Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 27.11.2002, Az.: 2 A 441/01

Abriss; Abriss eines Baudenkmals; Baudenkmal; Erhaltungspflicht; Wirtschaftliche Unzumutbarkeit

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
27.11.2002
Aktenzeichen
2 A 441/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43398
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Bescheid der Beklagten vom 14.07.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 15.06.2001 wird aufgehoben, soweit der Abriss der Feldscheune versagt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 9/10, der Beklagte 1/10; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Beteiligten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen sie festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Gegner zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Der Kläger beantragte unter dem 28.04.1999 die Zustimmung für den Abbruch von Stall- und Scheunengebäuden sowie eines Güllebehälters auf dem Grundstück S.Str. in T. OT V.. Er hat das Grundstück im Rahmen einer Zwangsvollstreckung erworben und beabsichtigt hier - nach Grundstücksteilung - eine Bebauung des mehrere 1000 m² großen Grundstückes mit sieben Einfamilienhäusern. Die abzureißenden Gebäude sind Teil einer Hofanlage, zu der das Wohnhaus und weitere Nebengebäude gehören. Die Hofanlage ist als Gruppe baulicher Anlagen gemäß § 3 Abs. 3 Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz (NDSchG) als Denkmal ausgewiesen und seit mindestens 1988 in die Liste der niedersächsischen Baudenkmale aufgenommen. Nach der Begründung der Eintragung und einer schriftlichen Äußerung des zuständigen Mitarbeiters des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege – Dr. G. – waren bau-, wirtschafts- und sozialgeschichtliche sowie siedlungsgeschichtliche und städtebauliche Gründe für die Einstufung als Kulturdenkmal ausschlaggebend. In einer Begründung vom 09.12.1999 führt Herr Dr. G. u.a. aus:

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„Das Dorf V. zeichnet sich durch eine .... ungewöhnlich dichte Folge großer, geschlossener Vierseithofanlagen aus. Sie entstanden um 1900 innerhalb einer Generation auf der Basis landwirtschaftlicher Prosperität (...) und nach dem Vorbild der Bau- und Wirtschaftsweise in der nahen Altmark.

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Dem Durchreisenden fallen zunächst die stattlichen, traufständig an der Straße liegenden reinen Wohnhäuser auf. Durchgängig zweigeschossig, sind sie zu Beginn der Neubauwelle in den 1880-er und 1890-er Jahren noch Fachwerk, danach in Ziegelbau errichtet. Diese wie jene orientieren sich in Anlage, architektonischer Gestaltung und Ausstattung am Zeitgeschmack und städtischen Vorbildern, so zeigt das Wohnhaus des in Rede stehenden Hofes (gemeint ist die klägerische Hofanlage) von 1907 deutlich Elemente des Jugendstils.

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Die historische Bedeutung der Hofstellen – und entsprechend das denkmalpflegerische Interesse an ihnen – beschränkt sich jedoch nicht auf die zwar vom Anspruch her aufwendigen Wohnhäuser, sondern auf alle Gebäude. Einmal sind die Wohnhäuser als bäuerliche Wohnhäuser nur dann zu erkennen und zu verstehen, wenn sie in eine Hofanlage eingebunden sind, denn gerade die Trennung von Wohnen und Wirtschaften in je eigenen Gebäuden war gegenüber den Vorgängerbauten – seien es Hallen- oder Querdielenhäuser – das neue und entwicklungsgeschichtliche Bedeutsame.

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Zum andern zeigten auch die Wirtschaftsgebäude selbst, wie sie für intensive landwirtschaftliche Großbetriebe errichtet wurden, spezifische Formen und Bauweisen. Die Stall-Speichergebäude wurden in z.T. kombinierter Ziegel- und Fachwerkbauweise und z.T. mit modernen preußischen Kappendecken errichtet. Die geradezu riesigen Bergescheunen zeugen vom Ausmaß der landwirtschaftlichen Produktion und mussten, wie im vorliegenden Fall, sogar durch weitere Scheunen außerhalb der eigentlichen Hofanlage ergänzt werden. Für die zahlreichen Pferde und für die Feldbestellung wurden eigene Ställe errichtet.

