Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 18.12.2007, Az.: L 11 AY 31/07
Anspruch von Asylbewerbern auf Leistungen auf dem Sozialhilfeniveau; Zumutbarkeit einer Rückkehr nach Serbien und Montenegro einschließlich des Kosovo; Rechtsvernichtender Einwand der Nichtausreise des Ausländers trotz Zumutbarkeit der Ausreise des Ausländers ins Heimatland; Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Heimatland Kosovo bei fortgeschrittener Integration in die deutsche Gesellschaft
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 18.12.2007
- Aktenzeichen
- L 11 AY 31/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 48914
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2007:1218.L11AY31.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - 06.11.2006 - AZ: S 21 AY 1/06
- nachfolgend
- BSG - 02.02.2010 - AZ: B 8 AY 1/08 R
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 1 AsylblG
- § 3 AsylbLG
- § 25 Abs. 5 AufenthG
Tenor:
Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 6. November 2006, der Bescheid vom 30. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2005 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern im Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 16. Oktober 2007 Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen zu gewähren. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird zugelassen. /J ...
Tatbestand
Die Kläger begehren die Gewährung von Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) ab 1. Dezember 2005 bis 16. Oktober 2007.
Die Kläger sind Eheleute und haben die serbisch-montenegrinische Staatsangehörigkeit. Der Kläger zu 1. wurde am K., die Klägerin zu 2. am L. im ehemaligen Jugoslawien geboren. Im Jahre 1991 reisten sie in die Bundesrepublik ein und halten sich seit diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet auf. Die Kläger sprechen die deutsche Sprache ohne Verständigungsschwierigkeiten. Der Kläger pflegt soziale Kontakte im Rahmen des nachbarschaftlichen Verhältnisses. Die Klägerin hat wenige soziale Kontakte nach außen. Sie nimmt nicht am gesellschaftlichen Leben teil und ist ganz überwiegend zu Hause. Die Kläger haben acht gemeinsame Kinder. Die sechs ältesten Kinder sind volljährig. Sie wurden im ehemaligen Jugoslawien geboren. Alle volljährigen Kinder sind in Deutschland erwerbstätig und haben teilweise eigene Familien; bis auf M., die eine Zahnarztausbildung begonnen hat und die sie fortsetzen möchte. M. ist verheiratet und wird voraussichtlich in N. leben. Zwei volljährige Kinder arbeiten als Vollzeitkraft bei O. in P ... Eine weitere volljährige Tochter hat nach dem Absolvieren der zweijährigen Hauswirtschaftsschule eine Vollzeittätigkeit bei Q. in P. aufgenommen.
Die beiden jüngsten minderjährigen Kinder R. und S. wurden im Jahre 1992 bzw. 1993 in P. geboren. Sie besuchen die T. bzw. die U. in P ... Der Schulbesuch wird voraussichtlich am 31. Juli 2008 bzw. am 31. Juli 2009 enden (Schulbescheinigungen vom 2. bzw. 17. Oktober 2007). V. engagiert sich in der Schule. Sie gibt einen Vorlesekurs für lernschwache Kinder. S. spielt im örtlichen Fußballverein Fußball und ist daneben auch als Schiedsrichter in einer anderen Spielklasse tätig.
Bei Einreise in die Bundesrepublik gaben die Kläger im Jahre 1991 an, albanische Volkszugehörige zu sein (Anhörungsprotokoll vom 6. September 1993; Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 6. Dezember 1994). Das erste Asylverfahren blieb erfolglos (Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Oldenburg vom 23. September 1997, Az.: W.). Im Jahre 1999 stellten die Kläger Asylfolgeanträge. Auch in diesen Verfahren beriefen sich die Kläger darauf, albanische Volkszugehörige sein (Asylantrag vom 9. April 1999). Seit dem Jahr 2000 trugen die Kläger vor, der Volksgruppe der Roma zugehörig zu sein (Anwaltsschreiben vom 3. März 2000). Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 21. Februar 2002 wurde die Durchführung von weiteren Asylverfahren abgelehnt (Bestandskraft seit 27. Mai 2004). Im Jahre 2005 stellten die Kläger einen erneuten Asylfolgeantrag, verbunden mit den Anträgen auf Wiederaufgreifen zur Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Auch diese Anträge blieben erfolglos (Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. Januar 2006). Die Kläger waren daher seit 1997 zur Ausreise verpflichtet und wurden fortlaufend geduldet. Das von den Klägern zuletzt betriebene Klageverfahren vor dem VG Oldenburg auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis aus humanitären Gründen ist durchübereinstimmende Erledigung in der Hauptsache beendet worden (Beschluss des VG Oldenburg vom 25. September 2007, Az.: X.).
