestanden hätten, sei dies von den Mitarbeitern der Beklagten der Vorlage eines amtstierärztlichen Gutachtens i.S.v. § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HStS gleichgestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist hinsichtlich des Bescheides vom 7.11.2000 unzulässig (1.), hinsichtlich des Bescheides vom 12.1.2001 hingegen zulässig und begründet, da dieser Bescheid – soweit darin der „Kampfhundesteuersatz“ in Höhe von 1.200,00 DM festgesetzt worden ist - rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (2.).
1. Die Klage gegen den Bescheid vom 7.11.2000 ist unzulässig, da dieser Bescheid bestandskräftig geworden ist. Der Kläger hat gegen diesen Bescheid nicht frist- und formgerecht Widerspruch eingelegt (1.1). Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht gegeben (1.2).
1.1 Nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen. Eine Einlegung zur Niederschrift setzt voraus, dass der Widerspruch in Anwesenheit des Widerspruchsführers wörtlich zu Protokoll genommen und von dem Aufnehmenden sowie üblicher Weise auch von dem „Widerspruchsführer“ unterschrieben wird (vgl. Bader/Funke-Kaiser,Kuntze, von Albedyll, VwGO-Kommentar, § 70, Rn. 19, § 81, Rdnr. 19 mwN). Gemäß § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 VwGO setzt der Lauf der angeführten Monatsfrist für den Widerspruch eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung voraus.
Hieran gemessen hat der Kläger gegen den Bescheid vom 7.11.2000 nicht form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt. Auf der Rückseite dieses Bescheides war eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Da er am 7.11.2000 abgesandt worden war, galt er gemäß § 122 Abs. 2 AO i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 3 b NKAG am 10.11.2000 als bekannt gegeben, so dass die Monatsfrist zur Widerspruchseinlegung nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO am 10.12.2000 ablief. Innerhalb dieser Frist ist bei der Beklagten aber kein formgerechter Widerspruch eingelegt worden. Insbesondere war der nach den jetzigen Angaben des Klägers von ihm am 7.12.2000 bei seinem Besuch in der Kämmerei der Beklagten mündlich eingelegte „Widerspruch“ formunwirksam, da hierüber keine Niederschrift in der o.a. Form aufgenommen worden ist. Der mit Schreiben vom 12.1.2001, bei der Beklagten eingegangen am 16.1.2001, schriftlich erklärte „Einspruch“ war verspätet.
1.2. Dem Kläger ist im Widerspruchsbescheid auch zu Recht die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand hinsichtlich der Widerspruchsfrist versagt worden, was verwaltungsgerichtlich zu überprüfen ist (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgericht v. 21.10.1976 – VII B 94.76 – NJW 1977, 542).
Die Wiedereinsetzung richtet sich vorliegend nach § 70 Abs. 2 i.V.m. § 60 VwGO. Zwar verweist der für die Erhebung u.a. von Hundesteuern maßgebende § 11 Abs. 1 Nr. 3b NKAG u.a. auf § 110 AO, der die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand für den Bereich der Abgabenordnung regelt. Diese Verweisung bezieht sich jedoch nicht auf Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist, da insoweit die Regelungen der VwGO, nämlich §§ 58, 60 und 70, spezieller sind und an die Stelle der durch Verweisung im NKAG nicht in Bezug genommenen Regelungen der §§ 355 ff. AO, gegebenenfalls i.V.m. § 110 AO, treten.
Wiedereinsetzung hätte dem Kläger also gemäß § 60 VwGO nur gewährt werden können, wenn er ohne Verschulden gehindert gewesen wäre, die Widerspruchsfrist einzuhalten (Absatz 1), diesen Antrag spätestens zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt, die Tatsachen zur Begründung des Antrages innerhalb dieser Frist von zwei Wochen geltend (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 1.3.1991 – 8 C 31/89 – BVerwGE 88, 66, 70) sowie nachfolgend spätestens im Verfahren über den Antrag glaubhaft gemacht und innerhalb der Antragsfrist die versäumte Rechtshandlung nachgeholt hätte (Absatz 2) oder ihm zumindest Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 12. Aufl., § 60, Rn. 3) gem. § 60 Abs. 2 VwGO zu gewähren gewesen wäre.
Danach scheidet die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand vorliegend jedenfalls deshalb aus, weil der Kläger die Tatsachen zur Begründung seines Antrages nicht fristgerecht innerhalb von zwei Wochen gemäß § 60 Abs. 2 VwGO geltend gemacht hat, nachdem ihm Zweifel an der Wirksamkeit der nach seinen Angaben am 7.11.2000 mündlich erfolgten „Widerspruchserhebung“ gekommen sind (1.2.1), und ihm insoweit auch keine Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist gewährt werden kann (1.2.2).
