Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 14.12.2007, Az.: L 9 U 5/05

Anerkennung einer Querschnittslähmung durch einen Absturz beim Baumausästen für einen Nachbarn als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung; Voraussetzungen für eine Anwendung des § 2 Abs. 2 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII); Voraussetzungen für ein Überschreiten der im Rahmen eines nachbarschaftlichen Verhältnisses üblichen Hilfeleistung im Hinblick auf das Ausästen von Bäumen; Ausästen von Bäumen als unternehmerähnliche Tätigkeit

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
14.12.2007
Aktenzeichen
L 9 U 5/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 45310
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2007:1214.L9U5.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Braunschweig - 29.11.2004 - AZ: S 14 U 140/02

Fundstelle

  • DB 2008, XX Heft 24 (Kurzinformation)

Redaktioneller Leitsatz

Die Tätigkeit des Baumausästens in 2 bis 3 m Höhe ist nicht als geringfügige Gefälligkeitsleistung anzusehen. Sie unterliegt auch unter Nachbarn als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit dem Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII, wenn der Verunglückte in die Arbeitsorganisation seines Nachbarn eingegliedert war und die Arbeit nach dessen konkreten Anweisungen ausgeführt hat.

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 29. November 2004 sowie der Bescheid der Berufungsbeklagten vom 04. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2002 werden aufgehoben. Die Berufungsbeklagte wird verurteilt, die Folgen des Ereignisses vom 16. Februar 2002 als Folgen eines Arbeitsunfalles im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung festzustellen.

Die Berufungsbeklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses am 16. Februar 2002 als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung.

2

Die Berufungsklägerin ist die Witwe des am 30. August 1936 geborenen und am 23. Januar 2007 verstorbenen Herrn E. (Verstorbener). Sie bewohnte zur fraglichen Zeit mit ihrem damals noch lebenden Ehemann ein Haus in der F. in G ... In derselben Straße wohnten die Eheleute H ... Herr H. war in derselben Firma beschäftigt gewesen wie der Verstorbene. Zwischen den Eheleuten I. und den Eheleuten H. bestand seit 20 Jahren ein nachbarschaftliches Verhältnis. Herr H. verstarb im Jahr 2001.

3

Zwischen Frau H. und dem Verstorbenen kam es Anfang 2002 zu der Absprache, der Verstorbene solle an dem im Garten der Frau H. stehenden Walnussbaum einen Ast absägen, der über deren Carport ragte. Es bestand die Vermutung, dieser werde beim nächsten Sturm herunterfallen. Das hierbei anfallende Holz sollte dem Osterfeuer zugeführt werden.

4

Am 16. Februar 2002 zwischen 15.30 Uhr und 16.00 Uhr beabsichtigte der Verstorbene, diesen Ast abzusägen. Außer einem Seil brachte er kein Werkzeug mit, sondern benutzte das vorhandene Werkzeug aus den Werkzeugbestand des verstorbenen Herrn H., das ihm Frau H. zur Verfügung stellte. Nach Durchführung dieser Arbeiten am 16. Februar 2002 stürzte der Verstorbene beim Absägen eines weiteren Astes dieses Walnussbaumes aus 2 bis 3,5 m Höhe ab. Er erlitt eine Kompressions-/Luxationsfraktur BWK 2 und in der Folge eine Querschnittslähmung der unteren Extremitäten.

5

Die Berufungsbeklagte nahm Ermittlungen auf. Sie führte am 06. März 2002 Gespräche mit der Berufungsklägerin sowie mit Frau H., und fertigte hierüber Vermerke an, die von diesen unterzeichnet wurden (Bl. 45 f. und 47 f. des Verwaltungsvorgangs). Am 07. März 2002 führte sie auch ein Gespräch mit dem Verstorbenen, über das ebenfalls ein Vermerk angefertigt wurde (Bl. 50 des Verwaltungsvorgangs). Auf diese Unterlagen wird Bezug genommen

6

Daraufhin lehnte sie die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall mit Bescheid vom 04. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2002 ab. Sie war der Auffassung, bei der Tätigkeit des Verstorbenen habe es sich bei der vorzunehmenden Gesamtschau nur um eine nachbarschaftliche Gefälligkeitshandlung gehandelt, die nicht vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst sei.