Am 24. April 2007 wurden den Klägern befristete Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 25 Abs. 4 AufenthG erteilt, die bis zum 31. August 2007 gültig waren. Als Nebenbestimmung wurde in den Aufenthaltserlaubnissen geregelt, dass die Aufenthaltserlaubnis nur für eine einmalige Reise nach Serbien zur Klärung personenstandsrechtlicher Fragen erteilt worden war. Nationalpässe sind während des laufenden Verfahrens im Januar 2007 vorgelegt worden. Die Kläger sind mit Schreiben vom 26. Juni 2002 und 14. Juni 2005 aufgefordert worden, sich um die Beschaffung von Nationalpässen zu bemühen.
Am 17. Oktober 2007 sind den Klägern Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 104 a AufenthG erteilt worden, die bis zum 30. April 2009 gültig sind.
Die Kläger bezogen seit dem Jahr 2000 Leistungen auf dem Sozialhilfeniveau. Mit Bescheid vom 30. November 2005 wurden die Leistungen "für den Monat Dezember 2005" festgesetzt. Zugleich wurde den Klägern mitgeteilt, dass sie ab dem 1. Dezember 2005 nicht mehr die Voraussetzungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG erfüllten, so dass "ab dem 1. Dezember 2005" sog. Grundleistungen gemäß § 3 AsylbLG gewährt wurden. Diese Regelung war aufgrund einer Mitteilung der Ausländerbehörde erfolgt. Es sei davon auszugehen, dass die Kläger ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik rechtsmissbräuchlich beeinflusst hätten. Sie seien vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und kämen ihrer Passpflicht gemäß § 3 AufenthG nicht nach. Der hiergegen gerichtet Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2005). Der Widerspruchsbescheid erging "wegen der Umstellung auf Leistungen nach § 3 AsylbLG". Er enthielt keine Ausführungen zum Rechenwerk, das der Umstellung zu Grunde lag. Dafür begründete er ausführlich, weshalb die Umstellung der Leistungen dem Grunde nach erfolgt sei: Demnach reichten die geänderten Angaben zur Volkszugehörigkeit der Kläger aus, um von einer Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG auszugehen. Die Kläger hätten keine Bemühungen unternommen, Pässe oder Passersatzpapiere zu beschaffen, obwohl ihnen seitens der Ausländerbehörde dies mit Schreiben vom 26. Juni 2002, 14. Juni 2005 und 3. März 2006 aufgegeben worden sei. Auch die im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Erkrankungen des Klägers (im orthopädischen Bereich) und der Klägerin (Diabetes, psychische Erkrankung, seit 2004 gutartiger Gehirntumor) könnten im Rahmen der medizinischen Vorsorgung gemäß § 3 ff AsylbLG ausreichend versorgt werden.
Die Kläger haben am 4. Januar 2006 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Sie haben die Auffassung vertreten, dass ihnen auch weiterhin Leistungen auf Sozialhilfeniveau zustünden, weil sie bereits seit mehr als 15 Jahren in der Bundesrepublik gelebt hätten und ihre Kinder hier teilweise geboren worden seien. Ihnen sei eine Rückreise in ihr Heimatland auch deshalb unzumutbar, weil der Kläger eine andauernde Erwerbstätigkeit krankheitsbedingt vor Jahren aufgegeben habe. Der bei der Klägerin festgestellte Gehirntumor begründe die andauernde Reiseunfähigkeit. Hierfür haben sich die Kläger auf dieärztlichen Bescheinigungen der Y. vom 16. März 2006 und vom 4. September 2006 sowie auf den Bericht des Universitätsklinikums Z. vom 27. Juni 2006 berufen. Die minderjährigen Kinder seien durchgängig zu deutschen Schulen gegangen. Die Kläger hätten imÜbrigen auch deshalb nicht ausreisen können, weil sie sich schon seit Jahren um die Beschaffung von Pässen bemüht hätten. Da sie aus dem Kosovo stammten und nicht in Serbien und Montenegro registriert seien, verweigerten die dortigen Behörden die Ausstellung von Pässen bzw. Passersatzpapieren. Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat sich für die Reisefähigkeit der Kläger auf die Stellungnahmen des Gesundheitsamtes vom 25. Januar 2006, 19. Juni 2006 und vom 25. Juli 2006 berufen.