1.2.1 Dass der Kläger nicht fristgerecht in der gebotenen Form Widerspruch eingelegt hat, liegt nach seinem Vortrag daran, dass er den in der Rechtsmittelbelehrung enthaltenen zutreffenden Hinweis darauf, er müsse den Widerspruch „schriftlich oder zur Niederschrift einlegen“, nicht zutreffend verstanden, sondern geglaubt habe, sein am 7.12.2000 bei der Beklagten mündlich erklärter Widerspruch sei wirksam. Ein solcher Rechtsirrtum ist grundsätzlich verschuldet. Etwas anderes gilt jedoch in Ausnahmefällen, etwa bei einem Fehlverhalten der Behörde, der gegenüber die Frist einzuhalten ist. Ein solches Fehlverhalten kann auch darin liegen, dass eine Behörde, der gegenüber der Widerspruch einzulegen ist, den Betroffenen nicht erkennbar in dem Irrtum korrigiert, er könne auch mündlich wirksam Widerspruch einlegen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgericht v. 27.2.1976 – 4 C 74.74 - BVerwGE 50, 248, 254 f. sowie Urteil des VGH Kassel v. 4.6.1980 – V OE 77/77 -, zitiert nach juris). Wenn man zu Gunsten des Klägers annimmt, dass dies vorliegend der Fall war, weil er bei seinem Besuch am 7.12.2000 in der Kämmerei der Beklagten für die dortige Mitarbeiterin erkennbar zum Ausdruck gebracht hat, mündlich Widerspruch einlegen zu wollen, nicht aber auf die Unwirksamkeit seines Widerspruches in dieser Form hingewiesen worden ist, so wäre er zwar unverschuldet an der Einhaltung der Widerspruchsfrist gem. § 60 Abs. 1 VwGO gehindert gewesen. Er hätte dann jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall dieses Irrtums als „Hindernis“ i.S.v. § 60 VwGO nicht nur formwirksam (schriftlich) Widerspruch einlegen, sondern zugleich auch darlegen müssen, warum er zuvor an der Einhaltung dieser Frist gehindert war. Der Kläger hätte hier also darlegen müssen, wann genau ihm klar geworden ist, dass er am 7.12.2000 nicht wirksam Widerspruch eingelegt hat, und hierauf binnen zwei Wochen ab dieser Kenntnis hinweisen müssen. Diesen Anforderungen hat er jedoch nicht genügt. Mit Schreiben (seiner Bevollmächtigten) vom 20.2.2001 ist zwar ursprünglich behauptet worden, der Kläger sei „bis dato der Ansicht gewesen, form- und fristgerecht Widerspruch ... erhoben zu haben.“ Mit Schreiben vom 15.8.2001 ist dann aber eingeräumt worden, dass dem Kläger bereits zuvor Zweifel an der Wirksamkeit seiner Widersprucheinlegung gekommen waren, weil er keine Eingangsbestätigung erhalten habe. Deshalb habe er am 12.1. 2001 schriftlich Widerspruch eingelegt. Ab dem Zeitpunkt, zu dem dem Kläger nach seinen jetzigen eigenen Angaben entsprechende Zweifel an der wirksamen Widerspruchseinlegung gekommen waren, ist der Irrtum aber nicht mehr als „unverschuldet“ anzusehen, d.h. zu diesem Zeitpunkt fiel das Hindernis für die frist- und formgerechte Widerspruchseinlegung weg und begann damit die Frist von zwei Wochen für die Wiedereinsetzung zu laufen. Der Kläger hätte daher innerhalb dieser Frist nicht nur Widerspruch einlegen, sondern zusätzlich darlegen müssen, warum er dies zuvor nicht formgerecht gemacht hat. Diesen Voraussetzungen genügt sein insoweit in Betracht kommendes Schreiben vom 12.1.2001 jedoch nicht. Darin wird nämlich nicht darauf hingewiesen, wann und warum ihm erstmals Zweifel an der formgerechten Widerspruchseinlegung gekommen sind.
1.2.2 Dem Kläger kann insoweit auch keine Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist gem. § 60 Abs. 2 VwGO gewährt werden.
Zwar kann zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass ihm die o.a. Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung insbesondere hinsichtlich des notwendigen Begründungsaufwandes nicht bekannt waren und ihn insoweit auch kein Verschulden traf. Spätestens mit der Mandatsübernahme durch die jetzigen Bevollmächtigten am 1.2.2001 entfiel jedoch dieses „Hindernis“ für eine Wiedereinsetzung i.S.d. § 60 VwGO, da dabei die Frage der wirksamen Widerspruchseinlegung und einer evtl. Wiedereinsetzung unverzüglich hätte geklärt werden müssen. Spätestens innerhalb von zwei Wochen nach der Mandatsübernahme hätte also der Beklagten dargelegt werden müssen, wann und warum dem Kläger erstmals Zweifel an der Wirksamkeit seiner mündlichen „Widerspruchseinlegung“ vom 7.12.2002 gekommen sind. Tatsächlich ist jedoch erst im August 2001 und damit verspätet vorgetragen worden, dass dem Kläger bereits spätestens im Januar 2001 – der genaue Zeitpunkt ist nicht genannt worden - Zweifel an der wirksamen Widerspruchseinlegung gekommen sind.
2. Die Klage gegen den Bescheid vom 12.1.2001 ist hingegen zulässig (2.1) und begründet (2.2), da dieser Bescheid – soweit darin der „Kampfhundesteuersatz“ in Höhe von 1.200,00 DM festgesetzt worden ist - rechtswidrig ist.
2.1 In einem Widerspruchsverfahren, das – wie hier - (nur) das Verhältnis zwischen der Behörde und dem durch den Verwaltungsakt Betroffenen berührt, darf die Widerspruchsbehörde nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch über einen verspäteten Widerspruch sachlich entscheiden und damit den Weg zur verwaltungsgerichtlichen Sachprüfung eröffnen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 4.8.1982 – 4 C 42/79 – NVwZ 1983, 285 mwN).
Für die Zulässigkeit der Klage kann deshalb dahinstehen, ob die Annahme der Beklagten im Widerspruchsbescheid (Bl. 2, 4. Absatz) zutreffend ist, dass der Kläger gegen den Bescheid vom 12.1.2001 bereits am selben Tag Widerspruch eingelegt habe. Selbst wenn dies nicht zutreffend gewesen ist, sondern der Kläger erst mit dem am 15.2.2001 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben seines Bevollmächtigten insoweit Widerspruch eingelegt hat und dieser Widerspruch damit ggf. mehr als einen Monat nach Bekanntgabe des nach Aktenlage bereits am 10.1.2001 abgesandten Hundesteuerbescheides vom 12.1.2001 bei der Beklagten eingegangen ist, so hat die Beklagte jedenfalls doch dadurch den Rechtsweg insoweit neu eröffnet, dass sie diesen Wiederspruch im Widerspruchsbescheid vom 30.4.2001 nicht als unzulässig, sondern als unbegründet zurückgewiesen, also hierüber in der Sache entschieden hat.
2.2. Die Klage ist insoweit auch begründet.
Als Rechtsgrundlage für die Erhebung des streitigen „Kampfhundesteuersatzes“ kommt nur § 3 Abs. 1 und 4 NKAG i.V.m. § 3 der Hundesteuersatzung der Beklagten in der am 8. August 2000 (Amtsblatt für die Stadt Salzgitter, S. 83) neu bekannt gemachten Fassung (nachfolgend = HStS) in Betracht. Nach § 3 Abs. 2 a) HStS beträgt die Steuer für den ersten Kampfhund 1.200,00 DM jährlich. Kampfhunde i.S.d. Bestimmung sind gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 HStS „solche Hunde, bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht.“ In Satz 2 dieser Bestimmung werden Hunderassen genannt, die („insbesondere“) als „Kampfhunde“ im Sinne dieser Vorschrift gelten. Hierzu gehört der Bullterrier. § 3 Abs. 4 HStS sieht eine Ermäßigung des erhöhten „Kampfhundesteuersatzes“ auf den „Grund“-Steuersatz vor, wenn nachgewiesen ist, dass von dem jeweiligen Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren ausgeht. Der Nachweis gilt gemäß Satz 2 dieser Bestimmung als erbracht „durch
die Vorlage eines amtstierärztlichen Gutachtens und eine Bescheinigung über das Ablegen des Teamtests oder der Begleithundeprüfung bei einem eingetragenen und einem Dachverband angehörenden Hundeverein und dessen Ortsgruppe, wobei der Teamtest oder die Begleithundeprüfung alle 3 Jahre zu wiederholen sind, der Teamtest darüber hinaus auch bei Halterwechsel
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die Vorlage eines amtstierärztlichen Attestes, aus welchem sich ergibt, dass der Hund als Alters- oder Gesundheitsgründen den Teamtest und die Begleithundeprüfung nicht mehr ablegen kann und dass von dem Hund keine gesteigerte Gefährlichkeit ausgeht.“
Hieran gemessen hätte der Kläger für seinen Bullterrier als ersten „Kampfhund“ bei Wirksamkeit von § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 (Satz 2), Abs. 4 HStS zwar den erhöhten Steuersatz von 1.200,00 DM zahlen müssen (2.2.1). Diese Bestimmungen sind jedoch in dem nachfolgend angeführten Umfang nichtig (2.2.2), so dass es an einer wirksamen Rechtsgrundlage für die streitige Steuererhebung mangelt.