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Schließlich ist es die charakteristische Altmärkische Form der geschlossenen Vierseithofanlage, die die Höfe und durch deren Nebeneinander Siedlungsform und –bild bestimmen. Alles dieses trifft für die Hofanlage S. Str. und für alle übrigen des Dorfes zu, wobei deren Dichte eine Dorfstruktur entstehen ließ, die die genannten Bedeutungen besonders eindrücklich zur Anschauung bringt.“

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Der Kläger legte dar, dass die Stall- und Scheunengebäude seit Jahren ungenutzt, der Gebäudezustand mangelhaft und für eine Umnutzung ungeeignet seien, weil sie im Verfall begriffen seien. Mit Bescheid vom 14.07.1999 lehnte der Beklagte den Antrag ab, soweit nicht der Güllesilo betroffen ist. Zur Begründung ist ausgeführt, dass es sich bei den Wirtschaftsgebäuden um solche handele, die als Kulturdenkmal einzustufen seien. Nach § 6 Abs. 1 NDSchG seien diese Gebäude instand zu halten, zu pflegen, vor Gefährdung zu schützen und, wenn nötig, instand zu setzen. Gemäß § 10 Abs. 3 NDSchG sei deshalb die Genehmigung zu versagen.

8

Der Kläger hat rechtzeitig Widerspruch erhoben. Es handele sich bei den Gebäuden wegen ihres verfallenen Zustandes nicht um Kulturdenkmäler, weshalb ein öffentliches Interesse an der Erhaltung nicht mehr bestehen könne. Er sei für die Schäden an den Gebäuden nicht verantwortlich, weil er das Grundstück erst 1998 erworben habe. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Voreigentümer keine Erhaltensmaßnahmen getroffen habe, weil eine gesetzliche Zurechnung nicht vorliege. Die Erhaltung der Gebäude sei zudem wirtschaftlich unzumutbar nach § 7 Abs. 3 NDSchG. Die Ablehnung des Antrages verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil in den letzten Jahren mehrfach der Abriss ähnlicher Gebäude gestattet worden sei. Die Bezirksregierung Braunschweig wies den Widerspruch mit Bescheid vom 15.06.2001 zurück. Sie vertieft die Gründe des Erstbescheides. Der Kläger hat rechtzeitig Klage erhoben. Er legt unter Vertiefung des Vorbringens aus dem Vorverfahren u. a. dar:

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Das Dorf T.-V. zeichne sich keineswegs durch eine ungewöhnlich dichte Folge von Vierseithofanlagen aus. In der Umgebung des streitgegenständlichen Grundstückes würden Eigentümer nach und nach alte Gebäude abreißen. Die errichteten neuen Gebäude entsprächen keinesfalls dem Denkmalschutz. Die charakteristische Altmärkische Form bestehe nicht, die Wohnhäuser der Umgebung seien nicht in den Jahren 1880 oder 1890 in Fachwerk- oder Ziegelbau errichtet. Eine Vielzahl der Wohngebäude stamme aus neuerer Zeit.

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Die zum Abriss anstehenden Gebäude seien aufgrund Abnutzung, Witterung und Fahrzeugeinwirkungen stark beschädigt. Sie würden seit langer Zeit nicht mehr genutzt. Lange Zeit vor Kauf der Grundstücke seien schon keine Maßnahmen gegen den Verfall ergriffen worden. Die Erhaltung der Gebäude sei wirtschaftlich unzumutbar. Die zum Abriss gestellte Remise und der Schuppen hätten keinen realisierbaren Wert mehr. Das ergäbe das Wertgutachten des Architekten K. (im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens erstellt). Er erziele jährliche Mieteinnahmen aus dem Grundstück in Höhe von 35.040 DM. Dem stünden 12.900 DM Kosten gegenüber. Vom Reinertrag in Höhe von 22.000 DM sei die Instandhaltung des Wohnhauses zu bezahlen und außerdem noch die Finanzierung des Grundstückskaufes. Die jährliche Belastung betrage 50.000 DM.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 14.07.1999 i.d.F. des Widerspruchbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 15.06.2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Abriss der im Antrag bezeichneten Gebäude – mit Ausnahme des Güllesilos – zu genehmigen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Gebäude stünden unter Denkmalschutz. Die dafür abgegebenen Erklärungen und Begründungen des Landesamtes für Denkmalschutz hätten Bestand. Der Abriss älterer Gebäude in der Umgebung des klägerischen Grundstückes führe nicht dazu, dass die vom Kläger zum Abriss vorgesehenen Gebäude ihre Denkmaleigenschaft verlieren würden. Die vom Kläger genannten Bauwerke der Nachbarn V. und H. seien in denkmalschutzrechtlicher Hinsicht nicht aktenkundig. Im Fall des Herrn M. sei der Abbruch eines Baudenkmals widerrechtlich erfolgt. Ob das im Zwangsversteigerungsverfahren vorgelegte Gutachten den zu stellenden Anforderungen bei der Beantwortung der Frage einer Unwirtschaftlichkeit der Erhaltung denkmalgeschützter Gebäude gerecht werde, sei zumindest fraglich. Unabhängig davon stehe aber § 7 Abs. 3 Satz 3 NDSchG der Argumentation des Klägers entgegen, denn der Zustand der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude lasse darauf schließen, dass die Erhaltungspflichten auch des Voreigentümers nach § 6 Abs. 1 NDSchG nicht oder nur unzureichend erfüllt worden seien. Im Übrigen habe der Kläger nicht in Erwägung gezogen, dass möglicherweise Zuwendungen aus öffentlichen und privaten Mitteln zur Erhaltung der Gebäude zur Verfügung gestellt werden könnte.