Das SG Oldenburg hat die Klage mit Urteil vom 6. November 2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kläger zwar die zeitlichen Voraussetzungen für Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG erfüllten. Da sie jedoch die Dauer ihres Aufenthalts rechtsmissbräuchlich beeinflusst hätten, stünden ihnen privilegierte Leistungen nicht zu. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten sei bereits deshalb anzunehmen, weil die Kläger ausreisepflichtig seien und sich nicht hinreichend um die Erlangung von Heimreisepapieren und um die Ausreise bemüht hätten. Eine Ausreise in das Kosovo sei auch den Angehörigen der Volksgruppe der Roma zuzumuten; dies entspreche ständiger Rechtsprechung des VG Oldenburg und des Nds. Oberverwaltungsgerichts. Ausländer, die nicht freiwillig ausreisten, begingen einen permanenten Rechtsverstoß. Der Klägerin stünde auch kein krankheitsbedingtes Bleiberecht zu, da die Behandlung des Gehirntumors nicht dringlich sei. In der Rechtsmittelbelehrung hat das SG die Anfechtung des Urteils durch Berufung nicht zugelassen.
Daraufhin haben die Kläger am 29. November 2006 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Mit Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 2. Mai 2007 (Az: L 11 AY 3/06 NZB) ist die Berufung zugelassen worden. Das Berufungsverfahren ist unter dem hiesigen Aktenzeichen fortgeführt worden.
Zur Begründung der Berufung tragen die Kläger vor, dass ihnen eine Ausreise in das Heimatland aufgrund ihres mehr als 17jährigen Aufenthalts in der Bundesrepublik und der in der Zwischenzeit erfolgten Integration unzumutbar sei. Die Kläger sprächen fließend Deutsch und die Kinder besuchten entweder die Schule bzw. hätten nach erfolgreichem Schulbesuch bereits eigene Familien begründet und übten Erwerbstätigkeiten in der Bundesrepublik aus. Die geänderten Angaben zur Volkszugehörigkeit widersprächen sich nicht, da die Kläger aus dem Kosovo stammten und der albanischen Sprache mächtig seien; jedenfalls seien sie keine Serben. Das langjährige Bemühen der Kläger zur Beschaffen von Pässen sei erfolgreich verlaufen, weshalb die Kläger nunmehr gültige Pässe dem Beklagten vorgelegt hätten. Da lediglich noch für zwei erwachsene Kinder Unterlagen fehlten, hätte sich der Kläger bereit erklärt, in das Kosovo zu reisen. Aus diesem Grund seien die Aufenthaltsbefugnisse gemäß § 25 Abs. 4 AufenthG im April 2007 erteilt worden. Dennoch sei der Klägerin mit Rücksicht auf ihren schlechten Gesundheitszustand eine Ausreise in das Kosovo nach wie vor unzumutbar. Die Kläger berufen sich auf die bereits vorgelegtenärztlichen Bescheinigungen. Spätestens seit Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse im April 2007 sei der Aufenthalt der Kläger erlaubt, so dass ihnen Leistungen auf Sozialhilfeniveau zustünden.
Sie beantragen daher,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 6. November 2006, den Bescheid vom 30. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2005 aufzuheben,
- 2.