2.2.1 Nach § 3 Abs. 2 a) i.V.m. § 3 Abs. 3, 4 HStS hätte der Kläger den erhöhten, durch Bescheid v. 12.1.2001 für 2001 festgesetzten „Kampfhunde“steuersatz in Höhe von 1.200,00 DM zu zahlen.
2.2.1.1 Zwar folgt die dazu erforderliche „Kampfhunde“eigenschaft des klägerischen Bullterriers nicht schon aus § 3 Abs. 3 Satz 1 HStS.
Danach sind Kampfhunde „solche Hunde, bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht.“ Nach der Systematik sowie dem Sinn und Zweck erfasst diese Bestimmung nur diejenigen Hunde, die sich im Einzelfall unabhängig von ihrer Rassezugehörigkeit als (individuell) gefährlich erwiesen haben. Denn diejenigen Hunde, bei denen kraft ihrer Rassezugehörigkeit die „Kampfhundeeigenschaft“ vermutet wird, sind abschließend in § 3 Abs. 3 Satz 2 HStS erfasst, während Satz 1 zur Wahrung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. Urteil des Nds. OVG v. 5.8.2002 – 13 L 4102/00 – NST-N 2002, 319 f) ergänzend nach Art einer Generalklausel individuell gefährliche Hunde als Kampfhunde einstuft.
Hierzu gehört der Bullterrier des Klägers – ungeachtet der Frage, ob auf Hunde dieser in § 3 Abs. 3 Satz 2 HStS erfassten Rasse die Generalklausel des § 3 Abs. 3 Satz 1 HStS überhaupt anwendbar ist – nicht, da er in der Vergangenheit nach den unwidersprochenen Angaben des Klägers nicht ordnungsbehördlich aufgefallen ist und im Übrigen für ihn eine amtsärztliche „Ungefährlichkeitsbescheinigung“ v. 4.1.2001 vorliegt (vgl. ergänzend Urteil des Nds. OVG v. 22.8.2002 – 13 LA 190/02 – NST-N 2002, 320).
2.2.1.2 Die Steuerfestsetzung in Höhe von 1.200,00 DM findet bei Anwendung dieser Satzung ihre Rechtsgrundlage allerdings in § 3 Abs. 2 a) i.V.m. Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 HStS.
Der von dem Kläger gehaltene - im maßgebenden Steuerjahr 2001 gesunde - Bullterrier ist nämlich in der „Rasseliste“ gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 HStS als Kampfhund aufgeführt.
Die für eine Steuermäßigung auf den Grundbetrag in Höhe von 168,00 DM erforderlichen, in § 3 Abs. 4 Satz 2 HStS genannten Voraussetzungen erfüllte der Hund des Klägers nicht.
a) Gemäß Nr. 1 dieser Bestimmung hätte er dazu neben der vorgelegten amtstierärztlichen Bescheinigung auch erfolgreich einen Teamtest oder eine Begleithundeprüfung abgelegt haben müssen; eine solche Prüfung hat er aber nicht absolviert.
Hierauf konnte vorliegend nicht wegen der von dem Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen verzichtet werden. Nach eigenen Angaben arbeitet der Kläger weiterhin und sieht sich auch in der Lage, im Übrigen die Anforderungen eines Hundehalters zu erfüllen, etwa mit ihm spazieren zu gehen. Bei dieser Sachlage kann er auch einmalig an einer Prüfung teilnehmen. Das ärztliche Attest v. 19.1.2001 steht dem nicht entgegen. Denn auch darin wird nicht behauptet, dass es ihm gesundheitlich unmöglich wäre, die Prüfung zu absolvieren. Dort wird lediglich angeführt, es sei ihm aus ärztlicher Sicht nicht zuzumuten, an einer Schulung zu dieser Prüfung teilzunehmen. Im Übrigen hat die Beklagte - nach den der Kammer aus dem Internet vorliegenden Unterlagen (vgl. für die Begleithundeprüfung den Abdruck der aktuellen Prüfungsbestimmungen u.a. unter www. og-heepen.de/Ausbildung/bh sowie für den teamtest die Darstellung unter www.dvg – saarland.de/schteam) zutreffend - darauf hingewiesen, dass Teamtest und/oder Begleithundeprüfung nicht persönlich durch einen bestimmten Hundehalter abgelegt werden müssen, sondern dies etwa auch durch die Familienangehörigen des Klägers möglich wäre.
Unabhängig davon ergäbe sich selbst bei der Unzumutbarkeit der Ablegung einer solchen Prüfung nicht die von dem Kläger gewünschte Rechtsfolge, dass nämlich sein Hund ohne Durchführung einer entsprechenden Prüfung als nicht aggressiv gilt und für ihn nur der „Grund“hundesteuersatz zu entrichten ist. In diesem Fall hätte es vielmehr der Kläger zu vertreten, dass der nach § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HStS für die Ermäßigung erforderliche vollständige Nachweis der Ungefährlichkeit seines Hundes nicht geführt werden kann; die vorgelegte amtstierärztliche Bescheinigung reicht dazu – wie dargelegt – nämlich als alleiniger Nachweis nicht aus.
Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Hund des Klägers im Mai 2002 den Wesentests i.S.d. GefTVO bestanden hat. Gemäß der nicht zu beanstandenden Regelung des § 7 Abs. 2 HS. 2 HStS kann dies für das Streitjahr 2001 nämlich schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil danach „die Steuerermäßigung gemäß § 3 Abs. 4 HStS erst von Beginn des Kalendermonats an gewährt wird, in dem die erforderlichen Unterlagen vorliegen“, über den erst im Jahr 2002 erfolgten Wesentest im Vorjahr aber keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt worden sein können.
b) Als Ermäßigungsgrundlage kommt § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 HStS ebenfalls nicht in Betracht. Den danach erforderlichen Nachweis, dass sein Hund aus Alters- oder Gesundheitsgründen „prüfungsuntauglich“ und ungefährlich ist, hat der Kläger nämlich erst im Jahr 2002 mit Wirkung ab Juni 2002 vorgelegt, nicht aber – wie nach § 7 Abs. 2 HS. 2 HStS für eine Steuerermäßigung für das Jahr 2001 geboten – bereits im Vorjahr.
Schließlich scheidet auch eine analoge Anwendung der Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 HStS aus. Die Sachlage, dass sich – wie hier für das Streitjahr 2001 vom Kläger geltend gemacht wird - der Halter aus gesundheitlichen Gründen außerstande sieht, seinen Hund zu einer entsprechenden Prüfung zu begleiten, ist nämlich nicht – wie für eine Analogie erforderlich – mit der „Prüfungsuntauglichkeit“ des Hundes vergleichbar, weil es auf die Gefährlichkeit des Hundes ankommt, die im Falle der Krankheit seines Halters wegen eines ggf. dadurch bedingten Bewegungsmangels des Hundes sogar noch gesteigert sein kann.
2.2.2 Die demnach für die Erhebung des erhöhten Hundesteuersatzes von 1.200,00 DM erforderlichen § 3 Abs. 2 a) i.V.m. Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 HStS sind aber bezogen auf das Jahr 2001 unwirksam und nichtig. Dies folgt zwar nicht aus einem Verstoß der in § 3 Abs. 3 Satz 2 HStS enthaltenen „Rasseliste“ gegen Art. 3 Abs. 1 GG (2.2.2.1), aber wegen der in § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HStS enthaltenen, zu weitgehenden Einbeziehung von „Privatpersonen“ in die Steuererhebung (2.2.2.2).
2.2.2.1 Nach Ansicht der Kammer ist vorliegend nur die Einbeziehung des von dem Kläger gehaltenen Bullterriers in die Rasseliste des § 3 Abs. 3 Satz 2 HStS auf einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu überprüfen (a); diese Einbeziehung ist jedoch weder zum Zeitpunkt des Satzungserlasses im Jahr 1998 (b) noch im Streitjahr 2001 (c) zu beanstanden.
(a) Nur auf die Rechtmäßigkeit hinsichtlich der Hunderasse „Bullterrier“ ist insoweit abzustellen, da in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, zutreffend anerkannt ist, dass nach dem Sinn und Zweck einer solchen „Rasseliste“ in einer Hundesteuersatzung die Regelung selbst dann, wenn hinsichtlich anderer dort aufgeführter Rassen die Einbeziehung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG rechtswidrig sein sollte ist, die Regelung hinsichtlich der übrigen Rassen nach dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers unverändert Bestand hat (vgl. nur Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 19.1.2000 – 11 C 8/99 - BVerwGE 110, 265 ff, Ziffer 2 c) der Gründe gerade für Bullterrier). Anhaltspunkte dafür, dass für die Satzung der Beklagten etwas anderes gelten sollte, sind nicht ersichtlich.
(b) Dass für Hunde der Rasse Bullterrier im Januar 1998, als die Beklagte hierfür eine „Kampfhundesteuer“ einführte, die dieser Satzung zu Grunde liegende Annahme einer rassebedingten vermuteten Gefährlichkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG im Einklangstand war, ergibt sich bereits aus den von dem Kläger selbst eingereichten Unterlagen (vgl. die Tabelle 2 in dem als Anlage zur Klageschrift eingereichten Sonderdruck aus der Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift 2000, 91 ff, Bl. 18 der Gerichtsakte). Danach gehörte der Bullterrier zu denjenigen Hunderassen, die am häufigsten bei Zwischenfällen mit Menschen oder anderen Tieren auffällig geworden sind. Dass die noch häufiger aufgefallenen Rassen nicht oder nur teilweise in der Rasseliste der Beklagten enthalten sind, hat in der Rechtsprechung zum Hundesteuerrecht (vgl. nochmals BVerwGE 110, 265 ff) seine Rechtfertigung dadurch gefunden, dass sich insoweit um anerkannte, seit langen in Deutschland gehaltene Schutzhunderassen handelt und sie im Übrigen zahlenmäßig weitaus häufiger als Bullterrier in Deutschland verbreitet sein dürften und sich dadurch ihre in absoluten Zahlen ausgedrückte Auffälligkeit relativiert. Das Nds. OVG hat in seinem Urteil vom 19.02.1997 (– 13 L 521/95 – Nds. VBl. 1997, 134 ff. unter Ziffer 1 der Gründe, auf die Bezug genommen wird) unter Auswertung der Literatur ausführlich weitere Gründe für die rassebedingte Gefährlichkeit von Bullterriern angeführt und dabei u.a. auch auf eine Veröffentlichung von Frau Dr. F. – P. verwiesen. Die von dem Kläger nunmehr für den gegenteiligen Standpunkt angeführten Stellungnahmen insbesondere von Frau Dr. F.- P. und Dr. E. stammen hingegen erst aus der Zeit nach 1998. Zu diesem, hier maßgebenden Erlasszeitpunkt durfte die Beklagte daher Bullterrier auf Grund vermuteter rassebedingter Gefährlichkeit in die Rasseliste ihrer Hundesteuersatzung einbeziehen, zumal diese Vermutung vorliegend sogar durch die o.a. Nachweise gemäß § 3 Abs. 4 HStS widerlegbar ist.