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Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist im wesentlichen Umfang nicht begründet.

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Der Beklagte hat zu Recht gemäß § 10 Abs. 3 Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz (NDSchG) die Genehmigung zum Abriss der Gebäude – ausgenommen die sog. Feldscheune - versagt, weil die geplante Maßnahme gegen das Gesetz verstoßen würde. Mit dem Abriss würde die Vernichtung eines Baudenkmals einhergehen.

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Der Kläger ist daher nicht in seinen Rechten verletzt und die angefochtene Verfügung nicht aufzuheben. Es ist keine Verpflichtung des Beklagten auszusprechen, da – wie sich aus dem Folgenden ergibt – die Feldscheune keinen Denkmalschutz genießt und genehmigungsfrei abgerissen werden kann (§ 113 Abs. 5 VwGO).

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Mit dem Landesamt für Denkmalschutz und mit dem Beklagten geht die Kammer davon aus, dass es sich bei den Gebäuden auf dem klägerischen Grundstück um Teile eines Vierseithofes handelt und diese Gebäude – allerdings ohne die sog. Feldscheune – als Hofanlage ein Kulturdenkmal darstellen. Die vom Kläger dargelegten Gründe geben keinen Anlass, an dieser Einschätzung zu zweifeln.

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Unschädlich ist zunächst, dass die die Hofanlage im Westen umschließenden Gebäude zu einem Großteil bereits vor Jahren entfernt worden sind. Wie der Vertreter des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung bestätigt und überzeugend dargelegt hat, war der Abriss bereits vor Eintragung des Kulturdenkmals in die Denkmalliste erfolgt. Dennoch ist die Anlage des Hofes als Vierseithof noch erkennbar durch das westlich des Wohngebäudes stehen gebliebene Gebäude von der westlich ehemals ebenfalls vorhandenen Gebäudezeile. Wie sich die Kammer bei der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte, vermittelt der Hof auch heute noch den Eindruck eines so genannten Vierseithofes. Allerdings vermochte die Feldscheune hierzu und auch im Übrigen nicht den zu fordernden „positiven Beitrag“ zu der schützenswerten Gesamtanlage nach § 3 Abs. 3 NDSchG zu vermitteln. Die Bemerkung des Vertreters des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, die so genannte Feldscheune sei für die Denkmaleigenschaft der Anlage „vernachlässigbar“, teilt die Kammer und versteht sie im Übrigen in dem Sinne, dass sie zur Bedeutung und Einstufung der Hofanlage als Vierseithof und Kulturdenkmal keinen Beitrag leistet. Die Denkmaleigenschaft der Feldscheune ist deshalb zu verneinen (Gleiches gilt im Übrigen auch für einen Anbau an die große Scheune im Süden, worüber aber nicht gesondert zu befinden war). Einer Abrissgenehmigung bedarf der Kläger dafür nicht.