den Beklagten zu verurteilen, Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen ab 1. Dezember 2005 bis zum 16. Oktober 2007 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass das rechtsmissbräuchliche Verhalten der Kläger nach wie vor einem erhöhten Leistungsbezug entgegensteht. Der Beklagte vermag sich dem rechtskräftigen Urteil des BSG vom 8. Februar 2007, Az: B 9 b AY 1/06 R nicht anzuschließen, wonach an den Begriff der Unzumutbarkeit der freiwilligen Ausreise weniger strenge Anforderungen als im Ausländerecht zu stellen sind. Die Rechtsmissbräuchlichkeit ergebe sich aus dem unzureichenden Bemühen der Kläger, bei der Beschaffung von Pass- bzw. Passersatzpapieren mitzuwirken. Die Kläger hätten zudem über ihre Volkszugehörigkeit getäuscht. Eine freiwillige Ausreise in das Kosovo sei in der Vergangenheit zumutbar gewesen; hieran habe sich bis heute nichts geändert. Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Verhaltens der Kläger sei zudem auch nur nach abstrakter Betrachtung zu beurteilen (vgl. Urteil des 7. Senats des LSG Niedersachsen- Bremen vom 20. November 2005, Az.: L 7 AY 40/05). Der Klägerin sei eine Rückkehr in das Kosovo auch mit Rücksicht auf ihren Gesundheitszustand zumutbar. Hierfür beruft sich der Beklagte neben der Stellungnahme des Gesundheitsamtes auch auf die des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. September 2007, wonach die Diabetes-Erkrankung der Klägerin im Kosovo behandelbar sei. Eine operative Entfernung des Gehirntumors könne im Universitätsklinikum in AA. erfolgen. Dass der Gesundheitszustand der Klägerin einer freiwilligen Ausreise nicht entgegenstünde, habe zuletzt das VG Oldenburg im Beschluss vom 24. September 2007 bestätigt.
Die erst- und zweitinstanzliche Prozessakte, die Verwaltungsakten, Auszüge der Ausländerakten des Beklagten und die Prozessakte des VG AB. zum Az: X. haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143 ff des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist begründet. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 2. Mai 2007 zugelassen.
Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, weil die Kläger im streitigen Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 16. Oktober 2007 Anspruch auf Leistungen auf dem Sozialhilfeniveau haben (§ 2 Abs. 1 AsylbLG). Aus diesem Grund waren das Urteil und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG ist abweichend von den §§ 3 bis 7 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten (ab 28. August 2007: 48 Monate) Leistungen nach § 3 erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Streitiger Zeitraum ist der Zeitraum ab Leistungsumstellung (ab 1. Dezember 2005) bis zum Erlass der Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 104a AufenthG, die mit Wirkung vom 17. Oktober 2007 erteilt worden sind.
Während dieses Zeitraumes fallen die Kläger unter§ 1 Nrn. 4 bzw. 3 AsylbLG. Die im April 2007 erteilten Aufenthaltserlaubnisse gem. § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG fallen unter § 1 Nr. 3 AsylbLG. Ab 17. Oktober 2007 fallen die Kläger aus dem Anwendungsbereich des AsylbLG heraus, weil ihnen Aufenthaltserlaubnisse gem. § 104a AufenthG erteilt worden sind.
Der streitige Leistungszeitraum wirkt über das Datum des Widerspruchsbescheides (12. Dezember 2005) bis zum 16. Oktober 2007 fort, weil dem Bescheid vom 30. November 2005 der erkennbare Wille des Beklagten zu entnehmen ist, dass - neben der Neuberechnung für den Leistungsmonat Dezember 2005 - eine dauerhafte Ablehnungsentscheidung im Hinblick auf die begehrten sog. privilegierten Leistungen gem. § 2 Abs. 1 AsylblG getroffen worden ist. Diese Ablehnungsentscheidung ist auch optisch deutlich von der Berechnung der laufenden Leistung für den Monat Dezember 2005 zu unterscheiden. Es wird wörtlich ausgeführt, dass Leistungen "ab dem 1. Dezember 2005" auf Grundleistungen gemäß § 3 AsylbLG umgestellt wurden. Auch die beigefügte Begründung hinsichtlich des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers ergibt keinen Anhaltspunkt, dass die Ablehnungsentscheidung für nur einen Leistungsmonat ergehen sollte. Die Heranziehung des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2005 bestätigt dieses Ergebnis, weil der Widerspruchsbescheid "wegen der Umstellung auf Leistungen nach § 3 AsylbLG" ergangen ist. In der Begründung des Widerspruchsbescheides findet sich keine zeitliche Eingrenzung der Ablehnungsentscheidung; die Begründung befasst sich nur mit der dauerhaften Umstellung auf abgesenkte Leistungen gem. § 3 AsylbLG. Als Regelungsinhalt lässt sich daher eine "hoheitliche Vorabentscheidung"über die laufenden Leistungen ab Dezember 2005 feststellen (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, Az: B 9 b AY 1/06 R Rdnr 14; BVerwG, Urteil vom 14. Juni 1998,DVBl 1998, 1135 und dazu LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19. Juni 2007, Az: L 11 AY 59/06, NVwZ 2007, 117 [OVG Sachsen 20.06.2006 - 5 E 49/06], anhängig beim BSG, Az: B 8 AY 4/07 R).