7

Am 21. August 2002 ist Klage erhoben worden.

8

Das Sozialgericht (SG) Braunschweig hat die Klage im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung mit Urteil vom 29. November 2004 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG nach Darstellung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ausgeführt, im Gegensatz zur Auffassung der Berufungsbeklagten sei die Einstufung des Ereignisses vom 16. Februar 2002 als Arbeitsunfall nicht schon deshalb auszuschließen, weil es sich um eine nachbarschaftliche Gefälligkeit gehandelt habe. Die von dem Verstorbenen vorgenommenen Arbeiten könnten schon wegen des damit verbundenen Risikos nicht als nachbarschaftliche Gefälligkeit qualifiziert werden. Eine Anerkennung als Arbeitsunfall scheide aber aus, weil die Tätigkeit des Verstorbenen nicht als arbeitnehmerähnlich, sondern als unternehmerähnlich zu qualifizieren sei. Der Verstorbene habe sich zum Absägen eines bestimmten Astes und damit zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges und folglich zur Verrichtung eines bestimmten Werkes verpflichtet. Dies entspreche vom Gesamtbild eher der Tätigkeit eines Unternehmers als der Tätigkeit eines Arbeitnehmers.

9

Gegen das am 06. Dezember 2004 zugestellte Urteil ist am 04. Januar 2005 Berufung eingelegt worden. Im Verlauf des Berufungsverfahrens ist der ursprüngliche Kläger verstorben. Das Verfahren ist von seiner Witwe fortgeführt worden.

10

Die Beteiligten haben den Streitgegenstand übereinstimmend auf die Frage beschränkt, ob das Ereignis vom 16. Februar 2002 ein Arbeitsunfall war. Die Berufungsklägerin ist nach wie vor der Auffassung, das Ereignis vom 16. Februar 2002 sei als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen. Die Tätigkeit des Verstorbenen im Garten der Frau H. könne nicht als unternehmerähnlich eingestuft werden.

11

Die Berufungsklägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

  1. 1.

    das Urteil des Sozialgerichtes Braunschweig vom 29. November 2004 sowie den Bescheid der Berufungsbeklagten vom 4. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2002 aufzuheben,

  2. 2.

    die Berufungsbeklagte zu verurteilen, die Folgen des Ereignisses vom 16. Februar 2002 als Folgen eines Arbeitsunfalles im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung festzustellen.

12

Die Berufungsbeklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

13

Die Berufungsbeklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und bezieht sich ergänzend zur Begründung auf die von ihr vorgelegte Entscheidung des LSG Hamburg vom 22. November 2005 (L 3 U 14/04 ).

14

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Berufungsbeklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

15

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

16

Der Senat entscheidet in Anwendung von § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.

17

Die zulässige Berufung ist auch begründet.

18

Das SG hat zu Unrecht entschieden, das Ereignis vom 16. Februar 2002 sei nicht als Arbeitsunfall nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) zu entschädigen. Der Bescheid der Berufungsbeklagten vom 04. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2002 ist rechtswidrig und verletzt die Berufungsklägerin als Rechtsnachfolgerin des Verstorbenen in ihren Rechten.

19

Bei dem Ereignis vom 16. Februar 2002 handelt es sich um einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer dem Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind Beschäftigte kraft Gesetzes versichert. Ferner sind gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII Personen versichert, die wie nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherte tätig werden. Der Verstorbene hat am 16. Februar 2002 infolge einer Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII einen Unfall erlitten. Das SG hat zutreffend die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zu § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII herangezogen (vgl. aus neuerer Zeit Urteil vom 05. Juli 2005, B 2 U 22/04 R = SozR 4-2700, § 2 Nr. 6; Urteil vom 31. Mai 2005, B 2 U 35/04 R = SozR 4-2700, § 2 Nr. 5; Urteil vom 12. April 2005, B 2 U 5/04 R = SozR 4-2700, § 2 Nr. 4). Der Senat sieht zur Vermeidung von Wiederholungen in Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG unter Bezugnahme auf diese Ausführungen von einer nochmaligen Wiedergabe ab (vgl. S. 4, letzter Abs. bis Seite 5, 3. Abs. der Ausfertigung des Urteils vom 29. November 2004). Danach kommt es für die Anwendung von § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII darauf an, dass es sich um eine mehr oder weniger vorübergehende, ernstliche, dem in Betracht kommenden fremden Unternehmen zu dienen bestimmte Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist (vgl. hierzu Kruschinsky in Brackmann, Handbuch des Sozialversicherungsrechts - Gesetzliche Unfallversicherung, § 2 Rdnr. 804 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des BSG).