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Die Kammer macht sich die Wertung des Beigeladenen und von Herrn Dr. G. zur Denkmaleigenschaft der Anlage im Übrigen so, wie sie im Sachverhalt wiedergegeben ist, zu eigen. Herr Dr. G. hat bei der mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle noch ausgeführt, dass mit der Entstehung der Vierseithöfe in V., von denen die Kammer noch zwei in Augenschein genommen hat (gegenüber und westlich gelegen), die Aufgabe der Rundlingssiedlungsform einherging. Erstmals werde hier – und heute noch sichtbar – die Anordnung der Wohnhäuser der Höfe an der die Siedlung in gerader Flucht durchschneidenden Straße deutlich. Dies insbesondere macht auch die siedlungsstrukturelle Bedeutung von V. und der Vierseithöfe deutlich. Dies ist ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Einstufung als Baudenkmal. Die Kammer teilt diese Sicht. Sie vermag insbesondere nicht den Einwendungen des Klägers zu folgen, die sich in der Aufstellung bloßer Behauptungen erschöpfen. Weder ist erkennbar, dass es sich nicht um eine Altmärkische Form handelt noch ist sichtbar, dass die im Einzelnen und detailliert dargestellten Begründungen für den Vierseithof des Klägers nicht zuträfen.

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Das Landesamt für Denkmalpflege ist ein Fachamt, das mit Fachkompetenz ausgestattet ist. Die Sicht der Dinge mag einseitig sein. Doch besagt das nichts über die Verwertbarkeit der Äußerungen. Zweifel an den Feststellungen und Schlussfolgerungen mit der Folge einer möglicherweise notwendig werdenden Beweiserhebung durch einen Sachverständigen sind dennoch nur veranlasst, wenn nachvollziehbare Zweifel an der Objektivität und der Sachkunde der(s) Vertreter(s) des Landesamtes detailliert vorgebracht werden (vgl. Urteil Nds. OVG v. 02.10.1987 – 6 A 71/86 -, BRS 47 Nr. 125). Im vorliegenden Fall sind Anhaltspunkte dafür nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Die zitierte fachliche Beschreibung ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Die Kammer vermag nicht zu sehen, dass von falschen Voraussetzungen oder gar falschen geschichtlichen Gegebenheiten oder falschen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen ausgegangen würde. Die vom Kläger genannten Gründe im Übrigen sprechen jedenfalls nicht dafür, dass die Einstufung durch das Landesamt für Denkmalpflege unzutreffend wäre. Was hier von der Klägerseite angeführt wird, spricht nicht gegen die Denkmaleigenschaft der Gebäude. Mag auch in der näheren Umgebung ein Abriss erfolgt sein, mag auch in der näheren Umgebung sogar mit oder ohne Genehmigung der Abriss von denkmalgeschützten Gebäuden erfolgt sein oder erfolgen, so besagt dies nichts zur Frage der Denkmaleigenschaft der hier in Rede stehenden Bauwerke. Die Kammer kann nicht sehen, dass sich die Einschätzung und kulturgeschichtlich bedeutsame Ortslage von V. in der Begründung für die Denkmaleigenschaft dadurch ändert, dass in der Umgebung ein Abriss einzelner Gebäude erfolgt ist. Die Kammer vermochte derartige Feststellungen in der mündlichen Verhandlung jedenfalls ebenso wenig zu treffen, wie der Vertreter des beigeladenen Amtes insoweit einschränkende Bewertungen für notwendig hielt.

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Der Gesichtspunkt der Ungleichbehandlung kann vom Kläger nicht herangezogen werden. Wenn es sich bei den abgerissenen Gebäuden tatsächlich einmal um einen ungenehmigten Abriss denkmalgeschützter Gebäude handeln sollte, geht eine solche Berufung auf Gleichbehandlung fehl. Sofern ein Abriss genehmigt sein sollte – was im Übrigen der Beklagte unwidersprochen bestreitet –, so war er allenfalls – wenn die Sachlage gleich gewesen sein sollte – rechtswidrig. Auch in diesem Falle könnte sich der Kläger auf diesen Fall nicht berufen.

