Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 21.11.2002, Az.: 3 A 268/01

BAT; berufpädagogische Anleiterin; Besserstellungsverbot; Eingruppierung; Erzieherin; handwerklicher Erziehungsdienst; Klagebefugnis; Projektförderung; Tariflücke; Vergütungsgruppe; Vergütungsgruppe Vc

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
21.11.2002
Aktenzeichen
3 A 268/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 42090
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

- Klagebefugnis des Zuwendungsempfänges gegen einen Bescheid, mit dem eine Mitarbeiterin nach dem BAT eingruppiert wird, trotz Erreichens der Förderhöchstsumme

- Eingruppierung von berufspädagogischen Anleitern und Anleiterinnen in Jugendwerkstätten in Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 7 Anlage 1a BAT

Tenor:

Der Bescheid der Beklagten vom 07.03.2001 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 30.07.2001 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, für Frau M.-W. die Vergütungsgruppe Vc BAT festzuschreiben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt im Rahmen der Gewährung einer Zuwendung zu den Ausgaben von Jugendwerkstätten eine Änderung der für seine Angestellte Frau M.-W. festgesetzten Vergütungsgruppe.

2

Der Kläger ist Träger einer Jugendwerkstatt mit unterschiedlichen Arbeitsbereichen. In den Arbeitsbereichen werden in ihrer persönlichen und sozialen Entwicklung benachteiligte arbeitslose junge Frauen für die Dauer von einem Jahr in ihrer persönlichen Entwicklung gefördert und fachlich in einem der angebotenen Fachbereiche qualifiziert, um die Chance auf einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu verbessern. Mit Bescheid vom 06.10.2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Zuwendung zu den Ausgaben (Personal- und Sachausgaben) von Werkstattprojekten sowie qualifizierenden Beschäftigungsprojekten im Rahmen der Jugendsozialarbeit für das Haushaltsjahr 2000 in Höhe von rd. 199.000,00 DM unter finanzieller Beteiligung des Europäischen Sozialfonds gemäß der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zu den Ausgaben von Jugendwerkstätten im Rahmen der Jugendsozialarbeit. Mit Bescheid vom 27.12.2000 wurde der Bescheid vom 06.10.2000 gestützt auf den Rd.Erl. d. MFAS v. 09.05.2001, Nds. MBl. S. 448 ff., bzw. den Richtlinienentwurf vom 12.12.2000 in Bezug auf die Bewilligung von Mitteln für die Haushaltsjahre 2001 bis 2006 bis zu einer Höhe von insgesamt 1.618.800,00 DM ergänzt. In den Bescheiden erfolgte jeweils die Festsetzung der Vergütungsgruppen für die angestellten Mitarbeiter, welche nach der Richtlinie als Bemessungsgrundlage für die anrechenbaren persönlichen Ausgaben dienen.

3

Ende des Jahres 2000 ergänzte der Kläger die bis dahin bestehenden Arbeitsbereiche Hauswirtschaft und Altenpflege um den Bereich Erziehungsarbeit. Für diesen Bereich stellte der Kläger zum 01.11.2000 Frau M.-W. per Dienstvertrag ein, wobei eine Eingruppierung in Anwendung des Abschnitts I der Anlage 1 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen C.-verbandes (AVR) in Vergütungsgruppe Vc vorgenommen wurde. Frau M.-W. hat von 1981 bis 1999 als ausgebildete Erzieherin in einem Kindergarten gearbeitet und diesen seit 1985 geleitet. Sie ist beim Kläger als berufspädagogische Anleiterin tätig. In der Tätigkeitsdarstellung und –bewertung des Klägers vom 28.09.2000 werden die Aufgaben von Frau M.-W. folgendermaßen beschrieben:

4

„Fachtheoretische und fachpraktische Anleitung und Betreuung der Maßnahmeteilnehmerinnen

5

Anleitung der jungen Frauen in Absprache mit den Erzieherinnen des Beschäftigungsortes in den Gruppen

6

Individuelle Anleitung, Entwicklung von Lern- und Entwicklungsplänen

7

Erstellen von Rahmenstoffplänen, Arbeitsorganisation“.