20

Insoweit ist das SG zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, eine Haftung der Berufungsbeklagten scheide nicht deswegen aus, weil zwischen dem Verstorbenen und Frau H. ein nachbarschaftliches Verhältnis geherrscht habe. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des SG, dass die vom Verstorbenen ausgeübte Tätigkeit weit über den Rahmen dessen hinausgeht, was in einem nachbarschaftlichen Verhältnis üblicherweise gegenseitig geleistet wird. Die Tätigkeit beim Baumausästen in 2 bis 3 m Höhe ist nicht vergleichbar mit anderen Tätigkeiten, die im Rahmen eines gut nachbarschaftlichen Verhältnisses üblicherweise erbracht werden. Dies ergibt sich - wie das SG zutreffend ausführt - schon aus den mit dieser Tätigkeit unweigerlich verbundenen Gefahren. Tätigkeiten beim Baumausästen in dieser Höhe werden nach Kenntnis des Senats zunehmend auch nicht mehr von Gartenbauunternehmen ausgeführt, sondern setzen spezialisierte Firmen voraus, die über spezielles Werkzeug (etwa einen Hubwagen oder Klettergeschirr) verfügen. Angesichts dessen verbleibt es bei der Grundregel, wonach so genannte Gefälligkeitsleistungen allein den Versicherungsschutz nicht von vornherein ausschließen. Ausnahmen hiervon gelten nur dann, wenn es sich um verhältnismäßig geringfügige Hilfeleistungen handelt, die unter Nachbarn wechselseitig üblich sind (vgl. erneut Kruschinsky a.a.O., Rdnr. 858). Da es sich bei der Tätigkeit des Verstorbenen nicht um eine solch verhältnismäßig geringfügige Hilfeleistung handelt, wird der Versicherungsschutz nicht durch die vorhandene Nachbarschaft ausgeschlossen.

21

Der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII wird aber auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Verstorbene - wie das SG meint - unternehmerähnlich gehandelt hat. Die Tätigkeit, die der Verstorbene am 16. Februar 2002 verrichtet hat, ist objektiv der Tätigkeit eines Beschäftigten ähnlich. Hierbei ist - wie die Berufungsbeklagte im Grundsatz zu Recht ausführt - auf das Gesamtbild abzustellen (vgl. Kruschinsky a.a.O., Rdnr. 867; Riebel in Hauck/Noftz, SGB VII - Gesetzliche Unfallversicherung, Herausgeber Keller, § 2 Rdnr. 277 a auch zum Nachstehenden).

22

Beurteilungsmaßstab für eine abhängige Beschäftigung in Abgrenzung zur vom SG angenommenen unternehmerähnlichen Beschäftigung, die dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht unterfällt, ist § 7 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV), der für sämtliche Bereiche der Sozialversicherung gilt. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (vgl. zuletzt Urteil vom 31. Mai 2005 a.a.O. auch zum Nachstehenden). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Unternehmen ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich gekennzeichnet durch das eigene Unternehmerrisiko - das Tätigwerden auf eigene Rechnung das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag. Ob eine Person wie ein Beschäftigter tätig geworden ist, richtet sich schon nach dem Wortlaut der Formulierung im Kern nach den Kriterien für eine Beschäftigung. § 2 Abs. 2 SGB VII will jedoch aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen Versicherungsschutz auch dann gewähren, wenn die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind und bei einer gegebenenfalls nur vorübergehenden Tätigkeit die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist, weil eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert vorliegt, die einem fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz) und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmens entspricht, soweit diese Verrichtung einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist und nicht auf einer Sonderbeziehung z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied beruht. Für die Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit als arbeitnehmerähnlicher Wie-Beschäftigter und einer unternehmerähnlichen Tätigkeit ist von der oben aufgezeigten Abgrenzung zwischen Beschäftigtem und Unternehmer auszugehen, hiervon sind jedoch gewisse Abstriche zu machen, weil nur eine arbeitnehmerähnliche Beschäftigung und eine unternehmerähnliche Tätigkeit gegenüberzustellen sind. Dabei ist zu beachten, dass bei einer Tätigkeit als Wie-Beschäftigter nicht alle Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses und bei einer unternehmerähnlichen Tätigkeit nicht alle Merkmale eines Unternehmers erfüllt sein müssen. So braucht bei einer Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 2 SGB VII eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen nicht vorzuliegen, und für ein Unternehmen ist kein Geschäftsbetrieb oder auf Erwerb gerichtete Tätigkeit erforderlich.