Die Leistungsbewilligung bis Dezember 2005 erfolgte hingegen in kurzen, monatlichen Abständen, so dass die Leistungsänderung nicht den Regelungen des Dauerverwaltungsaktes unterfällt. Doch selbst dann könnte § 48 SGB X die Leistungsumstellung nicht rechtfertigen.
Die Kläger erfüllen die Voraussetzungen für sog. Analogleistungen ( § 2 Abs. 1 AsylbLG) ab Dezember 2005. Sie erfüllen die zeitlichen Voraussetzungen, weil sie seit dem Jahr 2000 bis einschließlich November 2005 Leistungen auf Sozialhilfeniveau bezogen haben. Die zeitlichen Voraussetzungen sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Den Klägern kann auch nicht der rechtsvernichtende Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens vorgehalten werden. Diese Voraussetzungen lassen sich hier nicht feststellen, denn zur Überzeugung des Senats steht fest, dass den Klägern und ihren minderjährigen Kinder ein leistungsrechtlicher Bleibegrund zur Seite steht.
Der Senat legt hierbei die Entscheidung des BSG zugrunde, wonach es rechtsmissbräuchlich ist, wenn Ausländer nicht freiwillig ausreisen, obwohl ihnen die Ausreise möglich und zumutbar ist (Urteil vom 8. Februar 2007 - B 9b AY 1/06 R -). Nach diesen Maßstäben war den Klägern eine Rückkehr in ihr Heimatland im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zumutbar. Dies beruht jedoch nicht auf den Verhältnissen im Kosovo. Denn grundsätzlich ist Ausländern eine freiwillige Rückkehr nach Serbien und Montenegro einschließlich des Kosovo möglich, so dass die dortigen Verhältnisse die Unzumutbarkeit der Rückkehr hier nicht begründen können (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 17. April 2007, Az: 10 LC 262/05; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteile vom 16. Oktober 2007, Az: L 11 AY 28/05, 50/06, 55/07 anhängig beim BSG, Az: B 8 AY 6 bis 8/07 R).
Den Klägern ist eine Rückkehr in das Heimatland Kosovo aufgrund ihrer fortgeschrittenen Integration in die deutsche Gesellschaft unzumutbar. Diese fortgeschrittene Integration kommt bereits dadurch zum Ausdruck, dass die Ausländerbehörde des Beklagten den Klägern mit Wirkung vom 17. Oktober 2007 befristete Aufenthaltserlaubnisse gem. § 104a AufenthG erteilt hat. Wenn der Beklagte jegliche Integration der Kläger mit Nichtwissen bestreitet, so kommt dies einer Missachtung der Lebensverhältnisse der Kläger gleich. Als Sozialleistungsbehörde gehört es zum engsten Pflichtenkreis des Beklagten, Veränderungen in der Lebenssituation der Ausländer Rechnung zu tragen. Dies ist hier offensichtlich nicht erfolgt.