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Frau M.-W. erteilt den höchstens sechs Teilnehmerinnen einmal wöchentlich fachtheoretischen Unterricht und bietet projektbezogene Themen an. Sie begleitet die Frauen regelmäßig an ihre Einsatzorte (Kindergarten, Hort oder Kindertreff), erlebt sie dort und hilft bei Problemlösungen. In Zusammenarbeit mit der Sozialpädagogin der Jugendwerkstatt als allgemeiner Ansprechpartnerin für die Frauen, den Frauen selbst und der Anleiterin am Einsatzort erstellt und überprüft sie in regelmäßigen Abständen individuelle Förderpläne.

9

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 07.03.2001 änderte die Beklagte ihre Bescheide vom 06.10.2000 und 27.12.2000 und gruppierte Frau M.-W. (erstmalig) nach Vergütungsgruppe Vc bis zur Höhe der Ausgaben nach Vergütungsgruppe VI BAT ein. Dagegen legte der Kläger am 10.04.2001 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies er darauf, dass Frau M.-W. aufgrund ihrer höherwertigen Tätigkeit als Kindergartenleiterin von 1985 bis 1999 die Voraussetzungen für eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe (Fg.) 7 Anlage 1a BAT erfülle. Das von der Beklagten herangezogene erwähnte Tätigkeitsmerkmal der Vergütungsgruppe VIb Fg. 2 sei nicht anzuwenden, da Frau M.-W. nicht im handwerklichen Erziehungsdienst tätig sei. Mit Bescheid vom 30.07.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung legte sie dar, dass die von Frau M.-W. laut der Tätigkeitsdarstellung und –bewertung zur Zeit ausgeübten Tätigkeiten nicht den in der Vergangenheit ausgeübten Tätigkeiten einer Erzieherin entsprächen. Insbesondere arbeite diese in der Jugendwerkstatt nicht mit Kindern, sondern betreue junge Frauen, die ihrerseits wiederum in Kindergärten bzw. -tagesstätten tätig seien. Aus diesem Grunde könnten die von Frau M.-W. in der Vergangenheit ausgeübten Tätigkeiten nicht als Bewährungszeiten für ihre derzeitige Tätigkeit als Anleiterin herangezogen werden. Sie habe in diesem Bereich bisher noch keine Erfahrungen sammeln können. Zwar treffe der Einwand zu, dass Frau M.-W. nicht im handwerklichen Erziehungsdienst tätig sei. Da eine zutreffendere speziellere Fallgruppe nicht vorhanden sei, werde diese Zuordnung jedoch analog angewandt. Die vom Kläger genannte Vergütungsgruppe Vc Fg. 7 (Erzieherin mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit) treffe aus den o.g. Gründen hier nicht zu, da Frau M.-W. nicht die dafür erforderlichen entsprechenden Tätigkeiten ausübe.