(c) Ist die Beklagte als Satzungsgeber daher bei Erlass ihrer insoweit experimentiell erlassenen Satzung von einem zutreffend bewerteten Tatsachenmaterial hinsichtlich der Gefährlichkeit von Bullterriern ausgegangen, so trifft sie eine Pflicht zur Nachbesserung (vgl. Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts v. 18.10.2002 – 13 LA 246/02 -) „nur dann, wenn eine ursprünglich verfassungsgemäße Regelung wegen zwischenzeitlicher Änderung der Verhältnisse verfassungsrechtlich untragbar geworden ist“ und durch weiteres Untätigbleiben die in den Grundrechten verkörperten Grundentscheidungen evident verletzt würden (vgl. Beschluss der 2. Kammer des ersten Senats des BVerfG vom 26.10.1995 – 1 BvR 1348/95 – NJW 1996, 651, sowie ergänzend zu den Voraussetzungen für eine Nachbesserungsverpflichtung des Normgebers Stettner, DVBl 1982, 1123 ff, und der Beschluss des Saarländischen Verfassungsgerichtshof vom 27. April 1992 – Lv 2/90 – NVwZ-RR 1993, 424 ff., Nr. 2c, mwN). Die Nachbesserungspflicht schließt also nicht generell eine fortlaufende Kontrolle der Norm durch den Normgeber ein, sondern aktualisiert sie sich erst dann, wenn die Verfassungswidrigkeit einer Norm erkannt oder doch jedenfalls deutlich erkennbar wird (vgl. Urteil des BVerfG v. 28.5.1993 – u.a. 2 BvF 2/90 - BVerfGE 88, 203, 309, 310).
Daran gemessen war die Beklagte als Satzungsgeber nach Ansicht der Kammer jedenfalls im maßgebenden Jahr 2001 (noch) nicht verpflichtet, Bullterrier aus ihrer Kampfhunderasseliste zu streichen. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 03.07.2002 ( - 6 CN 5–8/01 -, DVBl. 2002, 1562 ff) zur Niedersächsischen Gefahrtierverordnung (GefTVO) vom 5. Juli 2000 (GVBl. S. 149) ausgeführt hat, lässt sich zwar nach dem jetzigen Erkenntnisstand der Fachwissenschaft aus der Zugehörigkeit zu einer Rasse, Typ oder einer entsprechenden Kreuzung allein die Gefährlichkeit von Hundeindividuen nicht ableiten. Es besteht aber (unverändert) der Verdacht, dass Hunde der in Rede stehenden Rasse bzw. des in Rede stehenden Typs ein genetisch bedingtes übersteigertes Aggressionsverhaltens ausweisen, wobei in der Wissenschaft umstritten ist, welcher Bedeutung diesem Faktor neben zahlreichen Ursachen – Erziehung und Ausbildung des Hundes, Sachkunde und Eignung des Halters sowie situative Einflüsse - für die Auslösung aggressiven Verhaltens zukommt. Weder aussagekräftige Statistiken noch sonstiges belastbares Material noch genetische Untersuchungen lägen dazu vor. Nach den der Kammer vorliegenden Unterlagen ist insoweit zu ergänzen, dass auch nach in der Schweiz durchgeführten Studien (vgl. www. bvet.ch/medien-info zu den Ergebnissen einer vom schweizerischen Bundesamt für Veterinärwesen BVET unterstützten Studie aus den Jahren 2000 und 2001 zu Hundebissen in der Schweiz) für die Frage der Gefährlichkeit eines Hundes die Rassezugehörigkeit nicht das prägende Merkmal ist. Umgekehrt wird jedoch festgestellt, dass nicht nur in absoluten, sondern auch in relativen Zahlen Hunde bestimmter Rassen öfter durch Aggressivität auffallen als andere Rassen, es sich also bei der Anknüpfung an die Rassezugehörigkeit für eine vermutete Gefährlichkeit jedenfalls nicht um ein erwiesener Maßen vollkommen ungeeignetes Merkmal handelt. Für die hier betroffene Rasse der Bullterrier gilt nichts anderes. Nach der von den Bevollmächtigten des Klägers in einem anderen Verfahren vorgelegten Auswertung über die Wesensprüfung nach hessischem Recht (vgl. Bl. 60 in dem Verfahren 5 A 212/01 vor dem erkennenden Gericht) haben Bullterrier und Bullterrierkreuzungen in den von Mitte Juli 2000 bis Jahresende 2001 dort durchgeführten Prüfungen immerhin in etwa 5% der Fälle nicht den Wesenstest bestanden. Nach den jüngst in diesem Verfahren in der Anlage zum Schriftsatz vom 13.11.2002 vorgelegten Auswertungen bezogen auf den Wesenstest in Niedersachsen nach dem Stand vom 31. Mai 2002 beträgt dieser Anteil bezogen auf Bullterrier zwar nur 0,5%. Dabei ist jedoch noch nicht berücksichtigt, dass fünf weitere Tiere sichergestellt worden sind und in weiteren etwa 20% der Fälle der Wesenstest bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war. Auch wenn es letztlich auf die wissenschaftliche Bewertung und nicht das Verhalten anderer Normgeber ankommt, so kann doch für die Frage, ob die Beklagte im Jahr 2001 als Satzungsgeber nicht mehr von der vermuteten Gefährlichkeit des Bullterriers ausgehend durfte, als gegenteiliges weiteres Indiz der Erlass des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Hundeverbringungs- und –einfuhrbeschränkungsgesetzes vom 12. April 2001 (BGBl. I S. 530) sowie von § 11 Satz 3 der Tierschutz-Hundeverordnung vom 2. Mai 2001 (BGBl. I S. 838) i.V.m. § 11 b Abs. 2 des Tierschutzgesetzes angesehen werden. Wenn nämlich Bullterrier zu diesem Zeitpunkt erkennbar ungefährlich gewesen wären, so hätte für sie durch diese bundesgesetzlichen Bestimmungen weder ein Einfuhr- und Verbringungs- noch ein Zuchtverbot erlassen werden dürfen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass am 8. November 2001 zwischen den Ländern im Rahmen der Innenministerkonferenz eine Abstimmung über die Liste der als gefährlich geltenden Hunde stattgefunden hat. Dabei ist der Bullterrier unverändert in der ersten Gruppe der unwiderleglich als gefährlich anzusehenden Hunde verblieben, während andere Hunde – etwa der Dobermann – aus dieser Liste gestrichen und weitere Rassen auf eine „Beobachtungsliste“ gesetzt worden sind. Hieran anknüpfend (vgl. LT-Drs. 14/3715, S. 11) ist in § 3 Abs. 1 des gegenwärtig im Niedersächsischen Landtag beratenen Entwurfes eines Niedersächsischen Gesetzes über die Vorsorge vor von Hunden ausgehenden Gefahren u.a. für das Halten von Hunden der Rasse „Bullterrier“ ein Erlaubnisvorbehalt vorgesehen.