Zu Beginn des streitigen Zeitraums befanden sich die Kläger bereits ununterbrochen nahezu 15 Jahre in der Bundesrepublik. Dem heutigen fast 17jährigen Aufenthalt ist durch die Altfallregelung gemäß § 104 a AufenthG entsprochen worden. Zur Überzeugung des Senats steht ungeachtet des ausländerrechtlichen Status fest, dass die Kläger der deutschen Sprache hinreichend mächtig sind. Der Ehemann nimmt am örtlichen, nachbarschaftlichen Gemeinschaftsleben teil. Die minderjährigen Kinder sind schulisch gut integriert. Dies hat zuletzt das VG Oldenburg im Beschluss vom 25. September 2007, Az.: X. festgestellt. Beide minderjährigen Kinder sind in der Bundesrepublik geboren und nehmen Aufgaben für die soziale Gemeinschaft innerhalb der Schule bzw. imörtlichen Sportverein wahr. Es bestehen daher derzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass die bisher eingeschlagene Schulausbildung den Kindern nicht ebenso eine selbständige wirtschaftliche Existenz ermöglichen wird, wie den in der Bundesrepublik lebenden volljährigen Geschwistern. Es lassen sich weder persönliche Bindungen der minderjährigen Kinder zum Kosovo feststellen, noch dass sie sich zu irgend einem Zeitpunkt in der Heimat der Eltern aufgehalten hätten. Die Ausreise der minderjährigen Kinder käme daher einer Auswanderung im Sinne der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) gleich. Die Trennung der Kläger von ihren minderjährigen Kindern ist mit Rücksicht auf das familiäre Zusammenleben unzumutbar. Spätestens der jetzt gewährte ausländerrechtliche Aufenthaltsstatus erlaubt einen Rückgriff auf die familiären Schutzwirkungen von Art 6 Grundgesetz (GG). Dass die Klägerin zurückgezogen im Haushalt lebt, schmälert die festgestellte Integration nicht. Sie trägt ihren Anteil an Integration maßgeblich durch die Erziehung und die Sorge für die minderjährigen Kinder bei. Die den Klägern bisher nicht gelungene wirtschaftliche Integration steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Allein der jahrelange geduldete Status als abgelehnte Asylbewerber hat die Möglichkeit einer dauerhaften Arbeitsaufnahme ungleich erschwert. Ob die Kläger überhaupt erwerbsfähig sind, kann mithin dahinstehen. Es konnte auch offen bleiben, ob die Klägerin zu 2. angesichts ihrer Erkrankung an einem Gehirntumor reisefähig ist. Jedenfalls kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Gehirntumor das Rückzugsverhalten der Klägerin zu 2. maßgeblich begünstigt. Für ein straffälliges Verhalten der Kläger liegen keine Anhaltspunkte vor.
Der Beklagte muss akzeptieren, dass das BSG (a.a.O.) weniger strenge Anforderungen an die Zumutbarkeit der freiwilligen Ausreise im Leistungsrecht aufgestellt hat, als es das Ausländerrecht erlaubt. Der Senat war auch nicht an den Beschluss des VG Oldenburg, Az: X. gebunden, wo das Gericht im Rahmen einer Kostenentscheidung nach Hauptsacheerledigung eben diese höheren ausländerrechtlichen Anforderungen an eine Integration zugrunde gelegt hat und deshalb die Voraussetzungen einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG für die Kläger verneint hat. Das VG Oldenburg hat den Status von "faktischen Inländern" bereits deshalb verneint, weil die Kläger zur Sicherung ihres Aufenthaltes auf Leistungen nach dem AsylbLG angewiesen waren. Für eine Integration in leistungsrechtlicher Hinsicht kann dieser Maßstab nicht übernommen werden, da der Anwendungsbereich von § 2 AsylbLG dann leer liefe (so auch LSG Baden- Württemberg, Urteil vom 22. November 2007, Az: L 7 AY 4504/06 Rn 22, zitiert nach [...]).
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann der Senat nicht feststellen, dass sich der Umstand, dass die Kläger bis zum Jahr 1999 behauptet haben, albanische Volkszugehörige zu sein, verlängernd auf den Aufenthalt in der Bundesrepublik ausgewirkt hat und dieses Verhalten im streitgegenständlichen Zeitraum noch fortwirkt. Nur dann kann ein Fehlverhalten nach der Senatsrechtsprechung überhaupt geeignet sein, den rechtsvernichtenden Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit i.S. von§ 2 Abs. 1 AsylbLG zu begründen (vgl LSG Niedersachsen-Bremen, Urteile vom 16. Oktober 2007, Az: L 11 AY 28/05, 50/06, 55/07 anhängig beim BSG, Az: B 8 AY 6 bis 8/07 R; Urteil vom 16. Oktober 2007, L 11 AY 61/07, anhängig beim BSG, Az: B 8 AY 9/07 R). Die unzutreffende Angabe zur Ethnie wirkt sich angesichts der fortgeschrittenen Integration leistungsrechtlich nicht mehr aus. Auch nach Offenlegung der Volkszugehörigkeit der Kläger sind sie in der Bundesrepublik - wenn auch ausreisepflichtig - verblieben. An die Missachtung der Ausreisepflicht knüpft die Rechtsprechung des BSG zur Feststellung des Rechtsmissbrauches an; aber nur dann, wenn ein leistungsrechtlicher Bleibegrund nicht festzustellen ist. Insofern mag dahinstehen, ob der Vorwurf der Täuschungshandlung zur Ethnie nicht bereits deshalb vernachlässigt werden kann. Im Übrigen stand die Identität der Kläger nicht im Streit. Die im Januar 2007 vorgelegten Nationalpässe der Kläger bestätigten letztendlich ihre Identität.