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Dagegen hat der Kläger am 31.08.2001 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, die von der Beklagten zugrunde gelegten Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe VIb Fg. 2 Anlage 1a BAT seien einschlägig für „Angestellte im handwerklichen Erziehungsdienst mit abgeschlossener Berufsausbildung als Leiter von Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten oder Werkstätten für Behinderte“. Die Aufgaben dieser Angestellten bezögen sich auf die Beaufsichtigung und Anleitung von Behinderten entweder in Werkstätten für Behinderte im Sinne von §§ 136 ff. SGB IX oder in Ausbildungs- und Berufsförderungswerkstätten ebenfalls für die Zielgruppe behinderter Menschen. Seine Jugendwerkstätten seien keine derartigen Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten im Sinne dieser tariflichen Merkmale. Frau M.-W. leite die Maßnahmeteilnehmer auch nicht in einem handwerklichen Beruf an, sondern führe sie zu sozialpädagogischen Berufs- und Arbeitsfeldern, insbesondere im Kindergartenbereich. Die analoge Anwendung der Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im handwerklichen Erziehungsdienst sei unzulässig, da es sich um abgeschlossene Spezialnormen handele. Es bestehe auch keine Lücke, da das einschlägige Tätigkeitsmerkmal für Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit in der Vergütungsordnung des BAT gegeben und auch anzuwenden sei. Selbst wenn eine Lückenausfüllung stattfinden müsste, sei nach den Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts darauf zu achten, dass der Aufbau des die Vergütungsordnung beherrschenden Tarifgefüges nicht gestört werde. Dies wäre jedoch bei der Anwendung der Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im handwerklichen Erziehungsdienst auch auf andere Berufsfelder der Fall. Denn die Angestellten im handwerklichen Erziehungsdienst verfügten in der Regel über mindestens einen Hauptschulabschluss und eine dreijährige handwerkliche Ausbildung. Eine Weiterqualifizierung sei durch Ablegung der Meisterprüfung bzw. der Ausbildereignungsprüfung möglich, führe jedoch dann auch zu einer höheren tariflichen Bewertung. Demgegenüber verfügten Erzieherinnen und Erzieher über eine deutlich höherwertigere Ausbildung. Diese müssten als Zugangsberechtigung über mindestens einen Realschulabschluss verfügen, dann eine zweijährige Berufsfachschule Sozialassistent mit eigenem Abschluss und anschließend eine weiterführende Fachschule Sozialpädagogik besuchen. Der Besuch einer Fachschule setze eine abgeschlossene einschlägige Erstausbildung voraus. Erzieherinnen und Erzieher bedürften keiner weiteren zusätzlichen Qualifikation, die der Meisterprüfung vergleichbar sei, um in den Praxisanteilen der Ausbildung dann selber ausbilden zu dürfen. Die höherwertigere Ausbildung schlage sich auch in den Tätigkeitsmerkmalen zum BAT nieder, da Angestellte im handwerklichen Erziehungsdienst (ohne Leitungsfunktion) nach Vergütungsgruppe VII mit vierjährigem Bewährungsaufstieg nach Vergütungsgruppe VIb Fg. 4 eingruppiert seien. Demgegenüber erfolge eine Eingruppierung von Erzieherinnen nach Vergütungsgruppe VIb Fg. 5 mit dreijährigem Bewährungsaufstieg nach Vergütungsgruppe Vc Fg. 7. Lediglich durch die zusätzliche tätigkeitsbezogene Anforderung der Leitungsfunktion in den Werkstätten für Behinderte ergebe sich eine für die Eingangsvergütungsgruppe vergleichbare Eingruppierung, jedoch hinsichtlich des verlängerten Bewährungsaufstiegs, die Nichterreichbarkeit einer Vergütungsgruppenzulage und der Nichtanrechnung von Bewährungszeiten in einem anderen Tätigkeitsmerkmal eine deutliche Schlechterstellung einer Erzieherin im handwerklichen Erziehungsdienst gegenüber einer Erzieherin mit entsprechender Tätigkeit. Seine Auffassung werde von der Beklagten in anderen Fällen durchaus geteilt. Insoweit werde auf die Eingruppierung der weiteren berufspädagogischen Anleiterin für den Bereich Altenpflege, Frau M., verwiesen. Für die Bemessung der Zuwendung zu den Personalausgaben dieser Anleiterin habe die Beklagte in ihrem Änderungsbescheid vom 07.03.2001 die Vergütungsgruppe Kr V BAT, also die Tätigkeitsmerkmale für eine Altenpflegerin nach den Tätigkeitsmerkmalen für Altenpflegerinnen gemäß Anlage 1b (Pflegedienst) zugrunde gelegt. Dies gelte ebenso für die Eingruppierung einer vergleichbaren berufspädagogischen Anleiterin in einer Jugendwerkstatt in Hannover.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 07.03.2001 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 30.07.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für Frau M.-W. die Vergütungsgruppe Vc AVR bemessen auf der Grundlage der Vergütungsgruppe Vc BAT festzuschreiben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung verweist sie darauf, dass die Vergütung und Eingruppierung nach den Vorschriften des BAT an den konkreten Tätigkeitsmerkmalen eines Angestellten auszurichten seien. Der Arbeitsplatz von Frau M.-W. umfasse die Tätigkeit als Anleiterin für den Fachbereich Erziehungsarbeit. Dieser Aufgabenbereich sei nach Art und Umfang grundsätzlich der Vergütungsgruppe VIb, Fg. 2 BAT zuzuordnen. Eine Vergleichbarkeit mit der Tätigkeit und Vergütung in anderen Fachbereichen, wie z.B. der Altenpflege, sei nicht gegeben. Im Übrigen sei bei den vom Kläger genannten Vergleichsfällen eine fehlerhafte Eingruppierung erfolgt, so dass sich der Kläger darauf nicht berufen könne. Mit Blick auf das Besserstellungsverbot im Rahmen des Zuwendungsrechtes sei ferner zu berücksichtigen, dass lediglich Ausgaben für eine Tätigkeit als zuwendungsfähig anerkannt werden könnten, die den allgemeinen Vergütungsregelungen für einen bestimmten Arbeitsplatz entsprechen. Eine darüber hinausgehende tatsächliche Vergütung von Frau M.-W. bleibe hiervon unberührt. Bei der Anerkennung von zuwendungsfähigen Personalausgaben bestehe kein Ermessensspielraum. Eine Anerkennung der bisherigen Berufstätigkeit von Frau M.-W. habe nicht erfolgen können, da die derzeit von ihr wahrgenommenen Aufgaben in der Jugendwerkstatt damit nicht vergleichbar seien. Ein Bewährungsaufstieg und somit eine Höhergruppierung nach vier Jahren sei jedoch möglich. Im Übrigen habe der Kläger die nach Ziffer 5.2 i.V.m. 2.1a der Förderrichtlinie zulässige Höchstfördersumme erhalten, weshalb eine darüber hinausgehende Leistung nicht in Betracht komme.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die Verpflichtungsklage hat Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 07.03.2001 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 30.07.2001, mit dem für Frau M.-W. die Vergütungsgruppe VI BAT festgeschrieben wurde, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Eingruppierung von Frau M.-W. in die Vergütungsgruppe Vc BAT zu.