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Soweit der Kläger geltend macht, die Gebäude hätten ihre Denkmaleigenschaft verloren, weil sie total vom Verfall betroffen seien, trifft dies ersichtlich aufgrund des Ergebnisses der Ortsbesichtigung nicht zu. Soweit die Feldscheune davon betroffen ist, ist ihre Denkmaleigenschaft bereits verneint worden. Das Wohnhaus wird zwar zwischenzeitlich nicht mehr bewohnt, ersichtlich ist aber, dass der Kläger jedwede Unterhaltungsmaßnahme für sämtliche Gebäude in der Vergangenheit unterlassen hat. Ein Nebengebäude ist im Übrigen – entgegen dem Inhalt der bisherigen Schriftsätze und Aktenlage – in Wohnungen umgebaut und wird bewohnt. Es handelt sich dabei um die östlich gelegene Gebäudezeile. Von einem Verfall der Gebäude mit der Folge, dass sie ihre Funktion vollständig verloren hätten, hat die Kammer nichts erkennen können. Auch der Vertreter des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung hierzu keine Hinweise gegeben. Im Übrigen ist nach § 6 NDSchG der Eigentümer, Erbbauberechtigte oder der Nutznießer verpflichtet, Kulturdenkmale instand zu halten, zu pflegen und vor Gefährdung – und damit auch vor dem Verfall – zu schützen und ggf. instand zu setzen. Dass dies hier in der Vergangenheit – auch vom Rechtsvorgänger des Klägers – nicht getan worden ist, kann der Kläger weder für sich ins Feld führen, noch ist dies zu bestreiten. Der Zustand der Gebäude sprach für sich selbst, soweit bspw. einige Fenster des Wohnhauses eingeschlagen waren.

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Die Grenzen der Erhaltungspflicht sind nicht überschritten. Erhaltungsmaßnahmen können nur dann nicht verlangt werden nach § 7 Abs. 1 NDSchG, soweit die Erhaltung den Verpflichteten wirtschaftlich unzumutbar belasten würde (§ 7 Abs. 1, 2 Ziff. 3 NDSchG). Eine solche in mehrfacher Hinsicht in Betracht zu ziehende Unwirtschaftlichkeit der Unterhaltungspflicht vermag die Kammer nicht festzustellen. Die Bausubstanz ist noch nicht aufgebraucht. Ein Zwang zur Beendigung einer rechtmäßigen Nutzung oder die Verhinderung einer unter Vertrauensschutzgesichtspunkten schützenswerten beabsichtigten Nutzung steht nicht im Raum. Der Kläger macht deshalb auch allenfalls eine Unwirtschaftlichkeit in Bezug auf aufzuwendende Kosten geltend. Eine in dem Sinne anzunehmende Unwirtschaftlichkeit ist nicht deshalb anzunehmen, weil die Gebäude infolge einer geänderten Lebens- und Wirtschaftsform ihren Zweck verloren haben und für sie keine andere wirtschaftliche Nutzung gefunden werden kann. Abgesehen davon, dass der Kläger hierzu keinerlei Vortrag gehalten hat, vermag die Kammer dies auch schon deshalb nicht zu erkennen, weil der Kläger die Nutzung des Grundstückes zu Wohnzwecken beabsichtigt – allerdings ohne die jetzt aufstehenden Gebäude. Es liegt nahe, bei denkmalgeschützten Gebäuden - wie im vorliegenden Fall - eine Umnutzung zu Wohnzwecken vorzusehen. Dabei wird der Kläger im Übrigen auch die Lage des Grundstücks unmittelbar angrenzend an einen viehzuchtbetreibenden vollerwerbslandwirtschaftlichen Betrieb zu berücksichtigen haben. Mithin ist eine wirtschaftliche Nutzung auch geprägt durch die Lage des Denkmals. Ein weiterer Fall unzumutbarer Belastung wäre dann anzunehmen, wenn die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung des Baudenkmals nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Denkmals aufgewogen werden könnten. Ist das Denkmal nämlich ein „Zuschussobjekt“, müsste der Verpflichtete den Erhalt aus seinem sonstigen Vermögen bestreiten. Damit könnten dann die Grenzen zur Enteignung überschritten sein, was zu verhindern gerade Sinn und Zweck des § 7 Abs. 3 NDSchG ist. Ob nun allerdings die Erhaltung eines Kulturdenkmals im Sinne der genannten Vorschrift unzumutbar ist, ergibt allein ein Vergleich der Kosten mit den Erträgen (vgl. dazu im Einzelnen und für das Folgende: Schmaltz/Wiechert, Kommentar zum Nieders. Denkmalschutzgesetz 1998, § 7 Anm. 10 f. m.w.N. aus der Rspr.). Dabei kommt es auf die jeweiligen Kosten und Erträge des jeweiligen Denkmals an. Im vorliegenden Fall ist Denkmal die Hofanlage insgesamt, so dass auf die Kosten und Erträge der Gesamtanlage abzustellen ist (so Nds. OVG, Urteil vom 13.03.2002 – 1 L 4339/00 -, NdsVBl. 2002, S. 292 ff.). Zu den Kosten der Unterhaltung und Bewirtschaftung gehören u.a. zunächst die Instandhaltungskosten mit den laufenden Aufwendungen. Weiter zählen dazu die Abschreibungen sowie Fremdkapital, das aufgewandt wird, um das Denkmal zu erhalten und instand zu setzen. Keine Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung sind Zinsen auf das Eigenkapital und das Fremdkapital, das zum Erwerb des Denkmals selbst aufgewendet worden ist. Erträge sind Miet- und Pachteinnahmen bzw. – bei selbst genutzten Bauwerken – die marktüblichen Zinsen. Ausgehend von dieser – zunächst groben – Umschreibung dessen, worauf es bei der Wirtschaftlichkeitsfrage ankommt, hat der Kläger jedenfalls Unwirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen. Sie ist auch sonst nicht erkennbar. Der Kläger weist eine Unwirtschaftlichkeit allein aufgrund der Zinsaufwendungen nach, die er im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundvermögens der Hofstelle S. Str. hatte. Diese Kosten zählen gerade nicht zu den Aufwendungen i.S. des § 7 Abs. 3 NDSchG. Nach dem Vortrag des Klägers stehen Einnahmen von 35.000 DM Ausgaben von 22.000 DM für Erhaltungsmaßnahmen gegenüber. Die übrigen Unkosten in Höhe von 12.000 DM, die der Kläger noch aufführt, sind ganz offenbar solche, die im Zusammenhang mit der Nutzung der Mietwohnung durch die Mieter stehen, und die ganz offensichtlich auf diese abgewälzt werden können. Der Klägervertreter hat in der mündlichen Verhandlung präzisere Angaben nicht gemacht. Es wäre Sache des Klägers, die Unwirtschaftlichkeit durch nachvollziehbare Belege und Ausführungen darzutun. Daran fehlt es.