Bei dieser Sachlage war die Beklagte als Satzungsgeber im Jahr 2001 aufgrund ihrer „Nachbesserungspflicht“ (noch) nicht verpflichtet, Bullterrier aus der Rasseliste des § 3 Abs. 3 Satz 2 HStS zu streichen. Dies gilt allerdings nicht zeitlich unbegrenzt. Vielmehr ist – sinnvoller Weise mindestens in Abstimmung der Länder untereinander - nunmehr das vorhandene statistische Material, insbesondere über die in einzelnen Ländern durchgeführten Verhaltens- und Wesenstests oder Begleithundeprüfungen planmäßig zu sammeln, unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Erkenntnisse auszuwerten und nach Abschluss dieser Auswertung erneut darüber zu befinden, ob und in welchem Umfang „Rasselisten“ weiterhin Bestand haben können.
2.2.2.2 Der Klage hinsichtlich des erhöhten Steuersatzes für Kampfhunde ist dennoch stattzugeben, weil von den Hundehaltern die Ablegung eines Teamtests oder einer Begleithundeprüfung als Steuerermäßigungsvoraussetzung gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HStS jedenfalls ohne Einflussnahme der Beklagten auf diese Prüfung nicht verlangt werden durfte (a) und die Nichtigkeit dieser satzungsrechtlichen Bestimmung zur Nichtigkeit auch der Regelung über den erhöhten Kampfhundesteuersatz in § 3 Abs. 2 HStS jedenfalls insoweit führt, als sie sich – wie hier – auf die in der Rasseliste des § 3 Abs. 3 Satz 2 HStS enthaltenen Kampfhunde bezieht (b).
(a) Die Steuererhebung ist ein Hoheitsrecht, dass grundsätzlich nur im Rahmen der Gesetze und nur von den Amtswaltern der abgabenerhebenden Behörde ausgeübt werden kann (vgl. hierzu und zum Folgenden die Ausführungsbestimmungen zu § 12 NKAG, abgedruckt bei Hatopp, NKAG, § 12). Dies schließt zwar nicht aus, im Rahmen der Abgabenerhebung auch auf die Hilfe von Dritten einschließlich von Sachverständigen zurückzugreifen. Für diese Einbeziehung Privater ergeben sich jedoch Grenzen. Vorbereitende oder Unterstützungstätigkeiten sind zulässig. Sollen jedoch private Dritte abschließend und für die Behörde verbindlich über das Vorliegen etwaiger für die Steuererhebung maßgebender Tatbestände entscheiden, so übernehmen sie selbst Verwaltungsaufgaben und werden zu Beliehenen. Hierfür bedarf es einer gesetzlichen Grundlage (vgl. allgemein Urteil d. BVerwG v. 22.11.1994 – 1 C 22.92 – Buchholz 437.1 Nr. 12, S. 23, 25 mwN. Sowie speziell zur Einbeziehung von „Hundeverbänden„ den Beschluss des OVG Münster v. 6.3.1997 – 5 B 3201/96 – NVwZ 1997, 806 ff, Ziffer 3 b der Gründe, mwN). Die allgemeine Satzungsautonomie für Kommunen gemäß § 6 NGO (vgl. dazu Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 7.3.1958 – VII C 84.57 – BVerwGE 6, 247, 250, 251) reicht dazu mangels hinreichender Bestimmtheit nicht aus. Durch § 12 NKAG, in dem die Grenzen für die Einbeziehung von Dritten in das Abgabenerhebungsverfahren bestimmt werden (vgl. dazu Hatopp, NKAG, § 12 m.w.N.), wird dies für das hier maßgebende Verfahren der Erhebung kommunaler Abgaben noch einmal ausdrücklich unterstrichen
Weder aus § 12 NKAG noch aus einer anderen gesetzlichen oder aufgrund des Gesetzes erlassenen Bestimmung lässt sich jedoch eine Ermächtigung dafür entnehmen, dass private Dritte mit verbindlicher Wirkung für die Kommunalabgaben erhebende Behörde über das Vorliegen eines Abgabenermäßigungstatbestandes entscheiden können.
Soweit – wie hier – hoheitliches Handeln (in Form der Steuererhebung) an die Tätigkeit von Privatpersonen anknüpft, sind im Übrigen an solche privaten Regelungen als Grundlage für staatliche Grundrechtseinschränkungen zumindest dieselben rechtstaatlichen Anforderungen wie an hoheitliches Handeln zu stellen (vgl. Beschluss des BVerfG v. 25.5.1993 – 1 BvR 345/83 – NJW 1993, 2599 f).
Hieran gemessen durfte die Beklagte - jedenfalls ohne Einflussnahme auf diese Prüfungen – in § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HStS die Steuerermäßigung nicht von einem erfolgreichen bestandenem Teamtest oder eine Begleithundeprüfung abhängig machen. Dabei kann dahinstehen, ob diese Bezugnahme schon nicht den o.a. rechtsstaatlichen Anforderungen genügte (aa), da es sich jedenfalls um eine zu weitgehende, als unzulässige Beleihung anzusehende Einbeziehung von „Privatpersonen“ in die Steuererhebung handelt (bb).
aa) Bei dem Teamtest und der Begleithundeprüfung handelt es sich nach den der Kammer vorliegenden o.a. Unterlagen um Prüfungen, die von privaten Vereinen auf der Grundlage von Regelungen des Deutschen Hundesportverbandes bzw. des Verbandes für das deutsche Hundewesen durchgeführt werden.
Der Teamtest soll belegen, dass die Hunde sich „reibungslos in das tägliche Leben einfügen können“, insbesondere bei „Begegnungsverkehr mit Radfahrern, Joggern und Menschengruppen“ (so Kurzdarstellung des Teamtests unter www.dvg – saarland.de/schteam). Das Mindestzulassungsalter (des Hundes) beträgt 12 Monate.
Die Begleithundeprüfung besteht aus einer sog. Unbefangenheitsprobe, einem Prüfungsteil „auf dem Übungsplatz oder freien Gelände“ einschließlich einer Prüfung der Hunde auf ihre „Schussfestigkeit“ (Ziffer 2) sowie einer „Verkehrssicherheitsprüfung in praktischer Ausführung“. Das Mindestzulassungsalter (des Hundes) beträgt 15 Monate. Die Möglichkeiten, eine „nicht bestandene“ Prüfung anzufechten, sind nach den disziplinarrechtlichen Regelungen auf „Regelverstösse unter Ausschluss von Tatsachenentscheidungen“ begrenzt; eine solche Beschwerde „muss von dem Beschwerdeführer, dem 1. Vorsitzenden des Vereins und einem weiteren Zeugen unterschrieben sein“ (vgl. www. og-heepen.de/Ausbildung/bh).