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Der Kläger ist im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Er wird durch die mit Bescheid vom 07.03.2001 vorgenommene Festschreibung der Vergütungsgruppe für Frau M.-W. in eigenen Rechten verletzt. Auch wenn der Bescheid zu einer Modifizierung der zugrunde liegenden Bewilligungsbescheide vom 06.10.2000 und 27.12.2000 führt, weist er mit der erstmaligen Festschreibung der Vergütungsgruppe für Frau M.-W. einen eigenen neuen Regelungsgehalt auf. Zwar ist dem Kläger mit den Bewilligungsbescheiden aus dem Jahr 2000 die in Ziff. 5.2 der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zu den Ausgaben von Jugendwerkstätten im Rahmen der Jugendsozialarbeit (Rd.Erl. des MFAS v. 09.05.2001 – 303-51 742/6 -, Nds. MBl. S. 448 bzw. die vorgehenden Erlasse) festgelegte Förderhöchstsumme gewährt worden, weshalb derzeit eine Erhöhung der Fördersumme nicht in Betracht kommt; jedoch stellt die fehlerhafte Festschreibung einer Vergütungsgruppe im Rahmen der Gewährung einer Zuwendung nach den genannten Richtlinien auch in einem solchen Fall eine Belastung des Klägers dar. Denn der Kläger ist nach den zugrunde liegenden Zuwendungsbescheiden, welche die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (AN Best-P) zum Gegenstand der Bescheide gemacht haben, verpflichtet, nach Ablauf des jeweiligen Haushaltsjahres die tatsächlichen Ausgaben im Rahmen der Vorlage eines Verwendungsnachweises zu belegen. In welcher Höhe er dabei Personalausgaben geltend machen kann, richtet sich nach den vom Beklagten in dem hier angefochtenen Bescheid festgesetzten Vergütungsgruppen. Vor diesem Hintergrund kann sich z.B. bei einer geänderten Ausgabensituation bei den Sachausgaben oder in anderen Arbeitsbereichen im Verwendungsnachweisverfahren eine geänderte Eingruppierung von Frau M.-W. erheblich auswirken, so dass die Klagebefugnis zu bejahen ist.