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Entgegen der Auffassung des Beklagten allerdings kann zunächst dem Kläger nicht entgegengehalten werden, auf der Ertragsseite sei die Hoffnung auf Zuwendungen aus öffentlichen und privaten Mitteln zur Erhaltung von Kulturdenkmalen zu verbuchen. Allein die Aussicht auf solche Mittel reicht nicht aus.

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Entgegen der Auffassung des Klägers sind Erhaltungskosten insoweit außer Betracht zu lassen, die dadurch entstanden sind, dass in den letzten Jahren Erhaltungsmaßnahmen an den Gebäuden nicht vorgenommen worden sind. Damit sind jedoch nur solche Mehrkosten gemeint, die deshalb entstanden sind, weil notwendige und vom Gesetz geforderte Unterhaltungsmaßnahmen nicht durchgeführt wurden. Gültigkeit hat dies auch nur für solche Schäden an einem Gebäude, die erst entstanden sind, nachdem es als Kulturdenkmal in die Denkmalliste eingetragen worden ist, spätestens jedoch nach Kenntnisnahme durch den Betroffenen und Verpflichteten. Ersichtlich hat der Kläger in den letzten Jahren keinerlei Unterhaltungsmaßnahmen an den Gebäuden vornehmen lassen. Davon konnte sich die Kammer angesichts des Zustandes der Gebäude und des Gesamtzustandes des Grundstückes überzeugen. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, er habe das Grundstück bereits in einem Zustand erworben, in dem ersichtlich Unterhaltungsmaßnahmen jahrelang nicht durchgeführt worden seien. Die unterlassene Unterhaltungspflicht seines Rechtsvorgängers muss sich der Kläger entgegen seiner Auffassung zurechnen lassen. Die Unterhaltungspflicht ist objektgebunden und ergibt sich aus dem Objekt und nicht aus der Eigentümerstellung. Im Übrigen hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass der mangelnde Baustand der Gebäude bei der Wertermittlung im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens und dem darauf festgesetzten Preis und Erwerb des Grundstücks durch den Kläger Berücksichtigung gefunden hat. Dies zeigt das Gutachten des Architekten K., auf das sich der Kläger beruft, deutlich.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO, das Obsiegen des Klägers ist als außerordentlich gering einzustufen. Lediglich die Feldscheune wird er abreißen dürfen. Im Hinblick auf den gesamten Streitwert wertet die Kammer das Obsiegen lediglich mit einem Zehntel.

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Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.