Eine solche erfolgreich absolvierte Prüfung erscheint zwar grundsätzlich zur Widerlegung der Gefährlichkeitsvermutung geeignet, wenn auch insbesondere die Begleithundeprüfung über die Prüfung der Ungefährlichkeit eines Hundes hinausgeht.
Bestandteil des Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die hinreichende Bestimmtheit von Normen (vgl. zu den daraus folgenden Grenzen bei einer Verweisung auf nichtstaatliche Normen die Entscheidung des BVerfG v. 14.6.1983 – 2 BvR 488/80 – BVerfGE 64, 208, 214 f). Schon insoweit ergeben sich Bedenken gegen die in § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HStS enthaltene Verweisung auf Teamtest und Begleithundeprüfung, da aus der Satzung selbst nicht erkennbar ist, wo die Regelungen über diese Prüfungen veröffentlicht sind und im Übrigen offenbar dynamisch auf die jeweils von den Hundeverbänden verabschiedeten, o.a. aktuellen Fassungen dieser Regelungen Bezug genommen wird. Dabei ist nicht sichergestellt, dass die Bestimmungen der Hundeverbände jeweils auch zum Inhalt der HStS passen, wie z.B. an dem Mindestzulassungsalter deutlich wird: Nach § 1 Satz 1 HStS werden nämlich Hunde ab einem Alter von drei Monaten besteuert; bis zu einem Alter von 12 Monaten gibt es für sie altersbedingt aber keine Möglichkeit, durch Teilnahme an einer der o.a. Prüfungen ihre „Kampfhundeeigenschaft“ zu widerlegen. Da das Rechtsstaatsprinzip zudem die Gewährung effektiven Rechtsschutzes verlangt (Beschluss d. BVerfG v. 11.06.1980 –
1 PBvU 1/79 - BVerfGE 54, 277, 291 [BVerfG 11.06.1980 - 1 PBvU 1/79]), bestehen weiterhin erhebliche Bedenken dagegen, dass bereits die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen das Nichtbestehen der Begleithundeprüfung von der Unterschrift weiterer Personen neben der des Beschwerdeführers abhängig ist. Diese Bedenken können hier jedoch letztlich dahinstehen.
bb) Denn die Bezugnahme auf das erfolgreiche Bestehen eines Teamtests oder einer Begleithundeprüfung ist jedenfalls mangels hinreichender Kontrolle der Beklagten unzulässig (gewesen). Amtswalter der Beklagten haben auf diese Prüfungen keinen Einfluss. Weder bestimmen sie im Einzelnen durch Verwaltungsvorschriften oder öffentlich-rechtliche Vereinbarung den genauen Inhalt der Prüfungen noch deren Zeitpunkt, Häufigkeit oder die Person der Prüfer oder die Kontrolle ihrer Entscheidungen. Dies bestimmt sich jeweils nur nach den eigenen, gegebenenfalls verbandsinternen Regelungen der beteiligten Hunde(sport)vereine. Die beteiligten Hundevereine entscheiden also abschließend und für die Beklagte verbindlich über das Bestehen der beiden Prüfungen, von denen die Beklagte u.a. ihre in der Höhe nicht unerhebliche Steuerermäßigung abhängig macht. Bei dieser Sachlage sind nach Ansicht der Kammer die o.a. Grenzen überschritten, innerhalb derer private Dritte - ohne hier nicht vorliegende gesetzliche Grundlage – in die Abgabenerhebung einbezogen werden können.
Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung auch von der etwa in Bremen nach der dortigen Verwaltungsvorschrift (vgl. Verwaltungsvorschrift über die Abnahme der Begleithundeprüfung nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes über das Halten von Hunden, Brem. Amtsblatt S. 759) bestehenden Rechtslage, weil dort von der zuständigen Landesbehörde personell und inhaltlich auf die Begleithundeprüfung Einfluss genommen wird. Ebenso scheidet ein Vergleich mit dem Wesenstest nach der GefTVO aus, da auch insoweit durch die Behörden die abnahmeberechtigten Personen bestimmt wurden, durch Verwaltungsvorschriften der genaue Prüfungsinhalt sowie die Dokumentation durch Videoband vorgeschrieben waren und schließlich das Bestehen oder Nichtbestehen dieses Testes für die Behörde keine zwingenden Rechtsfolgen auslöste (vgl. dazu das Urteil des Nds. OVG v. 30.5.2001 – 11 K 2877/00 unter Ziff. 2 a der Entscheidungsgründe, Nds. VBl. 2001, 245 - ). Die vorliegende Fallgestaltung entspricht vielmehr der vormals in Nordrhein-Westfalen bestehenden Regelung gemäß § 3 der GefHuV NW v. 21.9.1994 (GV NW S. 1086, 1140), in der ebenfalls auf Sachkundeprüfungen durch den Verband für das deutsche Hundewesen e.V. und den Landestierschutzverband Nordrhein-Westfalen e.V., auf deren Prüfungen von der zuständigen Ordnungsbehörde weder personell noch inhaltlich Einfluss genommen wurde, mit der Folge der Unwirksamkeit dieser Regelung Bezug genommen wurde (vgl. Beschluss des OVG Münster v. 6.3.1997 – 5 B 3201/96 -, NVwZ 1997, 806 ff).
(b) Durfte die Beklagte demnach nicht den Nachweis verlangen, dass der betroffene „Kampfhund“ einen Teamtest oder eine Begleithundeprüfung erfolgreich absolviert hat und ist deshalb die dahingehende Satzungsregelung in § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HStS nichtig, so bezieht sich diese Nichtigkeit zugleich auch auf die Festsetzung des erhöhten Steuersatzes für die in der Rasseliste erfassten Hunde gemäß § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 HStS.
Zwar führt die Teilnichtigkeit einer Satzung nicht zwingend zur Gesamtnichtigkeit. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1978 - BVerwG 7 C 44.76 - DVBl 1978, 536; Beschluss vom 8. August 1989 - BVerwG 4 NB 2.89 - ZfBR 1989, 274, sowie zuletzt Beschluss vom 1.8.2001 – 4 B 23/01 - juris) führt die Ungültigkeit eines Teiles einer kommunalen Satzungsbestimmung vielmehr dann nicht zu ihrer Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Teile auch ohne den ungültigen Teil sinnvoll bleiben (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers); dabei setzt die Teilbarkeit voraus, dass die verbleibenden Teile mit der Rechtsordnung vereinbar sind.