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Die Klage ist auch begründet. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Projektförderung sind die Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung mit der o.g. Zuwendungsrichtlinie. Die öffentliche Hand als Zuwendungsgeber kann dabei den Zuwendungszweck, die Zuwendungshöhe und die Zuwendungsgrundlage (zuwendungsfähige Kosten) nach eigenem öffentlichen Interesse und öffentlichen Zielsetzungen grundsätzlich frei festlegen. Maßstab und Grenzen bilden – neben den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln, die erlassenen Verwaltungsvorschriften, der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 GG), das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und die darin wurzelnden Grundsätze des Vertrauensschutzes bzw. der Selbstbindung der Verwaltung, z.B. in Form ministerieller Bekanntmachungen und Schreiben, Nebenbestimmungen und insbesondere der Anwendungspraxis (vgl. VGH München, Urt. v. 25.02.1998 – 19 B 94.3076 -, best. durch das BVerwG). Im Rahmen der Festlegung der zuwendungsfähigen Ausgaben hat die Beklagte in dem Bewilligungsbescheid vom 27.12.2000 rechtsfehlerfrei bestimmt, dass bei der Bemessung der Zuwendung lediglich persönliche Ausgaben bis zur Höhe der (von ihr) tatsächlich vorgenommenen Eingruppierungen, bei berufspädagogischen Anleiterinnen und Anleitern höchstens die Vergütungsgruppe Vb BAT, in der Höhe der jeweils vom Ministerium für Finanzen bekannt gegebenen Durchschnittssätze berücksichtigt werden. Damit hat sie das sog. Besserstellungsverbot zum Inhalt des Bescheides gemacht, das in allen Bundesländern gilt, und beim Bund seit 1988 als Bestandteil der jeweiligen Haushaltsgesetze sogar Gesetzesrang hat. Es beruht im Wesentlichen auf der Überlegung, dass der Staat seine Bediensteten ausreichend besoldet und es daher den Zuwendungsempfängern möglich und zumutbar ist, ihre Aufgabe mit einem Besoldungsniveau wahrzunehmen, das dem des Staates entspricht, und dass zur Wahrung des auch im Zuwendungswesen geltenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Gesamtaufwand des Zuwendungsempfängers und damit der Zuwendungsbedarf verringert werden soll (vgl. VGH München, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund ist der angefochtene Bescheid vom 07.03.2001 zu verstehen, der die Eingruppierung von Frau M.-W. verbindlich bestimmt, womit die Höhe der für ihre Beschäftigung höchstens geltend zu machenden persönlichen Ausgaben im Rahmen der Zuwendungsgewährung bzw. des Verwendungsnachweisverfahrens verbindlich festgelegt wird.

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Die Tätigkeit der Frau M.-W. ist seitens der Beklagten nach Ansicht der Kammer zu Unrecht in die Vergütungsgruppe VIb Fg. 2 als „Angestellte im handwerklichen Erziehungsdienst als Leiter von Werkstätten für Behinderte (WfB)“ eingestuft worden. Gemäß § 22 Abs. 1 BAT richtet sich die Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anl. 1a und 1b); dabei erhält der Betreffende Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in die er eingruppiert ist. Die Eingruppierung ergibt sich bei Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen als zwingende rechtliche Folge, ohne dass ein konstitutiver Eingruppierungsakt des Arbeitgebers erforderlich ist (vgl. Sonntag/Bauer, Die Eingruppierung nach dem BAT, Rn. 18). Der Betreffende ist gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BAT in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeit die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht dann den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderung eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 2 BAT). Dabei ist von dem vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen, wonach darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (vgl. BAG, Urt. v. 04.05.1988 – 4 AZR 811-87 – recherchiert in Juris).

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Vor diesem Hintergrund ist die Tätigkeit der Frau M.-W. nach der Arbeitsplatzbeschreibung für ihre Tätigkeit als berufspädagogische Anleiterin als ein einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen. Die von Frau M.-W. zu leistende Anleitung, Unterrichtung und Betreuung der Maßnahmeteilnehmerinnen und das Erstellen von Rahmenstoffplänen dient einem einheitlichen Arbeitsergebnis; es soll im Sinne der Zweckbestimmung der Jugendwerkstätte eine Vermittlung beruflicher und sozialer Qualifikation im Bereich Erziehungsarbeit zur Unterstützung der beruflichen Orientierung erfolgen. Auf diese Weise sollen die Voraussetzungen verbessert werden, einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu finden. Damit ist die Tätigkeit der Frau M.-W. als ein Arbeitsvorgang zu betrachten, wobei es nicht darauf ankommt, dass bis zu sechs Personen gefördert werden (vgl. die ähnliche Beurteilung des Bundesarbeitsgerichts für die Leitung einer Gruppe durch einen Erzieher, Urt. v. 04.05.1988, a.a.O.).