Der Vorwurf des Beklagen, dass die Kläger in der Vergangenheit nicht hinreichend an der Beschaffung von Pässen bzw. Passersatzpapieren mitgewirkt haben, führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Während des streitgegenständlichen Zeitraums haben die Kläger die Nationalpässe vorgelegt. Der Kläger hat sich bereit erklärt, in das Kosovo zu reisen, um die Klärung personenstandsrechtlicher Fragen für zwei der Kinder zu klären. Die Kläger haben sich darauf berufen, in der Vergangenheit Schwierigkeiten bei der Ausstellung von Pässen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Volk der Roma und der fehlenden Registrierung im Kosovo gehabt zu haben. Auch der weitere Vortrag der Kläger, dass sich die Kläger seit Jahren um Pässe bemüht hätten, ist mithin nicht zu widerlegen. Auch nach dem Vortrag des Beklagten ergaben sich Probleme bei der Beschaffung von Nationalpässen im Verhältnis zu den jugoslawischen Behörden, weil ein Rücknahmeersuchen für die Kläger gestellt worden war und die jugoslawischen Behörden gerade für diesen Personenkreis keine Nationalpässe ausstellten. Die verbleibenden Zweifel und die Nichterweislichkeit des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gehen zu Lasten des Beklagten (vgl. BSG a.a.O.).
Der Senat hat in den o.g. Senatsurteilen, in denen die Revision anhängig ist, hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er bei der Beurteilung des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens i.S. von § 2 Abs. 1 AsylbLG eine konkret kausale Betrachtungsweise zur Feststellung des den Aufenthalt verlängernden Verhaltens der Ausländer zugrunde legt und unter Darstellung des Meinungsstandes in der obergerichtlichen Rechtsprechung begründet, weshalb er die noch vom 7. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen - Bremen vertretene sog. abstraktre Betrachtungsweise (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2005, Az: L 7 AY 40/05) aufgegeben hat. Rechtsmissbräuchliches Verhalten kann nach Auffassung des erkennenden Senats nur dann Relevanz haben, wenn es sich auf die Dauer des Aufenthaltes kausal ausgewirkt hat. Hierbei ist das Verhalten des Ausländers während der gesamten Dauer des Aufenthalts in der Bundesrepublik - also ab Einreise - zu betrachten, nicht etwa nur der streitgegenständliche Zeitraum oder nur der Zeitpunkt ab rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens. Nach Auffassung des erkennenden Senates kommt es aber darauf an, ob sich das rechtsmissbräuchliche Verhalten des Asylbewerbers im Einzelfall konkret und kausal verlängernd auf die Dauer des Aufenthalts in der Bundesrepublik ausgewirkt hat. Nur wenn ein solcher Zusammenhang mit der notwendigen richterlichen Überzeugungsbildung im Einzelfall festgestellt werden kann, kann sich das aufenthaltsverlängernde, rechtsmissbräuchliche Verhalten auch leistungseinschränkend auswirken. Das kausale, vorwerfbare Verhalten muss im streitgegenständlichen Leistungszeitraum noch fortwirken (vgl. die oben zitierten Senatsurteile). Offensichtlich hat sich der Beklagte mit dieser Senatsrechtsprechung nicht befasst.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird gem. § 160 Abs. 2 SGG nur deshalb zugelassen, weil die beim BSG anhängigen Revisionen zu den Kausalitätsanforderungen an das rechtsmissbräuchliche Verhalten gem. § 2 Abs. 1 AsylbLG noch nicht entschieden sind.-