Vorliegend könnte zwar § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 HStS allein (aa) oder ergänzt um Abs. 4 Satz 1 HStS (bb) rechtlich Bestand haben; die Kammer kann insoweit aber jeweils nicht – wie geboten – feststellen, dass dies mit Sicherheit dem Willen des Rates der Beklagten als Normgeber entsprochen hätte. Ob § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HStS im Übrigen (d.h. nur hinsichtlich der Vorlage der amtstierärztlichen Bescheinigung, (cc) oder i.V.m. Abs. 3 Satz 1 HStS (dd) ebenfalls nichtig ist, kann dahinstehen.
aa) In der o.a. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 110, 265 ff, sowie Beschluss v. 10.10.2001 – 9 BN 2.01 – DVBl. 2002, 67 ff) ist zwar (bislang) anerkannt, dass für bestimmte „Kampfhunderassen“ einschließlich des Bullterriers ein erhöhter Steuersatz erhoben werden kann, ohne dass im Einzelfall dem betroffenen Hundehalter die Möglichkeit offen stehen muss, die Ungefährlichkeit seines Hundes mit der Folge der Steuerermäßigung nachweisen zu können. Dementsprechend könnte auch ohne die Ermäßigungsmöglichkeit in § 3 Abs. 4 HStS der erhöhte Steuersatz des § 3 Abs. 2 HStS in der Hundesteuersatzung der Beklagten rechtlich Bestand haben und eine sinnvolle Regelung darstellen.
Die Kammer kann aber nicht feststellen, dass dies mit Sicherheit dem Willen des Rates entspräche. Denn eine solche, in anderen Gemeinden übliche und auch von der Verwaltung der Beklagten ursprünglich erwogene Regelung hat der Rat bewußt nicht beschlossen. Daher liegt die Annahme näher, er hätte in Kenntnis der Unwirksamkeit der getroffenen Regelung ersatzweise einen anderen Nachweis der individuellen „Ungefährlichkeit“ für einen in der Rasseliste des § 3 Abs. 3 Satz 2 HStS enthaltenen Hund verlangt, als von dessen unwiderleglicher Gefährlichkeit auszugehen. Andernfalls hätte der Rat von vornherein auf die Ermäßigungsregelung im § 3 Abs. 4 HStS verzichten können.
bb) Zwar kann auch § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 1 HStS rechtlich weiterhin Bestand haben und sinnvoll sein. Dann würde für die in der Rasseliste erfassten Kampfhunde unverändert der erhöhte Steuersatz erhoben, wenn der Hundehalter nicht für den jeweiligen Hund nachgewiesen hat, dass von ihm keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren ausgeht. Wie dieser Nachweis zu führen ist, bliebe in der Satzung ungeregelt und der Verwaltung der Beklagten überlassen.
Auch insoweit kann die Kammer jedoch nicht feststellen, dass dies der Rat der Beklagten mit Sicherheit gewollt hätte. Denn die eingehende und z.T. über den Nachweis der „Ungefährlichkeit“ hinausgehende Regelung in § 3 Abs. 4 Satz 2 HStS zeigt, dass der Rat grundsätzlich selbst festlegen wollte, auf welche Weise der Nachweis der „Ungefährlichkeit“ i.S.v. Abs. 4 Satz 1 erbracht werden sollte. Im Übrigen dürfte die Verwaltung der Beklagten auch nicht in der Lage sein, mit eigenen Mitteln eine solche Prüfung durchzuführen, soweit sie über die nach § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HStS vorgeschriebene amtstierärztliche Untersuchung hinausgeht. Ebenso wenig kann mit Sicherheit angenommen werden, dass der Rat statt auf diese Prüfungen durch die Hunde(sport-)vereine insoweit auf den Wesenstest nach der GefTVO hätte abstellen wollen. Denn dieser Test ist mit Erlass der GefTVO vom 5.7.2000 eingeführt worden; der Rat der Beklagten hat bei der kurz danach am 14.7.2000 erfolgten dritten Satzungsänderung aber nicht auf diesen „Wesenstest“, sondern in Ergänzung zu der Begleithundeprüfung auf den „Teamtest“ Bezug genommen. Am wahrscheinlichsten erscheint es daher, dass der Rat der Beklagten in Kenntnis der Rechtswidrigkeit der vorliegenden Bezugnahme auf Teamtest und Begleithundeprüfung sich dafür entschieden hätte, diese Prüfungen entsprechend der o.a., in Bremen getroffenen Regelungen unter Kontrolle der Amtswalter der Beklagten durchzuführen. Hiervon kann die Kammer wegen der zuvor angeführten Alternativen aber nicht mit der erforderlichen Gewissheit ausgehen. Im Übrigen können die dazu erforderlichen ergänzenden Regelungen von der Beklagten ohnehin nicht rückwirkend für das hier maßgebende Jahr 2001 erlassen werden.
cc) Ob § 3 Abs. 2 i.Vm. Abs. 3 Satz 2 HStS insoweit Bestand haben kann, als der für die Ermäßigung erforderliche Nachweis der „Ungefährlichkeit“ des Hundes allein durch Vorlage des amtstierärztlichen Gutachtens i.S.v. § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HStS erbracht werden kann, kann vorliegend mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen.
Denn selbst wenn man diese Frage bejaht, so ist vorliegend nur der „Steuergrundbetrag“ von 168,00 DM zu zahlen, weil der Kläger für seinen Bullterrier ein entsprechendes amtstierärztliches Zeugnis bereits Anfang Januar 2001 vorgelegt hat.
dd) Ob die Nichtigkeit sich auch auf § 3 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 3 Satz 1 HStS bezieht, d.h. die erhöhte Besteuerung von solchen Hunden, die sich unabhängig von ihrer Rassezugehörigkeit als „individuell“ gefährlich erwiesen haben, braucht ebenfalls nicht entschieden zu werden.
Wie unter Ziffer 2.2.1.1 dargelegt, triff dies auf den Bullterrier des Klägers nämlich nicht zu. Schon aus den zuvor unter Ziffer 2.2.2.2 b) bb) genannten Gründen kann § 3 Abs. 3 Satz 1 HStS (wegen der Unwirksamkeit von § 3 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HStS) auch nicht erweiternd dahin ausgelegt werden, dass nunmehr die Gefährlichkeit eines Hundes i.S.v. § 3 Abs. 3 Satz 1 HStS allein aus seiner Rassezugehörigkeit folgt. Im vorliegenden Fall spricht zusätzlich dagegen, dass dem Hund des Klägers amtstierärztlich seine Ungefährlichkeit bescheinigt worden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, soweit der Klage wegen der Teilnichtigkeit der Satzung stattgegeben worden ist.