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Die Gesamttätigkeit der Frau M.-W. als einheitlicher Arbeitsvorgang entspricht nach Ansicht der Kammer von ihrem Inhalt her weder exakt den Tätigkeitsmerkmalen für Erzieherinnen noch den Tätigkeitsmerkmalen für Angestellte im handwerklichen Erziehungsdienst als Leiter von WfB. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien bei der Schaffung des BAT nicht von einem Begriff des „Erziehers“ im Sinne der Pädagogik, sondern in einem berufskundlichen Sinne ausgegangen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG ist Erzieher oder Erzieherin, wer in der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit (Kinderkrippen, Kindergärten, Vorklassen, Horte, Kindererholungsheime, Schulinternate etc.) sozialpädagogisch und fürsorgerisch bewahrend Kinder betreut. Nach der Protokollnotiz Nr. 6 zu den tariflichen Bestimmungen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst gilt als entsprechende Tätigkeit von Erzieherinnen auch die Betreuung von über 18-jährigen Personen (z.B. in Einrichtungen für Behinderte im Sinne des § 39 BSHG oder für Obdachlose; vgl. BAG, Urt. v. 06.03.1996 -–4 AZR 771/94 -, recherchiert in Juris). In Anbetracht dieser Definition ist Frau M.-W. nicht im eigentlichen Sinne erzieherisch tätig. Die Anleitung der von ihr betreuten Personen ist nicht sozialpädagogisch und fürsorgerisch bewahrend ausgelegt. Vielmehr ist die Tätigkeit speziell auf den Lebensbereich Arbeitsplatz bzw. Verbesserung der Möglichkeiten zur Erlangung eines Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes gerichtet. Da Frau M.-W. andererseits auch weder handwerklich tätig ist noch mit Behinderten arbeitet, ist eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VIb BAT Fg. 2 im handwerklichen Erziehungsdienst (s.o.) ebenfalls nicht direkt möglich. Mangels einer konkreten Eingruppierung berufspädagogischer Anleiter in einer Jugendwerkstatt im BAT besteht für diese Tätigkeit eine (unbewusste) Tariflücke. Davon ist auszugehen, wenn beim Fehlen spezieller Tätigkeitsmerkmale für die zu bewertende Tätigkeit auch eine Eingruppierung nach den allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmalen für den Verwaltungsdienst nicht möglich ist. Die allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst haben nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eine Auffangfunktion und können daher auch für solche Aufgaben herangezogen werden, die nicht zu den eigentlichen behördlichen bzw. herkömmlichen Verwaltungsaufgaben im engeren Sinne zählen. Um die Tätigkeitsmerkmale für den allgemeinen Verwaltungsdienst anzunehmen, muss jedoch trotz der Spezialität der Tätigkeit ein unmittelbarer Bezug zu den eigentlichen Aufgaben der betreffenden Dienststelle, Behörde oder Institution bestehen (vgl. für alles Vorstehende BAG, Urt. v. 14.08.1985 – 4 AZAR 322/84 -, recherchiert in Juris). Die Tätigkeiten für die Angestellten des allgemeinen Verwaltungsdienstes beziehen sich auf „Angestellte im Büro, Buchhalterei, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbständige Leistungen erfordert“. Die Tätigkeit der Frau M.-W., die sich lediglich auf die Anleitung von Personen und die in diesem Zusammenhang damit entstehenden fachlichen Probleme bezieht, kann nicht als Tätigkeit im allgemeinen Verwaltungsdienst in diesem Sinne betrachtet werden. Dementsprechend besteht eine unbewusste Tariflücke, die durch die Anwendung der Vergütungsordnung zum BAT, d.h. die entsprechenden Tätigkeitsmerkmale artverwandter und vergleichbarer Tätigkeiten, zu schließen ist (vgl. BAG, Urt. v. 10.10.1984 – 4 AZR 411/82 -, recherchiert in Juris). Insoweit ist bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit auf die Vorbildung, Art, Zielsetzung und Funktion der Tätigkeit abzustellen. Kann die Eingruppierung im Wege einer sinngemäßen Lückenausfüllung vorgenommen werden, so ist dies mit Blick darauf zu tun, wie im Tarifgefüge solche Tätigkeiten bewertet sind, die der von dem Angestellten auszuübenden Tätigkeit artverwandt und vergleichbar sind (vgl. Sonntag/Bauer, a.a.O., Rn. 131).