23

Insoweit kommt es darauf an, ob - wie bei einem Unternehmer - die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft, den Arbeitsort und die Arbeitszeit vorliegt. Im Übrigen sind eine regel- und planmäßige Tätigkeit sowie ein Unternehmerrisiko für eine unternehmerähnliche Tätigkeit charakteristisch. Trägt der Betroffene ein wirtschaftliches Risiko, wird in der Regel von einer unternehmerähnlichen Tätigkeit auszugehen sein. Ist die verrichtete Tätigkeit einem Arbeits- oder Dienstvertrag ähnlich, liegt in der Regel eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit vor. Ist die Tätigkeit eher anderen Vertragsformen ähnlich, liegt eine unternehmerähnliche Tätigkeit vor.

24

In Konstellationen, in denen zwar ein nachbarschaftliches Verhältnis vorliegt, aber die erbrachte Hilfeleistung - wie hier - den Rahmen des in der Nachbarschaft Üblichen überschreitet, ist in aller Regel nur sehr schwer zu klären, ob die zugrunde liegenden Absprachen bestimmten Typformen des Bürgerlichen Rechts (Dienstvertrag oder Werkvertrag) entsprechen. Insoweit ist die gesetzliche Wertung zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit in fremden Haushalten nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 129 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegen soll. Dies alles berücksichtigend liegen überwiegende Anhaltspunkte vor, die es gebieten, das Verhalten des Verstorbenen am 16. Februar 2002 als "arbeitnehmerähnlich" zu bewerten. Für den Senat waren folgende Gesichtspunkte entscheidend.

25

Zunächst hat der Verstorbene die ihm obliegenden Arbeiten mit Werkzeugen erbracht, die ihm von Frau H. zur Verfügung gestellt worden waren. Dies spricht nach den zitierten Kriterien für eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Frau H ...

26

Darüber hinaus ergibt sich aus den gesamten Vorgängen, dass zwischen Frau H. und dem Verstorbenen eine konkrete Abrede hinsichtlich der Entfernung eines ganz bestimmten Astes an dem Walnussbaum nach Anweisung durch Frau H. getroffen worden war. Dies spricht nach Überzeugung des Senats für eine Weisungsgebundenheit des Verstorbenen, die für eine Arbeitnehmerähnlichkeit der von ihm ausgeübten Tätigkeit spricht.

27

Hinzu kommt, dass die Tätigkeit des Verstorbenen nach dem Inhalt der vorliegenden Unterlagen in keiner Weise von Eigenwirtschaftlichkeit geprägt waren. So ist etwa nie die Rede davon gewesen, der Verstorbene habe ein Entgelt oder das entfernte Holz erhalten sollen, wie es bei derartigen Vorgängen nach der Erfahrung des Senats oft der Fall ist.

28

Insbesondere hat es sich um eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert gehandelt, die der Sphäre - "dem Unternehmen" - der Frau H. zu dienen bestimmt gewesen ist. Frau H. hätte diese Arbeiten nicht selbst durchführen können, sondern hätte die Durchführung dieser Arbeiten einer dritten Person übertragen und von dieser gegen Entgelt durchführen lassen müssen.

29

Demgegenüber treten Gesichtspunkte, die für eine Wertung der Tätigkeit des Verstorbenen als "unternehmerähnlich" sprechen - etwa die weitgehende freie Entscheidung bei der konkreten Ausführung des Entastens des Walnussbaumes, in den Hintergrund und vermögen nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG.

31

Anlass, die Revision aus gesetzlichen Gründen zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).