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Bei Berücksichtigung dieser Kriterien ist die bestehende Tariflücke für berufspädagogische Anleiter durch eine Eingruppierung der Frau M.-W. in die Vergütungsgruppe Vc Fg. 7 als „Erzieherin mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit nach dreijähriger Bewährung“ zu schließen. Die konkreten von Frau M.-W. bei ihrer Arbeit in der Jugendwerkstatt anfallenden Tätigkeiten sind den in Vergütungsgruppe Vc Fg. 7 genannten Tätigkeitsmerkmalen artverwandt und vergleichbar. Demgegenüber kommt nach Ansicht der Kammer eine Vergleichbarkeit mit „Angestellten im handwerklichen Erziehungsdienst als Leiter von WfB“, welche die von der Beklagten vorgenommene Eingruppierung in Vergütungsgruppe VIb Fg. 2 rechtfertigen würde, nicht in Betracht. Frau M.-W. ist weder im handwerklichen Bereich tätig, noch hat sie die Funktion einer Leiterin einer Werkstatt. Sie arbeitet auch nicht mit Behinderten. Ihr obliegen z.B. keine übergeordneten Kontrollfunktionen, die der Leiter einer Werkstatt wahrzunehmen hat. Eine derartige übergeordnete Funktion kommt im Falle der hier betroffenen Jugendwerkstatt allenfalls der Sozialpädagogin als allgemeiner Ansprechpartnerin für die Frauen zu. Auch ist die Vermittlung von Fachwissen an in Behindertenwerkstätten arbeitende Personen nicht vergleichbar mit der Anleitung junger Frauen, die durch äußere Umstände, wie Alleinerziehung oder finanzielle Probleme etc., Schwierigkeiten beim Finden eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes haben. Auch in Bezug auf die notwendige Vorbildung ist eine Vergleichbarkeit nicht gegeben. Denn Angestellte im handwerklichen Erziehungsdienst als Leiter von Werkstätten für Behinderte verfügen in der Regel über einen Hauptschulabschluss und eine dreijährige handwerkliche Ausbildung, ohne durch Ablegen der Meisterprüfung bzw. der Ausbildereignungsprüfung zur Ausbildung befähigt sein zu müssen. Damit wird gleichzeitig deutlich, dass die Tätigkeit der berufspädagogischen Anleiterin nach Vorbildung, Art, Zielsetzung und Funktion eher mit den Tätigkeitsmerkmalen für „Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit nach dreijähriger Bewährung“ im Sinne der Vergütungsgruppe Vc Fg. 7 vergleichbar sind. Denn jede Erzieherin mit staatlicher Anerkennung verfügt in Anbetracht der Notwendigkeit des Absolvierens einer zweijährigen Berufsfachschule Sozialassistent mit eigenem Abschluss, deren Besuch nur mit einem Realschulabschluss möglich ist und anschließendem Besuch der weiterführenden Fachschule Sozialpädagogik, über eine der Meisterprüfung vergleichbare Qualifikation. Dementsprechend ist jede Erzieherin mit staatlicher Anerkennung befugt, in den Praxisanteilen der Ausbildung selber ausbilden zu dürfen. Damit ist die Tätigkeit einer Erzieherin neben der sozialpädagogischen und fürsorgerisch bewahrenden Betreuung von Kindern zu einem wesentlichen Teil auch auf die fachliche Ausbildung verschiedenster Personen (angehende Erzieherinnen, Praktikanten etc.) ausgerichtet. Insoweit ist die Tätigkeit als berufspädagogische Anleiterin in einem wesentlichen Teilbereich mit der Tätigkeit einer Erzieherin vergleichbar. Frau M.-W. vermittelt den Maßnahmeteilnehmerinnen Fachkenntnisse durch Erteilung von fachtheoretischem Unterricht einmal in der Woche und begleitet diese fachlich in den konkreten Einsatzorten. Sie vermittelt damit Fachwissen an noch berufsfremde Personen, ebenso wie dies z.B. eine Erzieherin im Kindergarten bei der Anleitung von Auszubildenden und Praktikanten tut. Dies gilt im Fall von Frau M.-W. insbesondere deshalb, da diese aufgrund ihrer Erfahrungen als Leiterin eines Kindergartens über 14 Jahre in zahlreichen Fällen Gelegenheit gehabt hat bzw. verpflichtet war, Ausbildungstätigkeiten wahrzunehmen. Für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vc Fg. 7 spricht darüber hinaus, dass die Vermittlung entsprechender Fachkenntnisse an nicht nur berufsfremde, sondern auch mit besonderen sozialen und psychischen Problemen belastete Frauen Berufserfahrung voraussetzt und von Berufsanfängern im Erziehungsbereich nicht geleistet werden kann. Insgesamt entspricht diese Eingruppierung dem Tarifgefüge des BAT (s.o.).

24

Nach alledem ist der Bescheid der Beklagten vom 07.03.2001 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 30.07.2001 aufzuheben und diese zu verpflichten, für Frau M.-W. die Vergütungsgruppe Vc BAT festzuschreiben.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, §188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.